Ducati Desmo 450 MX Test 2025: Feuertaufe bestanden
Wie schlägt sich Ducatis erste Offroad-Sportmaschine?
Die langersehnte Frage, wie sich das Desmo-Konzept von Ducati in einem Motocross Motorrad fährt, kann endlich beantwortet werden. Unser Dirtbike- Experte Busty Wolter erhielt als einer der ersten Journalisten weltweit die Möglichkeit, das Motorrad, mit dem Ducati in den Offroad-Sport einsteigt, zu testen und beantwortet die wichtigsten Fragen.

Drei Dinge haben mich seit der Bekanntgabe von Ducatis 450 ccm Motocross-Motorrad brennend interessiert: Warum möchte Ducati überhaupt in den Motocross-Sport einsteigen? Weshalb hat man sich für die Premiere für den Hubraum mit dem kleineren Marktanteil entschieden? Und kann das drehzahlfreudige Desmo-Konzept des Motors beim Driften im Dreck überhaupt funktionieren? Dazu kommen noch viele weitere Fragen, die sich aufdrängen, wenn ein Hersteller erstmalig eine für ihn fremde Disziplin betritt und dabei mit einem weißen Blatt Papier anfängt.
Ducatis Ziel mit der Desmo450 MX
2021 wurde "von oben" freigegeben, dass Ducati ins Offroad-Sportsegment einsteigen darf, beginnend mit der Disziplin Motocross. Dann ging alles recht schnell. Der erste Motor spuckte im Frühjahr 2023 die ersten Töne aus, im Sommer rollte das erste komplette Motorrad auf die Teststrecke und im Frühjahr 2024 folgte der erste Renneinsatz. Seit der Saison 2025 ist man mit einem eigenen Werksteam in der Motocross-Weltmeisterschaft MXGP vertreten. Der 450 ccm Crosser soll nur der Beginn sein. Ein Prototyp mit 250 ccm Viertakt-Triebwerk wurde im Frühjahr 2025 bereits im Rahmen der italienischen Meisterschaft im Renneinsatz erfolgreich erprobt. Sportenduros und Supermoto-Motorräder sollen folgen. Ducati möchte mit den Sport-Offroadern ihre Zielgruppe und Marktpräsenz erweitern. Dazu lockte die Herausforderung, abseits des gewohnten Terrains zeigen zu können, wozu man in Borgo Panigale, dem Sitz von Ducati, fähig ist. Eine gehörige Portion Rennsport-Leidenschaft, mit der bei Ducati wohl jeder Mitarbeiter infiziert ist, war ein dritter guter Grund.
Warum eine ist die Desmo MX von Ducati einer 450-er?
Es werden weltweit mehr 250 ccm Viertakt-Motocross-Bikes verkauft als 450 ccm Maschinen. Doch für Ducati als Premium-Marke stand sofort fest: sie wollen direkt in der Königsdisziplin MXGP einsteigen und dort zeigen, was sie können. Da erkennt man die Leidenschaft und auch eine gute Portion Stolz und Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten wieder. Dass man dabei nicht nach zu hohen Früchten greift, hat Jeremy Seewer bereits mit zwei Gesamt-Podiumsplatzierungen und vier Startsiegen bewiesen. Das Motto bei Ducati ist "we sell what we race" und so rückte Seewer bislang tatsächlich mit dem Serien-Motor aus. Die Entwicklungsarbeit der Rennmotorräder und Serienmaschinen erfolgt gleichzeitig aus derselben Abteilung. Das ist ein Vorteil für den Ducati-Käufer, denn alles, was das Werksteam einsetzt, ist auch für ihn im Zubehörprogramm von Ducati erhältlich, abgesehen vom Showa-Werksfahrwerk.

Produkttipps
Was macht die Desmo 450 MX besonders?
Der Ducati-Crosser hat ein klares Alleinstellungsmerkmal: das desmodromische Timingsystem, kurz "Desmo" genannt. Dabei werden die Ventile sowohl beim Öffnen als auch Schließen mechanisch von einem Kipphebel gesteuert, im Gegensatz zu anderen Viertaktmotoren, wo die Ventile in der Regel von einer Feder wieder geschlossen werden. Das Desmo-System verhindert ein "Nachschwingen" der Ventile bei hohen Drehzahlen und durch die präzisen Öffnungs- und Schließzeitpunkte arbeiten die Motoren effizienter. Doch nicht nur die höheren Drehzahlen, die möglich werden, sind ein Vorteil, sondern auch eine geringere Reibung bei niedrigen Drehzahlen, wodurch sich der Motor "freier" anfühlen soll. Dazu kommen einige elektronische Fahrhilfen, wie verschiedene Fahrmodi, die Quickshift-Funktion, eine Launch Control für Rennstarts sowie eine Traktionskontrolle. Diese findet man zwar schon seit Jahren bei den etablierten MX-Herstellern, doch Ducati behauptet, dass sie diese Systeme durch ihre jahrzehntelangen Erfahrungen im MotoGP und der WSBK im Motocross auf ein ganz anderes Niveau gehoben haben. So bezeichnen sie ihre Traktionskontrolle als die erste "richtige" Traktionskontrolle auf dem Markt, die präzise den tatsächlichen Schlupf des Hinterrades messen soll.

Ducati Desmo450 MX 2025 Motor & Leistung
Das Ziel bei der Entwicklung war es, einen leichten und kompromisslosen Rennmotor zu kreieren, der aber dennoch ein beherrschbares, lineares Leistungsband bietet. Mit 63,5 PS Spitzenleistung, einem Drehmoment von 53,5 Nm und 26,8 kg Trockengewicht erfüllt das Triebwerk auf dem Papier diese Anforderungen. Die Drehzahl wird bei 11.900 U/Min limitiert, die Desmo 450 MX besitzt ein 5-Gang-Getriebe und erfüllt die aktuellen Lautstärkeregeln mit maximal 109 dB. Besonders freundlich für Schrauber und Geldbeutel sind die Serviceintervalle. Alle 15 Stunden ist ein Öl- und Ölfilterservice fällig. Der Kolben sollte alle 45 Stunden erneuert werden, ebenso das Ventilspiel geprüft werden. Der große Motorservice ist erst ab 90 Stunden angesagt.

Neuer Alu-Rahmen in der Ducati Desmo450 MX 2025
Die Ingenieure wollten ein möglichst symmetrisches Motorrad bauen, bei dem der Stoßdämpfer genau mittig platziert ist und der Ein- und Auslass möglichst geradlinig verläuft. Diese Vorgaben führten zur Entscheidung für einen Perimeter-Rahmen, bei dessen Bauweise aus Gewichtsgründen Stahl schnell als Material entfiel. Der Rahmen setzt sich aus nur elf Bauteilen zusammen, wodurch mögliche Schwachpunkte durch Schweißnähte reduziert werden sollen, und ist mit 8,96 kg einer der leichtesten Motocross-Rahmen auf dem Markt. Pfiffig ist die Integration der seitlichen Kunststoff-Rahmenprotektoren in das Designkonzept, wodurch homogene Kontaktflächen entstehen. Für eine gute Bewegungsfreiheit und gleichzeitig einen guten Kontakt sorgt auch das Bodywork, bei dem die rechte Seite mit dem Auspuff und die linke symmetrisch sind. Der Luftfilterkasten lässt sich einfach und werkzeuglos von der Seite öffnen.
Ducati Desmo450 MX Fahrwerk
Die Gabel und der Stoßdämpfer stammen von Showa. Vorne sorgt eine Gabel mit 49 mm Durchmesser dafür, dass die Schläge optimal abgefedert werden. Die Druck- und Zugstufe können per Klick angepasst werden und das Außenrohr besitzt eine Kashima-Beschichtung. Am Stoßdämpfer kann neben dem Rebound die Druckstufe sowohl im Hi- als auch Lowspeed-Bereich adjustiert werden.
Premium-Komponenten für die Ducati Desmo450 MX 2025
Ducati versteht sich als Premium-Marke und hat deshalb Wert darauf gelegt, hochwertige Komponenten zu verbauen. So stammen die Bremsen sowie die Kupplungsarmatur von Brembo. Die Bremsscheiben mit vorne 260 mm und hinten 240 mm Durchmesser werden von Galfer gefertigt und auf den Takasago Excel Felgen sind die Pirelli Scorpion MX 32 Mid-Soft Reifen verbaut.
Auf dem Oversized-Lenker sitzen Lock-On Griffe, die Domino in Zusammenarbeit mit Ducati entwickelt hat. Der Lenker kann dank der asymmetrischen Lenkerklemmungen und zwei verschiedener Positionen auf den Gabelbrücke in insgesamt vier Grundpositionen befestigt werden. Ein 7,2 Liter-Tank sorgt für ausreichend Treibstoff, auch bei langen Rennen im Sand. Das Gesamtgewicht mit allen Flüssigkeiten, aber ohne Benzin, beträgt 104,8 kg.
Elektronik der Ducati Desmo 450 MX 2025
Links am Lenker können über eine gut verständliche Schaltereinheit verschiedene Fahrmodi und Fahrhilfen eingestellt werden. Serienmäßig besitzt die Desmo 450 MX einen sanfteren und einen aggressiveren Fahrmodus. Die Quickshift Funktion kann ein- oder ausgeschaltet werden. Rennfahrer können sich für den Start von der Launch Control unterstützen lassen und die Traktionskontrolle kann in zwei Stufen eingestellt oder ganz deaktiviert werden. Mit dem optionalen Wlan-Modul, das am rechten Gabelholm befestigt wird, und der X Link App von Ducati kann man die Optionen erweitern. Es stehen dann vier Fahrmodi zur Verfügung, bei denen man individuell die Stärke der Motorbremse und der Traktionskontrolle festlegen kann. Auch die Launch Control kann man dann in unterschiedlichen Stufen einstellen. Diese Einstellungen können unkompliziert von der App auf den Lenkerschalter gespielt werden.
Fahreindrücke zur Ducati Desmo450 MX 2025
Auf der schnellen Motocrosspiste im italienischen Faenza entpuppte sich die Ducati als potentes und gutes Gesamtpaket. Zwei Dinge beeindruckten an der Desmo 450 MX besonders: der hochdrehende Desmo-Motor und die elektrischen Fahrhilfen. Das Triebwerk entpuppte sich als sehr drehfreudig, ohne dabei an Durchzug in den oberen Drehzahlen zu verlieren. Dabei entwickelt er auch keine unangenehmen Vibrationen oder ein hartes Fahrgefühl, die 450 ccm Bikes oft haben, wenn sie zu hoch drehen. Durch das Desmo-Konzept konnte Ducati den zweiten Gang deutlich länger übersetzen als das bei anderen Herstellern üblich ist. Der zweite Gang der Ducati fasst gefühlt den zweiten und dritten Gang anderer Marken in einem zusammen. Daran musste man sich zunächst etwas gewöhnen, doch hat man erst verstanden, dass man deutlich kleinere Gänge fahren kann, als man es intuitiv tun würde, ging es ordentlich voran. Auch aus niedrigen Drehzahlregionen zieht die Ducati gut an und entwickelt eine gleichmäßige und gut kontrollierbare Leistungsentfaltung. Hobbyfahrern genügt dabei wahrscheinlich der etwas sanftere erste Fahrmodus, während ambitionierte und schnellere Piloten in den meisten Fahrsituationen den etwas aggressiveren zweiten Modus bevorzugen dürften. Bei den elektrischen Fahrhilfen haben die Ingenieure nicht zu viel versprochen, denn Ducati hat dort ein neues Level erreicht. Ich würde sowohl die Traktionskontrolle als auch Launch Control als nahezu idiotensicher beschreiben. Beide tun das, was man sich so vorstellt: man kann das Gas im Prinzip einfach aufreißen und die Elektrik übernimmt die Feinabstimmung. Dabei fühlt man sich nicht bevormundetet, sondern bestens unterstützt, und kann absolut sportlich ambitioniert fahren. Mir hat die Traktionskontrolle in allen vier Intensitätsstufen geholfen, etwas schneller und dabei sicherer oder zumindest konstanter und fehlerarm sehr schnell unterwegs zu sein. Mein persönliches Lieblingssetting der Traktionskontrolle war Stufe eins, die am wenigsten eingreift. Zusammen mit der sehr gut funktionierenden Quickshift-Funktion muss man kaum noch an die Kupplung greifen, wodurch mehr Ruhe ins Fahren kam und es auch kraftsparender wurde. Die elektrischen Fahrhilfen funktionieren besser als bei jedem anderen Hersteller.
Doch auch der Rest funktionierte sehr gut an der Ducati. Das Chassis liegt sehr neutral ausbalanciert und vermittelt viel Vertrauen und Gefühl für die Strecke. Das Showa Fahrwerk arbeitete ebenso gut und ausbalanciert, war auf der sehr schnellen Strecke in Faenza für ambitionierte Fahrer eher auf der weichen Seite, ohne jedoch überfordert zu sein. Für die meisten Hobbyfahrer dürfte es sehr gut funktionieren. Auch die Bremsen haben einen guten Dienst geleistet, besaßen einen guten Druckpunkt und ließen sich gut dosieren. Die Lenkerform ist bekanntermaßen individuelle Geschmackssache, mir persönlich waren die Enden etwas zu stark gekröpft, vielen Fahrern dürfte die Form jedoch gefallen. Und das fällt definitiv unter "Jammern auf hohem Niveau" und persönliche Vorlieben. Ich konnte mich gut auf der Ducati bewegen und habe auch bei radikaleren Manövern genug Grip und Kontakt am Bodywork und Rahmen gefunden. Um sich ganz weit nach vorne setzen zu können, muss man sich auf der Sitzbank ein kleines Stück hochschieben, ein weiterer kleiner Kritikpunkt meinerseits.
Ducati Desmo450 MX 2025 Preis
Die Ducati Desmo 450 MX kann man nicht bei jedem Ducati-Händler kaufen, sondern nur bei denen, die sich nach strenger Prüfung als Offroad-Experten bewiesen haben. In Deutschland sind das aktuell 21 Händler, in Österreich vier Stück. Diese findet man am einfachsten über die Ducati Website bei der Händlersuche unter dem Menüpunkt "Offroad". Die Ducati kostet in Deutschland 12.490 Euro, inklusive Mehrwertsteuer und zuzüglich 345 Euro Nebenkosten und in Österreich 12.995 Euro inkl. MwSt und NoVA.
Fazit: Ducati Desmo450 MX 2025
„Congratulazioni“ kann man Ducati nur ausrichten: die Feuertaufe mit dem Einstieg in den Motocross-Sektor ist gelungen. Das Serienmotorrad funktioniert auf der Strecke gut und besitzt mit dem Desmo-Konzept ein Alleinstellungsmerkmal, das auch eine neue Fahrweise auf den großen MX-Bikes möglich macht, mit der man ruhig und energiesparend sportlich flott unterwegs sein kann. Bei den elektrischen Fahrhilfen hat man ein völlig neues Level eröffnet. Die Desmo 450 MX macht keineswegs den Eindruck eines Erstlingswerks, sondern fühlt sich jetzt schon wie ein ausgereiftes Rennmotorrad an, mit dem sowohl schnelle Fahrer als auch die Hobbyfraktion zufrieden sein werden. Preislich liegt sie allerdings am oberen Ende der Skala und übertrifft den Listenpreis einer Standard-KTM 450 SX-F, ist jedoch günstiger als die Factory Edition aus Mattighofen. Und mit dem großen Zubehörprogramm hat man die Möglichkeit, sofern man möchte und der Geldbeutel ausreichend gefüllt ist, sich nahezu ein Werksmotorrad aufzubauen.- Einzigartiges und gut funktionierendes Desmo-Motorkonzept
- Sehr gut funktionierende elektrische Fahrhilfen
- Gute, neutrale Balance
- Hoher Listenpreis
- Fahrwerk für schnelle Fahrer etwas weich
- Leichte Sitzmulde im vorderen Bereich
Bericht vom 03.06.2025 | 2.930 Aufrufe