Test QJ Motor SRK 600 RS - Günstiger Supersport für alle?
Wie man mit 56 PS auch am Ring Spaß haben kann.
Mit der SRK 600 RS schickt QJ Motor einen echten Überraschungsgast auf die Bühne der sportlichen Mittelklasse. Für knapp 7.000 Euro gibt’s nicht nur ein vollwertiges Supersport-Design, sondern auch edle Zutaten wie Marzocchi-Gabel, Brembo-Bremsen und ein TFT-Display mit Connectivity. Auf dem Papier mag der Zweizylinder mit 56 PS eher bescheiden wirken, doch auf der Rennstrecke und der Landstraße zeigt die kleine RS, dass Fahrspaß nicht von roher Gewalt abhängt. Wer die Fahrtechnik lernen, spät bremsen und sauber am Gas arbeiten will, bekommt hier eine Maschine, die sich als attraktive Fahrlehrerin entpuppt - preislich wie optisch.
QJ Motor SRK 600 RS - der Antrieb im Detail
Im Herzen arbeitet ein 554 Kubikzentimeter großer Reihenzweizylinder, der 56 PS bei 8.250 U/min und 54 Nm bei 5.500 U/min leistet. Der Motor überzeugt durch eine lineare, harmonische Leistungsentfaltung. Schon untenrum liefert er spürbares Drehmoment, oben hinaus flacht er sanft ab perfekt, um präzise am Kurveneingang zu arbeiten, statt auf der Geraden nach brachialer Power zu suchen.
Die kurze Gesamtübersetzung sorgt dafür, dass sich die Leistung spritzig und leicht abrufbar anfühlt. Allerdings bedeutet das auch viel Schaltarbeit, denn einen Quickshifter gibt es nicht. Auf dem Pannoniaring war man im Test fast ständig am Arbeiten mit dem Getriebe, ab und an wurde man vom Drehzahlbegrenzer erinnert zu schalten. Das fordert, macht die SRK 600 RS aber auch zu einer exzellenten Lehrmeisterin.
Die Gasannahme ist eher weich, der Gasgriff hat einen langen Weg. Das ist im Alltag angenehm, auf der Rennstrecke anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, da man das Handgelenk für diese Leistung vergleichweise weit drehen muss. Den Quickshifter vermisst man im engen Winkelwerk wer sportlich fährt, muss also klassisch kuppeln und schalten. Dafür lässt sich das 6-Gang-Getriebe leicht und präsize schalten, der Schalthebel ist sogar dank Exzenter leicht verstellbar. Unüblich in der Preisklasse aber natürlich gerne genommen. Der Verbrauch war sowohl im Alltags- als auch Rennstreckenbetrieb unauffällig. Bei sportlicher Landstraßengangart darf man rund 5,5 Liter auf 100 Kilometer an Verbrauch erwarten. Der Tankinhalt liegt bei 16,5 Liter.

Das Chassis und Fahrwerk im Detail
Das Fahrwerk überzeugt mit solider Technik, denn QJ Motor geht hier auf Nummer sicher und verbaut bekannte Komponenten: Vorn arbeitet eine verstellbare USD-Gabel von Marzocchi, hinten ein ebenfalls einstellbares Federbein (Zugstufe und Federbasis). Kritikpunkt: Die Zugstufenverstellung am Federbein ist kaum erreichbar platziert und in der Beschreibung wird nur sehr unklar erklärt, welche Einstellung wo welche Effekte hat. Das dürfte wohl der nicht tadellosen Übersetzung geschuldet sein, bzw. fehlen den Gabelverstellern auch die entsprechenden Beschriftungen. Im Test wirkte uns der Einstellbereich an der Gabel sehr schmal.
Auf der Landstraße ist das aber kein Problem, denn die Feder- und Dämpferabstimmung ergibt einen angenehmen Kompromiss aus Komfort und Sportlichkeit. Gabel und Federbein sprechen gut an und gehen sowohl über sanfte Wellen als auch harte Kanten mit genug Restkomfort drüber. Man hat stets eine stabile, vertrauensweckende Straßenlage. Beim harten Anbremsen taucht die Gabel zwar ein, aber nicht ruckartig oder unterdämpft, sondern berechenbar und progressiv. Beim harten Beschleunigen setzt sich das Motorrad aufgrund der dynamischen Lastverteilung natürlich etwas hinten rein, aber auch hier hat man stets genug Feedback, um zu erfühlen, was das Heck macht. Die Spreizung ist für den Alltag fast ideal getroffen - Hut ab.
Am Ring könnte es für sehr schnelle Fahrer natürlich etwas straffer sein, insgesamt vermittelt es aber ab der ersten Runde viel Vertrauen. Die ab Werk montierten CST-Reifen überraschten positiv. Selbst bei hohen Temperaturen auf dem Slovakia-Ring (Außentemperatur 30 Grad plus und pralle Spätsommersonne) zeigten sie sich standfest und verlässlich.
Das Handling profitiert von der Reifenwahl, denn mit knapp 199 Kilogramm vollgetankt ist die 600er kein Leichtgewicht, doch QJ gleicht das durch einen schmalen 160er-Hinterreifen aus, der das Handling agil hält und trotzdem genug Haftung bietet, um auch in großer Schräglage noch Haftungsreserven zu haben. Kurz: Das Handling ist harmonisch, spielerisch, neutral und äußerst berechenbar. Selbst in Schräglage lässt sich die Linie immer noch leicht und ohne Unruhe zu vermitteln korrigieren. Ein Aufstellmoment auf der Bremse wäre uns nicht aufgefallen.
Brembo-Bremsen ab Werk!
Apropos Bremsen: Die SRK 600 RS ist mit Brembo-Bremszangen ausgestattet, die vorn an Doppelscheiben mit 320 mm Durchmesser zupacken. Die Scheiben sind aber nicht von Brembo sondern vom Hersteller Sunstar. In der Praxis zeigten sie sich standfest, mit sauber dosierbarem Druckpunkt und ohne Fading - selbst im Rennstreckenbetrieb. Unüblich in der Klasse: Eine Handbremspumpe in Radialbauweise. Hier zeigt sich: QJ Motor versucht, viel für das Geld zu bieten.
Einziger Kritikpunkt war das ABS: Im harten Einsatz (wenn es auslöst) entstand ein kurzer Gegendruck im Handbremszylinder, der das Gefühl vermittelte, die Bremse öffne etwas länger als nötig, bevor sie wieder zupackt. Ein manuelles Lösen der Bremse und schnelles Nachgreifen war ob des Gegendrucks nicht möglich. Für den Alltag unproblematisch, auf der Rennstrecke störend. Laut Importeur KSR soll dieses Verhalten per Software-Update behoben werden. Auf der Rennstrecke kann man das Problem umgehen, indem man das ABS einfach im Menü deaktiviert (Offroad-Modus). Und im Alltag bremst man kaum ins ABS. Und wenn doch, ist man froh, dass das Vorderrad nicht blockiert. Trotzdem: Der Regelintervall könnte kürzer ausfallen und der Gegendruck sollte so nicht entstehen.
Ansonsten präsentieren sich die Bremsen ohne Tadel, auch die Hinterradbremse lässt sich gut dosieren und produziert spürbare Verzögerung. Das passt schon. Käufer sollten aber dran bleiben, um das ABS-Update zu bekommen.
Elektronik - viel dabei, Feinschliff ist angesagt.
Für ein Motorrad dieser Preisklasse ist die Elektronik-Ausstattung gut bis sehr gut. Das 5-Zoll-TFT-Display bietet nicht nur gute Ablesbarkeit, sondern auch Bluetooth-Konnektivität samt Navigation. Dazu kommen USB-A und USB-C-Ansteckmöglichkeiten, ein Tempomat und eine Traktionskontrolle.
Die Traktionskontrolle arbeitet auf der Landstraße unauffällig und zuverlässig. Auf der Rennstrecke greift sie etwas früh und dann abrupt ein, was etwas Übung im Umgang erfordert. Wer gefühlvoll das Gas anlegt und das Motorrad früh aufrichtet, fährt darum herum. Im Alltag kann die Elektronik sogar ein echter Retter sein: Im Test hat die Traktionskontrolle bei einem Abbiegevorgang auf glattem Asphalt einen Highsider verhindert.
Nettes Feature: Die Reifendruck- und Temperaturanzeige ab Werk. Zwar wichen beim Testfahrzeug die Drücke zwischen 0,2-0,3 Bar ab, aber es ist trotzdem spannend zu sehen, wie rasch sich der Luftdruck im Reifen bei harter Gangart ändert. Und die Reifentemperaturanzeige dürfte sich auf die Innentemperatur beziehen (eben nahe am Reifenventil), denn die Abweichung zur Reifenoberflächentemperatur lag konstant bei rund 20-25 Grad Celsius. Trotzdem: In dieser Preisklasse nicht üblich und hier ab Werk dabei - gerne genommen.
Ergonomie - Kompakt aber nicht unbequem
Mit einer Sitzhöhe von 790 mm und leicht erhöhten Lenkerstummeln bietet die SRK 600 RS eine sportliche, aber nicht radikale Sitzposition. Sie erinnert an Modelle wie die Aprilia RS 660 oder die Triumph Daytona, bei denen Sportlichkeit mit einer gewissen Alltagstauglichkeit kombiniert wird. Auch längere Strecken lassen sich so gut bewältigen, während die Sitzposition sportlich genug bleibt, um auf der Rennstrecke Spaß zu machen.
Fahrer über 1,80 Meter empfinden die Sitzposition jedoch als etwas beengt, vor allem am Schalthebel mit großen Schuhen (Größe 44 aufwärts). Der Windschutz fällt angenehm aus, störende Luftverwirbelungen wären uns im Test keine aufgefallen, auch bei unterschiedlich großen Testfahrern.
Das Sitzpolster erwies sich als langstreckentauglich, auch bei gröberen Bodenwellen. Der Knieschluss war angenehm eng und hat viel Verbindungsfläche zum Motorrad zugelassen. Die Fußrastenposition ist eher komfortorientiert, weil - für ein Sportmotorrad - weit vorne positioniert. Dabei angenehm hoch, um genug Schräglagenfreitheit zu haben. Hat man längere Beine, ergibt sich aber aufgrund der nicht all zu hohen Sitzhöhe ein spitzerer Kniewinkel. Vor allem dann, wenn man mit den Zehenspitzen auf den Rasten fährt. Für Fahrer unter 1,80 Meter sollte das aber kein Problem darstellen.

Fazit: QJ Motor SRK 600 RS 2025
Schau an, es geht doch: Es muss nicht immer ein Superbike um 30.000 Euro und mehr sein, um Spaß im Sattel zu haben - gleich ob Rennstrecke oder Alltag. Klar, die QJ Motor SRK 600 RS ist kein Superbike, sondern ein sportliches Einsteiger- und Mittelklasse-Motorrad für preisbewusste Käufer, die aber keine Abstriche bei der Ausstattung und Optik machen wollen. Wenn QJ jetzt noch den letzten Feinschliff bei der ABS- und Traktionskontrollen-Abstimmung macht, dann ist das ein respektabler Einstand für den chinesischen Hersteller am hart umkämpften europäischen Premium-Zweiradmarkt.- umfangreiche Ausstattung für dieses Segment
- weiche Motorabstimmung
- alltagsorientierte Fahrwerksabstimmung, sehr gut für die Landstraße
- überraschend griffige CST-Reifen montiert
- hochwertige Komponenten verbaut (Brembo, Marzocchi)
- großes 5-Zoll-TFT-Display mit Konnektivität
- ABS-Regelintervall zu lange (Software-Update sollte Verbesserung bringen)
- Traktionskontrolle regelt harsch
- Für größere Fahrer mit großen Füßen (ab Schuhgröße 44) beengte Platzverhältnisse beim Schalten
- kein Quickshifter
Bericht vom 03.10.2025 | 1.264 Aufrufe