Fahren auf der Autobahn und mit hohen Geschwindigkeiten

Die Autobahn oder vergleichbare Straßenabschnitte, die je nach Land anders heißen, bieten Vor- und Nachteile. Autobahnen und dergleichen werden gebaut, um den Verkehrsfluss möglichst vieler Kraftfahrzeuge möglichst schnell zu ermöglichen. Dementsprechend wird die Infrastruktur derartiger Verkehrswege gestaltet: Hohe Entwurfsgeschwindigkeiten (also keine störenden Kuppen oder gefährlich enge Kurvenradien), breite und viele Fahrspuren, deutliche Beschilderung und oft die Vermeidung von bremsenden Einflüssen wie Wild, langsamere Verkehrsteilnehmer oder Kreuzungsampeln. In manchen Abschnitten derartiger Straßen wird auch Maut verlangt, also eine Benützungsgebühr. Das ist sicher deutlich ausgeschildert. Am Motorrad empfiehlt es sich daher, darüber schon vorher Bescheid zu wissen, denn das Anhalten vor einem Schild mautpflichtig oder dergleichen ist unpraktisch und manchmal gefährlich.

• Auf einer Autobahn kannst du nicht wirklich irgendwo eine Pause einlegen um deine Ausrüstung zu checken, um auf der Papierkarte dich zu orientieren oder um irgendwelchen technischen oder körperlichen Bedürfnissen jetzt und sofort nachzukommen. Soll heißen: Du musst zumindest bis zur nächsten Autobahnabfahrt durchhalten!
• Auf einer Autobahn ist tagsüber in der Regel reger Verkehr, du musst mit den unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Aktionen der anderen rechnen. Und das sind eben sehr viele!
• Du darfst auf einer Autobahn, besonders in Deutschland, sehr schnell fahren, das bedeutet einige Herausforderungen für dich.

Ja, so ist es. Wenn du auf eine Autobahn auffährst, sollte alles passen! Dein Motorrad (inklusive Tankinhalt), deine Kleidung, der Zustand deiner Beladung, deine Navigationsplanung. Es ist ein banger Moment, wenn du auf einer Autobahn nicht weißt, wie lange dein Tank noch reicht. Denn üblicherweise sind in Mitteleuropa Autobahnraststätten mit Tankmöglichkeit ungefähr alle 50 km oder weniger vorhanden. Speziell in der Nacht solltest du auf Tankmöglichkeiten abseits der Autobahn nicht vertrauen, wenn du deren Betriebszeiten nicht kennst! In Österreich zum Beispiel wird ein Stehenbleiben am Pannenstreifen wegen eines leeren Tanks auf einer Autobahn mitunter bestraft, weil du ja beim Auffahren auf die Autobahn nicht den technisch erforderlichen Zustand deines Fahrzeugs dahingehend überprüft hast. Und es ist so nebenbei natürlich äußerst unkomfortabel, zur nächsten Tankstelle zu marschieren, um dort einen benzingefüllten Kanister zu erstehen und damit zu Fuß zurück zu gehen.

Ein großes Projekt verlangt nach großen Partnern - weshalb wir uns entschieden, für unsere Berichteserie Motorradfahren lernen mit hochwertigen Herstellern wie Honda, Metzeler, Stadler und SW-Motech zusammen zu arbeiten. Für einen feinen Querschnitt durch die aktuellen Motorradkategorien haben wir von Honda eine einsteigerfreundliche CB500 Hornet, eine sportliche CBR650R sogar mit E-Clutch (muss man mal probiert haben!) und als Referenz für das Adventure-Segment eine CRF1100L Africa Twin Adventure Sports mit elektronisch verstellbarem Fahrwerk gewählt. Bestückt wurden alle Bikes mit Taschen oder Tankrucksäcken von SW-Motech, damit wir diverse Utensilien, die wir bei unseren Fotofahrten brauchten, gut verstauen konnten. Da wir natürlich nicht wussten, wie das Wetter wird, vertrauten wir bei der Kleidung auf Highend-Ware von Stadler Bekleidung, die dank GoreTex-Material und innovativen SASS-Belüftungsöffnungen sowohl bei nasskaltem als auch bei heißem Wetter ausgezeichnet funktionieren. Schließlich wollten wir auch bei den Reifen nichts dem Zufall überlassen, für unsere Vorführ-Fahrten wurden auf allen drei Maschinen Qualitäts-Pneus von Metzeler aufgezogen. Und ja, richtig vermutet, natürlich hat mit allen vier Herstellern alles problemlos funktioniert!

Die Autobahn ist bei regem Verkehr ein noch gefährlicherer Ort für Motorradfahrer. Du musst die Handlungen vieler Verkehrsteilnehmer möglichst früh vorwegnehmen, da du deren Fehler ausmerzen können musst, denn jeder Fehler der anderen ist ein großes Problem für dich! Was kannst du tun? Fahre aufmerksam, vorausschauend und mit Reserven!

Am Motorrad wirkt sich höhere Geschwindigkeit noch viel drastischer aus, als in einem Auto. Höhere Geschwindigkeit potenziert dein Risiko. Das hat vor allem mit den quadratischen Zusammenhängen zwischen Bremsweg und Fliehkräften bei steigenden Geschwindigkeiten zu tun. Es hat aber auch mit geringerer Lenkmöglichkeit und quadratisch steigendem Luftwiderstand bei höherer Geschwindigkeit zu tun.

Bei hohen Geschwindigkeiten sind deine Kreiselkräfte meist so groß, dass du für Richtungswechsel oder Linienkorrekturen viel mehr Platz brauchst. Dein Lenker wirkt bei 130 km/h fast wie angeschraubt, du kannst ihn nur mit viel Kraft bewegen. Das heißt für dich: Du musst den Fahrbahnverlauf der Straße und das Verhalten der anderen schon sehr früh sehr präzise einschätzen, denn deine Korrekturmöglichkeiten sind sehr gering bei hohen Geschwindigkeiten. Schau noch mehr voraus, nimm noch früher vorweg, was die anderen tun!

Solltest du einmal auf einer deutschen Autobahn oder sonst wo, sagen wir, 250 km/h fahren, wirst du dieses Bauchgefühl nicht vergessen. Die Straße scheint enger, alles zoomt in nicht bekannter Weise an dir vorbei und du versuchst dein Motorrad in die optimale Line zu bringen. So nebenbei steigt auch der Druck des Fahrtwinds quadratisch. Das heißt: 20% schneller bedeutet über 40% mehr Druck! 40% schneller bedeutet annähernd doppelt so viel Druck und doppelt so schnell bedeutet viermal so viel Druck! Wer es noch nicht erlebt hat, der hat keine Vorstellung davon, was es heißt, bei 200 km/h den Kopf ein wenig zu heben. Wer versucht, bei dieser Geschwindigkeit die Hand vom Lenker zu nehmen (um zu grüßen??), der weiß: Keine gute Idee. Der Fahrtwind presst alles nach hinten, das weg steht! Natürlich kommt es auf die aerodynamische Konzeption deines Motorrads an, natürlich schützt ein Windschild vor diesen Gewalten.

Du kannst nicht komfortabel 130 km/h fahren, wenn du ständig deinen Oberkörper gegen den Wind stemmen musst, wenn du ständig dich am Lenker anhalten musst, sodass du nicht nach hinten abgehst, wenn dein Steißbein in den Sitz gepresst wird, wenn deine Nackenmuskulatur deinen Kopf ständig gegen Verwirbelungen stemmend stabilisieren muss. Beim Fahren in hohen Geschwindigkeiten, besonders über längere Zeit, musst du die Qualität deines Windschutzes kennen! Noch dazu kommen im Kopf-, also im Ohrbereich, teils schmerzhafte akustisch heftige Luftverwirbelungseffekte hinzu, die auf Dauer sogar zu schweren Schäden der Hörfähigkeit führen können. Du kannst in solchen Situationen natürlich Ohrstöpsel verwenden, aber du hast dann, speziell im urbanen Bereich, wiederum weniger Audio-Informationen für die Einschätzung des Verkehrsumfelds zur Verfügung.

Je nachdem, wie seriös der Fahrzeughersteller sein Produkt auch hinsichtlich der aerodynamischen Eigenschaften bei Montage diverser Gepäcksysteme entwickelt hat, treten bei deinen spezifisch gewählten Beladungslösungen unterschiedliche Effekte auf. Manche Motorräder beginnen früher und heftiger zu pendeln, manche werden insgesamt unruhig, manche schlicht unfahrbar. Kennst du das Verhalten deines Eisens mit Gepäck bei höheren Geschwindigkeiten?

• In der Regel sind Autobahnen großzügig ausgebaut und für höhere Geschwindigkeitsbereiche optimiert
• In der Regel ist die Wahrscheinlichkeit für Wild oder andere Tiere minimiert.
• In der Regel werden derlei hoch frequentierte Verkehrswege besser und häufiger vom Straßenerhalter kontrolliert, weswegen die Wahrscheinlichkeit von gefährlichen Verunreinigungen oder Straßenzuständen auf ein praktisches Minimum sinkt.
• In der Regel werden auf Autobahnen jegliche Störungen des Verkehrsflusses rechtzeitig und deutlich angezeigt. Eine rote Ampel zum Beispiel wird schon sehr früh durch entsprechende Geschwindigkeitsreduktionsgebote angekündigt.
• In Mitteleuropa gibt es derzeit keinen schnelleren, legalen Weg, um auf der Straße voran zu kommen, als eine staufreie Autobahn ohne Baustellenbereiche.

• Durch die hohe Geschwindigkeit wirken sich Windeffekte noch drastischer aus. Wenn du einen LKW überholst, wenn eine Lärmschutzwand bei Seitenwind plötzlich endet, wenn du aus einem Tunnel kommst, wenn du über einen Bergrücken fährst!
• Durch dein subjektives Sicherheitsgefühl rechnest du weniger mit Unerwartetem. Weil alle (gleich) schnell fahren und weil viel und gut einsichtiger Platz ist und weil die Kurvenradien vorhersehbar weit sind und weil die Straße supersauber ist, rechnest du mit kleinen Fehlern anderer weniger. Was machst du, wenn doch jemand Ladegut verliert, etwa ein Laster einen Gesteinsbrocken, ein Anhänger eine Europalette oder im Winter ein Sattelschlepper das Eis auf seiner Plane? Was machst du, wenn in der Dämmerung dann doch ein Wild über eine Autobahnauffahrt auf die Fahrbahn kommt? Was machst du, wenn ein verrückter Autofahrer dem Navi folgend plötzlich verbotener Weise zwei Fahrspuren wechselt und dabei bremst, um die geforderte Abfahrt noch zu erreichen?
• Durch die eintönige Bewegungsform können einschläfernde Zustände viel früher auftreten. Wenn du seit 20 Kilometern einem Kfz und dessen Rücklichtern folgst, wirst du träge, müde und deine Aufmerksamkeit sinkt dramatisch.

• Dir muss der Fahrtwinddruck und dessen Auswirkungen bewusst sein
• Du musst wesentlich weiter vorausschauend fahren, um die Fahrbahnsituation und die Aktionen anderer rechtzeitig richtig einschätzen zu können.
• Du musst ehrlich bei deiner Selbstbeobachtung sein.
• Du musst den Handlungsspielraum bezüglich deiner Verfassung und der deines Motorrads kennen und auch in diesen extremen Rahmenbedingungen richtig einschätzen.
• Du darfst dich nicht in Sicherheit wiegen, weil Autobahnfahren so leicht ist. Sei wachsam!

Auch wenn das 1000PS Nachschlagewerk nicht auf einmal sondern bis Ende des Jahres immer weiter ergänzend erscheint, ist es am Ende eine große, einem Lexikon ähnliche, Database, in der man nach Kapiteln und Absätzen geordnet auf die häufigsten Fragen, die in den 1000PS-Foren in den letzten Jahren gestellt wurden, eine Antwort findet.

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