Motorrad Chemie

Werksbesuch bei Dr. Wack. Was steckt hinter Kettenspray, Motorradreiniger und Co.

Motorrad Chemie - Werksbesuch beim S100 Macher

Werksbesuch beim Macher von S100. Unglaublich was hinter Kettenspray, Motorradreiniger und Bekleidungspflege so alles steckt. NastyNils im Labor...

 

Die Firmengeschichte und die Geschichte des Gründers liest sich rührend. Der Gründer Dr. Wack verdiente sich seine ersten Sporen bei Procter & Gamble wo er unter anderem den Meister Proper entwickelte. Seinen feinen Schlitten möbelte er in den 80ern mit breiten Alufelgen auf und musste schnell erkennen, dass die derzeit am Markt befindlichen Reinigungsprodukte seine geliebte Felgen nicht richtig auf Vordermann bringen konnten. Der Erfinder gründet seine eigene Firma, geht ins Labor und bringt mit dem ersten säurefreien Alufelgenpflegemittel gleich den ersten Kassenschlager auf den Markt.

Dem Gründer von damals gehört die mittlerweile 100 Mann starke Firma auch heute noch und er gibt dem Unternehmen nicht nur den Namen sondern auch eine einfache aber auch fordernde Philosophie. Auf den Markt gebracht werden nur Reinigungs bzw. Pflegeprodukte für Autos und Motorräder die es noch nicht gibt oder besser als alle am Markt befindlichen Produkte sind.

Der Anwendungstechniker Dipl.Ing. Hartmut Hauber in der Dr. Wack Laborhexenküche nimmt diese Aufgabenstellung gelassen hin. Beim 1000PS Werksbesuch ließ er NastyNils und alle 1000PS User über die Schulter blicken und verriet ein paar Geheimnisse aus der Welt der Motorrad Chemie.

NN: Eine Frage an den Entwickler von Motorradreinigern: Welche Art von Motorrad-Schmutz stellt für Sie die größte Herausforderung dar.

HH: Hartknäckig ist bestimmt abgeschleudertes Kettenfett. Doch diese Verschmutzung alleine stellt uns eigentlich vor noch kein allzu großes Problem. Das Problem ist, dass auf einem Motorrad sehr unterschiedliche Verschmutzungen zusammentreffen. Also Öl- und Fettrückstände aber auch Eiwejßrückstände von Insekten, Reifenabrieb von der Strasse und Bremsabrieb von der Bremse. Die echte Kunst ist es einen Reiniger zu entwickeln, der all diese Verschmutzungen gut beseitigen kann, aber trotzdem die Materialen am Motorrad in keiner Weise angreift.

NN: Welche Teile am Motorrad sind besonders heikel?

HH: Blanke Aluminiumteile sind zum Beispiel sehr empfindlich. Da gab es schon einige Pflegeprodukte von Mitbewerbern die vom Markt genommen wurden, weil das Aluminium nach der Reinigung milchig weiß wurde. Schwierig sind zum Beispiel aber auch Helmvisiere mit einer Anti-Beschlag Beschichtung. Teilweise wird diese Beschichtung auf der Innenseite des Visiers schon alleine durch Wasser angegriffen. Wir müssen bei einem Helmreiniger also ein Mittel entwickeln, dass sehr milde zu Visier und Helm ist, aber gnadenlos zum Schmutz.

NN: Klingt herausfordernd. Gibt es eigentlich im Bereich der Motorradreiniger und Motorradpflege noch echte große ungelöste Probleme? Also könnte man mit einer gewissen Rezeptur ein Patent anmelden und sofort Millionen scheffeln.

HH: Also die Entwicklungsarbeit hängt leider selten von einem großen Schritt sondern von vielen kleinen und beständigen Schritten ab. Wir verbessern die Rezepturen unserer Produkte laufend. Bei einigen Produkten stehen wir im Moment bei der 150. Rezeptur die wir hier im Labor testen. Jedes mal mit kleinen Änderungen zum Vorgänger.

NN: Wie sehen solche Tests aus.

HH: Für erste Tests von Motorradreinigern verwenden wir 4 verschiedene Sorten von Testschmutz…

NN: Testschmutz???

HH: Ja genau! Wir haben hier 4 verschiedene Sorten die den Gegebenheiten in der Wirklichkeit richtig nahe kommen. Damit verdrecken wir Testobjekte und führen erste Tests durch. Doch ein Produkt muss eine Vielzahl an Tests über sich ergehen lassen bevor es auf den Markt kommt. Wir greifen zum Beispiel auf einen Pool von 100 privaten Testfahrern zurück die ständig Proberezepturen von uns bekommen und damit ihre eigenen Motorräder auf Vordermann bringen. Das Feedback dieser Entwicklungsfahrer fließt sofort in die Entwicklungsarbeit ein. Es gibt aber auch relativ unspektakuläre Tests wie zum Beispiel Lagertests. Dabei werden Produkte mehrere Monate lang unter verschiedenen Bedingungen gelagert und danach wird das Produkt überprüft. Arbeitet die Sprühpumpe noch so wie sich der Kunde das wünscht, konnten Inhaltsstoffe bei der Lagerung durch die Verpackung diffundieren, ist die Reinigungsleistung noch so wie gewünscht usw.

NN: Sehr bekannt seid ihr ja für das weiße S100 Kettenspray. Wo liegen die größten Herausforderungen für euch bei diesem Produkt.

HH: Hier müssen wir 2 komplett gegensätzliche Anforderungen unter einem Hut bringen. Auf der einen Seite soll das Schmiermittel möglichst gute Kriecheigenschaften aufweisen um nach dem Aufsprühen auch wirklich dorthin zu kriechen wo es benötigt wird. Nämlich weg von der Oberfläche hinein in die Lager der Kettenglieder. Auf der anderen Seite soll das Schmiermittel aber möglichst gut auf der Kette haften um nicht von der Kette geschleudert zu werden. Das Produkt muss also so ausgelegt sein, dass für einen gewissen Zeitraum nach dem Aufsprühen gute Kriecheigenschaften aufweist und danach im Betrieb in der Kette bleibt.

Produktmanager Hr. Tschernek merkt an: Wir sind mit unserem Kettenspray S100 übrigens seit Jahren ganz klarer Marktführer im deutschsprachigem Raum.

NN: Hr. Hauber! Habt ihr bei Dr. Wack Chemie eigentlich eure Marketingleute im Griff, oder behaupten die in den Prospekten ständig unrealistisches Zeug, dass ihr dann ausbaden müsst.

HH: Nein! Im Gegenteil! Oft ist es sogar so, dass wir hier unten im Labor neue Ideen haben und damit zum Marketing gehen und fragen ob die mit dem Feature etwas anfangen können. Der Endkunde merkt dass dann wenn in der Werbung "Jetzt mit verbesserter Rezeptur" geworben wird.

Hier sind unsere deutschen Lieblingsnachbarn in ihrem Element. Penibel wird die Sprühleistung einer Lederpflegedose in einem Diagramm dargestellt. Hier zählt Gewissenhaftigkeit und Ehrgeiz! In Zukunft die S100 Lederpflege bitte nicht achtlos und ohne Wertschätzung auftragen. Man beachte die Rezepturnummer: 136 und die Lagertest-Nr.: 484. Gewaltiger Aufwand für ein wenig Fliegenschiss am Leder.
Der Laborant dachte es wird ein gemütlicher Arbeitstag - Bis er den Liebesbrief vom Boss auf seinem Schreibtisch fand: "Bitte Reinigungsleistung nach Lagerung (1 Jahr) testen! Danke" Somit wird ein Flascherl "Testschmutz 3" ausgefasst. Die genaue Zusammensetzung ist streng geheim. Ich konnte nicht anders und hab das Zeug angefasst. Klebte eklig und roch auch so....
Gehört zu einem vollständigen Testprozedere auch dazu. Nach einjähriger Lagerung, erfolgreichem Sprüh- und Reinigungstest wird die Dose aufgeschnitten und auf Korrosion überprüft. Unvorstellbar was man alles messen kann. Der Winkel eines abperlenden Wassertropfen auf der behandelten Oberfläche wird gemessen. Der Laborant blickt stolz und glücklich als er den Computer anwirft...
Stolz ist man auch auf die zahlreichen Auszeichnungen die man für die S100 Motorradlinie schon bekommen hat. Die penible Laborcrew ist auch für die Verpackungstechnik zuständig. Neue Dosen werden erstmal in die neuen Schachteln gesteckt und dann mit der Post quer durch Deutschland geschickt. Am Ende müssen die Aufkleber auf den Dosen und natürlich die Dose selbst vollkommen unbeschädigt sein.
Sobald die Weißkitteln in den Labors ihre Tests erfolgreich erledigt haben, wird die nun unscheinbare Brühe in Dosen abgefüllt... ...und im Hochregallager gelagert. Danach folgt der Versand zu den Motorradfachhändlern.
Bei der Beregnungsmaschine wird sowohl dem Leder und dem Textilmaterial zu Leibe gerückt. Einmal mit S100 Pflegemittel behandelt und einmal mit dem Mittel der Nummer 2 am Markt. Die Laborfreaks hoffen, beten und kauen an den Fingernägeln... Viel Geschäft macht Dr. Wack Chemie auch in der Autotuning Szene. Hr. Tschernek: "Unsere Zielgruppe poliert ihr Auto mindestens 2 mal pro Monat und gibt 100 Euro / Monat für Pflegeprodukte aus. Wir bemühen uns sehr um diese Kunden und treten mit unserem Produkt A1 Ultima bei der Tuningworld Bodensee an. Dort gibt es einen Hochglanzwettbewerb mit einem Glanzmessgerät. Unser Hr. Hauber poliert dort gegen die GTI-Elite..."
Hr. Hauber zeigt vor wie  es gemacht wird und erklärt nebenbei das neue Wunderzeug A1 Ultima. "Herkömmliche Polituren arbeiten mit natürlichen Polierkörnern. Diese Körner sind nicht wirklich 100% gleich und können daher niemals alle Kratzer 100% entfernen. Sie sind aber mit viel Wachs kombiniert und so glänzt das Auto nach dem Polieren wunderbar" "Unser Produkt basiert auf künstlich hergestellten Nanoteilchen aus der Elektronikindustrie. Wir sind mit unserem Unternehmen ja auch in diesem Bereich tätig und zum Beispiel bei der Politur von Waverplatten (Anmerkung der Redaktion: z.B. Ausgangmaterial für Microprozessoren) ist eine extreme Genauigkeit Voraussetzung."
Nach der Politur glänzen beide Testbereiche ziemliche gleich stark. Auf der linken Seite mit A1 Ultima und auf der rechten Seite mit einem herkömmlichen Konkurrenzprodukt. Die Wahrheit kommt erst nach einer Behandlung mit Alkohol ans Tageslicht. Damit werden im Prinzip 4 Wochen Wirklichkeit innerhalb von wenigen Sekunden simuliert und sämtliche Restbestandteile der Politur weggeschrubbt. Das Ergebnis ist leider nur in Natura und nicht auf den Fotos so richtig beeindruckend. Die A1 Testecke ist tatsächlich frei von Kratzern die Testecke rechts im Bild sieht genauso aus wie vor der Politur. Alles voller kleiner Kratzer. Die Kratzer wurden also nur zugekleistert und nicht wirklich entfernt...
   

Fazit: In jedem noch so unscheinbaren Produkt steckt viel Arbeit, viel Herzblut und eine Menge Know-How. Denkt daran, wenn ihr beim nächsten Mal Kettenschmieren zur S100 Dose greift. Hr. Hauber hat für euch schon viele Überstunden geschoben...

   

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Bericht vom 29.03.2008 | 6.432 Aufrufe

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