Ducati XDiavel 1260 S vs. XDiavel V4

Generationenvergleich: Ein Name, zwei Welten

Mit der offiziellen Präsentation der neuen Ducati XDiavel V4 beginnt ein neues Kapitel in der Geschichte der sportlichen Power-Cruiser aus Bologna. Während sich das Design und die Technik stark weiterentwickelt haben, bleibt der Anspruch derselbe: die Symbiose aus entspanntem Cruiser-Lifestyle und der kompromisslosen Performance eines Supersportlers. Doch wie schlägt sich die brandneue V4 im direkten Vergleich mit ihrer Vorgängerin, der XDiavel 1260 mit V2-Motor?

von nopain am 19.05.2025

Als langjähriger Besitzer und Vielfahrer der XDiavel 1260 hatte unser NoPain die Gelegenheit, die Entwicklung des Modells über fast ein Jahrzehnt hinweg hautnah mitzuerleben - mit all ihren Höhen und Tiefen. Jetzt treffen beide Bikes aufeinander: Ein direkter Vergleich zwischen Erfahrung und Innovation, zwischen bewährter Mechanik und aktueller Technologie.

Die XDiavel als (Wieder-)Einsteiger-Bike

Kurz nach der Präsentation der Ducati XDiavel auf der EICMA 2015 entschied sich NoPain - davor passionierter Radfahrer und Gelegenheits-Motorradfahrer - zum Kauf seiner ersten Maschine aus Bologna. Im Frühjahr 2016 übernahm er eines der ersten ausgelieferten Modelle beim Händler - ein Schritt, der sich rückblickend als Beginn einer andauernden Leidenschaft herausstellen sollte.

Trotz anfänglicher technischer Kinderkrankheiten entwickelte sich über die Jahre eine intensive Beziehung zur XDiavel 1260. Über die Laufleistung von nahezu 50.000 Kilometern wurden zahlreiche Verschleißteile wie Reifensätze, Bremsbeläge und Bremsscheiben erneuert. Auch zwei Seitenständer, ein notwendig gewordenes Fahrwerkstuning, wiederkehrende Zylinderkopfabdichtungen sowie optimierte Bremsleitungen am Heck gehörten zur Wartungshistorie.

Viel Zeit, Geld und Arbeit ist in die XDiavel geflossen, damit sie heute so aussieht.

Es sei jedoch betont, dass NoPain eines der allerersten Serienfahrzeuge erhielt und sämtliche Rückrufaktionen durchlief. Ab dem Modelljahr 2018 präsentierte sich die XDiavel dann nahezu vollständig ausgereift: Das Fahrwerk wurde für eine breite Gewichtsspanne komfortabel abgestimmt, die Standfestigkeit des Seitenständers verbessert, Dichtigkeit der Zylinder erreicht und auch die oft kritisierte Hinterradbremse zeigte sich - selbst nach längeren Standzeiten - zuverlässig.

Ein beständiger Kritikpunkt blieb jedoch der Riemenantrieb. Was auf dem Papier als wartungsarme Lösung überzeugen sollte, zeigte in der Praxis Schwächen. Komponenten wie Ruckdämpfer, Flansch, Riemenrad und der Riemen selbst erwiesen sich auf Dauer als überfordert mit der Durchzugskraft des V2-Aggregats - eine Erkenntnis, die wohl auch im Werk für Einsicht gesorgt haben dürfte.

Fast ein Jahrzehnt später ist es nun so weit: Die klassische XDiavel - bekannt unter Modellbezeichnungen wie 1260, S, Dark, Black Star oder Nera - wird durch die neue XDiavel V4 abgelöst. Ein bedeutender Generationswechsel, der nicht nur optische, sondern auch konzeptionelle Veränderungen mit sich bringt.

Wesentliche Charakterzüge blieben unverändert

Bevor jedoch die Unterschiede zwischen Alt und Neu im Detail analysiert werden, lohnt sich ein Blick auf die bewahrten Merkmale - denn einige Grundelemente blieben erhalten:

Der Name "XDiavel": Das "X" steht weiterhin für die Verschmelzung von Cruiser-Genen mit Supersport-Technologie.

Die Sitzposition: Nach wie vor entspannt, mit weit vorne platzierten Fußrasten.

Die Einarmschwinge und eine unverwechselbare Auspuffarchitektur: Unverändert präsent, ebenso wie der eindrucksvolle 240 mm breite Hinterreifen.

So weit, so gut - doch die Änderungen, die Ducati mit der XDiavel V4 eingeführt hat, sind tiefgreifend.

Motor und Antrieb

Im Zentrum des technischen Updates steht der neue Motor. Anstelle des bisherigen V2-Triebwerks kommt nun der aus der Diavel V4 bekannte 1.158 cm³ große Granturismo-V4-Motor zum Einsatz. Die Spitzenleistung steigt auf 168 PS - ein Plus von 8 PS im Vergleich zur V2 - bei einem nahezu identischen Drehmoment von 126 Nm. Allerdings entfaltet der V4 seine maximale Kraft erst bei 7.500 U/min, während die V2 bereits bei 5.000 U/min ihr volles Drehmoment abgab. Dies wirkt sich unmittelbar auf das Fahrgefühl aus: Während der Punch aus dem Drehzahlkeller bei der alten Version stärker ausgeprägt war, überzeugt der V4 mit linearer Kraftentfaltung, einer fein abgestimmten Getriebeübersetzung und insgesamt deutlich besserer Laufkultur Überland.

Ein weiterer Vorteil: Obwohl Motor- und Getriebeabstimmung im Stop-and-Go weiterhin gewisse Schwächen zeigen, konnte die thermische Belastung im Stadtverkehr zumindest deutlich reduziert werden. Dank intelligenter Zylinderabschaltung bleibt die Temperaturentwicklung auch im Stand oder bei langsamer Fahrt auf moderatem Niveau - ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem Vorgänger, bei dem NoPain im Sommerbetrieb regelmäßig mit kritischen Temperaturen und unangenehmer Hitzeentwicklung konfrontiert war.

Akustisch präsentiert sich die neue XDiavel ebenfalls gelungen: Der dumpfe, heisere Klang bleibt trotz Euro-5-Plus-Norm erhalten. Ergänzt wird das Paket durch einen vergrößerten 20-Liter-Tank, der angesichts des etwas erhöhten Verbrauchs von 6,6 Litern pro 100 km gegenüber dem V2 (ca. 5,6 l) sinnvoll erscheint.

Auch im Bereich der Antriebstechnik erfolgte eine entscheidende Änderung: Der bislang verbaut Riemenantrieb wurde durch einen konventionellen Kettenantrieb ersetzt. In Verbindung mit dem auf 60.000 Kilometer verlängerten Wartungsintervall für die Ventilspielkontrolle (wie bei der Multistrada V4) ergibt sich eine signifikante Reduktion der Servicekosten und eine höhere Alltagstauglichkeit.

Fahrwerk, Geometrie und Bremsen

Parallel zur Antriebseinheit wurde auch das Fahrwerk grundlegend überarbeitet. Der bislang filigrane Gitterrohrrahmen musste einem massiven Aluminium-Monocoque weichen, was optisch nicht unumstritten ist. Dennoch bringt die neue Rahmenkonstruktion in Verbindung mit einem überarbeiteten Fahrwerkssetup, mehr Federweg am Heck sowie einer tieferen und näher zum Fahrer gerückten Lenkerposition spürbare Verbesserungen in puncto Komfort und Kontrolle.

Trotz der leicht gestiegenen Sitzhöhe auf 770 mm fühlt man sich weiterhin ins Bike integriert. Auch die Fahrwerksgeometrie wurde subtil, aber effektiv angepasst. Der Radstand wuchs geringfügig, gleichzeitig wurde der Lenkwinkel um ein Grad steiler ausgelegt, wodurch der Nachlauf reduziert wurde. Das Resultat: spürbar besseres Einlenkverhalten, ohne die Hochgeschwindigkeitsstabilität zu beeinträchtigen. Zusätzlich trägt die Gewichtsreduktion von 6 Kilogramm zur gesteigerten Agilität bei.

Im Bereich der Bremsanlage setzt Ducati weiter Maßstäbe. Bereits das Vorgängermodell überzeugte mit hoher Verzögerungsleistung, die V4 geht jedoch noch einen Schritt weiter: Größere 330 mm Bremsscheiben, kombiniert mit hochwertigen Brembo Stylema 4-Kolben-Bremssätteln und radialen Bremszylindern, sorgen für eine nochmals verbesserte Bremsperformance.

Komfort und Ergonomie

Komfort und Ergonomie wurden ebenfalls optimiert. Ein voll einstellbares Monofederbein mit 145 mm Federweg ersetzt das frühere, deutlich limitiertere System. Bodenunebenheiten verlieren ihren Schrecken, die Langstreckentauglichkeit steigt. Auch die Sitzbank wurde überarbeitet: Sie ist nun dicker gepolstert und verbessert zusammen mit der neu gestalteten Sozius-Sitzfläche die Mitfahrerfreundlichkeit erheblich. Ein serienmäßig beiliegender Soziushaltegriff sorgt zudem für mehr Sicherheit bei sportlicher Fahrweise.

Trotz aller Neuerungen bleibt sich die XDiavel V4 in einem Punkt treu: Der Cruiser-Charakter mit vorverlegter Fußrastenposition. Für sportlich ambitionierte Fahrer bietet Ducati ein Umrüstkit für zentrale Fußrasten an. NoPain empfiehlt jedoch ausdrücklich eine Probefahrt, da die mittig positionierten Rasten in der Vergangenheit häufig zu Komforteinbußen und veränderten Fahrdynamiken führten. Wer die Füße zentral abstellen möchte, ist möglicherweise mit der Diavel V4 besser beraten.

Elektronik im Vergleich

Auch die Elektronikausstattung wurde weiter verbessert. Bereits die 1260er verfügte über ein solides Paket, die V4 hingegen wartet mit aktuellen EVO-Systemen für Kurven-ABS und Traktionskontrolle auf. Highlight ist das neue 6,9-Zoll große TFT-Farbdisplay - optisch wie funktional ein Fortschritt.

Ein besonderes Merkmal: Der Ducati Quick Shifter 2.0 inklusive Blipper, entlehnt aus der Panigale V4. Im Gegensatz zur Vorgängerin, bei der ein Quickshifter nicht einmal als Zubehör verfügbar war, lässt sich nun ohne Kupplung rauf- und runterschalten - ein Plus für Fahrdynamik und Komfort. Ergänzt wird das Paket durch Ducati Wheelie Control - ein Gimmick, das aber wohl bei den wenigsten XDiavel-Fahrern tatsächlich zum Einsatz kommen wird.

Fazit: Die XDiavel V4 - Fortschritt auf breiter Front

Mit der XDiavel V4 ist Ducati ein überzeugender Generationswechsel gelungen. Rund um das leistungsstarke Granturismo-V4-Aggregat wurde ein Power-Cruiser konstruiert, der nicht nur in den Bereichen Motorperformance, Fahrkomfort und Elektronik deutliche Fortschritte gegenüber dem Vorgängermodell zeigt, sondern auch in Sachen Alltagstauglichkeit und Zuverlässigkeit neue Maßstäbe setzt.

NoPain bewertet die neue XDiavel als technisch ausgereiften und fahrdynamisch überlegenen Nachfolger der 1260er. Besonders die geschmeidige Leistungsentfaltung, die optimierte Ergonomie und die spürbar höhere Fahrstabilität auf unterschiedlichen Untergründen tragen zur positiven Gesamtbilanz bei. Auch der spürbare Zugewinn an Wartungsfreundlichkeit durch den Wechsel auf einen Kettenantrieb und verlängerte Serviceintervalle wird als klares Plus gewertet.

Optisch präsentiert sich die V4 muskulös und modern. Die neugestalteten LED-Elemente und das kantigere Felgendesign setzen bewusst futuristische Akzente. Dennoch muss sich die neue Generation in puncto Eleganz dem Vorgängermodell geschlagen geben zumindest aus Sicht von NoPain, der die feingliedige Linienführung und das stimmige Gesamtdesign der V2-Modelle als stilsicherer empfindet.

Trotz kleiner Kritikpunkte bleibt unterm Strich ein klares Urteil: Die XDiavel V4 ist nicht nur der würdige Nachfolger der legendären 1260er - sie setzt innerhalb des Cruiser-Segments neue Maßstäbe und definiert das Zusammenspiel aus Komfort, Handling und Power völlig neu.

NoPain

"Die neue XDiavel V4 ist für mich das Maß aller Dinge unter den Sport Cruisern – komfortabel, souverän und dabei verdammt schnell."

XDiavel 1260 S / Black Star / NeraXDiavel V4 2025
Motor und Antrieb
MotorbauartFlüssigkeitsgekühlter 90° V2 4-Takt-Motor, 4-Ventil-DOHC-Desmodromik90°-V4-Motor-flüssigkeitsgekühlt, 4 Ventile, Twin-Pulse-Zündfolge
Zylinder24
Hubraum1.262 ccm1.158 ccm
Bohrung x Hub106 mm x 71,5 mm83 mm x 53,5 mm
Verdichtung13,0:114,0:1
KraftstoffmischungElektronische BenzineinspritzungElektronische Benzineinspritzung
AbgasnormEuro 5Euro 5+
Standgeräusch101 db(A)100 db(A)
Verbrauch5,5 l/100 km6,6 l/100 km
Leistung160 PS bei 9.500 U/min168 PS bei 10.750 U/min
Drehmoment127 Nm bei 5.000 U/min126 Nm bei 7.500 U/min
AuspuffEdelstahl mit 2 AuslässenEdelstahl mit 4 Auslässen
KupplungAnti-Hopping-KupplugAnti-Hopping-Kupplug
GetriebeGangschaltung, 6 GängeGangschaltung, 6 Gänge
AntriebRiemenKette
Chassis
RahmenStahlAlu
RahmenbauartGitterrohrMonocoque
Lenkkopfwinkel30 Grad29 Grad
Nachlauf130 mm124 mm
Radstand1.615 mm1.620 mm
Tank18 l20 l
Sitzhöhe755 mm770 mm
Sitzplätze22
Gewicht ohne Kraftstoff235 kg229 kg
Bremsen & Fahrwerk
Fahrwerk vorneUpside-Down Gabel 50 mm, Federvorspannung und Zugstufe, Federweg 120 mmUpside-Down Gabel 50 mm, voll einstellbar, Federweg 120 mm
Fahrwerk hintenEinarmschwinge, Monofederbein, Federvorspannung und Zugstufe, Federweg 110 mmEinarmschwinge, Monofederbein, voll einstellbar, Federweg 145 mm
Bremse vorne320 mm Doppelscheibenbremse mit Brembo 4-Kolben-Bremssattel330 mm Doppelscheibenbremse Brembo Stylema 4-Kolben-Bremssattel
Bremse hinten265 mm Bremsscheibe mit Brembo 2-Kolben-Bremssattel265 mm Bremsscheibe mit Brembo 2-Kolben-Bremssattel
ABSKurven-ABSKurven-ABS
VorderradAluminium geschmiedet 3,5" x 17"Aluminium-Gussrad 3,5" x 17"
HinterradAluminium geschmiedet 8" x 17"Aluminium-Gussrad 8" x 17"
VorderreifenPirelli Diablo Rosso III 120/70Pirelli Diablo Rosso III 120/70
HinterreifenPirelli Diablo Rosso III 240/45Pirelli Diablo Rosso III 240/45
Elektronik & Austattung
Instrumente3,5-Zoll-TFT-Display6,9-Zoll-TFT-Display mit Optical Bonding-Technologie
QuickshifterNein, nicht nachrüstbarJa, serienmäßig
SicherheitsausstattungRiding Modes, Power Modes, Kurven-ABS, Ducati Traction Control, TagfahrlichtRiding Modes, Power Modes, Kurven-ABS, Ducati Traction Control, Ducati Wheelie Control, Tagfahrlicht, Ducati Brake Light
SerienausstattungDucati Power Launch, Tempomat, Ducati Multimedia System, Voll-LEDDucati Quick Shift 2.0, Ducati Power Launch, Tempomat, Hands-Free-System, Ducati Multimedia System, Voll-LED, dynamische Blinker, Soziusgriffe
Ölwechsel-Intervall15.000 km / 24 Monate15.000 km / 24 Monate
Ventilspiel-Kontrolle30.000 km60.000 km
Preis Österreich-36.995 Euro
Preis Deutschland-28.990 Euro

Fazit: Ducati XDiavel V4 2025

Die Ducati XDiavel V4 ist kein Motorrad für die Masse. Sie fordert – fahrerisch wie preislich – aber sie liefert auch. Der V4 macht unfassbaren Spaß und bietet massiv Druck, wennauch nicht in jeder Lebenslage. Das Fahrwerk ist tourentauglich, die Bremsen tadellos, die Elektronik auf höchstem Niveau. Das Fahrverhalten ist deutlich sportlicher, als man es dem Format zutrauen würde. Wer sich zwischen Musclebike und Cruiser nicht entscheiden will, bekommt hier beides – mit Ducati-DNA, aber eben auch mit Eigenheiten.


  • Kraftvoller V4-Motor mit hoher Drehfreude und sportlicher Charakteristik
  • Hohe Schräglagenfreiheit trotz entspannter Sitzposition
  • Überraschend agiles Handling für einen Cruiser dieser Größe
  • Komfortable Fahrwerksabstimmung
  • Hochwertige Bremsanlage
  • Vollständiges Elektronikpaket
  • Gute Ergonomie
  • Mächtiger Auftritt
  • Großes, klar lesbares 6,9-Zoll-TFT-Display mit sinnvoller Menüführung
  • Überraschend langstreckentauglich
  • Kettenschlagen unter 2.500 U/min
  • Schaltfaules Fahren kaum möglich, erfordert aktives Schalten
  • Hoher Realverbrauch bei sportlicher Fahrweise
  • Fahrwerk nur umständlich einstellbar
  • Sichtbare Schläuche und Kabel, rechte Motorseite wirkt unaufgeräumt

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