Honda CBR650F und CB650F 2017 Vergleich
Mit oder ohne? Welche fühlt sich besser an?
Neues Nakedbike und Sporttourer der Mittelklasse mit Reihenvierzylinder. Funktioniert das noch? Und welche ist das Bike der Wahl?
Gleicher Radstand, gleicher Lenkkopfwinkel, gleiche Fahrwerks-Hardwear, gleiche Bremsen, gleiche Sitzhöhe und auch noch der gleiche Motor mit der gleichen Leistung. Und trotzdem unterscheiden sich die CBR650F und die CB650F wie sie es den Konzepten nach auch tun sollten. Warum mir das diesmal besonders stark aufgefallen ist? Weil wir beide Neuheiten von Honda am selben Tag in Spanien fahren konnten. Gute Idee, sehr gute Motorräder.
Um die Erkenntnis des Tages vorwegzunehmen: Die CBR hat meine Erwartungen erfüllt, die CB hat sie übertroffen. Nicht nur, weil mich Sporttourer im allgemeinen und Mittelklasse-Sporttourer im speziellen nicht besonders ansprechen, sondern weil mich Nakedbikes im Normalfall mehr begeistern können. Das liegt meist an der auf mehr Agilität und Sportlichkeit ausgelegten Geometrie und Motorcharakteristik, doch die sind wie eingangs erwähnt völlig ident. Woher also die beiden stark unterschiedlichen Ausprägungen?
CBR650F: Nähe zur Fireblade
Beginnen wir bei der Optik. Die CBR650F ist fast ein Supersportler mit unverkennbarer Nähe zur Fireblade. Die Sitzbankabdeckung aus dem Zubehör darf man dabei allerdings nicht vergessen, denn die macht einiges her und ist im Alleinbetrieb eigentlich Pflicht. Die Wahl fällt ganz klar auf die rote Version, auch wenn die weiße durchaus ihre Reize hat. Schließlich finden auch Schwarzseher die passende Farbvariante.
K.OT kriegt einzige CB650F mit Zubehör
Ich hatte das Glück, oder die Ehre, die CB650F mit einigen Zubehörteilen fahren zu dürfen. Das haben die anderen seltsamerweise nicht bemerkt und so gibt es nur von mir Fotos und Videos mit dem Upgrade-Bike, hehe. Neben Kotflügeln in Carbonoptik (kein echtes Carbon), Tankschutzaufklebern und einem getönten Miniwindschild, waren es die Sitzbankabdeckung und der Bugspoiler, die die CB deutlich verschärften.
4 PS mehr, bessere Bremsen und Fahrwerk
Die Neuerungen, die für beide Modelle gelten, sind schnell aufgezählt: 4 PS mehr im oberen Drehzahlbereich im Rahmen des EURO4-Updates, Spitzenleistung 91 PS bei 11.000 Touren. (Maximales Drehmoment von 64 Nm bei 8000 Touren.) Neue Showa Dual Bending Valve-Gabel, nicht einstellbar, überarbeitete Nissin-Bremsen und die aufgefrischte Optik. Der Rest blieb weitestgehend gleich, so wirken die Instrumente, zwei getrennte LC-Displays mit Tacho/Drehzahl und Tankanzeige, Durchschnittsverbrauch, verbrauchter Treibstoff, Trips, Gesamtkilometer und Uhrzeit, etwas Oldschool. Eine Ganganzeige wäre wünschenswert.
Bis 1.70 m kein Problem
Die Optik wie die wertige Verarbeitung sprechen mich bei beiden Modellen aber insgesamt sehr an, man hat bei Honda einfach das Gefühl, dass man sich lange auf sein Fahrzeug verlassen wird können. Dieser Vertrauen schaffende Eindruck soliden Fahrzeugbaus setzt sich fort, sobald man im 810 mm hohen Sattel Platz genommen hat. FahrerInnen bis 1.70 sollten auf jeden Fall einen sicheren Stand haben, darunter kommt's auf die Länge der Beine an. Auf die Länge der Finger einstellbar ist nur der Bremshebel. Das geringe Gewicht der CB und CBR von 208 bzw. 213 kg wirkt sich nicht nur positiv auf die Fahrdynamik, sondern auf die Benutzerfreundlichkeit im Alltag aus.
Der Lenker der CB ist breiter und flacher als jener der CBR und versetzt den Fahrer in eine aggressivere Position, die einen davon überzeugt: Man hat hier alles fest im Griff und unter Kontrolle. Obwohl man auf der CBR für einen Sportler recht entspannt sitzt, sollte man doch nicht vergessen, mit einer straffen Körpermitte etwas Druck von den Handgelenken zu nehmen. Mir sind anfangs die Hände eingeschlafen. Das lag möglicherweise auch an den feinen Vibrationen, die rund um ca. 8000 Touren auftreten. Wir fahren eben noch immer keine Elektrodinger.
Voller Saft ab 8000 Touren
Der Sound des 649 Kubik Reihenvierers ist nicht besonders charakterstark oder speziell, aber leise ist er nicht. 96 DB bei 5.500 Touren steht auf der Plakette, eine gute Basis für ein eventuell weiter ausgebautes Soundtuning. Leider war beim Test kein Bike mit Sportauspuff verfügbar. Wie die Leistungsdaten ahnen lassen, muss man die beiden Schwestern ordentlich melken, um richtig Saft aus dem Motor zu holen. Im oberen Drehzahldrittel muss man sich für performanceorientiertes Fahren schon bewegen. Auf Dauer hält das nicht jeder mit den Nerven aus,.
CB650F wieselt der CBR650F davon
Genau hier greift der größte Vorteil der CB gegenüber der CBR. Sie ist kürzer übersetzt, wirkt dadurch spritziger, kerniger, agiler und insgesamt spektakulärer. Durch den Nakedbike-Lenker fallen das Einlenken und schnelle Korrekturen leichter; man kann sie auch nur aufrecht fahren, wenn es richtig eng wird. Die CBR fährt dafür beherrschter und souveräner, scheint ein straffer abgestimmtes Fahrwerk zu haben, die weniger Unruhe zulässt. Je höher der Druck während unserer Testfahrt im Radius wurde, desto stärker begann die CB zu pumpen und zu stottern. Nichts dramatisches, aber ein nervöses Motorrad verlangt dem Fahrer mehr Arbeit und Konzentration ab. Einigen schwereren Kollegen war die Gabel zu weich, für meine 75 kg hat's gereicht. Bereift waren beide Modelle mit Dunlop Sportmax D222 in den Dimensionen 120/70-17 vorne und 180/55-17 hinten, die bei zugegeben optimalen Bedingungen sehr gute Transparenz und Grip boten.
Treiben lassen kann man sich mit der CBR besser, Kilometerfressen sowieso. Ihr Einsatzgebiet ist gewiss breiter, ich kann aber auf die Annehmlichkeiten eines Sporttourers verzichten, wenn ich dafür die Action eines Nakedbikes bekomme. Diese kostete bei unserer Testfahrt gut 6 Liter auf 100 km, runtergerechnet halte ich aber einen Verbrauch von 4,5 l und weniger für kein Problem.
Was die Wahl dann doch noch erschwert, ist die scharfe Optik der CBR650F, die auch eine Doppel-R sein könnte. Warum aber trotzdem die CB? Weil ich mir nicht mehr erwartet hätte, dass ein Mittelklasse-Nakedbike mit Reihenvierzylinder, also eine klassische Drehorgel, so viel Spaß machen würde, nachdem in den letzten Jahren die Reihenvierer hubraumäßig nach oben gerückt und unten von anderen Motorkonzepten - Reihenzweier, V2, Triple - verdrängt wurden. Honda hat mir gezeigt, dass man CB650F und CBR650F keineswegs abschreiben kann. Und ich bin wieder ein bisschen g'scheiter. Und glücklicher.
CB650F 2017 Farben:
- Matt Gunpowder Black met.
- Pearl Metalloid White
- Pearl Spencer Blue
- Millenium Red
CBR650F 2017 Farben:
- Matt Gunpowder Black met.
- Pearl Metalloid White
- Millenium Red
KOT
Weitere Berichte
Fazit: Honda CBR 650F 2017
Neben ihrer supersportlichen Erscheinung, die stark an jene der Fireblade angelehnt ist, sind es vor allem ihre Souveränität und Vielseitigkeit, die sie auf der Straße zur harten Konkurrenz mit Modellen mit mehr Prestige oder mehr Performance machen. Man nimmt ihr den Supersportler genauso ab wie den treuen Begleiter im Alltag. Die sicht- und fühlbare Honda-Qualität vermittelt dem Besitzer dabei, dass er noch ein langes, sorgenfreies Leben mit der CBR650F haben wird.- Supersportliches Design
- Fireblade-Optik
- gut abgestimmtes Fahrwerk
- solide Bremsen, einfache Bedienung
- Vielseitigkeit
- Honda-Qualität
- An einigen Stellen etwas überholte Technik
KOT
Weitere Berichte
Fazit: Honda CB650F 2017
Wer Spaß haben will, der braucht keine 900 Kubik oder einen V2 oder Triple...auch der "gute alte" Reihenvierzylinder der Mittelklasse kann's noch richtig krachen lassen. Sofern das Getriebe etwas kürzer übersetzt ist, die Lenkerbreite und -form passt und das ganze Ding qualitativ wertig verarbeitet ist, so wie die Honda CB650F eben. Sie ist agil, spritzig und angriffslustig, nur wenn sie unter Druck gerät, wird sie mitunter etwas nervös im Fahrwerk.- Absolutes Funbike
- solide Bremsen
- perfekte Geometrie
- angenehme Sitzhöhe
- scharfe Optik
- Honda-Qualität
- etwas nervöses Fahrverhalten unter Druck
Bericht vom 07.04.2017 | 122.290 Aufrufe