KTM 990 Adventure
Großes Kantenglühen in Fuerteventura. Das Abenteuer von KTM gibt es jetzt mit ABS und Einspritzung. Die Qualitäten welche wir an der Adventure liebten, hat sie aber trotzdem nicht verloren.
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Ich kenne das Gefühl nur zu gut. Man taucht bei einem neu angesetzten Meeting in feinstem Anzug, edlen Schuhen und nagelneuer Krawatte auf und erstarrt beim Betreten des Besprechungszimmers. Alle anderen Teilnehmer sitzen mit Holzpantoffeln, ranziger Jean und geschnorrtem Werbesweater um den Tisch. Ähnlich ging es mir bei der KTM Adventure Präsentation in Fuerteventura. In Erwartung einer großartigen Strassenglüherei trat ich im neuen Racer Leder an und durfte dann nur noch am germanischen Spießertisch sitzen. Außnahmslos alle anderen Journalisten setzten auf Offroad Fetzen und MX-Stiefeln. Am Ende des Tages behielt ich aber Recht. Während bei den Kollegen die Furcht vor dem Riffelblech Asphalt sehr groß war, konnte ich wohl behütet ganz groß punkten. Oder lag es nur daran, dass ich als einziger Teilnehmer mit dunklem Visier eine saubere Linie in Richtung Abendsonne zog? So oder so. Die Euphorie war groß und die 990er lieferte einen großartigen Einstand. |
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Der Motor an der neuen Adventure ist kein zugestoppelter Superduke Motor, sondern ein neues Aggregat für die KTM Reisenenduro. Im Vergleich zur 950er wurde der Hubraum erhöht und eine Einspritzanlage von Keihin montiert. Die Unterschiede zum Superduke Motor sind nicht nur in der CDI versteckt. Auch der Zylinderkopf ist neu und wurde speziell für die Anforderungen der Adventure entwickelt. Sowohl im Vergleich zur alten Adventure als auch im Vergleich zur Superduke bietet der Adventure LC8 Motor mehr Drehmoment im unteren und mittleren Drehzahl Bereich. Im Vergleich zur Superduke hängt der neue Motor auch nicht ganz so aggressiv am Gas. Durch die geringe Schwungmasse dreht der Motor zwar immer noch sehr spritzig nach oben, aber für Weicheier besteht kein Grund für Unbehagen mehr. Afrika Durchquerer können an der CDI übrigens ganz einfach ein "Low Octane Mapping" aktivieren. Sprich: Die Adventure fährt dann mit allem was halbwegs brennt und nach Benzin riecht. Das Getriebe im LC8 Motorblock kann seine sportlichen Wurzeln nicht verleugnen. Auch ohne Kupplung kann man die Gänge im ernsten Duell schön durchsortieren. Bei der gemütlichen Ausfahrt freut man sich über die einfache Bedienbarkeit der Schaltung. Die Kupplung ist im Gelände wunderbar zu dosieren und lässt keine Wünsche offen, einzig im Stadtverkehr werden dürre Hühnerbrüste die linke Hand ein wenig spüren. Auch beim Fahrwerk gibt es keine Kompromisse. Hier sieht, fühlt und genießt man den Unterschied zur breiten Masse. Voll einstellbares WP Fahrwerk auf höchstem Qualitätsniveau. Wir fuhren die Adventure im bergigen Winkelwerk als wüssten wir ganz genau, was hinter der nächsten Kehre auf uns wartet. Der breite Lenker, die sichere Sitzposition und das perfekte Fahrwerk lassen Korrekturen in Situationen zu, wo Schutzengel normalerweise Sonderschichten schieben müssen. Beim Rausbeschleunigen aus engen und auch weiten Kehren genoss der Bock mein vollstes Vertrauen. Beim Anbremsen kann man herrlich weit in den Scheitel ankern und beliebig die Linie korrigieren. In Sachen Komfort ist die KTM zwar nicht Klassenprimus, aber trotzdem ein Motorrad, auf dem unsere Tagestour zur hellen Freude wurde. Die Front der KTM wirkt mir persönlich etwas zu wuchtig, dafür kann man sich aber auch perfekt vorm Fahrtwind verstecken. Der Tank wird in Richtung Knieschluß aber deutlich schmäler und lässt eine kompakte Sitzposition zu. Die Bremsen bleiben auch bei der 990er in gewohnt guter Form. Sauber zu dosieren, wirkungsvoll im Biss, gibt es außer Bravo nix zu sagen. Das Thema ABS löst an Stammtischen ständige Glaubenskriege aus. Auch die Marke mit dem harten Image setzt nun auf elektronische Hilfe beim Bremsen und vertraut auf eine moderne Lösung von Bosch / Brembo. Das ganze System bringt gerade mal 2,5kg Mehrkosten auf die Waage. Gewichtsfetischisten verbringen ein Wochenende am Hometrainer und können beruhigt weiterlesen. Die niedrige Version der Adventure wird serienmäßig mit ABS ausgeliefert, die S-Version ohne Antiblockiersystem. Im täglichen Strassenverkehr wird auch der wilde Bursche mit aktiviertem ABS zur Arbeit fahren. Im Fall des Falles legt das Zeug einfach einen Mantel aus Bits und Bytes über den nassen Zebrastreifen. Beim Andrücken stört das ABS nur jene Piloten, welche das Eisen beim Anbremsen gerne etwas anstellen. Ansonsten birgt das System keine Nachteile bei der Jagd nach den Superbikes. Anders sieht die Sache im Gelände aus. Erfahrene Piloten bleiben vor der Sonderprüfung einfach stehen und drücken für 3 Sekunden bei laufendem Motor aber stehenden Rädern den ABS Knopf. Schotterspitzkehren können nun wunderbar angebremst werden. Geländerookies können das System aber auch im Schotter helfen lassen. Die Bosch-Anlage in der KTM darf als Offroad tauglich bezeichnet werden und regelt sehr sensibel. Keine schlechte Wahl, wenn man im Gelände eher vorsichtig und nicht der quer daherkommt. |
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Mit der Reiseenduro ins Gelände wirkt oft ein bisserl gekünstelt und gestellt. Wir fuhren mit der Adventure eine nette Etappe im Geröll und die KTM überzeugte auch hier. Kein Scheppern und kein Mitleid mit dem Bike sondern volle Kontrolle und das Gefühl als tue man gerade das normalste der Welt kommt auf, wenn man mit dem Abenteuer Bock den Schotter spritzen lässt. Es ist schön, an jeder Abzweigung die Wahl zu haben, welchen Weg man wählt. Asphalt, Schotter oder Wald? Die KTM überlässt Dir die Entscheidung. Mit richtigen Reifen ist mit diesem Motorrad so ziemlich alles möglich, was mit 2 Rädern befahren werden kann. Womit wir aber auch schon beim Nadelöhr der ganzen Angelegenheit wären. Gibt man auf Schotter richtig Feuer, schmelzen die Reifen in atemberaubender Geschwindigkeit dahin. Afrika Durchquerer Joe Pichler: "Als beste Wahl entpuppte sich die Kombination Michelin Desert hinten und Pirelli MT-21 vorne. Der Pirelli ist zwar etwas weicher, hält aber lange durch. Hinten kann kein Reifen mit dem Desert mithalten." |
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Auch beim obligatorischen Autobahnduell konnte sich die Delegation aus Österreich auf die Adventure verlassen. Das Asphaltband windet sich in weiten Radien durch die Landschaft von Fuerteventura und lässt Kurvengeschwindigkeiten von 180km/h und mehr zu. Bei biegsamen Enduro-Fahrwerken normalerweise ein Fall für den Rosenkranz, überraschte die KTM mit einer perfekten Highspeed Performance. Das Bike zieht eine saubere Spur und zeigt sich komplett unbeeindruckt von der Tachonadel. Erst das schnelle Auftauchen der Ordnungshüter am Ende der
Autobahn rüttelte den Reiter wach. Wie in allen Situationen lässt auch
die Adventure beinahe jede Option offen. Das Bike wird schnell in die
kleine Abzeigung gedrückt und unsere Gruppe verschwindet im Gewirr der
Hotelburgen. |
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Warum und wieso die KTM so sehr zum Feuer geben verleitet, hat mir eine schlaflose Nacht bereitet. Es ist zwar möglich eine nette Altherrentour mit der Adventure zu fahren und man kann sich dabei auf tollen Windschutz, komfortable Sitzpositionen und angenehme Motordosierung verlassen. Doch anders als der breite Durchschnitt am Markt, verleitet die Reiseenduro aus Mattighofen zu ständigen Verkehrsdelikten. Wheelys an der Ampel, Beschleunigungsduelle auf der langen Allee und herzergreifende Schräglagen bei der Auffahrt an den Pass lassen sich beinahe nicht vermeiden. |
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"Normal oder Supersize", lautet die Frage beim KTM Händler. Ähnlich wie in der Laberlbude muss man aber auch hier kurz in sich gehen und die Bedürfnisse abklopfen. Die S-Version der Adventure ist um 35 mm höher. Unendliche Federwege stehen für Afrika Durchquerungen, Fahrten nach Asien und Mond-Expeditionen zur Verfügung. Die S wird ausschließlich ohne ABS ausgeliefert und bekommt eine etwas straffere Sitzbank montiert. Die Käuferschichten sollten somit klar definiert sein. |
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Erst auf den 2. Blick offenbart die S ein weiteres Feature. Durch die höhere Bodenfreiheit ergibt sich auch mehr Schräglagenfreiheit. Kollege Berzerk vom Reitwagen: "Bei meinen Einsätzen mit der Adventure S am Pannoniaring konnte ich auch dann noch umlegen, als die Gegner schon längst unter Funkenflug litten. Das Vorderrad taucht beim harten Anbremsen zwar stark ein, was aber kein Problem für die Stabilität darstellt. Man muss sich nur daran gewöhnen." Auch die Gegner gewöhnten sich daran und Berzerk hält bis heute noch den inoffiziellen Big Enduro Rekord am Pannoniaring mit der KTM Adventure. |
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Infobox - Die Neuheiten an der 990er Adventure im Überblick |
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Die KTM Marketingstrategen haben bei der Adventure keine leichte Aufgabe vor sich. Einerseits möchte man ein Motorrad, welches den Ready to Race Spirit verkörpert als Rallye taugliches Motorrad präsentieren, andererseits möchte man biederen Tourenfahrern keine reißende Racingbestie vorsetzen. Die GS von BMW verkaufte sich in der vergangenen Saison in Österreich 3 mal so gut wie die Adventure von KTM. Im Kernsegment der Bayern Zweiter zu sein ist zwar keine Schande, doch der große Abstand birgt viel Potential in sich. Es gibt aber Details an der Kante, welche dem klassischen Reisenduristen doch etwas spanisch vorkommen. Das kleine nette Staufach aus Plastik am Tank der KTM ist zwar praktisch, aber anders ausgeführt als man es sich von einem 14.000 Euro Motorrad erwartet. Klar, es ist leicht und funktionell, aber es sieht nicht nach 14.000 Euro Motorrad aus. Einige Käufer erwarten von solchen Bikes etwas Luxus, welchen die KTM nicht bieten kann. Das Motorrad ist sehr gut, sauber verarbeitet, hat nur die besten Komponenten montiert und verdient das Prädikat "weltklasse Bock" uneingeschränkt. Doch Luxusrodel ist sie keine. Für viele ein Kaufargument, für einige jedoch nicht. |
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Die KTM Adventure ist die beste Kur für alle frustrierten Superbike Piloten. Wer in den letzten Jahren die Freude am Strassenfahren verloren hat und seine Motorradaktivitäten ausschließlich auf die Rennstrecke beschränkt, wird schon bald eine KTM Adventure in der Garage finden. Es gibt hier keinen faulen Kompromiss bei Bremsen, Fahrwerk und Agilität, sondern man bekommt ein furchtbar schnelles Motorrad in einer komfortablen Verpackung präsentiert. Sie symbolisiert genau jene Begriffe, welche uns vor Jahren zu Motorradfahrern machten. Freiheit, Abenteuerlust und unbändige Lebensfreude. 2006 auch mit ABS und Einspritzung. |
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Journalist Dreams - Das Leben der Motorradjournalisten |
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Während ich im Hotelzimmer eifrig arbeitete, konnte ich ein deutliches Bild der Zustände in der Arbeitswelt ablichten. Vis-a-Vis am Pool fanden sich 2 konträre Beitragslieferanten zum Bruttosozialprodukt. Für den Leser ein kleines Rätsel: Ordnen sie entsprechend der Hautfarbe das richtige Berufsbild zu. Berufsbild 1: Bürohackler mit mörderischem Überstunden Pensum in oberösterreichischer Motorradkaserne. Viele Wochenenden im Dienste des Vorstandes. Berufsbild 2: Überbezahlter Motorradjournalist mit viel Freizeit, fettem Spesenkonto und Senator Status bei Miles-and-More. Viele Wochenenden im Dienste der Gastronomie. |
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Powerparts Die KTM Adventure steht ab sofort bei allen KTM Händlern zur Verfügung. Einige Händler haben auch schon den ersten Vorführer angemeldet. Wer die Kälte nicht scheut, kann ab sofort probieren. Ebenfalls erhältlich ist auch das umfangreiche Powerwear und Powerparts Programm für die KTM Adventure. Ein unzerstörbares Kofferset für den Bomben-entschärfungsdienst, eine scharfe Akrapovic Anlage, ein handlicher Tankrucksack, Ralleyguards, Sturzbügel und teure, aber leichte Carbonteile finden sich im Katalog.
(Preise für Österreich inkl. Nova und MWst |
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REITWAGEN Tipp |
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Marc Coma, Cyril Despres und Giovannni Sala wurden in Fuerteventura beim Strassenglühen gefordert. Berzerk berichtet im nächsten Reitwagen vom großen Duell gegen das Dakar Podest. Ende Februar in der Trafik. |
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Related Links:
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Text: NastyNils
Photos: Herwig Peuker und Manfrad Halwax
Fazit: KTM 990 Adventure 2006
Die KTM Adventure ist die beste Kur für alle frustrierten Superbike Piloten. Wer in den letzten Jahren die Freude am Strassenfahren verloren hat und seine Motorradaktivitäten ausschließlich auf die Rennstrecke beschränkt, wird schon bald eine KTM Adventure in der Garage finden.- Sportlicher antrittstarker Motor
- sportliches Getriebe
- kompromissloses Fahrwerk
- komptakte Sitzposition
- ABS.
- Fahrkomfort geringer als auf anderen Reiseenduros
- Gesamtabstimmung sehr sportlich
Bericht vom 09.02.2006 | 52.512 Aufrufe