Harley-Davidson Street Bob Gebrauchtberatung

Warum die Street Bob die ehrlichste Harley ist

Seit 2006 steht die Harley-Davidson Street Bob für puren V2-Charme ohne Schnickschnack. Doch welche Generation ist die beste, worauf musst du beim Gebrauchtkauf achten – und was sagen Experten wie Karl Schagerl von Harley-Davidson St. Pölten dazu?

von Der Horvath am 23.10.2025

Als Harley-Davidson im Jahr 2006 die Street Bob präsentierte, richtete sich das Modell an Puristen und Individualisten. Die Idee war, eine möglichst rohe und unverfälschte Big-Twin-Erfahrung zu bieten - ein Motorrad, das an die minimalistischen Bobber der Nachkriegszeit erinnert. Schon der Name "Bob" verweist auf das Kürzen überflüssiger Teile, wie bei einem echten Bobber. Die Street Bob kombinierte diese Ästhetik mit moderner Technik, präsentierte sich mit Solo-Sitzbank, kleinen Apehanger-Lenkern, matten Lackierungen und einem bewusst reduzierten Erscheinungsbild. Sie war damit eine Hommage an den Garagenstil amerikanischer Customizer und zugleich ein günstiger Einstieg in die Big-Twin-Welt von Harley-Davidson.

Die Dyna-Ära (2006–2017)

Technisch basierte die erste Street Bob auf der Dyna-Baureihe, die sich durch zwei außenliegende Federbeine am Heck und einen klassischen Doppelschleifenrahmen auszeichnete. In der Startversion, die unter der Modellbezeichnung FXDBI lief, arbeitete der Twin Cam 88 mit 1.449 Kubikzentimetern Hubraum und 6-Gang-Getriebe. Bereits kurz darauf erfolgte die Umstellung auf den Twin Cam 96 mit 1.584 Kubikzentimetern, was der Street Bob mehr Drehmoment und eine geschmeidigere Kraftentfaltung verlieh. Im Laufe der Jahre erfuhr die Maschine verschiedene Detailanpassungen: der Heckfender wurde gekürzt, LED-Rückleuchten hielten Einzug, und schwarze Komponenten unterstrichen den "Dark Custom"-Look, den Harley-Davidson in jener Zeit stark bewarb.

Über die Jahre hinweg blieb sie in ihrer Grundidee unverändert, lediglich die Feinabstimmung des Fahrwerks, die Bremsanlage und kleine optische Details wurden verbessert. Ihre Leistung bewegte sich meist um die 75 bis 80 PS, ihr Charakter blieb rau und unverfälscht. Die Dyna-Ära der Street Bob endete 2017, als Harley-Davidson beschloss, die Dyna-Baureihe einzustellen und in die modernisierte Softail-Plattform zu integrieren.

Der Übergang zur Softail-Ära (ab 2018)

Mit dem Modelljahr 2018 begann für die Street Bob eine neue Ära. Harley-Davidson stellte die Dyna-Reihe ein und führte die Street Bob in die Softail-Familie über. Der neue Rahmen war leichter, steifer und brachte ein völlig neues Fahrverhalten mit sich. Das hintere Zentralfederbein arbeitete nun unter dem Sitz und sorgte für deutlich mehr Fahrkomfort, ohne die klassische Linie zu verändern. Der Motor wurde auf den modernen Milwaukee-Eight 107 umgestellt, ein 1.745-Kubikzentimeter-Aggregat mit vier Ventilen pro Zylinder und verbessertem Drehmomentverlauf.

Mit der Softail-Plattform erhielt die Street Bob außerdem ein zeitgemäßes Technikpaket: LED-Scheinwerfer, digitale Instrumente im minimalistischen Stil, Keyless-Systeme und eine insgesamt verbesserte Ergonomie.

Harley-Davidson Street Bob Gebrauchtpreise und Marktlage

Die Street Bob hat sich über die Jahre als verlässlicher Dauerbrenner im Harley-Portfolio etabliert. Modelle aus der Dyna-Ära gelten als besonders charakterstark und klassisch, zeichnen sich durch den rauen Twin-Cam-Motor und den unverfälschten Sound aus. Käufer sollten hier jedoch auf typische Gebrauchsspuren, den Zustand der Stoßdämpfer und eventuelle Custom-Umbauten achten. Softail-Modelle ab 2018 hingegen punkten mit besserer Fahrbarkeit, moderner Technik und höherem Komfort, was sie zu attraktiven Gebrauchtmaschinen für Einsteiger in die Harley-Welt macht.

Angebote und aktuelle Preise findet ihr hier: Harley-Davidson Street Bob neu und gebraucht kaufen.

Interview mit Experten von Harley-Davidson St. Pölten

Für diese Gebrauchtberatung haben wir mit Karl Schagerl, Geschäftsführer von Harley-Davidson St. Pölten, gesprochen. Als erfahrener Händler und Werkstattprofi kennt er die Harley-Davidson Street Bob in- und auswendig. Seine Einschätzungen zu Technik, Zuverlässigkeit und empfehlenswerten Baujahren geben wertvolle Orientierung für potenzielle Käufer.

Karl Schagerl, Geschäftsführer von Harley-Davidson St. Pölten.

Gibt es typische Schwachstellen bei der Street Bob?

Nein, eigentlich nicht. Die Modelle sind recht simpel aufgebaut, da gibt es keine klassischen Schwachstellen. Natürlich kann eine Ölpumpe oder ein anderes Bauteil einmal verschleißen - das ist normal. Aber ein echtes Problem, das bei der Street Bob immer wiederkehrt, gibt es nicht. Auch beim Dyna-Rahmen war das nie ein Thema.

Weitere Updates gab es beim Thema ABS und Sondermodellen, oder?

Genau, ABS kam 2011. Zwischendurch gab es ein paar Sondermodelle wie die Street Bob Special oder Street Bob Limited mit vorverlegten Fußrasten oder einem T-Bar-Lenker. Vieles davon war aber ohnehin als Zubehör erhältlich. Rund die Hälfte der Käufer hat ihre Maschine ohnehin individuell umgebaut - etwa in Richtung Bobber mit Weißwandreifen und verändertem Heck.

Gibt es Unterschiede in der Nachfrage zwischen der Dyna Street Bob und der Softail Street Bob?

Ja, einige klassische Harley-Fahrer fragen bewusst nach der Dyna mit dem alten Rahmen. Für Neukunden, die einfach ein modernes Motorrad mit Harley-Feeling wollen, ist es aber egal.

Warum bevorzugen die Oldschool-Fahrer den Dyna-Rahmen?

Weil der Rahmen sportlicher, straffer und kompakter wirkt. Das Fahrgefühl ist direkter.

Ist die Ersatzteilversorgung der Dyna Modelle noch gegeben?

Die Ersatzteilversorgung ist nach wie vor sehr gut. Da die Street Bob erst 2006 auf den Markt kam, ist das Angebot an Ersatzteilen immer noch hervorragend.

1000PS Reifenempfehlung: Gerade bei einem Motorrad, das so stark vom Zusammenspiel aus Drehmoment, Gewicht und Fahrwerksgeometrie lebt, kann die passende Gummimischung den Charakter deutlich beeinflussen. Besonders empfehlenswert ist hier der Metzeler Cruisetec. Er wurde speziell für kraftvolle Cruiser und Harley-Modelle entwickelt und kombiniert hohe Stabilität mit präzisem Handling. Auch bei Nässe bietet er deutlich mehr Vertrauen als ältere Tourenreifen. Damit ist der Metzeler Cruisetec die ideale Wahl für alle Street-Bob-Fahrer, die den authentischen Charakter ihres Bikes bewahren wollen, aber gleichzeitig von moderner Reifentechnik profitieren möchten.

Alternativen zur Harley-Davidson Street Bob

Indian Scout Bobber: Die Indian Scout Bobber ist die wohl direkteste Konkurrentin zur Street Bob. Sie setzt auf eine ähnliche Optik mit gekürztem Heck, flachem Sitz und tiefem Schwerpunkt, wirkt aber insgesamt moderner und sportlicher. Der flüssigkeitsgekühlte V2 mit 1.133 Kubikzentimetern liefert rund 95 PS und damit deutlich mehr Leistung als die Street Bob, allerdings weniger Drehmoment im unteren Bereich. Fahrwerk und Bremsen sind präziser, der Charakter aber weniger roh. Wer eine kraftvolle, technisch moderne Bobber sucht, findet in der Scout Bobber eine überzeugende Alternative mit amerikanischer Seele.

Indian Scout Bobber

Triumph Bonneville Bobber: Die Triumph Bonneville Bobber zeigt, wie stilvoll britische Ingenieurskunst im Bobber-Kleid aussehen kann. Ihr Paralleltwin mit 1.200 Kubikzentimetern verbindet klassisches Design mit moderner Technik. Die Verarbeitung ist hervorragend, die Optik elegant - mit tiefem Sitz, frei stehendem Hinterrad und viel Chrom. Im Gegensatz zur Street Bob vermittelt sie ein kultivierteres Fahrgefühl, bleibt aber emotional und authentisch. Besonders beliebt ist sie bei Fahrern, die den Bobber-Look wollen, aber nicht zwingend ein großes V-Twin-Erlebnis suchen.

Triumph Bonneville Bobber

Moto Guzzi V9 Bobber: Die Moto Guzzi V9 Bobber kommt aus Italien und bringt einen ganz eigenen Charakter mit. Ihr quer eingebauter 850er V2 sorgt für ein unverwechselbares Fahrgefühl mit leichtem Kardanruck und klassischem Guzzi-Flair. Sie ist deutlich leichter und handlicher als die Street Bob, leistet rund 65 PS und eignet sich perfekt für gemütliche Landstraßenfahrten. Der Stil ist ebenso reduziert, aber mit einer mediterranen Note - weniger brachial, dafür charmant und zugänglich.

Moto Guzzi V9 Bobber

Fazit: Harley-Davidson Street Bob

Die Harley-Davidson Street Bob ist ein Motorrad für Puristen ehrlich, reduziert und unverfälscht. Seit ihrer Einführung 2006 hat sie sich als eines der authentischsten Modelle im Harley-Programm etabliert. Egal ob als Dyna mit Twin-Cam-Motor oder in der moderneren Softail-Ausführung mit Milwaukee-Eight-Aggregat: Die Street Bob bleibt ihrem Grundprinzip treu - weniger ist mehr.

Ob als kerniger Klassiker aus der Dyna-Zeit oder als zeitgemäße Softail mit modernen Komponenten - die Street Bob bietet ein ehrliches Fahrerlebnis, das man heute nur noch selten findet. Sie richtet sich an Motorradfahrer, die keine Assistenzsysteme oder elektronische Spielereien suchen, sondern eine Maschine, die nach Öl riecht, metallisch klingt und echte Emotionen weckt. Wer eine Street Bob kauft, entscheidet sich nicht nur für ein Motorrad, sondern für eine Haltung: unkompliziert, charakterstark und kompromisslos.

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