Honda CBR650R 2019 Test

Wie sportlich ist die Baby-Fireblade?

Einfach zu fahren, kraftvoll genug für den Alltag und den Wochenendspaß und dazu zuverlässig und pflegeleicht – das Erfolgsrezept für Hondas CBR Mittelklasse, die schon seit Jahrzehnten für Begeisterung bei Vierzylinderfans sorgt. Während die bisher aktuellste CBR650F die letzten Jahre etwas in den Hintergrund des Honda Modellprogramms gerückt ist, wollen die Japaner jetzt mit der neuen CBR650R neuen Wind in ihre vollverkleidete Familie bringen.

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Die Geschichte der straßenorientierten CBR600-Baureihe (also keine Modelle mit Namensendung RR) beginnt im Jahr 1986 mit der Modelreihe PC19. Das Konzept hat gepasst: ein vollverkleidetes Motorrad mit Reihenvierzylinder, DOHC, 16 Ventilen und circa 90 PS. Selbstverständlich hat sich über die Jahrzehnte die Technik deutlich gebessert, doch der Grundaufbau ist bis zur heutigen CBR650R gleichgeblieben. Auch wenn die Konkurrenz inzwischen in der Zylinderanzahl abgespeckt hat, bleibt sich Honda treu und die Fangemeinde dankt es.

Honda CBR650R Motor und Leistung – einzigartig in der Klasse

Denn ja, seitdem sich andere Hersteller vermehrt auf Zweizylinder in der Mittelklasse konzentrieren, setzt nur mehr die Honda CBR650R (und die baugleiche CB650R) auf den klassischen Vierzylinder. Die Leistungsdaten überzeugen, denn mit 95 PS bei 12.000 U/min und 64 Nm bei 8.500 U/min liegt zumindest die Pferdestärke über den Werten der Konkurrenz, ist aber gleichzeitig noch für den A2 Führerschein drosselbar. Selbstverständlich lebt ein Vierzylinder von hohen Drehzahlen, um aber genügend Druck aus der Spitzkehre zu bieten, haben die Honda Ingenieure die Abstimmung des Motors im Vergleich zur Vorgängerin CBR650F angepasst, wodurch 5% mehr Drehmoment im niedrigen Drehzahlbereich generiert wurde. Gleichzeitig setzt der Drehzahlbegrenzer jetzt um 1.000 Umdrehungen später ein, nämlich bei 12.000 U/min. Erreicht wurden diese Steigerungen unter anderem durch die erhöhte Verdichtung (11,6:1), eine Überarbeitung von Brennkammer und Kolben, sowie durch die Verstärkung des Ventiltriebs inkl. Anpassung der Steuerzeiten.

Die Maßnahmen zeigen auch Erfolg! Ab 4.000 U/min erwacht der Reihenvierzylinder zum Leben und die Reise Richtung Horizont beschleunigt sich spürbar! Der Motor zeigt dabei die angenehme Charakteristik, dass er ab diesem Punkt bis zum Drehzahlbegrenzer durchgehend funktioniert und immer genügend Leistung ans Hinterrad weitergibt. Keine Drehzahleinbrüche; nichts. Erst wenn man unter die 4000er Grenze fällt wird das Verlangen nach höherer Drehzahl spürbar. Dieses Verlangen wurde auch unter dem Helm spürbar, denn so herrlich der Mix aus tiefem Grummeln bei niedrigen Drehzahlen und kriegerischem Geschrei vor dem Begrenzer ist, haben es die Sounddesigner bei Honda eine Spur übertrieben. Ja, beim Sound übertreiben hört sich verrückt an! Doch tatsächlich fällt beim Gondeln durch die Stadt unter 4.500 U/min ein unangenehmes Dröhnen auf, das auf Dauer für Schmerzen am Trommelfell sorgt.

Honda CBR650R Fahrwerk und Sitzposition – sportlich aber gemütlich

Als Sporttourer will die CBR650R zwei Welten vereinen: Sport und Touring. Simpel, oder? Den sportlichen Teil übernimmt in der Front die neue 41mm Upside-Down Gabel von Showa, die in einem Grundsetting kommt, mit dem man sich zufrieden stellen muss. Der Monostoßdämpfer im Heck lässt sich jedoch siebenstufig in der Federvorspannung verstellen, um möglicher Zuladung oder dem Betrieb mit Sozius entgegenzuwirken. Ebenso sportlich ist die Sitzposition ausgefallen, denn sie wurde sogar aggressiver als die der Vorgängerin. In Zahlen und Fakten bedeutet das, dass die Lenkerstummeln 30mm tiefer und weiter vorverlegt wurden, während die Fußrasten höher und weiter hinten montiert wurden alles in allem also gestreckter. Wie wirkt sich das also im 810mm Sattel aus? Spürbar, denn wer nicht genügend Muskulatur in Beinen und Bauch beweist, wird schnell eine Ermüdung in Armen und Handgelenken verspüren also eine ernste Sitzposition auf der CBR650R!

Die sportliche Sitzposition auf der Honda macht sich bei schnellem Tempo jedoch bezahlt, denn sobald man hinter der Verkleidung Schutz genommen hat, beginnt der Spaß erst so richtig! Auf ihren Dunlop Sportmax lässt sich die 207 kg schwere CBR stabil durch die Kurven pilotieren und folgt stets der vorgegebenen Linie. Erst die Kombination aus Schräglage, hohem Tempo und Bodenwelle wirft die Honda etwas aus dem Konzept und sie muss zurück auf die Linie gebracht werden. Hier spürt man den Kompromiss im Fahrwerk sportlich, aber nicht unbequem. Dafür schafft sie es, genügend Windschutz zu liefern, um entweder auf lange Tour zu gehen, oder höhere Geschwindigkeiten zu erreichen. Die Höchstgeschwindigkeit konnte ich leider nicht für euch testen, dafür waren die spanischen Straßen einfach zu kurvig wahres Luxusproblem! Autobahngeschwindigkeiten sind jedoch dank der Verkleidung vollkommen entspannt möglich.

Gute Ausstattung muss durch ein Zubehörteil ergänzt werden

Sicherheit schreibt man bei Honda groß. Schon seit Jahren rühmen sich die Japaner mit dem Slogan Total Control und auch bei der neuen CBR650R wurde darauf nicht vergessen denn wer beschleunigen möchte, sollte auch Bremsen können! Deshalb wurde der CB650 Baureihe eine 310mm große Doppelscheibe mit radial verschraubten Vierkolben Nissin Bremszangen verpasst. Das Feedback am Bremshebel ist honda-typisch gut und der Hebel lässt sich zudem noch mehrfach einstellen. Im Heck arbeitet eine 240mm große Einzelscheibe mit Einkolben-Nissin-Zange, die mit einem festen Tritt zu ihrer vollen Leistung gebracht werden will. Weitere Sicherheitsausstattungen umfassen neben dem Zweikanal-ABS eine Traktionskontrolle namens HSTC (Honda Selectable Torque Control), die sich über einen einfachen Knopfdruck deaktivieren lässt und die neue Anti-Hopping-Kupplung. Diese verhindert nicht nur das Stempeln des Hinterrads bei zu schnellem Gangwechseln, durch sie konnte Honda auch die Kraft für die Kupplungsbetätigung spürbar senken ein Genuss in der Stadt.

Honda verwöhnte uns zusätzlich mit einem Zubehörteil, das wie ich jetzt leider bestätigen muss, mitbestellt werden muss: der Quickshifter. Dieser funktioniert zwar nur nach oben, setzt dem Vierzylinder aber noch das i-Tüpfelchen auf. Die Gänge werden nur mit kurzer Zündunterbrechung durchgeballert, was der gesamten Maschine eine nochmals sportlichere Note verleiht. Traumhaft!

Ist die Optik der CBR650R wirklich ein Streitpunkt?

Über Optik zu reden ist wie bei fast jedem Motorrad vollkommen sinnfrei zu viele Meinungen, die meist nicht auf einen Nenner kommen. Doch im Fall der Honda CBR650R will ich es trotzdem machen. Wieso? Weil eure Kommentare auf Facebook und YouTube eindeutig gezeigt haben, dass der Großteil von euch dieselbe Begeisterung wie ich spürt. Dahin ist der Einzelscheinwerfer der seit dem ersten Modelljahr unterschiedlich geformt wurde - denn Bühne frei für den neuen Doppel-LED-Scheinwerfer, der dem der aktuellen Fireblade nachempfunden wurde! Von der stärkeren Leuchtkraft einmal ganz abgesehen, fügt sich die 650er somit deutlich besser in die CBR Familie ein und sieht optisch vielleicht sogar nach mehr aus, als sie eigentlich ist. Auch der untere Abschnitt der Verkleidung nimmt Anleihen am Honda Superbike, erst im Heck wird wieder eindeutig, dass sich dieses Motorrad die Basis mit dem Neo Sports Café Bike teilt.

Eine weitere Aufwertung fand im Cockpit statt, das (bitte verzeiht mir Honda) in der vorherigen Generation ein absoluter Schmarrn war. Anstatt zwei getrennten Anzeigen finden wir jetzt ein aufgeräumtes LCD-Display, das nun auch gut ablesbar ist selbst bei direkter Sonneneinstrahlung. Ja, der Drehzahlmesser ist leider ebenfalls digital, ein Wermutstropfen für alle Analog-Fetischisten.

Die Honda CBR650R – ein echter Supersportler?

Wer jetzt beginnen möchte, die CBR650R mit aktuellen 600er Supersportlern à la R6 oder ZX-6R zu vergleichen, hat den Sinn hinter diesem Motorrad sichtlich nicht verstanden. Um es auf den Punkt zu bringen: nein, die Honda CBR650R ist kein Supersportler. Sie fällt genau in das fast schon ausgestorbene Segment der Sporttourer und fühlt sich damit beim Weg in die Arbeit, auf der Hausstrecke oder der Urlaubstour zuhause. Trotzdem haben wir von euch zahlreiche Anfragen bekommen, sie mit einem Supersportler zu vergleichen! Deshalb will ich euch, als Besitzer einer 2009er Honda CBR600RR PC40, meine Eindrücke schildern und beschreiben, wieso die 650er KEIN reinrassiger Supersportler für die Rennstrecke ist.

Begonnen beim Motor, dessen Setup eindeutig für die Straße ausgelegt ist. Das Drehmoment setzt relativ früh ein, weshalb man auf schnellen Landstraßenpassagen entspannt mehrere Gänge durchschalten kann, um die Leistung des Aggregats zu spüren, ohne jemals 10.000 Umdrehungen überschreiten zu müssen dort, wo es bei reinrassigen 600er Supersportlern erst losgeht. Der zweite wesentliche Aspekt ist die Geometrie und die Fahrwerksabstimmung. Zwar hat die CBR650R sportliche Anleihen und definitiv das CBR-Gen in sich, ihr Zuhause liegt aber auf der Straße. Auf ihr werden sich alle wohlfühlen, die supersportliche Optik wollen, aber nicht auf den Komfort eines Straßenmotorrads verzichten wollen. Selbstverständlich können auch pure Supersportler auf der Straße mit hohen Kilometerlaufleistungen bewegt werden, doch selbst daran vergeht oft die Freude. Somit könnte sich die CBR650R auch perfekt für alle Supersport-Besitzer eignen, die Komfort wollen, den Supersport-Spirit aber nicht verlieren möchten.

Honda CBR650R Preise und Verfügbarkeit

Zur Markteinführung kostete die CBR650R in Österreich bei 9.590,- Euro, während der Preis für Deutschland 9.290,- Euro, inkl. Nebenkosten betrug. In der Schweiz lag der Listenpreis der CBR650R bei CHF 10.490. Aktuelle Preise für dein Land findest du am 1000PS Motorrad Marktplatz!

Fazit: Honda CBR650R 2019

Die neue CBR650R nimmt den Spirit, den wir von klassischen Vierzylinder Sporttourern kennen und bringt ihn in die heutige Zeit. Dank der guten Motorabstimmung muss man keine Bedenken haben, von seinen Zweizylinder-Freunden abgehängt zu werden, insbesondere da man über das Drehzahlband mit einem herrlichen Sound belohnt wird. Leider kann es aber auch zu viel Klang geben, wie das Dröhnen unter 4.500 U/min bewiesen hat. Auf Seiten des Fahrwerks und der Sitzposition wurde ein Kompromiss gefunden, durch den die CBR650R sowohl den Alltag, als auch längere Touren und Hausstrecken-Jagden gut übersteht.


  • sehr elastischer Vierzylinder
  • genügend Komfort für längere Touren
  • guter Windschutz
  • großartige Optik
  • einfache Bedienbarkeit
  • A2 tauglich
  • Dröhnen unter 4.500 U/min
  • Fahrwerk könnte eine Spur sportlicher sein
  • Hinterbremse

Bericht vom 21.01.2019 | 106.007 Aufrufe

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