Vespa GTS 300ie Super vs Piaggio Beverly 300ie Police

Schwarz gegen Weiß im Familienduell

Wenn man auf einer Vespa von der Police verfolgt wird, ist das normal nichts Gutes. Im Falle der limitierten Beverly 300ie Police und der Vespa GTS 300 ie Super aber ein freundschaftliches Geschwisterduell.

Ich hör das nicht zum ersten Mal: Du kannst jedes Motorrad fahren, die besten und schnellsten und behauptest immer wieder, ein sportlicher Fahrer zu sein. Und dann schreibst du, dieser und jener Roller mache dir Spaß und wäre ein tolles Alltagsfahrzeug. Das ist unglaubwürdig."

Ich bin ein sportlicher Fahrer. Auch. Und ich kann (fast) jedes neue Motorrad fahren. Auch. Und weil ich wie die meisten Menschen vielschichtig und seitig bin, finde ich eben auch Roller eine ganz gute Sache, die sogar Spaß machen kann. Vor allem dann, wenn man mit Freunden unterwegs ist, wie ich das unlängst mit dem Vauli war.

Randthema Roller?

Eins muss ich allerdings zugeben: Für einen Rollertest nehmen wir uns leider weniger Zeit als für einen Motorradtest. Das liegt vor allem an unserem immer voller werdenden Dienstplan und den immer leerer werdenden Taschen. Diese indirekt proportionale Entwicklung zwingt uns dazu, mehrere Nebenjobs anzunehmen (Vauli ist Hundefrisör und Kellner in der Gräfin am Naschmarkt, K.OT Callboy und Platzanweiser im Zirkus Roncalli) und sogar von unseren eigenen Frauen Geld fürs Rasenmähen und Häuslputzen zu verlangen. Obwohl sich Roller vor allem in Österreich größter Beliebtheit erfreuen, mussten wir sie deshalb ein wenig vernachlässigen. Die Roller, nicht die Frauen.

Blau wie Police

Aber das holen wir wieder auf mit einem Doppeltest vom Feinsten. Die Vespa GTS 300ie Super und der Piaggio Beverly 300 i.e. Police gehören zum Edelsten, was man in dieser Kategorie finden wird. Beide Scooter sind echt elegante Hingucker mit typisch italienischem Hüftschwung. Der Piaggio ist noch dazu eine limitierte Edition in Zusammenarbeit mit dem Modelabel POLICE, das vor allem für seine Brillen bekannt ist. In Anlehnung an deren Design glänzt der Beverley mit gebläuten Scheinwerfergläsern und Spiegeln. In Schwarz sieht er im direkten Vergleich natürlich männlicher aus als die weiße Vespa, die allerdings auch in anderen Farben zu haben ist.

Während man die Vespa sofort der unteren Mittelklasse um die 300 Kubik zuordnen würde, wirkt der Piaggio schon fast wie ein Großroller, was er in Sachen Stauraum auch ist. Ich konnte mich sogar in die Kofferraumwanne unter dem Sitz hineinsetzen, was bei der Vespa unmöglich war. Leider schluckte die Vepa auch nur sehr knapp meinen Jethelm in Größe L. Würde ich die GTS persönlich als Alltagsfahrzeug nutzen, käme ich auf Dauer um ein optisch bescheidenes Topcase nicht herum, was ich mir beim Beverley wohl sparen könnte.

Sportliche Vespa, speckiger Piaggio

Das Mehr an Stauraum und Abmessungen schlägt sich im Gewicht nieder. Da beide Roller nahezu gleichwertig motorisiert sind, zieht jetzt die 158 kg leichte Vespa knapp am 183 kg schweren Piaggio vorbei, nachdem der 350er Beverly durch den Hubraumvorteil der schnellste Roller in dieser Kategorie war. Sie ist etwas quirliger, aber auch etwas weniger bequem, weil die kleinen Räder Unebenheiten kaum glätten. Das ist ein großer Vorteil des Beverly mit 140/70 14 hinten und 110/70 16 vorne. Das freut auch eventuelle Beifahrer/innen, die sich bestimmt auch auf Letzterem wohler fühlen.

Zweckmäßig würde ich demnach dem Piaggio den Vorzug geben, stilmäßig ist es reine Geschmacksache, persönlich würde ich mit beiden glücklich werden. Eine Limited Edition hat halt immer seinen Reiz, weil es davon nicht viele geben wird und Vespas gibts in der Stadt ja genug. Und zufälligerweise habe ich seit ein paar Jahren eine POLICE-Sonnenbrille zu Hause. Natürlich in Blitzblau.

Vaulis Meinung zu Piaggio Beverly 300ie POLICE:

Meine Erwartungen an den Beverly 300ie Police waren vor dem Test zwar andere, ich war dann aber positiv überrascht, als ich ihm gegenüber stand. Beim Beinamen Police dachte ich nämlich an eine spezielle Version des Rollers, so wie er vielleicht in Italien von der hiesigen Polizei genutzt wird, vielleicht Schwarz-Weiß, vielleicht mit einem Pseudo-Blaulicht, vielleicht ganz einfach etwas peinlich. Stattdessen ist der Mittelklasse-Roller ganz in Schwarz gehalten mit blauen Akzenten, die an das Modelabel POLICE erinnern sollen.

Mir persönlich ist das zwar egal, ich kaufe nicht unbedingt einen Roller, weil es eine Sonderedition eines bestimmten Modellabels ist, aber gerade der Beverly 300ie wirkt in dieser Aufmachung sehr fein und edel. Diese Ernsthaftigkeit tut ihm richtig gut, denn grundsätzlich finde ich die Beverly-Reihe eher zu rundlich und feminin.

In Sachen Fahrleistungen kann der Beverly aber durchaus auch Männer begeistern. Mit knapp über 20 PS ist man bei über 180 Kilo Gewicht natürlich keineswegs übermotorisiert, kommt aber vom Stand, etwa bei einer Ampel gut weg und beschleunigt flott auf Landstraßentempo. Oben heraus geht ihm dann zwar die Puste aus, interessant ist aber doch, dass der gleiche Motor in der 25 Kilo leichteren Vespa GTS 300i.e. nur ein wenig spritziger wirkt. Die Automatik ist auf dem Beverly 300ie also sehr gut abgestimmt.

Die größeren Räder mit hinten 14 Zoll und vorne gar 16 Zoll begünstigen natürlich die Stabilität des Beverly, wirklich nervös benimmt sich aber auch die Vespa nicht. Seinen klaren Vorteil spielt der Piaggio-Roller beim Stauraum unter der Sitzbank heraus, zwei Helme samt anderer Utensilien bekommt man beim Beverly durchaus hinein. Bei der Vespa hat man schon Mühe, einen etwas größeren Helm unterzubringen - wenn auch der Laderaum nun schon viel größer ist, als noch vor einigen Jahren.

Bleibt letztlich das Design, das für viele auch beim Roller eine Rolle spielt. Da schlägt die Vespa klarerweise mit ihrem Kultstatus knallhart zu, die Formen der beliebten Wespe sind nun mal für viele einer Religion gleichzusetzen. In der POLICE-Version kann aber auch der Piaggio Beverly 300ie ganz schön auftrumpfen, die vielen blauen Accessoires machen ihn trotz seiner Rundungen ziemlich erwachsen.

Vaulis Meinung zu Vespa GTS300i.e.:

Dass eine Vespa, vor allem die GTS-Baureihe, eine Stilikone, ein Kultobjekt, ja sogar eine Glaubensfrage ist, bestreitet wohl kaum jemand. Das Fahrverhalten wird aber von vielen wegen der vergleichsweise kleinen Räder und der eigenwilligen Vorderradführung belächelt - völlig zu Unrecht, wie ich feststellen durfte. Auch ich kenne noch das hilflose herumpurzeln auf schlechten Straßen und das Einnicken der Front beim Bremsen wie man es eigentlich nur von weich abgestimmten Enduros mit 300 Millimeter Federweg erwartet.

Das ist aber Schnee von gestern, die moderne Vespa GTS 300i.e. federt und dämpft überraschend souverän und macht damit einen überaus hochwertigen und erwachsenen Eindruck. Sie nickt auch nicht unangenehm ein beim Bremsen sondern bleibt stabil und tadellos auf Kurs. Ganz miese Pisten will ich wegen der kleinen 12 Zoll-Bereifung zwar nicht unter die Räder nehmen, da wäre mir der Piaggio Beverly 300ie POLICE schon deutlich lieber, aber der Komfort der Vespa geht voll in Ordnung. Als Draufgabe ist sie dadurch natürlich an Wendigkeit kaum zu überbieten, so quirlig wie die 158 Kilo leichte Vespa zischt der Beverly nicht um die Ecken.

Das macht die Vespa mit ihren knapp über 20 PS Leistung vor allem für den urbanen Bereich zum optimalen Begleiter. Da durch die Kolonne wedeln, dort das erste Auto an der Ampel schnupfen - die GTS 300i.e. ist gewiss nicht übermotorisiert aber ein würdiges Vespa-Topmodell in Sachen Motorisierung. Gerade wegen dieser guten Performance wirkt es für mich skurril, dass vermutlich zwei Drittel der Vespa-Käufer auch ein viel schlechteres Fahrverhalten in Kauf nehmen würden - es geht nun mal vorrangig um die Optik.

Und da macht niemand etwas einer Vespa vor - oft kopiert, nie erreicht. Diese freundlichen, hübschen Rundungen, die jedem ein Lächeln auf das Gesicht zeichnen und nicht einmal bei einem 1,90 Meter großen Hünen lächerlich wirken. Dieser Rundscheinwerfer, der immer noch die Formensprache der ersten Modelle vor knapp 70 Jahren aufgreift. Und dieses bauchige Heck, das man am leibsten wie einen Teddybären knuddeln würde, wäre es nicht aus Blech. Da stört es ganz offenbar auch kaum jemanden, dass der "Kofferraum" unter dem Sitz nur mit Bauchweh einen Helm schluckt. Also mich zumindest stört es nicht...

Fazit: Piaggio Beverly 300 i.e. 2016

Der Beverly von Piaggio ist ein eleganter, für die 300er Klasse eher großzügig geschnittener Roller mit großen Rädern, die den Komfort des Scooters begünstigen. Auch in Städten mit schlechten Straßen fühlt man sich darauf wohl, auch, weil die Sitzbank ebenso ausladend dimensioniert ist wie der Stauraum darunter. Er ist schön, stabil und schnell, wenngleich man das höhere Gewicht im Vergleich zu einer 300er Vespa etwas spürt.


  • edle Optik
  • viel Stauraum
  • stabile Kurvenlage
  • große Reifen
  • hoher Komfort
  • hohes Gewicht

Fazit: Vespa GTS 300 i.e. 2016

Eine Vespa wird man vermutlich auch in eingen Jahrzehnten noch von allen anderen Rollern unterscheiden können - und genau das macht ihren Reiz aus. Ein Original, das in Sachen Optik und Wendigkeit Maßstäbe setzt. Der vermeintlich schwache Motor hat mit dem geringen Gewicht erstaunlich leichtes Spiel, lediglich bei höheren Tempi geht der GTS300 i.e. die Luft aus und das Fahrverhalten wird etwas kippelig. In der Stadt ist man mit der 300er aber gewiss der Ampelkönig. Qualitätsanmutung und Verarbeitung sind erstklassig, nur das Helmfach unter der Sitzbank fasst bestenfalls einen Vollvisierhelm - das können andere wirklich besser.


  • einzigartiges Design
  • hochwertige Verarbeitung
  • flinkes Fahrverhalten
  • im Stadtverkehr ausreichende Fahrleistungen
  • gute Bremsen
  • etwas kippeliges Fahrverhalten
  • nicht für weite Strecken gemacht
  • kleines Helmfach reicht bestenfalls für einen Vollvisierhelm
  • hoher Preis

Bericht vom 27.10.2016 | 120.605 Aufrufe

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