Die TT live erlebt

Wie Walter die Tourist Trophy live erlebt hat.
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Tourist Trophy Isle of Man

Das Rennen, wo nicht dabei sein, sondern Überleben alles ist.

 

Das Isle-of-Man Roadrace dauert zwei Wochen. Eine Woche Training, täglich von 17:00 20:30, anschließend die Race Week mit bis zu 10 Rennen. Wer als Neuling dem ersten Training beiwohnt, wird meist als "TT Virgin" bezeichnet. Mitunter besteht auch die Möglichkeit, in der folgenden Nacht einen Traum vom Erlebten zu haben. Die besten Plätze für Zuschauer sind…. ÜBERALL!!! Es gibt wohl kein langweiliges Plätzchen am ganzen Kurs. Die Unterschiede bestehen darin, dass man sich entscheiden muss, ob man extremen Top Speed sehen will, oder etwas technischere Highspeed Passagen. Langsam wird jedenfalls nirgendwo gefahren.


Das Erste Training

Wir sind in den Norden gefahren, nach Ginger Hall, um genau zu sein. Jeder Streckenabschnitt hat dort seinen Namen. Im Ausgang einer 4. - 5.-Gang S-Kurve bergauf warten wir auf die Fahrer, und das sollte sich voll auszahlen. Die 10 Kilometer vor Ginger Hall sind sehr schnell, 5. -6. Gang, und 300 km/h Speed. Was soll ich sagen: Da entstehen Geräusche bei der Anfahrt auf diese S-Kurve, dass es nur so rauscht!!! Als wir die Superbikes zum ersten Mal hören, sind sie noch locker 10 Kilometer entfernt. Ich hatte vom Sound her das Gefühl, die drehen den ganzen Weg das Gas kein einziges Mal zu… von Herunterschalten mal ganz abgesehen. Dann wird es immer lauter und lauter, du denkst, jetzt kommen sie jede Sekunde aus dieser S-Passage heraus geschossen. Bei diesem Gedanken macht sich sofort Gänsehaut breit. Aber falsch gedacht, es wird noch viel, viel Lauter als du gedacht hast. Und dann kommt der Erste… Er nagelt voll am Angschlag mit Tempo 250 bei dir vorbei, mit einem Abstand von höchstens 1,5 Metern. Wenn du keinen Gehörschutz mitgebracht hast, bist du echt arm dran. Fahrer 2, 3, 4 und 5 haben je ca. 10 20 Sekunden Abstand zueinander. Da donnert es so, dass es dich fast verweht. Das ganze Spiel findet jeden Abend von 17:00 bis 20:30 statt, da trainieren alle Klassen und die Fahrer erarbeiten sich die Setups an ihren Bikes. In dieser Woche kannst du 6 7 verschiedene Plätze zum Anschauen austesten und dich dann für den entscheiden, der dir am besten gefällt - oder weiter suchen. Wie gesagt, langweilig ist es nirgendwo am Kurs. So viel zum Training. TT
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Das Rennen.

Superbike TT Tropy. 6 Runden. Gestartet wird beim Grand Stand, ca. 5 Minuten vom Zentrum der Hauptstadt Douglas entfernt. Dort befinden sich auch das Fahrerlager, Teams, Reifenservice, Essen & Trinken, Rennleitung, usw... Hier trifft sich einfach alles und jeder und das auf eine sehr lockere Art und Weise. Dort trffst du etwa John McGuinness und er plaudert mit dir wenn du willst. Er freut sich, dass du den weiten Weg gekommen bist um das Spektakel zu sehen. Vom Grand Stand aus katapultieren sich die Fahrer in einem immer steiler werdenden Streckenabschnitt für ca. 1,2 Kilometer bis nach Bray Hill, um dort eine irre Höchstgeschwindigkeit von 330 km/h zu erreichen. Du sitzt mit 200 Typen aus aller Welt auf einem Malergerüst, das die Locals extra aufgebaut haben. Wenn dann der Erste einbiegt und das Fahrwerk in die Knie geht daß bei 330 die Funken spritzen wie am Heiligen Abend zur Bescherung, springen die Leute auf und auf den Rängen herrscht Volksfeststimmung. Während du noch versuchst, deine Eindrücke zu verarbeiten, kommt schon der nächste durch und du denkst dir "das gibt es doch nicht, dass die Jungs so anrauchen können!" Klar, dass sie dabei jeden Zentimeter der Strecke ausnutzen. Daß der Streckenposten und die Zuschauer aber teilweise nur 50 Zentimeter vom Zentrum des Sturmes entfernt sind, ist eine andere Sache und die magisch anziehende Kraft der TT.

Nirgendwo und um kein Geld der Welt kannst du Motorsport näher erleben als hier. Nur wer selber fährt, ist näher dran. Völlig befreit von allem, was euch und mir heilig ist, geht es weiter Richtung Union Mills. Dort kommt dann der vierte Gang kurz zum Zug. In einer S-Kombination, die in einer Mulde ihr Ende findet, kommt das Fahrwerk schon wieder so unter Druck, daß es hinten und vorne trotz denkbar guter Abstimmung voll durchschlägt. Es folgen einige Kurven, dann geht es nach Ballagarey, wo die wohl schnellste Kurve am ganzen Kurs wartet (ca. 270 km/h!). Dort angelangt geht es Richtung Ballacraine, wir haben nun ca 12 Kilometer hinter uns, Reisedauer 3:21 Minuten. Nächster Halt: Glen Helen-Schlucht. Der Sound ist an dieser Stelle gar nicht mehr zu beschreiben. Vorbei an Sarahs im 4. Gang voll offen, ganz innen an der Böschung hinauf zu Cronk-Y-Voddy, 5. Gang, über eine leichte Kuppe und dann kommt schon wieder der 6. Gang - und bleibt auch für eine ganze Weile drin. Ich versteh die Welt nicht mehr - haben die vielleicht eine andere Schwerkraft auf dieser Insel? Wer kann so fahren?! Die Jungs sind voll im Fieber, das rechte Handgelenk scheint einen Krampf zu haben. Egal, ob es die Superbikes vorn hochreißt oder nicht, die Jungs bleiben am Gas. Als nächstes kommen wir nach Kirk Michael, eine recht enge Ortsdurchfahrt und mit über 250 km/h wird das ganze nicht viel besser.

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61,1 km in 17:12 Minuten

Es sind nun gerade erst 6:22 Minuten vergangen und wir sind bereits bei Kilometer 25. Ein irrer Platz zum Zuschauen! Wer schlechte Nerven hat, sollte retour zum Start und lieber auf der Grandstand Galerie Platz nehmen. Als nächstes Highlight kommt die Ballaugh Bridge, wer sich dort im Speed verschätzt, macht einen Satz von 15 Metern und riskiert dabei, sein Racebike zu schrotten, oder im "Idealfall" nur den Rahmen zu beschädigen. Also runter in den 2. Gang und lieber nur einen kleinen Hüpfer. Wir sind nun in Ramsey und kommen somit in die kühlere Ecke der Insel. Zwei Drittel der Strecke sind vorbei und die Zeit steht bei 10:14 Minuten für 37 Kilometer.

Jetzt mit Vollgas in die Berge. Auf zur Mountain Section. Dort warten Namen wie Gooseneck, the Verandah, the Bungalow, Windy Corner oder 33rd". Nicht zu vergessen natürlich auch Creg-Ny-Baa, ein cooles Pub an der Aussenseite einer wundervollen, nach innen hängenden Rechtskurve am Ende der Mountainsektion. Dort kannst du gut Essen und Trinken und eine Tribüne gibt es auch noch. Mit vollem Speed geht es runter Richtung Douglas, wo schließlich Start und Ziel warten. Dort haben viele gerade ein Dosenbier geöffnet und nun sind auch alle Starter auf der Runde. Da passiert das Unglaubliche… der erste Fahrer kommt bei Start und Ziel durch, auf der Uhr stehen unglaubliche 17:12 Minuten. Und weil es das Reglement so will, drehen die Jungs noch eine Runden auf der 61,1 Kilometer langen Schleife. Dann geht es ab in die Box, der hintere Reifen wird herunter gerissen, zur selben Zeit wird vollgetankt, das Visier am Helm getauscht und ein bisschen mit dem Mechaniker geplaudert. Das ganze wiederholt sich 2 Mal. Es sind 6 Runden zu fahren, also 366,6 Kilometer in unter zwei Stunden, samt zwei Mal Tanken und Reifen wechseln.

   
Tourist Trophy 2013
Tag 1 (28 Fotos)
Tourist Trophy 2013
Tag 2 ( 19 Fotos)
 

Erst Tage später kann dein Gehirn erfassen, welch ein Feuer da gebrannt hat und ich bin stolz darauf, ein Motorradfahrer zu sein. Gewonnen hat nicht nur der eine Fahrer am obersten Treppchen, sondern jeder, der selbst gefahren ist, das sehen auch alle Fahrer so. Auf dem Podium finden sich drei der üblichen Verdächtigen wieder: Sieger: John McGuinness Zweiter: Cameron Donald Dritter: Bruce Anstey. Zusammen haben sie unfassbare 29 Mal gewonnen. - also spielt hier vor allem Erfahrung eine entscheidende Rolle. Wir gratulieren und verneigen uns. Wer die Konzentration fast zwei Stunden auf maximalem Level halten kann ist ohne Zweifel ein Ausnahmeathlet. Respekt! Alle, die ihr Motorrad mitgebracht haben, können super Kurztouren starten und schöne Halbtagsausflüge machen. Essen und trinken kann man überall und wie bei uns daheim auch schmeckt es manchmal besser, manchmal schlechter. Regenbekleidung und warme Sachen sind existenziell, was eigentlich jedem in dieser Gegend klar sein sollte. Es gilt aber wie immer: Auf Regen folgt Sonne! Und das geht recht schnell auf der Insel Man. Zu beachten ist, im Ortsgebiet langsam zu fahren!! Andernfalls kann das sehr, sehr teuer werden, ausserorts gibt es keine Beschränkungen. Man(n) sollte sich dennoch nicht überschätzen, trotz all der Motivation rundherum. Die Iren selbst sind sehr gastfreundlich, auf der Insel wird jeder Einheimische helfen, so gut er kann, ein sehr freundliches Völkchen eben, die Frauen und Männer von Manx. Zum Abschluss kann nur gesagt werden: Wer das alles mal erleben will, sollte sich durch nichts auf der Welt davon abhalten lassen!

 
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Interessante Links:

Text: Walter Forstenpointner
Fotos:
Alex Riegler

Autor

Bericht vom 12.08.2013 | 6.160 Aufrufe

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