Yamaha R9 Landstraßentest 2025
Supersport für die Straße oder doch zu fordernd?
Die neue Yamaha R9 im großen Landstraßentest: Nach der Präsentation auf der Rennstrecke folgt nun die Standortbestimmung abseits der Curbs. Kann die Yamaha R9 auch als sportlicher Partner für die Hausstrecke überzeugen oder bleibt sie ein Gerät für Trackdays? Wir haben sie im sonnigen Kroatien auf 120 Landstraßenkilometern erstmals ausfahren können.
Motor – Der bewährte CP3 als Landstraßen-Held
Der aus der MT-09 bekannte CP3-Dreizylinder verrichtet auch in der R9 seinen Dienst und das hervorragend. Mit 119 PS (bei 10.000 U/min) und seinem breiten nutzbaren Drehzahlband (maximal 93 Nm bei 7.000 U/min) liefert er genau die richtige Mischung aus Durchzugskraft und Drehfreude. Besonders auf der Landstraße überzeugt der Motor mit seinem druckvollen unteren Bereich, einer feinen Gasannahme, keinen störenden Vibrationen und verlangt man die volle Leistung, zieht der CP3-Motor bis in den Begrenzer schön durch.
Dank des perfekt abgestimmten Quickshifters mit Blipper ist auch sportliches Fahren ein Genuss. Der Motor ist somit der ideale Partner für ambitionierte Landstraßenfahrer, ohne dabei zu überfordern und kann eben auch Rennstrecke, wenn man möchte.
Fahrwerk – Sportlich straff, aber anpassbar
Das voll einstellbare KYB-Fahrwerk präsentierte sich auf der Küstenstraße als gelungenes Gesamtpaket. Es bietet viel Stabilität und ein hohes Maß an Rückmeldung. In sehr engen Kurven und auf Straßen zweiter Ordnung hätte es allerdings noch eine Spur komfortabler sein dürfen. Mit etwas Feintuning am Setup (welches wir aus zeitlichen Gründen nicht machen konnten) wäre hier sicher noch mehr Landstraßenkomfort möglich.
In schnellen Passagen und auf gutem Asphalt spielt die R9 ihre Stärken aus. Der hohe Grundgrip sorgt für viel Vertrauen auch wenn man auf der Bremse lieber frühzeitig die korrekte Linie wählt, da die R9 in Schräglage auf der Bremse eher Richtung Geradeaus tendiert und schnelle Linienwechsel viel Krafteinsatz benötigen. Das könnte auch am montierten Bridgestone Battlax RS11 - ein guter Reifen, der aber nach Temperatur verlangt und geschmeidig zu arbeiten.
Produkttipps
Bremsen – Glasklarer Druckpunkt und top Dosierbarkeit
Die Bremsanlage der Yamaha R9 überzeugt auf ganzer Linie. Sie liefert einen konstanten und berechenbaren Druckpunkt, lässt sich hervorragend dosieren und sorgt sowohl in flotter Gangart als auch in engen Serpentinen für ein sicheres Gefühl mit hoher Standfestigkeit auch im Rennstreckenbetrieb. Das ABS arbeitet unauffällig, die Hinterradbremse lässt sich gut dosieren und hilft dabei, das Motorrad auf der Landstraße vor der Kurve (bis in den Scheitel) präzise zu positionieren. Auf der Rennstrecke wie auf der Landstraße ist die Bremsperformance tadellos und absolut überzeugend. So muss das sein anno 2025 im Sportsegment.
Ergonomie – Sportlich, fordernd, kompromisslos
Hier zeigt die Yamaha R9 ihre kompromisslose Natur. Die tief montierten Stummellenker (unter der oberen Gabelbrücke) und der kompakte Tank erzeugen eine sehr sportliche Sitzposition. Für Trackdays ideal, auf der Landstraße aber anstrengend. Gerade bei langen Touren oder im Stop-and-Go-Verkehr in der Stadt bzw. zwichen Serpentinen macht sich die nach vorne geneigte Haltung schnell im Nacken und den Handgelenken bemerkbar. Für sehr sportliche Fahrer kein Problem für Genussfahrer hingegen eine Herausforderung. Auch der eher straffe Sitz trägt dazu bei, dass längere Etappen fordernd werden. Erhöht man das Tempo (ab ca. 80 km/h aufwärts) bildet sich aber ein tragender Luftpolster unter der Brust des Fahrers und die Last auf die Handgelenke nimmt spürbar ab.
Fahrverhalten auf der Landstraße – aktives Fahren gefragt
Flotte, flüssige Landstraßen sind das bevorzugte Revier der Yamaha R9. Hier punktet sie mit messerscharfem Handling, hervorragendem Grip (dank Bridgestone RS11) und ausgezeichneter Stabilität. Die Elektronik unterstützt dabei perfekt: Die Traktionskontrolle regelt sanft und effizient, ohne den Fahrfluss zu stören. Die Regeleingriffe sind fast unmerklich.
Im engen Geläuf hingegen ist aktives Fahren gefragt. Hang-Off, Körpereinsatz und präzises Timing sind nötig, um die Yamaha R9 durch enge Kurvenradien zu bewegen. Wer das beherrscht, wird mit einem sehr direkten und sportlichen Fahrgefühl belohnt. Wer das noch nicht kann, der wird am Abend seine Nacken- und Unterarmmuskeln spüren.
Elektronik & Fahrassistenzsysteme – Clever abgestimmt für die Straße
Im Bereich der Fahrassistenzsysteme zeigt sich die Yamaha R9 absolut auf der Höhe der Zeit und bietet eine gelungene Kombination aus Sportlichkeit und Sicherheit. Die Elektronik wurde so abgestimmt, dass sie im Hintergrund arbeitet und den Fahrer unterstützt, ohne ihm den Fahrspaß zu nehmen perfekt für die Landstraße, wo unterschiedliche Gripverhältnisse und unerwartete Situationen an der Tagesordnung sind.
Serienmäßig an Bord sind:
- Traktionskontrolle (TCS): Mehrstufig einstellbar und feinfühlig geregelt. Auf der Landstraße überzeugt sie mit einem sanften Eingreifen, das Slides zulässt, aber immer die Kontrolle wahrt. Besonders auf glatterem Asphalt oder beim Herausbeschleunigen aus engen Ecken vermittelt sie viel Sicherheit.
- Wheelie-Control (LIF): Die Front hebt kontrolliert und sanft ab oder wird je nach Einstellung sicher am Boden gehalten. Gerade auf welligen Landstraßenabschnitten sorgt das System dafür, dass die R9 immer berechenbar bleibt.
- Slide Control (SCS): Dieses System erkennt seitliches Wegrutschen am Hinterrad und greift ein, bevor es kritisch wird. Im Landstraßenbetrieb ist es vor allem bei schmutzigen oder unebenen Belägen ein wertvoller Helfer.
- Motorbremsregelung (EBM): Über die Elektronik lässt sich das Maß der Motorbremse an die eigenen Vorlieben und Straßenbedingungen anpassen. Für die Landstraße ideal, um je nach Streckenprofil eine sanfte oder direktere Verzögerung beim Gaswegnehmen (Motorbremse) zu wählen.
- Launch Control (LCS): Für den ambitionierten Fahrer gedacht, spielt dieses System im Alltagsbetrieb auf der Landstraße keine Rolle, ist aber für Trackdays ein nettes Extra.
- Kurven-ABS: Auch in Schräglage sorgt das ABS dafür, dass die Bremskräfte optimal verteilt werden und das Motorrad stabil bleibt. Gerade auf unbekannten oder wechselhaften Straßenverhältnissen ein großer Sicherheitsgewinn. Auf der Rennstrecke mit Slicks kann man überlegen, das ABS zu deaktivieren.
- Quickshifter (QS) mit Blipper-Funktion: Rauf- und Runterschalten ohne Kupplung das funktioniert auf der R9 hervorragend und sorgt für ein flüssiges, sportliches Fahrerlebnis und passt ideal zum drehfreudigen und schmalzigen CP3-Motor.
Alle Systeme lassen sich individuell über das farbige TFT-Display einstellen und erlauben es dem Fahrer, das Motorrad perfekt auf seinen Fahrstil und die jeweilige Strecke abzustimmen.
Yamaha R9 vs. MT-09 – Der Landstraßenvergleich
Der direkte Vergleich mit der MT-09 offenbart klare Unterschiede. Die MT-09 ist das verspieltere und alltagstauglichere Motorrad. Breiter Lenker, entspanntere Sitzposition und höhere Agilität bei niedrigen Geschwindigkeiten machen sie zum perfekten Partner für entspannte Landstraßenausflüge.
Die R9 hingegen ist die kompromisslose Sportlerin von den CP3-Schwestern. Sie verlangt mehr Körpereinsatz, bietet dafür aber auf schnellen Landstraßen und der Rennstrecke das noch bessere Vorderradgefühl und mehr Präzision. Für ambitionierte Fahrer, die regelmäßig Trackdays einplanen, ist sie die richtige Wahl. Wer hingegen Komfort schätzt und nicht regelmäßig auf die Rennstrecke mit seinem Motorrad möchte, der kann auch zur Yamaha MT-09 greifen und hat nicht viel weniger Performance.
Fazit: Yamaha R9 2025
Die Yamaha R9 ist kein Wohlfühlmotorrad für gemütliche Landstraßentouren – und das ist auch gut so. Sie spricht ambitionierte Fahrer an, die ein sportliches Gerät suchen, das auch abseits der Rennstrecke begeistert. Der Motor ist überragend, das Fahrwerk top, die Bremsen exzellent. Lediglich die fordernde Ergonomie macht die Yamaha R9 für Langstreckenfahrer oder Genussbiker weniger attraktiv. Wer jedoch auf der Suche nach einer scharfen Landstraßenwaffe mit Trackday-Potenzial ist, findet in der R9 ein extrem rundes und dafür sogar preiswertes Gesamtpaket. Unbedingt Probefahren! Nur so lässt sich herausfinden, ob man der Typ für die physische und direkte Art der Yamaha R9 ist.- großer nutzbarer Leistungsbereich
- guter Schaltautomat mit erweiterter Funktionalität
- Straßen- und Rennstreckentauglich
- umfangreiche Elektronik
- gutes Fahrwerk, gute Bremsen
- tief montierte Lenkerstummel, das sorgt für eine anstrengende Ergonomie für Handgelenke und Nacken
Bericht vom 09.05.2025 | 855 Aufrufe