Motorradfahren lernen - Meisterung der Kurvenfahrt

Richtig anbremsen und richtig rausbeschleunigen

Beim Kurvenfahren kommt es nicht nur auf den Sektor in Schräglage an. An verschiedenen Punkten vor, in und nach der Kurve sind unterschiedliche Geschwindigkeiten möglich. Wie du diese optimal erreichst und was du dabei beachten musst.

Aus den bisherigen Kapiteln weißt du, dass der Kurvenradius und der Grip im Wesentlichen bestimmen, wie schnell und somit wie schräg du in einer bestimmten Kurve fahren kannst, ohne dass du wegrutschst. Dir ist auch bewusst, dass du dich bei der Einschätzung all dieser Faktoren nicht irren darfst und dass deswegen der richtige Blick beim Kurvenfahren eine wichtige Rolle spielt. Du hast auch erfahren, dass Geschwindigkeitswechsel in Schräglage problematisch sind. Wie gehst du also mit dieser Einschränkung um? Kannst du in eine Kurve hinein bremsen? Ab wann kannst du am Ende der Kurve wieder Gas geben um zu beschleunigen? Genau diese Fragen wollen wir in den nächsten Absätzen besprechen.

Je schräger du fährst, desto weniger kannst du bremsen, desto weniger kannst du beschleunigen

Bisher sind wir ja davon ausgegangen, dass du idealerweise beim Einlenken schon die passende Kurvengeschwindigkeit angelegt hast und dann durch den Kurvenradius mit dem richtigen Gang und sogenanntem Stützgas mehr oder weniger die Geschwindigkeit hältst, man nennt das auch Rollphase, um erst nach der Kurve auf der Geraden wieder zu beschleunigen. Die Kurvenfahrtechnik mit möglichst gleichbleibender Kurvengeschwindigkeit gibt dir mehr Reserven und hat den großen Vorteil, dass du in der Schräglage dich besser, weil ausschließlich auf das Feintuning deiner Geschwindigkeit zur Linienkorrektur (neben der anderen Möglichkeit Drücken) konzentrieren kannst. Es ist eine stressfreie Art, die Kurve zu durchreiten. Achte beim Anlegen des Stützgases darauf, dass du das sanft und gefühlvoll machst und dass du es möglichst vor der größten Schräglage schon erledigt hast! Beherrschst du jetzt diesen Bewegungsablauf und die richtige Einschätzung der Rahmenbedingungen und passiert all das nach viel Übung reibungslos, selbstverständlich und präzise, kannst du einen Schritt weiter gehen.

Honda, Metzeler, Stadler und SW-Motech als 1000PS-Partner!

Ein großes Projekt verlangt nach großen Partnern - weshalb wir uns entschieden, für unsere Berichteserie Motorradfahren lernen mit hochwertigen Herstellern wie Honda, Metzeler, Stadler und SW-Motech zusammen zu arbeiten. Für einen feinen Querschnitt durch die aktuellen Motorradkategorien haben wir von Honda eine einsteigerfreundliche CB500 Hornet, eine sportliche CBR650R sogar mit E-Clutch (muss man mal probiert haben!) und als Referenz für das Adventure-Segment eine CRF1100L Africa Twin Adventure Sports mit elektronisch verstellbarem Fahrwerk gewählt. Bestückt wurden alle Bikes mit Taschen oder Tankrucksäcken von SW-Motech, damit wir diverse Utensilien, die wir bei unseren Fotofahrten brauchten, gut verstauen konnten. Da wir natürlich nicht wussten, wie das Wetter wird, vertrauten wir bei der Kleidung auf Highend-Ware von Stadler Bekleidung, die dank GoreTex-Material und innovativen SASS-Belüftungsöffnungen sowohl bei nasskaltem als auch bei heißem Wetter ausgezeichnet funktionieren. Schließlich wollten wir auch bei den Reifen nichts dem Zufall überlassen, für unsere Vorführ-Fahrten wurden auf allen drei Maschinen Qualitäts-Pneus von Metzeler aufgezogen. Und ja, richtig vermutet, natürlich hat mit allen vier Herstellern alles problemlos funktioniert!

Honda, Metzeler, Stadler und SW-Motech
Honda, Metzeler, Stadler und SW-Motech als 1000PS-Partner

Du kannst auch in die Kurve hinein bremsen

Das geht. Aber du hast dabei wesentlich weniger Reserven und du musst genau wissen, wie viel du in welcher Schräglage unter welchen Bedingungen bremsen kannst. So nebenbei musst du dabei auch die dynamische Achslastverteilung berücksichtigen. Aus der Physik ergibt sich jedenfalls der Umstand: Je mehr du umlegst (das ist ein Motorradfahrerausdruck für: je mehr du dich in die Schräglage begiebst), desto weniger kannst du bremsen. Also: Du musst, wenn du in Schräglage kippst, deine Bremsleistung reduzieren. Je schräger, desto mehr musst du die Bremse lösen. Denke auch daran, dass in dieser Phase bei jedem Schaltmanöver in einen niedrigeren Gang dein Hinterreifen ein kurzfristiges Motorschleppmoment umsetzen muss, was einer Erhöhung der Hinterradbremsleistung gleichkommt. Wie heftig diese Motorbremse ausfällt hängt davon ab, wie groß die Drehmomentdifferenz zwischen deinen Gängen ist, wie weich du einkuppelst oder wie gut deine Anti-Hopping-Kupplung funktioniert.

Motorradfahren lernen - in eine Kurve hineinbremsen mit einer Honda CBR650R E-Clutch
Man kann auch in die Kurve hinein bremsen, hat dabei aber wesentlich weniger Reserven und muss genau wissen, wie viel in welcher Schräglage unter welchen Bedingungen gebremst werden kann.

In die Kurve bremsen klingt kompliziert. Ist es auch. Das musst du üben!

Es gibt sehr schnelle Motorradfahrer, die gar nicht in die Kurve hinein bremsen und den Vorteil der entspannten, zügigen aber sicheren Kurvenfahrt mit idealer Schräglage nutzen. Oder die sich eher auf den Kurvenausgang konzentrieren. Im Rennsport freilich zählt jede Hundertstelsekunde, da wird der Bremsvorgang in die Kurve hinein natürlich optimiert und die Rollphase möglichst minimiert. Aber im Runden-Rennsport sind die Griffigkeit und der Kurvenradius präzise bekannt. Das ist auf öffentlichen Verkehrsflächen nicht so.

Das Hinein-Bremsen in die Kurve erhöht dein Sicherheitsrisiko enorm, du kannst dir noch weniger Fehler erlauben!

Also wenn du den Bremspunkt verpasst, wenn du zu wenig oder wenn du zu viel bremst. Und all das in der eigentlich leichter zu bewältigenden aufrechten Bremssituation auf der Geraden! Du kannst dir vielleicht vorstellen, um wie viel schwieriger das in der Schräglage ist. Die optimale Bremstechnik zu finden braucht viel Erfahrung. Deine Kurveneingangslinie ist ja ganz wesentlich von der richtigen Geschwindigkeit abhängig, weil die ja deine Schräglage bedingt und die bestimmt wiederum deine Linie.

Das Üben und Beherrschen des Hineinbremsens in die Kurve bietet dir aber zwei kleine Vorteile

1.) Du kannst, wenn du dich mit deiner Geschwindigkeit am Kurveneingang verschätzt hast, mit dieser Technik, wenn du sie wirklich beherrscht, doch noch in die Kurve biegen und rechtzeitig auf den richtigen Speed am Scheitelpunkt kommen. 2.) Du lernst dein Motorrad und dich besser kennen, wie ihr beide euch in solchen Situationen verhaltet. Geübte Motorradfahrer spüren mit jedem Anbremsen mehr, wann das Hinterrad Haftung verliert, wann ein Schaltvorgang gefährlich wird, um wie viel schwerer es ist unter Bremsdruck einzulenken, wie das Vorderrad anders einlenkt, wenn sich die Fahrwerksgeometrie durch die eingefederten Vorderraddämpfer anders verhält, was die Positionierung des Körpers für Auswirkungen auf die Achslastverteilung hat und wie die Vorderradbremse immer präziser dosiert wird. Auch die tatsächlich erreichte Linie beim Anbremsen wird immer präziser dort sein, wo du sie dir vorgenommen hast. Das sind alles Indikatoren oder Orientierungswerte, die dir beim Lernen helfen.

Motorradfahren lernen - Hineinbremsen in eine Kurve mit einer Honda CB500 Hornet
Falls deine Geschwindigkeit am Kurveneingang zu hoch ist, kannst du mit dieser Technik doch noch in die Kurve biegen und rechtzeitig auf den richtigen Speed am Scheitelpunkt kommen.

Eine einfache Fragen dazu: Musst du beim Kurvenanbremsen auskuppeln?

Die Vorteile des Auskuppelns bei Notbremsungen wurden bereits besprochen. Wie der Name schon sagt, gilt das bei Notsituationen. Das Anbremsen der Kurve sollte keine Notsituation sein. Lebe deshalb damit, dass du beim Anbremsen einer Kurve NICHT auskuppelst. Du lernst dadurch viel selbstverständlicher die Effekte des Gangwechsels und des Motorschleppmoments deines Motorrads kennen. Das Anbremsen der Kurve sollte aber immer so realisiert werden, dass jede Verzögerung rund, weich und zur physikalisch vorgegebenen Situation passt.

Noch eine einfache Frage dazu: Bremst du mit der Hinterradbremse mit?

Vereinfachend (außer du bist ein Supermotard-Fahrer, der absichtlich und kontrolliert das Hinterrad rutschen lässt, das kannst du hier lernen), gelten folgende 3 Grundsätze: 1.) Durch die Achslastverteilung ist die vordere Bremse die wirksamere und wird daher überwiegend zum kontrollierten Verzögern im normalen Fahrbetrieb verwendet. 2.) Je schwerer und länger ein Motorrad ist, desto mehr spielt die Nutzung der Hinterradbremse für die Länge des Bremswegs eine Rolle, es ist deine Entscheidung, wie viel du von diesem Umstand nutzt. Schließlich: 3.) Du kannst die Hinterradbremse immer als stabilisierende und die Griffigkeit prüfende Technik einsetzen, dir muss aber auch bewusst sein, dass ein überbremstes Hinterrad in der Schräglage nach außen rutscht!

Ok, du hast den Scheitelpunkt passiert und der Kurvenausgang nähert sich. Wann kannst du Gas geben?

Eigentlich gilt in der Beschleunigungsphase sinngemäß dasselbe wie beim Anbremsen, denn Bremsen ist physikalisch nichts anderes als eine Negativbeschleunigung. Je schräger, desto weniger ist möglich! Der Unterschied: Die Eigenschaften deines Fahrwerks und deines Hinterreifens bewirken in der Beschleunigungsphase andere Voraussetzungen. Vernachlässigen wir einmal die Kettenzugkräfte (das ist sehr komplizierte Fahrwerksthematik). Beschleunigst du zu früh, können zwei Dinge passieren:

1.) Dein Hinterrad dreht durch

Das passiert, weil du zu viel Gas gegeben hast oder deine Traktionskontrolle überhaupt nicht passt. Dann rutscht dein Hinterrad nach außen. Reagierst du, das ist nicht unwahrscheinlich, oder deine TC, das ist sehr selten, darauf einen Tick zu spät, dann hast du schlechte Karten. Wird nämlich der Schub deines Hinterrads erst in extremer Schräglage ausreichend reduziert, kann es zum sogenannten Highsider kommen. Das bedeutet, dass dein Hinterreifen plötzlich wieder Grip bekommt und dein sich dadurch zackig aufstellendes Motorrad katapultiert dich nach oben. Das blöde in solchen Flugphasen ist, dass du die Flugrichtung nicht mehr beeinflussen kannst. Und du kannst auch nur sehr eingeschränkt entscheiden, welcher deiner Körperteile zuerst am Erdboden oder anderswo aufschlägt. Das sind meist böse Stürze.

2.) Es treibt dich zu sehr nach außen

Sehr häufig haben auf den ersten 10.000 km Motorradfahrer folgenden Effekt nicht im Griff: Je schneller du fährst, desto mehr drängt dich die Fliehkraft nach außen! Bei Rechtskurven heißt das: in den Gegenverkehr. Bei Linkskurven bedeutet das: in Richtung des, nicht so griffigen oder durch eine Leitplanke begrenzten, Straßenrands. Auch das frühere Beschleunigen, besonders die Gasannahme, am Kurvenausgang muss geübt werden und erhöht das Risiko enorm!

Motorradfahren lernen - mit einer Honda CBR650R E-Clutch wird aus einer Kurve herausbeschleunigt
Das frühere Beschleunigen, besonders die Gasannahme, am Kurvenausgang muss geübt werden und erhöht das Risiko enorm!

Nachschlagewerk: So geht das! Wie man was findet

Auch wenn das 1000PS Nachschlagewerk nicht auf einmal sondern bis Ende des Jahres immer weiter ergänzend erscheint, ist es am Ende eine große, einem Lexikon ähnliche, Database, in der man nach Kapiteln und Absätzen geordnet auf die häufigsten Fragen, die in den 1000PS-Foren in den letzten Jahren gestellt wurden, eine Antwort findet.

Die umfassende Serie "Motorradfahren lernen" auf 1000PS im Überblick:

Entdecke unsere umfassende Serie "Motorradfahren lernen" auf 1000PS, in der wir alle Aspekte des Motorradfahrens behandeln. Von der Wahl des richtigen Motorrads, über die korrekte Bedienung von Kupplung und Bremsen, bis hin zur optimalen Körperposition und Kurventechnik. Wir zeigen dir, wie du moderne Fahrassistenzsysteme nutzt, bei Nacht oder auf nasser Fahrbahn sicher fährst und sogar wie du Notmanöver meisterst. Egal ob du Anfänger bist oder deine Fähigkeiten verbessern möchtest, unsere Serie bietet wertvolle Tipps und Ratschläge für jeden Fahrer. Tauche ein in die Welt des Motorradfahrens mit 1000PS!

Bericht vom 04.08.2024 | 5.633 Aufrufe

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