Trans Asien

27.000 Kilometer bis ans Ende der Welt. Von Hindukusch, Badeurlaub und Käsekrainer.
 

Von der Seidenstraße zum Drogenhighway

Auszug aus Joe Pichlers Reisetagebuch - Trans Asien

 
Um die autonome Region Gorno Badakhshan im Süden von Tadschikistan zu besuchen haben wir uns schon vor der Abreise bei der Tadschikistan Botschaft in Wien eine Sondergenehmigung besorgt. Die Region ist ein sensibles Grenzgebiet und die zahlreichen Militärstreifen kontrollieren immer wieder unsere Papiere. Die Straße in den Süden führt entlang des Panj-Flusses direkt an der Grenze zu Afghanistan. Die Dörfer auf der afghanischen Seite sind nur einen Steinwurf entfernt. Wo sich auf Tadschikischen Seite eine Straße befindet, verläuft in Afghanistan ein schmaler Pfad. Entlang steiler Felswände in schwindelnder Höhe verläuft der ungesicherte Weg.
   
Was bei uns in Österreich ein Klettersteig für Adrenalin-Junkies wäre, ist hier die einzige Verbindung zur Außenwelt. Für die Kinder ist es der tägliche Weg zur Schule, ein falscher Tritt und man stürzt in die reißenden Fluten des Panj. Die Gastfreundschaft der Pamiri ist unbeschreiblich. Jedes Mal wenn wir auch nur für ein kurzes Foto stehen bleiben werden wir sofort zum Chai (Tee) eingeladen. Dazu gibt es meist noch frisch gebackenes Brot, Joghurt und Käse. Auf Grund der vielen Einladungen schaffen wir maximal 150 km am Tag. So einfach bereisen kann man den Süden Tadschikistan erst seit einigen Jahren. Verrostete Panzer am Straßenrand und gekennzeichnete Minenfelder sind Zeugen einer kriegerischen Vergangenheit.
Bei Iskahim wird das enge Tal breiter und wir haben einen atemberaubenden Ausblick auf die schneebedeckten Berge des Hindukusch. Durch das fruchtbare Wakhan Tal führte einst ein wichtiger Seitenarm der Seidenstraße. Von der mächtigen Befestigungsanlagen Yamchun ist nur mehr eine Ruine übriggeblieben. Der legendären Handelsweg ist bereits Geschichte, Rauschgifthandel ist heute das Hauptgeschäft. Die Taliban und gewissenlose Warlords finanzieren ihren Krieg in Afghanistan mit Drogenhandel. 90% des Heroins, das Europa erreicht wird durch Tadschikistan geschleust. Die Seidenstraße wurde zum Drogenhighway.
Reifenschaden, Verkehrschaos und Käsekrainer. Heute scheint nicht unser Glückstag zu sein. Schon am Vormittag hat es der Wettergott nicht gut mit uns gemeint. Kurze aber intensive Regenfälle verwandeln einige Pistenabschnitte in riesige Schlammlöcher. Eigentlich harmlose Abschnitte werden so zu einer echten Herausforderung. Den Regen haben wir nach 2 anstrengenden Stunden nun hinter uns gelassen, dafür haben wir nun den einzigen Nagel im Umkreis von 100 km erwischt. Durch die groben Stollen hat sich der 8 cm lange Nagel in den Hinterreifen gebohrt. Aber ich habe natürlich einen Reserveschlauch im Gepäck und dann den defekten Schlauch zu wechseln ist eigentlich schon Routine für mich. Obwohl ich auf diese Art von Überraschungen gerne verzichten kann.
Die Fahrt durch den Aimag Zavkhan ist dann dafür unbeschreiblich schön. Hier erleben wir die Mongolei wie aus dem Bilderbuch. Grüne Wiesen klare Flüsse und unzählige Jurten laden zum Verweilen ein.
Über 14 Tage sind wir schon auf staubigen und sandigen Pisten unterwegs. Die letzten 200 km nach Ulaanbaatar rollen wir aber nun gemütlich auf einer Teerstraße dahin.

Die Hauptstadt der Mongolei ist eine richtige Großstadt mit all ihren Nachteilen, wie dem täglichen Verkehrschaos und einer extrem hohen Kriminalitätsrate. Andere Reisende haben uns schon gewarnt und wahre Horrorgeschichten über die Millionenstadt erzählt.

 
Zusätzlich zur sehr riskanten Fahrweise der Mongolischen Autofahrer sorgen noch unzählige fehlende Kanaldeckel für einen erhöhten Adrenalinspiegel. Aber eine große Stadt hat natürlich auch ihre Vorteile. Nach eher entbehrungsreichen Tagen im Westen der Mongolei, mit Hammelsuppe und gesalzenem Milchtee, genießen wir ausgiebig das umfangreiche gastronomische Angebot. Das absolute Highlight ist die Käsekrainer mit Pommes bei Sibylle und Rene im Oasis Cafe. Als Nachspeise gibt es dann noch einen Cappuccino und eine Topfengolatsche im Cafe Sacher. Wir machen hier in Ulaanbaatar ein paar Tage Pause vom großen Abenteuer.

Badeurlaub und Räucherfisch
Nach 5 Wochen Mongolei sind wir wieder zurück in Russland. In dem kleinen Fischerdorf Posolskoe machen wir unseren ersten Stopp am Baikalsee. Ein Hotel oder Restaurant suchen wir vergeblich. Die Tourismusindustrie hat diesen Flecken der Erde noch nicht entdeckt. Nach langem Suchen finden wir aber eine private Unterkunft und ein Magazin. Das Magazin in Posolskoe ist jedoch kein Gourmetrestaurant wie in der Stadt Salzburg, sondern eine kleine Gemischtwarenhandlung wie es sie in jeder Russischen Ortschaft gibt. Das Angebot ist reichlich, zum Abendessen gibt es Brot, Käse, Essiggurken, zwei Dosen Baltika 3 und frisch geräucherten Fisch. Der Blick auf den See ist inklusive und kostenlos. Viele der Menschen die am Ufer des Baikalsees leben verdienen sich ihren Lebensunterhalt mit dem Fischfang, aber keiner käme auf die Idee freiwillig baden zu gehen. Die Wassertemperatur beträgt maximal 12 °C.

Mit der Insel Olkhon haben wir nun den schönsten Teil des Baikalsees erreicht. Das wissen auch die Russen, vor der einzigen Fähre auf die Insel hat sich schon eine beträchtliche Autokolonne gebildet. Nicht nur die Landschaft ist grandios, angeblich soll auch das Wasser hier wärmer sein als im restlichen See. Zum Baden ist es aber nach Meinung der hier urlaubenden Russen, trotzdem viel zu kalt. Einen echten, Prebersee geeichten Lungauer kann das natürlich nicht abschrecken. Die Motorradklamotten werden ausgezogen und ich schlüpfe in die Badehose. Renate, ihr ist sogar mit der Motorradjacke kalt, steht neben mir und schüttelt nur mehr den Kopf. Ein paar Schritte und ein kühner Kopfsprung. Die Bewunderung der Strandurlauber ist mir sicher. Aber es war saukalt und allzu lange hat das Badevergnügen nicht gedauert. Mein Russisch ist leider viel zu schlecht um den Schaulustigen zu erklären, dass wir fast verwandt sind. Ich komme ja aus Ramingstein im Lungau, dem Österreichischen Sibirien.

Nach 27.000 Kilometern ist das Ende der Welt erreicht. Wir sind im Herzen Sibiriens, das Thermometer zeigt 34°C und die Mädels spazieren im Minirock durch die Straßen von Yakutsk. Aber man darf sich von den spätsommerlichen Temperaturen nicht täuschen lassen. Yakutsk ist eine der kältesten Städte der Erde und komplett auf Permafrost gebaut, der bereits in einem Meter Tiefe beginnt. In der Eishöhle von Planetyakutia hat es das ganze Jahr über konstante -15°C.

Sergej serviert den Wodka in Gläsern aus Eis. Dazu gibt es rohen Fisch mit Salz, natürlich tiefgefroren. Für uns ist Yakutsk ein wichtiger Versorgungspunkt bevor wir zur letzten Etappe aufbrechen, entlang der legendären Knochenstraße Richtung Osten.
Kolyma Highway ist der eigentliche Name der 2.000 km langen Straße von Yakutsk nach Magadan. Sie wurde in der Stalin Ära von Zwangsarbeitern gebaut um die Arbeitslager im unwirtlichsten Teil der Sowjetunion zu versorgen. Zigtausende haben die unmenschlichen Arbeitsbedingungen nicht überlebt und wurden direkt neben der Straße verscharrt. So ist der Name Knochenstraße entstanden.

Die abenteuerliche Piste führt durch unberührte Tundra- und Taiga-Landschaften, entlang reißenden Bächen durch tiefe Schluchten in den äußersten Osten Sibiriens. Es ist eine wilde, atemberaubend schöne aber menschenleere Gegend. Die Abstände zwischen den Ortschaften sind meist über 200 km und Hotels sind eine Seltenheit. Aber wir haben ja zum Übernachten unser Zelt dabei und die angeblich hier lebenden Bären werden durch den Sound meiner KTM-Auspuffanlage hoffentlich vertrieben.
Auch einige Reifenschäden auf der steinigen Piste können uns nicht aufhalten, nach sieben Tagen erreichen wir bei strömenden Regen Magadan am Ochotskischen Meer. Nur mehr die Halbinsel Kamtschatka, die wir ohne Motorrad besuchen werden, trennt uns von der Beringsee.


Zahlreiche Termine und die Reservierung findet ihr HIER.

 
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Text: Joe Pichler
Bilder:
Joe Pichler

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Bericht vom 08.09.2011 | 6.955 Aufrufe

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