Kawasaki Ninja 7 Hybrid Motorrad Test 2024

Das erste in Großserie produzierte Hybridmotorrad - die Zukunft?!

Kawasaki forciert Fortschritt und sticht erneut aus der Masse hervor. Nach einzigartigen Kompressormotoren bringt der Hersteller nun auch das erste im Serienbau gefertigte Hybridmotorrad. Doch wie fährt so etwas? Wir haben es in Barcelona herausgefunden!

Japan zeigt erneut Zukunftsdenken. 1997 brachte Toyota mit dem Prius das erste in Großserie gebaute Voll-Hybridauto auf den Markt. 2023 ist es nun also auch in der Motorradwelt soweit und das Produkt kommt erneut aus Japan: Die Kawasaki Ninja 7 Hybrid. Nachdem es lange für unmöglich gehalten wurde, da solch ein Antriebskonzept ja viel zu schwer für ein Zweirad sei, haben es die Japaner es erneut geschafft. Für den ersten Test wurde passend die Lifestyle-Stadt Barcelona gewählt.

Hybridantrieb im Motorrad - so funktioniert das Kawasaki System

Herzstück des Systems ist Kawasakis neuer 451 ccm großer Reihenzweizylinder, der auch in der kürzlich angekündigten Eliminator 500 zum Einsatz kommt. In der Ninja 7 Hybrid kombiniert der Hersteller den Parallel-Twin jedoch mit einem 9 kW starken Elektromotor, der direkt hinter der Zylinderbank platziert wird. Die Energie kommt aus einer 48V großen Batterie unter der Sitzbank, die vom Benzinmotor während der Fahrt (ab 3.000 U/min) selbstständig geladen wird. Eine Steckdose braucht die Ninja 7 Hybrid also nicht. Der Zweizylinder leistet 59 PS, in Kombination mit dem E-Motor beträgt die Systemleistung sogar 69 PS und 60,4 Nm Drehmoment bei bereits 2.800 Umdrehungen.

Da es sich in dem Sportler nicht um ein Mild-Hybrid System handelt (nur leichte Unterstützung beim Anfahren) sondern um ein Voll-Hybrid-Sytem, das auch rein elektrische Fahrten zulässt, braucht es ein Automatikgetriebe. Dieses verfügt - wie ein herkömmliches Schaltgetriebe - über nur eine Kupplung und kann per Bedienung der Lenkerschalter manuell, oder komplett automatisch schalten. Zweiteres jedoch nur im ECO-HYBRID Modus. Doch dazu gleich mehr. Aufgrund der einzelnen Kupplung sind auch klar spürbare Lastwechsel beim Schalten vorhanden. Mit einem Doppelkupplungsgetriebe, das hingegen wieder mehr Bauteile und Gewicht ins Spiel bringen würde, wäre das nicht der Fall. Außerdem stört es, dass sich das Getriebe bei ausgeschalteter Zündung immer in den Leerlauf versetzt. Da auch eine Feststellbremse fehlt, lässt sich die Ninja 7 Hybrid also schwer an einem Hang parken. Kritik, die bereits in Japan angekommen ist.

Funktionelles Design im ersten Hybrid Motorrad

Solch ein Erstlingswerk bringt auch neue Herausforderungen beim Thema Motorrad Design. Nun muss nicht nur der Verbrenner gekühlt werden, auch Elektromotor und Batterie müssen bei korrekter Temperatur gehalten werden. Für das E-Aggregat verbaut Kawasaki deshalb einen zweiten Kühler hinter der Frontverkleidung, der deutlich kleiner als der Hauptkühler ausfällt. Für das Temperaturmanagement der Batterie finden sich in die Seitenverkleidung integrierte Luftschächte, die Fahrtwind direkt zur Batterie leiten, von wo die warme Luft anschließend im Heck wieder austritt. Jedes Lüftungsgitter hat hier also Funktion!

Kawasaki Ninja 7 Hybrid Belüftung
Die Entlüftung sieht nicht nur sportlich ist, sie ist auch funktionell.

Produkttipps

Elektrisch oder Hybrid - Fahrmodi der Kawasaki Ninja 7 Hybrid

Als Motorrad mit Vollhybrid-Antrieb hat man verschiedenste Möglichkeiten, die Ninja 7 Hybrid zu bewegen. Hier ein Überblick:

EV-Mode: Der EV (Electic Vehicle) Modus stellt den Rein elektrischen Fahrbetrieb dar. Dieser begrenzt die Höchstgeschwindigkeit auf 64 km/h und ist somit für den innerstädtischen Betrieb gedacht. Die rein elektrische Reichweite liegt laut Kawasaki bei rund 12 Kilometer, wobei im Schubbetrieb auch geringfügig Energie rückgewonnen wird. Der 9 kW starke Motor sorgt für sanfte Beschleunigung und reicht für das Vorankommen im Großstadtdschungel. Einen brutalen Elektro-Punsch darf man aber nicht erwarten. Anfangs wird es neue Piloten überraschen, dass das Getriebe der Ninja 7 Hybrid trotz Elektroantrieb schaltet - ganz einfach um bereit zu sein, falls man in den Hybridbetrieb mit Verbrenner umschalten möchte. Das ist während der Fahrt bis maximal 25 km/h möglich.

ECO-HYBRID-Mode: Der Name ist Programm, denn dieser Fahrmodus bietet jenes Fahrerlebnis, das man bei einem Hybridfahrzeug erwartet. Beim Anfahren übernimmt der Elektromotor die harte Arbeit, bevor der Benzinmotor ab circa 20 km/h zugeschaltet wird. Zusätzlich profitiert man in diesem Modus von einer Start-Stopp-Automatik, wodurch die Hitzeentwicklung an der Ampel deutlich reduziert wird. ECO-HYBRID ist zudem der einzige Fahrmodus, in dem sowohl automatisch als auch manuell geschaltet werden kann. Wählt man die Automatik, spürt man die auf Effizienz getrimmte Elektronik. Schaltvorgänge passieren hier zwischen 4.000 und 5000 Umdrehungen. Der Benzinmotor wirkt fast zugeschnürt - die Ninja 7 Hybrid setzt eben alles auf Spritsparen. Leider verfügt die Automatik zudem über keine Kickdown-Funktion. Braucht es Beschleunigung und Drehzahl, muss über Schaltknopf selbstständig heruntergeschaltet werden.

SPORT-HYBRID-Mode: Bei jedem Start der Kawasaki Ninja 7 Hybrid ist dieser Fahrmodus eingelegt. Zwar bietet er die geringste Effizienz, keine Start-Stopp-Automatik und die geringste elektrische Anfahrhilfe, doch zeigt er welche Möglichkeiten mit Hybridantrieb bestehen. Das magische Wort lautet "E-Boost". Dieser beim rechten Daumen platzierte Knopf setzt im SPORT-HYBRID-Modus die volle Leistung des Elektromotors für 5 Sekunden frei. Das Resultat ist ein zusätzlicher Elektro-Schub, der etwaiges Herunterschalten obsolet macht. Man kann es mit dem Cheater-Boost vergleichen, den man aus so diversen Rennspielen kennt. Geschaltet wird in diesem Modus ausschließlich manuell, wobei die bei der Fahrpräsentation anwesenden Ingenieure aus Japan die Möglichkeit eines sportlichen Automatikmodus in Betracht ziehen.

Kawasaki Ninja 7 Hybrid Lenker
Die Schaltzentrale der Fahreinstellungen.

WALK-Mode: Abschließend kann für's Rangieren noch der Walk-Modus eingelegt werden. Über den Gasgriff kann dann mit einer elektrischen Maximalgeschwindigkeit von 3 km/h jeweils vorwärts und rückwärts gerollt werden.

E-Boost mit vielseitiger Anwendung

Der E-Boost verhilft aber nicht nur den Anschluss an die Gruppe zu behalten, wenn man nach der Kehre im falschen Gang beschleunigen will, er sorgt auch für sichere Überholmanöver. Mit 450 Kubik und 59 PS ist der Reihenzweizylinder nicht sonderlich kräftig auf der Brust - die elektrische Unterstützung kommt also willkommen, wenn man auf der Autobahn zügig überholen möchte.

Als Bonus kann die Ninja 7 Hybrid im SPORT-HYBRID Modus auch einen sogenannten "Launch-Start". Verbrenner- und Elektromotor geben für kurze Zeit ihre volle Leistung, was in einer überraschend kräftigen Beschleunigung resultiert. Aber wohl eher ein lustiges Zusatz-Feature für Zwischendurch, als ein Plus im täglichen Pendleralltag.

Kawasaki Ninja 7 Hybrid E-Boost
Der Knopf zum Glück: Der E-Boost.

Wie fährt sich ein Hybrid-Motorrad? Eindrücke Kawasaki Ninja 7 Hybrid

Laut Kawasaki kauft man mit der Ninja 7 Hybrid drei Motorräder in einem. Tatsächlich fasziniert es, wie sich der Charakter dieses Bikes ändern kann. Die EV- und SPORT-HYBRID Modi eignen sich herrlich zum pendeln. Wahlweise automatisch schwimmt man im Verkehr mit und freut sich über geringe Hitze aus dem Motorbereich und absolute Ruhe an der Ampel. Vor allem das Fehlen einer Kupplung entspannt, wenn es durch enge Autokolonnen geht, oder Stop-And-Go Betrieb herrscht. Einzig die Lastwechsel des Getriebes im Automatikmodus fallen etwas negativ auf.

Werden die Straßen hingegen offen und kurvig, verwandelt der SPORT-HYBRID Modus die Ninja 7 Hybrid in ein wahres Funbike. Der Zweizylinder dreht willig und lässt sich fein dosieren. Den Extra-Boost liefert der E-Motor - eine Sensation die süchtig machend ist! Zwar verfügt das Motorrad über keine Traktionskontrolle, doch lässt sich der E-Boost erst ab einer Schräglage von unter 10 Grad aktivieren. Für genügend Sicherheit ist also gesorgt.

Kawasaki Ninja 7 Hybrid
Hybrid hin oder her - die neue Ninja ist auf der Landstraße ein Freudenspender.

Ein erster Versuch, der gut gelungen ist!

Bei all der neuen und faszinierenden Technik hat Kawasaki aber nicht vergessen wie man die Basics eines guten Motorrads baut. Die Telegabel ist zwar nicht einstellbar und das Federbein bietet nur Anpassung in der Federvorspannung, aber das Setup passt. Es trifft einen angenehmen Kompromiss aus Sportlichkeit und Komfort und erweckt keinen Wunsch nach mehr. Auch das erhöhte Gewicht von 227 Kilogramm fahrbereit haben die Techniker gut verpackt. Der Schwerpunkt liegt zentral und wurde kompakt gehalten, weshalb sich im kurvigen Geläuf kaum unterschied zum Handling eines reinen Verbrennermotorrads finden lassen. Zuletzt passt auch die Bremsleistung zu dem Paket der Ninja 7 Hybrid und überzeugt mit guter Dosierbarkeit.

Kawasaki Ninja 7 Hybrid: Verbrauch und Preis

Je nach Fahrmodus gibt Kawasaki unterschiedliche Verbrauchsdaten an: 3,7 l/100 km in ECO-HYBRID und 4,0 l/100km in SPORT-HYBRID. Je nach Fahrsituation haben wir uns sowohl unter als auch über diesen Werten bewegt, weshalb ein Langzeittest für klare Ergebnisse nötig ist. Fakt ist jedoch, dass mit vollem 14 Liter Tank eine Reichweite von 300 bis 400 Kilometer möglich sein sollte.

Preise sind zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht bekannt. Diese Zahl wird ohne Zweifel mitentscheidend für den Erfolg des Hybrid-Konzepts sein. Kawasaki plant jedoch dieses Antriebssystem auch in andere Motorradgattungen zu verbauen. Auf die Frage, wieso man sich für den Erstaufschlag für eine sportliche Ninja entschied, sagt uns ein Mitglied des japanischen Entwicklerteams: "Wir sind halt Kawasaki!". Wir können nur sagen: Bravo Kawasaki - was für ein Start in die Hybrid-Technologie!

UPDATE (26.01.2024): Die Kawasaki Ninja 7 Hybrid kostet in Deutschland 12.995 Euro (UVP inkl. 19 % MwSt. zzgl. Überführung (350 Euro) und Nebenkosten).

Kawasaki Ninja 7 Hybrid
In Barcelona haben wir mit der Ninja 7 Hybrid viel Aufmerksamkeit erhalten.

Wer soll die Kawasaki Ninja 7 Hybrid kaufen?

Wie der zukünftige Hybrid-Kunde aussieht, kann Kawasaki selbst noch nicht eindeutig beantworten. Nach unserer Zeit mit der Ninja 7 Hybrid können wir uns aber zwei potentielle Kunden vorstellen:

  • Der Technokrat, der immer die neueste Technologie braucht. Noch nie zuvor gab es ein Hybrid-Motorrad in Großserie. Wer solch ein Motorrad gleich zu Beginn kauft, zeigt sich als "Early-Adopter".
  • Pendler, die weder Roller noch Elektromotorrad kaufen wollen, aber nur Platz für ein Motorrad in der Garage haben. Die Ninja 7 Hybrid schafft sowohl Alltag als auch Wochenende. Ein spannender Allrounder!

Abschließend können wir nur empfehlen eine Probefahrt mit der neuen Kawasaki Ninja 7 Hybrid zu buchen. Eine Fahrt mit diesem Hybrid-Motorrad fasziniert und zeigt, wie aufregend eine grünere Zukunft aussehen kann.

Fazit: Kawasaki Ninja 7 Hybrid 2024

Das Sprichwort "The Best Of Both Worlds" hat noch bei keinem anderen Motorrad besser gepasst, als bei der Ninja 7 Hybrid. Sie kombiniert den Komfort und die einfache Bedienung eines Pendlerbikes mit der Freude eines unvernünftigen Funbikes. An dieses Antriebskonzept muss man sich bei der Fahrt definitiv gewöhnen - einfach aufsteigen und losfahren ist hier nicht! Dennoch zeigt Kawasaki, dass die Technologie auch im Motorradbau möglich ist, auch wenn es in gewissen Punkten noch Luft nach oben gibt.


  • Absolute Revolution im Motorradbau
  • spannendes Konzept gut umgesetzt
  • sehr vielseitiges Motorrad
  • jeder Fahrmodus kann sinnvoll genutzt werden
  • gute Abstimmung des Fahrwerks- und Bremskomponenten
  • E-Boost
  • starke Getriebe-Lastwechsel im Automatik-Modus
  • keine Kickdown-Funktion im Automatik-Modus
  • keine Feststellbremse, oder Möglichkeit das Motorrad im Gang abzustellen

Bericht vom 21.10.2023 | 34.363 Aufrufe

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