Wohin geht die Reise bei Royal Enfield?

Interview: Royal Enfield stellt sich in Deutschland neu auf.

Die indische Kultmarke Royal Enfield hat bekannt gegeben, dass man den deutschen Markt zukünftig mit eigener Niederlassung führen möchte. Bisher war man mit dem Importeur KSR Group in Deutschland vertreten. Ab Oktober 2025 soll die Übergangsphase abgeschlossen sein. Aber was heißt das für die Kunden, die Händler und die Marke an sich? Wir sprechen mit dem Chef von Royal Enfield DACH, Edgar Kleinbergen, darüber.

von Philipp am 03.05.2025

Edgar, Royal Enfield übernimmt künftig selbst die Verantwortung für den deutschen Markt, was zuvor KSR gemacht hat. Warum dieser Schritt?

Wir wollen wachsen und unsere Marke noch stärker in Deutschland, Europas größtem Motorradmarkt, etablieren. Bisher ging es vor allem um Bekanntheit das hat KSR hervorragend gemacht und dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Jetzt geht es um den nächsten Schritt: mehr Kontrolle, mehr Nähe zum Markt und eine klarere strategische Ausrichtung.

Edgar Kleinbergen, Royal Enfield DACH

Was bedeutet das konkret? Was sind die Ziele für die nächsten Jahre?

Bis zum 1. Oktober 2025 sind wir noch in einer Übergangsphase: Gemeinsam mit KSR bedienen wir weiterhin unsere Händler und Kunden. Parallel bauen wir unser Lager in Holland auf. Ab Oktober übernehmen wir alles selbst neue Händlerverträge, eigenes Team, neue Strukturen, Firmensitz in Freiburg. In den nächsten 23 Jahren möchten wir die Verkäufe in Deutschland von aktuell rund 3.000 auf 5.000 Einheiten steigern.

Wie schaut die Händlerstruktur künftig aus? Bleiben alle bisherigen Händler dabei?

Jeder Händler kann sich neu bewerben das haben wir in einem gemeinsamen Videocall mit KSR und allen Händlern aus der DACH-Region kommuniziert. Prinzipiell nehmen wir alle an. Aber wir entwickeln das Händlernetz gezielt weiter es ist ein lebendiges System. Künftig wird das auch von einem Händlernetzwerkentwickler strategisch betreuen.

Der Motorradhandel in Deutschland altert. Viele Betriebe finden keine Nachfolger und verschiedenen daher den nächsten zehn Jahren aufgrund von Ruheständen. Wie begegnet ihr dieser Herausforderung?

Das betrifft nicht nur uns, sondern die ganze Branche. Deshalb sind wir dem IVM beigetreten, dem Industrieverband Motorrad. Es gibt dort bereits umfassende Schulungsangebote für neue Händler. Das Problem bleibt aber oft die Finanzierung da wollen wir zusammen mit Banken Lösungen finden.

Bietet Royal Enfield künftig auch eine Händlerfinanzierung an, wie es andere Hersteller tun?

Wir verkaufen Motorräder, keine Finanzierungen. Aber wir verhandeln gerade einen Vertrag mit einem Finanzierungspartner, den wir den Händlern anbieten können als Teil unseres Business Case. Die Finanzierung selbst läuft aber über externe Partner. Wichtig ist es für uns, dass man den Händlern bei Finanzierungsthemen zur Seite steht und den Banken glaubhaft vorrechnen kann, dass das Geschäftsfeld Motorradhandel auch in Zukunft ertragsfähig ist.

Royal Enfield stand und steht für zeitlose Bikes - wie die Bullet 350.

Was wird sich für die Endkunden ändern?

Kurz gesagt: Die Verfügbarkeit von Motorrädern, Zubehör und Kleidung wird sich deutlich verbessern. Bisher war das ein Schwachpunkt von uns. Unser neues Lager in Holland wird ab Sommer spürbar bessere weil kürzere Lieferzeiten bringen. Interessant ist, dass wir letztes Jahr mehr Motorräder hätten verkaufen können, aber aufgrund der eingeschränkten Verfügbarkeit nicht alle Kunden bedienen konnten. Das wird sich in Zukunft definitiv ändern.

Viele Kunden vergleichen die Preise von Royal Enfield-Modellen mit Indien und wundern sich über den hohen Aufschlag in Europa. Wie geht ihr mit dieser Kritik um?

Ich glaube, unsere Preise sind fair und bieten ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Kosten in Europa sind ganz andere: Homologationen, Infrastruktur, Logistik all das ist teuer. Wir verdienen in Europa derzeit kein Geld, aber das Ziel ist, unsere Marke zu stärken. Das hilft uns weltweit.

Also sind höhere Verkaufszahlen in Europa auch strategisch wichtig?

Absolut. Mehr Volumen bedeutet niedrigere Stückkosten. Und ein starkes Image in Europa ist international enorm wertvoll selbst in Indien. (Anmerkung: Royal Enfield hat 2024 erstmals weltweit über eine Millionen Motorräder produziert und auch verkauft.)

Ihr betont bei allen Präsentationen und Brand Days, wie stark ihr eure Marke mit Lifestyle und Community aufladen möchtet. Was erwartet uns da künftig?

Community-Building ist ein Kern unserer Philosophie. Der Rider Club of Europe wird wichtiger. Events, gemeinsame Ausfahrten das gehört dazu. Wir wollen eine Plattform schaffen, auf der sich Fahrer unkompliziert treffen und austauschen können. Unser neues Büro im Raum Freiburg soll zudem als eine Art Club House für unsere Händler, Geschäftspartner aber auch für die Medien werden. Vielleicht wird es dann auch regelmäßig eine Art Tag der offenen Tür für unsere Kunden geben. Aber daran arbeiten wir noch.

Wie sieht es mit Events oder Messen in Deutschland aus?

Wir wollen auf Messen präsent bleiben, aber mit einem stärkeren Erlebnisfaktor. Es ist allerdings teuer und durch viele Vorschriften nicht einfach. Deshalb arbeiten wir eng mit Messeveranstaltern und dem IVM zusammen, um neue Formate zu entwickeln. Die Intermot im Dezember 2025 ist für uns aber gesetzt.

Ein Wort noch zum Gesamtmarkt: Wie schätzt du das aktuelle Motorradjahr ein?

Die aktuellen Rückgänge liegen vor allem an der Euro-5-Umstellung. Viele Händler hatten vorregistrierte Fahrzeuge. Jetzt fließt dieser Bestand nach und nach ab. Ab Mai erwarten wir wieder einen Aufschwung. Insgesamt bleibt der Markt stabil mit Rückenwind für die kommenden Jahre.

Zur Person:Edgar Kleinbergen ist seit über 20 Jahren in der Motorradindustrie in verschiedenen Funktionen tätig. Unter anderem war er General Manager bei KTM Sportmotorcycle Netherlands und Head of BMW Motorrad in den Niederlanden und General Manager BMW Motorrad South Africa & Sub Sahara. Zuletzt war er für den niederländischen Zweirad-Importeur MotoMondo tätig, die unter anderem auch Royal Enfield-Motorräder importieren. In seiner Funktion als Leiter Royal Enfield DACH wird er mit rund 130 Royal Enfield-Händlern zusammenarbeiten.

Doch die Modellvielfalt von Royal Enfield wird breiter und breiter.

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