Ducati Monster 696

Ist das Baby-Monster nach der Mutation immer noch ein Wunschkind?
Ducati Monster 696

Kleines Kunstwerkl

Erinnerung, daß nicht mehr gestern ist.

 

Es ist eine nicht mehr zu leugnende Tatsache. Ducati hat sein eigenes Monument angegriffen. Man greift sein Monument nicht ungestraft an, nicht ohne auf Verstörung im besten und Entsetzen im schlimmsten Falle zu stoßen. Selbst wenn dieses Monument von jeher ein Monster war.

Heute mehr denn je, bedeutet sein Motorrad an den Mann (oder Frau) zu bringen, es nicht nur preislich einer möglichst breiten Masse zugänglich, sondern vor allem für jedermann (oder -frau) fahr- und bedienbar zu machen. Das haben nicht nur japanische Fahrzeugriesen mit horrenden Stückzahlen erkannt, sondern auch die vergleichsweise winzige Edelschmiede aus Bologna. Denn nur mit 1098r und D16 im Portfolio würde die Marke keine 2 Minuten überleben. So kam vor 15 Jahren die erste Monster auf die Welt und die klassische Volksducati war geboren. Exklusivität für alle.

Trotzdem blieb die Monster immer eine Ducati, mit all ihren Vor- und Nachteilen, die ein italienisches Motorrad einfach haben muß. Das Fahrzeug an sich ist das Wichtigste. 'Soll sich doch der Fahrer (oder die Fahrerin) auf MICH einstellen.'
Die Zeiten haben sich geändert und auch an Ducati deutliche Spuren hinterlassen. Man muss funktionieren in der heutigen Gesellschaft, das gilt jetzt sogar für Ducatis. Unproblematisch, bequem, easy-to-handle, günstig in Anschaffung und Erhaltung soll es sein. Ja, wir reden vom Motorrad, erschreckend steril und eigentlich anspruchslos.

So kommen die Verantwortlichen für die neue Monster dann schnell auf die unwesentlichen Dinge zu sprechen. Wir hören von einer breiten, bequemeren Sitzbank mit 15 mm Schaumstoff, von herabgesetzten Fußrasten, von einem kürzeren Abstand zum Lenker zwecks besserer Erreichbarkeit, von sanfterer Gasannahme im niedrigen Drehzahlbereich, um weniger geübten Fahrern (oder eben Fahrerinnen) das Leben im Stadtverkehr zu erleichtern und sind geschockt.

Keine Zicken mehr, kein Charakter? Wo bleiben die Eigenheiten? Von der Schallplatte zur CD? Von der Italo-Schlampe zur Mutter Theresa? Immer freundlich, immer hilfsbereit, nie egoistisch? Lautet die Entscheidungsfrage für Anfänger und Wiedereinsteiger heuer gar: CBF 600 oder Monster 696? Kein schöner Gedanke, das sollte schon einen Unterschied machen. Das Design spielt jedenfalls nicht Music for the Masses, eher Experimental, mit Anlehnungen an frühere Werke.

Angriffspunkte: Plastiktank mit Lufteinlässen, Doppelrohrauspuffanlage irgendwo unterm Heck.
 

Irgendwo zwischen MV Agusta Brutale und Yamaha MT-03 landete das Design, nachdem man besonders bei Scheinwerfer, Tank und Auspuffanlage Hammer und Meißel angesetzt hatte. Die beiden Endtöpfe hängen etwas in der Luft, die Krümmer sind allerdings herrlich geschwungen. Die Scheinwerfereinheit wirkt zwar modern, mit der LED Zierleiste in der Mitte aber etwas zu verspielt. Vielleicht hätte man es hier etwas klassischer halten sollen. Unaufdringlich dagegen die kleinen, weißen Blinker, die nahe am Motorrad zur Seite spitzen.

Einer deutlichen Modernisierung mußte sich der Tank unterziehen. Er wird nun aus Plastik gefertigt - mit einem andersfarbigen Mittelstreifen bei dem roten und weißen Modell - und beherbergt neben dem Treibstoff eine Airbox, in die zwei Lufteinlässe an den Seiten führen. Die problemlose Austauschbarkeit der Tankhülle soll eine Individualisierung einfacher machen. Der Stahlgitterrohrrahmen blieb natürlich erhalten, geht jedoch im Heck in einen Aluhilfsrahmen über.

Im gesamten Erscheinungsbild wirkt die neue Monster gedrungener, kompakter, weniger elegant. Beim Design kann man durchaus von einer radikalen Veränderung sprechen. Fährt sie so anders, wie es den Äußerlichkeiten nach zu erwarten wäre?

 
Hilfe! Der (Scheinwerfer)kopf steckt in der Gabel!
 

Ducati Monster 696 Video

Kot und ein Kollege vom schweizer TÖFF-Magazin  nahmen auf der Duc Platz und unternahmen ein paar fast schon verzweifelte Versuche das Teil auf das Hinterrad zu bekommen. Was aber früher oder später auch gelang!

Wer sich das Video auf seinen Computer downloaden möchte, klickt mit der rechten Maustaste hier und wählt "Ziel speichern unter".

Schnitt: KarolettaLambretta
Videodreh: kot

Auf der Monster Platz genommen sinkt man förmlich in einen Sitzpolster. Muß der bequemste Sitz aller Nakedbikes sein. (Also doch noch 1 Jahr potent.) Man hat das Gefühl, viel tiefer zu sitzen, obwohl die Sitzhöhe von 770 mm gleich geblieben ist. Durch die 15mm dicke Polsterung verliert man aber wahrscheinlich noch etwas an Höhe, kurzhaxerte Frauen dürfen jubeln. Da der Sitz zum Tank hin schräg abfällt, wird man gegen selbigen gedrückt. Dürfte der Potenz dann doch nicht so zuträglich sein.

Die Sicht nach vorne wird durch nichts behindert, zunächst dachte ich, die Spiegel wären nicht montiert, bis ich sie tief unten in der Nähe des breiten Lenkers entdeckte. Im steilen Winkel nach links und rechts gestreckt stören sie das weite Blickfeld in keiner Weise. Auch die längliche, digitale Tachoeinheit aus der 1098 bleibt geduckt und fährt dem Fahrer (oder der Fahrerin!) nicht ins Gfries. Den Scheinwerfer sieht man sowieso kaum, weil er wie ein eingezogener Schildkrötenkopf zwischen den Gabelholmen steckt. Einzig im Stadtverkehr stören die breiten Spiegel beim Durchqueren von Fahrzeugkolonnen. Das kennen wir schon von der Hypermotard.

 

Wie versprochen kommt alles dem Fahrer (und selbstverständlich der Fahrerin!!) entgegen. Die Sorgen waren berechtigt. Weichgespült und einfach zu fahren, dachte ich noch. Doch dann geschah etwas Wunderbares. Ein Journalist nach dem anderen fuhr aus dem Innenhof des Hotels und stellte sich dabei an, wie in der 1. Fahrstunde. Die Kupplung schließt nämlich äußerst spät, viel später, als man das erwarten könnte. Sie schließt noch nicht, wenn man Gas gibt. Sie schließt auch noch nicht, wenn man beide Füße auf die Rasten stellt. Und sie schließt immer noch nicht, wenn man meint, die Kupplung schon komplett ausgelassen zu haben. Erst danach. Nach dem Wanken, nach dem Taumeln, nach dem Blamieren. Man versucht dann irgendwie, den fehlenden Vortrieb mit mehr Gas zu erwirken. Wenn dann endlich der Antriebsstrang wieder schließt, wird es besonders lustig. Somit war alles wieder in Ordnung. Entweder man wollte nicht, oder man konnte nicht. Jedenfalls wurde aus der Monster kein Golfklasse Motorrad mit Anfahrhilfe.

Als zickig könnte man durchaus auch bezeichnen, wie widerwillig sich die kleine Monster auf den Hinterlauf stellt. Man sah nicht viele Wheelies an diesem Tag. Nur bei äußerst forscher Bedienung macht sie Männchen, reagiert garantiert nicht auf Streicheleinheiten blutiger Anfänger. Schade, hätte man sich das bei einem Leistungszuwachs von 7 PS auf nunmehr 80 PS und bei einem Trockengewicht von nur 161 Kilogramm doch durchaus erwartet, selbst bei einem Radstand von 1450 mm.

 
Urbane Lebensform auf Landgang.

Ducati Monster 696 Slideshow

Ducati Monster 696 Slideshow
Man spürt das Plus an Kraft deutlich, besonders zwischen 6000 und 8000 Touren. Da geht schon richtig was weiter, nur die Gasannahme läßt sich immer etwas bitten, kommt zu wenig spontan. Bei 8500 Touren schlagen plötzlich alle roten Schaltlichter Alarm, obwohl der Tourenzähler noch einige tausend Umdrehungen zur Verfügung hätte und es keinen roten Bereich gibt. Man muß sich bei der Drehzahl zunächst etwas orientieren, dann funktioniert alles prima.

Die Bremsleistung ist gut, versprechen die 4-Kolben Bremszangen auf 320 mm Scheiben doch 30% mehr Bremsleitung als bei der Vorgängerin. Man wünscht sich nur etwas bessere Dosierbarkeit. Hervorragend ist das Fahrwerk, bestehend aus einer 43 mm Showa Upside-Down Gabel und einem Sachs Federbein mit 148 mm Federweg. Sehr gutes Feedback bei flotter Gangart, sehr sportliches Grundsetting, das einigen urbanen Fightern allerdings zu straff sein wird. Unebenheiten im Untergrund werden kaum ausgefiltert, sondern unsanft auf den Fahrer übertragen. Was zählt ist schließlich das Handling. Mit dem breiten Lenker läßt sich die nicht nur optisch sehr kompakte Monster spielend durch die Stadt und über's Land dirigieren, jederzeit zu Korrekturen bereit, wenn mal was Unerwartetes dazwischen kommt.

Man darf gespannt sein, wie das neue Design bei den alten Fans ankommen und ob es genügend neue Fans erreichen wird. Bei den Fahrleistungen hat die kleinste Monster jedenfalls einen großen Schritt vorwärts gemacht. Was wir noch erwarten dürfen? Auf die Frage, ob auf dieser Basis noch weitere Monster folgen werden, antwortete Marketingleiter Giulio Malagoli nur "Wi Italians lof da goonzept of di famili."

 

Ducati Monster 696 Farben

Ducati Monster 696 2008 Ducati Monster 696 2008 Ducati Monster 696 2008

Ducati Monster 696 Technische Daten

Motor  
Bauart Luftgekühlter Zweizylinder in L-Form, 2 Ventile pro Zylinder, desmodromisch gesteuert
Kühlsystem  
Hubraum (cm³) 696 ccm
Bohrung x Hub (mm) 88,0 x 57,2 mm
Verdichtung 10,6:1 / 10.6:1
Leistung kW 58,8kW (80PS) bei 9000 U/min
Drehmoment 69 Nm  bei 7750 U/min
Gemischaufbereitung Elektronisch geregelte Siemens Kraftstoffeinspritzung, 45mm Drosselklappendurchmesser
Auspuffanlage 2 Endschalldämpfer aus Aluminium
Abgasnorm EURO3
Primärantrieb Geradverzahnte Getriebezahnräder; Übersetzungsverhältnis 1,85:1
Sekundärantrieb Kette; Ritzel 15 Zähne; Kettenblatt 41 Zähne
Getriebe 6 Gänge
Kupplung Hydraulisch betätigte APTC Kupplung im Ölbad
Fahrwerk  

Rahmen

Stahl-Gitterrohrrahmen
Federung vorne Showa Upside-Down-Gabel, Standrohrdurchmesser 43mm
Federweg vorne (mm) 120 mm
Federung hinten Progressiv angesteuertes Sachs Federbein, Zugstufe und Federvorspannung einstellbar
Federweg hinten (mm) 148 mm
Bremsanlage vorne 2 Bremsscheiben mit 320mm Durchmesser, radial montierte 4-Kolben Bremssättel
Bremsanlage hinten Bremsscheibe mit 245mm Durchmesser, 2-Kolben Bremssattel
Reifen vorne 120/60 ZR 17
Reifen hinten 160/60 ZR 17
Abmessungen  
Länge (mm) 2100 mm
Höhe (mm) 1129 mm
Sitzhöhe (mm) 770 mm
Radstand (mm) 1452 mm
Gewicht (kg trocken o. Füllung) 163 kg
Tankinhalt 15 l (3,5 l Reserve)
Preise 696 : 8.995,-
696+ : 9.395,-

 

 


 

Text: kot
Fotos: Ducati

Fazit: Ducati Monster 696 2008

Man darf gespannt sein, wie das neue Design bei den alten Fans ankommen und ob es genügend neue Fans erreichen wird. Bei den Fahrleistungen hat die kleinste Monster jedenfalls einen großen Schritt vorwärts gemacht.


  • Komfort
  • tolles Fahrgefühl
  • Bremsen.
  • Design nicht allzu anspruchsvoll
  • Fahrwerk relativ kompliziert - nichts für Anfänger.

Bericht vom 11.04.2008 | 41.063 Aufrufe

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