Moto Guzzi Stelvio im schweizer Alpenpass-Marathon: Test im 2025
Mit der Moto Guzzi Stelvio über 10 schweizer Pässe in 8 Stunden
Benannt nach dem legendären Stilfserjoch in Italien, hat die neue Moto Guzzi Stelvio einen Ruf zu verteidigen – also was wäre besser, als sie im gnadenlosen Alpenpass-Marathon durch die Schweiz auf die Probe zu stellen? Die Challenge: Wie viele der ikonischsten Pässe des Landes schafft man in einem Arbeitstag – also in exakt 8 Stunden im Sattel?
Ausgerüstet mit der Moto Guzzi Stelvio inklusive Seitenkoffern, dem Held Tamarack Textilanzug und einer Insta360-Actioncam am Helm klickte der Tag schon beim ersten Zündschlüssel-Dreh in den Abenteuer-Modus. Treffpunkt war die Landi-Tankstelle in Kölliken, wo der Espresso aus dem Automaten noch rasch geleert wurde, bevor um Punkt 7:00 der erste Gang einrastete. Ziel: So viele Alpenpässe wie möglich in einem einzigen Arbeitstag - 8 Stunden Fahrzeit. Ein Langstreckentest im Herzen der Schweiz, der nicht nur die Stelvio an ihre Grenzen bringen sollte.
1. Pass: Moto Guzzi Stelvio am Glaubenberg - Sanfter Start mit Weitblick
Der Glaubenbergpass ist kein Spektakel, aber genau das macht ihn zum perfekten Warm-up. Breite, langgezogene Kurven, kaum Verkehr und eine entspannte Steigung lassen viel Raum, um sich einzufahren und um die Stelvio kennenzulernen.
Schon hier zeigt sich ihre ruhige Seite: Im dritten oder vierten Gang gleitet sie kultiviert dahin, fast schnurrend. Die Sitzposition passt für mich mit 180 cm top, für meinen 193 cm großen Begleiter etwas enger. Die elektronisch verstellbare Scheibe? Gold wert bei frischer Morgenluft. Kurz tippen schon strömt mehr Wind oder eben weniger ins Gesicht.
Noch wirkt sie zahm, die Moto Guzzi Stelvio doch der Motor brummt verheissungsvoll. Der erste Pass ist durch, das Feuer lodert.
2. Pass: Brünig mit der Stelvio: Die Hauptstrasse der Alpenpässe
Der Brünigpass ist so etwas wie das Bindeglied zwischen Mittelland und Alpenwelt. Verkehrsreich, aber mit schönem Rhythmus eine Mischung aus weiten Bögen, engeren Kurven und kleinen Ortschaften. Wer hier früh unterwegs ist, kann die Strecke genießen, bevor die Touristenbusse rollen.
Mit der Moto Guzzi Stelvio macht dieser Abschnitt richtig Laune. Der V2 beginnt langsam aufzuwachen, und sobald man ihn höher dreht, merkt man: Da geht noch einiges. Oben raus kommt spürbar Schub, der nahe dem Begrenzer sogar richtig Druck macht. Die Stelvio fährt sich überraschend agil nicht nervös, sondern souverän. Wie eine schwere Reiselok, die doch Lust auf Kurven hat.
Erster Aha-Moment: Die Stelvio kann sportlicher, als man ihr zutraut. Und spätestens jetzt wird klar das hier wird kein gemütlicher Ausflug, sondern ein echter Ritt über die Dächer der Schweiz.
3. Pass: Grimselpass zeigt erste schwächen der Moto Guzzi Stelvio
Der Grimselpass ist ein Monument. Karg, schroff, von Serpentinen durchzogen wie von Narben und das Panorama: brutal schön. Die Auffahrt bietet lange Geraden mit sattem Zug am Gas, aber auch enge Kehren, die präzises Bremsen und Gefühl am Lenker verlangen.
Die Moto Guzzi Stelvio zeigte hier beides: Kraft und Charakter. Der V2 zieht bergauf mit konstantem Druck, dreht willig hoch, macht richtig Laune. Der kernige Sound tut sein Übriges besonders im Tunnel hallt er wie ein rebellisches Echo durch die Felswände. Aber: Beim harten Anbremsen vor engen Kehren zeigte das Vorderrad eine gewisse Nervosität. Es fühlte sich leicht schwammig an nicht gefährlich, aber doch spürbar, gerade wenns richtig zur Sache geht.
Auch der Quickshifter kam hier öfter zum Einsatz und damit auch seine Schwäche. Er funktioniert, keine Frage, aber wenn man sich durch Dutzende Kehren schaltet, merkt man: Das geht flüssiger. Für ein Bike mit Modelljahr 2025 wäre etwas mehr Schaltpräzision wünschenswert.
Und dennoch: Der Grimsel war der Moment, in dem ich der Stelvio erstmals blind vertraut habe. Sie hat vielleicht nicht die messerscharfe Präzision einer GS aber sie hat Seele. Und Dampf.
4. Pass: Stelvio am Nufenenpass - kühler Gipfel, kleines Komfort Manko
Mit 2 478 Metern ist der Nufenenpass der höchste komplett in der Schweiz gelegene Alpenpass und einer der eindrucksvollsten. Karg, windig, weit. Selbst im Hochsommer kann es hier oben empfindlich kühl werden. Die perfekte Bühne für grosse Motoren und eine Herausforderung für Fahrerfinger ohne Heizgriff.
Die Stelvio zieht den langen Anstieg souverän durch, der V2 bleibt selbst in der dünneren Höhenluft druckvoll. Was jedoch auffällt: Eine serienmässige Griffheizung sucht man vergeblich. Für ein Touring-Flaggschiff wie die Moto Guzzi Stelvio ist das überraschend vor allem auf Pässen wie diesem, wo Komfort mehr ist als nur Luxus.
Trotzdem: Wer mit der Stelvio auf 2 478 Meter Höhe klettert, macht das mit Stil und Haltung. Und mit leicht kalten Händen.
Ein paar Kehren später rollen wir nach Biasca ein flaches Tal, südliches Flair, Zeit für eine echte Pause. Nach gut 200 Kilometern tut eine Pizza und ein kühles Getränk in der Mittagssonne genau das, was keine Assistenzsysteme leisten können: neue Energie für Fahrer und Fokus. Die Stelvio parkt entspannt im Schatten, während der Motor leise vor sich hin knackt. Halbzeit. Durchatmen. Weiter gehts.
5. Pass: Moto Guzzi Stelvio am Lukmanierpass - Lockerer Fluss statt harter Arbeit
Mit 1 915 Metern zählt der Lukmanier zwar nicht zu den höchsten Pässen des Landes, dafür aber zu den charmantesten. Die Strecke zieht sich gleichmäßig durch Wälder, vorbei an Almwiesen und bietet eines der coolsten Highlights des Tages: Mit dem Motorrad ganz entspannt über die Staumauer tuckern und dabei den Blick über das türkisgrüne Wasser schweifen lassen. Das ist Schweiz-Idylle zum Anfassen.
Die Stelvio fühlt sich hier pudelwohl. Der V2 läuft rund, die Gasannahme ist seidenweich, und die Sitzbank bleibt auch nach fünf Stunden Sattelzeit komfortabel. Die Stelvio zeigt sich auf dem Lukmanier von ihrer entspannten Seite ohne Hektik, aber mit Stil.
Ein Pass zum Durchatmen und die Guzzi? Die atmet mit.
6. Pass: Roter Leuchtturm im schweizer Gebirge - der Oberalppass
Der Oberalppass verbindet Graubünden mit dem Kanton Uri und markiert mit seinen 2 044 Metern einen weiteren Höhepunkt im wahrsten Sinne. Bekannt ist er nicht nur für seine flüssige Linienführung und das alpine Panorama, sondern auch für den roten Leuchtturm an der Passhöhe, der symbolisch die Quelle des Rheins markiert. Skurril? Vielleicht. Aber irgendwie cool.
Die Straße bietet hier einen schönen Mix aus offen gezogenen Kurven und engen Sektionen. Und die Stelvio? Sie zieht sauber durch, bleibt stabil und griffig. Im Mittelbereich macht der V2 besonders viel Spass nicht giftig, sondern souverän. Der Sound bleibt präsent, ohne aufdringlich zu werden. Nur eines fällt auf: Beim abrupten Schliessen des Gases schallt manchmal ein helles, fast metallisches boing aus dem Auspuff wie das Prellen eines Gymnastikballs in einer Turnhalle. Geschmackssache, aber definitiv auffällig.
Was auffällt: Trotz der vielen Stunden im Sattel bleibt die Stelvio erstaunlich unaufdringlich. Kein Ziehen im Nacken, kein Wundsein am Hintern. Das Touring-Konzept geht auf auch wenn der Quickshifter hier wieder mal leicht verzögert reagiert. Kein Drama, aber man merkt: Ganz ausgereift ist das System noch nicht.
7. Pass: Moto Guzzi Stelvio am Gotthardpass - Solide Tourerqualitäten mit Pflasterstein-Challenge
Der Gotthard ist ein Klassiker und wer ihn wirklich erleben will, nimmt die alte Tremolastrasse. Kopfsteinpflaster, enge Kurven, historische Atmosphäre. Genau hier zeigt sich, ob ein Reisebike nicht nur cruisen, sondern auch ein bisschen arbeiten kann.
Die Stelvio überraschte. Im Stehen über das Pflaster zu gleiten, fühlte sich stabil und ausgewogen an. Das breite Cockpit gibt Kontrolle, der Lenker liegt gut in der Hand, und das Fahrwerk bügelt Unebenheiten souverän weg. Selbst nach Stunden im Sattel war das Stehen keine Qual eher eine willkommene Abwechslung. Die Stelvio ist kein Offroad-Biest, aber sie kann auch grob.
8. Pass: Die Stelvio und der Kofferkampf - Snackpause am Sustenpass
Der Sustenpass ist ein landschaftliches Meisterwerk. Gletscherblicke, perfekt gezogene Kurven, kaum Verkehr besonders am späten Nachmittag. Es ist einer dieser Pässe, bei dem man kurz das Tempo rausnimmt, weil der Blick mehr zieht als das Gas. Genau der richtige Moment für eine kleine Pause.
Wir stoppten auf einem der Parkplätze mit Aussicht, griffen zu Snacks, Wasser und Kameraequipment und zum Schlüssel. Denn: So schön die originalen Seitenkoffer der Stelvio auch wirken, im Alltag erfordern sie Geduld. Jeder Zugriff wird zur kleinen Fummelei. Klappe auf, Schloss rein, drehen, ziehen und hoffen, dass der Deckel nicht klemmt. Sie tun, was sie sollen, keine Frage. Aber auf einer Tour mit vielen kurzen Stopps sehnt man sich nach einem einfacheren System.
Der Rest des Abschnitts war dafür umso entspannter. Die Stelvio zog mit konstanter Kraft über den Pass, das Fahrwerk blieb satt, der Sitzkomfort ungebrochen. Das Bike wirkte wie eingegroovt als hätte es seinen Rhythmus gefunden, genau wie wir.
Der Susten war unser letzter richtiger Höhenflug, bevor es zurück ins Tal ging. Und er zeigte: Auch wenn die Stelvio kleine Schwächen hat auf Strecke ist sie eine verlässliche Gefährtin.
9. und 10. Pass: Heimweg mit Umwegen (Brünig zum Zweiten und Panoramastrasse)
Vom Susten machten wir uns eigentlich schon auf den Heimweg. Doch ein Geheimtipp wartete noch auf uns und so auch der neunte und letzte neue Pass des Tages. Über den Brünig erneut zurück, um ihn zu erreichen: den Sörenberg.
Die Panoramastrasse ist kein Pass im klassischen Sinn, sondern eine sanft geschwungene Höhenroute. Keine schroffen Felswände, keine dramatischen Spitzkehren aber dafür eine Aussicht, die fast schon kitschig schön ist. Der Blick schweift über das Brienzer Rothorn und hinunter auf den türkisfarbenen Brienzersee. In der Abendsonne leuchtet alles goldgelb, die Silhouetten der Berge zeichnen sich weich ab.
Noch einmal steigen wir hinauf, erst offen mit weiter Sicht, dann tauchen wir in einen letzten Waldabschnitt ein. Ein letztes Mal stehend fahren, ein letztes Mal den V2 aufheulen lassen. Die Stelvio wirkt noch immer präsent, souverän und ausgeglichen. Die Kurven? Schön asphaltiert, flüssig ein sanfter Schlusspunkt auf einer intensiven Tour.
Es war kein dramatisches Finale sondern ein würdiger Ausklang. Und genau das passt zur Moto Guzzi Stelvio. Kein Lärm, kein Getöse sondern Charakter, Komfort und ein gutes Gefühl bis zum letzten Meter.
Natürlich endete die Reise nicht auf der Panoramastrasse auch wenn es sich kurz so anfühlte. Es lagen noch rund eineinhalb Stunden Heimweg vor uns, und jetzt war klar: Wir nehmen den schnellsten Weg. Autobahn.
Der Körper meldete sich: Schultern verspannt, Unterarme schwer, das Sitzfleisch durchgekocht von 8 Stunden effektiver Fahrzeit. Und genau hier zeigte sich ein letztes Mal, dass die Stelvio fürs Reisen gemacht ist. Der eingebaute Tempomat war kein Luxus, sondern pure Erleichterung. Gas handfrei halten, Schultern lockern, rollen lassen.
Kein spektakulärer Abschluss aber ein ehrlicher. So wie das Motorrad selbst. Die Moto Guzzi Stelvio ist kein Bike für Klicks, sondern für Kilometer.
Wer diese Route abfahren möchte, findet sie auf Calimoto unter diesem Link
Fazit: Moto Guzzi Stelvio 2025
Italienischer Charakter trifft auf moderne Tourentauglichkeit; Die Moto Guzzi Stelvio ist eine gelungene Mischung aus traditionellem Guzzi-Charme und moderner Technik. Ihr souveräner Motor, die umfangreiche Ausstattung und der herausragende Komfort machen sie zum tollen Begleiter für entspannte Langstreckenfahrten. Zwar bringt sie ein stattliches Gewicht auf die Waage und verlangt für einige Features einen Aufpreis, doch sie bleibt eine attraktive Option für Tourenfahrer, die auf Charakter und Stil setzen.
- Charaktervoller, geschmeidiger V2-Motor mit linearer Leistungsentfaltung
- Moderne Elektronik inkl. Connectivity und LED-Kurvenlicht
- Bequeme, langstreckentaugliche Ergonomie, ideal für größere Fahrer
- Elektronisch verstellbarer Windschild – flexibel für verschiedene Geschwindigkeiten
- Tolles Handling trotz des höheren Gewichts
- Hohes Gewicht spürbar in engen Kehren und beim Rangieren
- Hinterradbremse mit langem Leerweg, besonders in engen Kurven spürbar
- Trotz Allroad-Ambitionen begrenzte Geländetauglichkeit durch Fahrwerk und Bodenfreiheit