Brixton Cromwell 1200 2022 - erster Test!

Das moderne Brixton-Flaggschiff im Classic-Style schon gefahren

Brixton will offenbar hoch hinaus - sehr hoch hinaus. Nach dem ansehnlichen 125er und 250er-Sortiment an feschen Retro-Eisen folgte vor kurzem die Crossfire 500 als aktuelles Topmodell. Nun wird die Cromwell-Baureihe erweitert, nach Cromwell 125 und 250 kommt aber nicht etwa eine logische Cromwell 500, sondern voller Stolz eine Cromwell 1200 mit einem potenten Parallel-Zweizylinder. Das Beste an der Sache - ich durfte das Vorserien-Modell sogar schon fahren!

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Wäre ich ein voreingenommener Mensch, könnte ich sagen, die Chinesen sind größenwahnsinnig! Vom bisherigen 500er-Topmodell gleich zur 1200er, die sich klarerweise in einer viel höheren und damit elitäreren Schicht beweisen muss, ist ein durchaus gewagter Schritt. Allerdings sind die Voraussetzungen gar nicht mal so schlecht, denn die Design-Abteilung sitzt direkt beim Brixton-Erfinder KSR in Krems in Österreich, womit schon mal die coole Optik aus dem Herzen Europas kommt. Aber auch die technischen Vorgaben, die Qualitätsstandards und nicht zuletzt die verwendeten Komponenten werden von Österreich aus gewählt und gesteuert. Gefertigt wird die neue Brixton Cromwell 1200 bei Gaokin in China, einem der größten Motorenhersteller dort, der sich mittlerweile auch auf die Fertigung von ganzen Motorrädern spezialisiert hat.

Der chinesische Hersteller der Brixton Cromwell 1200 will sie selbst verkaufen!

Interessant und in gewisser Weise bezeichnend für das Endprodukt Cromwell 1200 ist, dass Gaokin bereits bei Brixton angefragt hat, ob man dieses Modell nicht unter eigenem Label in China vertreiben dürfe - so überzeugt ist man dort vom Design und der Technik. Natürlich könnte man nun auch diesbezüglich reklamieren, dass in China die Standards weitaus niedriger sind als bei uns in Europa, allerdings wollen auch Chinesen in dieser Big Bike-Klasse ein Höchstmaß an Qualität und Technologie. Und es kommen tatsächlich viel mehr gute und hochwertige Produkte aus China, als so mancher Kritiker vermuten würde.

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Der Motor der neuen Cromwell 1200 strahlt eine angenehme Ruhe aus

Womit kann diese völlig neue Brixton Cromwell 1200 also aufwarten, dass sie bei uns tatsächlich ernst genommen wird? Da wäre mal der Motor, der mit seinen 1222 Kubik Hubraum, der Flüssigkühlung und der Magneti Marelli-Ride-by-Wire-Elektronik eine unerwartete Souveränität ausstrahlt. Und das bei einem frühen Vorserienmodell, das klarerweise noch mehr Feinschliff in der endgültigen Version erwarten lässt. Aber schon der ruhige, vibrationsfreie Leerlauf des großen Murls gefällt, der Sound sollte bitte, liebe Brixton-Techniker, genau so brabbelig und herrlich sonor bleiben.

108 Newtonmeter bei 3500 Touren - die Brixton verwöhnt mit Schmalz von unten

Im Fahrbetrieb fällt zwar einerseits das leichte Nachschieben beim Gaszudrehen auf (das die Techniker noch für die Serie wegzaubern wollen), andererseits diese ausgeprägte kraftvolle Ruhe, die man sich in gewisser Weise schon vom Datenblatt her genau so erhofft. 82 PS bei 6500 Umdrehungen sind ein solider Wert, der die Brixton klar und auch gewollt von etwaigen Vergleichen mit Power- oder gar Hyper-Naked Bikes entbindet. Zumal auch der Begrenzer dann bereits bei knapp 7000 Touren ansteht. Allerdings bin ich dennoch nicht wirklich in die Bredouille gekommen, den Motor derartig auswinden zu müssen, weil nun mal das ordentliche Drehmoment von 108 Newtonmeter bereits bei 3500 Touren parat steht - und das macht die neue Cromwell 1200 zu einem richtig guten, unaufgeregten und entspannten Retro-Bike.

Bei den Komponenten will sich Brixton nichts nachsagen lassen

Dementsprechend komfortorientiert gibt sich das Fahrwerk, klarerweise vorausgesetzt, dass Brixton nicht mehr allzu viel für die Serie an der konventionellen Gabel und den Stereo-Federbeinen im Heck ändert. Zwar wird sich nur die Federvorspannung der beiden Federbeine justieren lassen, aber der Griff zu hochwertigen Komponenten von KYB lässt erahnen, dass sich Brixton in diesem Bereich keine billigen Komponenten nachsagen lassen möchte. Immerhin vertrauen die Austro-Chinesen auch bei den Bremsen auf renommierte Ware von Nissin, beim Motor-Management wie bereits erwähnt auf Magneti Marelli und bei den Reifen voraussichtlich auf Pirelli.

Die Reifendimension steht wohl, das Fabrikat aber noch nicht

Bei den Pneus ist man sich bei Brixton nämlich noch nicht ganz einig, welche Gummis auf die Cromwell 1200 geschnallt werden sollen. Der österreichische Testfahrer hat mir jedenfalls schon berichten können, dass er sich nach richtig vielen Testkilometern bei der Hinterrad-Dimension aufgrund des besseren Schräglagenverhaltens für den breiteren 160/60-17 ein- und durchgesetzt hat, vorne will er aufgrund des passenden und in dieser Klasse glaubwürdigen Handlings gerne am 110/80-18 festhalten. Allerdings gibt es seine Wunschbereifung Pirelli Angel ST nicht in dieser Vorderrad-Dimension. Bleibt also noch ein Fragezeichen, ob es der Angel GT, ST oder doch ein anderes Fabrikat wie etwa Maxxis wird.

Die Vorserien-Cromwell 1200 macht schon einen guten Eindruck

Das angesprochene Handling konnte ich persönlich zwar nicht wirklich ausloten, zu kurz war die Möglichkeit, die Brixton Cromwell 1200 zu testen. Allerdings macht schon die Sitzposition mit angemessener Sattelhöhe von 800 Millimeter, angenehmem Kniewinkel, aufrechter Haltung und angenehm positioniertem Lenker einen richtig guten, gemütlichen Eindruck. Und auch die Nissin-Stopper wirken weder zu aggressiv, noch zu lasch - werden also sehr gut zu diesem Retro-Eisen passen. Das Bosch-ABS regelt ebenfalls brav und unaufgeregt, lediglich die (dann in der Serienmaschine) serienmäßige Traktionskontrolle hat völlig versagt - sie war allerdings auch noch nicht eingebaut…

Ein umfangreiches Elektronik-Paket fehlt auch auf der Brixton Cromwell 1200 nicht

Den Rest der elektronischen Features konnte ich allerdings ganz gut unter die Lupe nehmen und muss schon sagen, dass alles Verbaute trotz Vorserien-Status richtig gut funktioniert. Das TFT-Farbdisplay ist vielleicht ein wenig überfrachtet, man will wohl stets alle relevanten Daten anzeigen, allerdings ändert sich beim Umschalten der beiden Fahrmodi Eco und Sport (auch da konnte ich ehrlich gestanden aufgrund der kurzen Fahrerei keinen Unterschied in der Motorcharakteristik feststellen) die Darstellung. Die wirklich wichtigen Dinge wie Geschwindigkeit und Ganganzeige sind jedenfalls in beiden Versionen sehr prominent und gut ablesbar positioniert.

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In Sachen Optik der Cromwell 1200 zieht Brixton sein eigenes Ding durch!

Der Grund für das verhältnismäßig kleine Rundinstrument ist aber ein verständlicher, es fügt sich nun mal perfekt in diese wirklich gelungene Retro-Optik. Überlegt man sich, mit welchen Konkurrenzmodellen sich die Brixton Cromwell 1200 messen wird müssen, landet man unweigerlich bei den großen Modern Classic-Modellen von Triumph, allen voran der Bonneville T120, die eben auch in Sachen Leistung der Brixton sehr nahe steht. Optisch geht es allerdings eher in Richtung Speed Twin und wenn man ganz ehrlich ist, hat sich Brixton tatsächlich gedacht: Wir müssen eigentlich nicht kopieren, lasst uns doch unser eigenes Ding durchziehen! Resultat ist die fesche Scheinwerfer-Grafik mit Brixton-Schriftzug in der Mitte, das richtig hübsche, abgesetzte Rücklicht und der vergleichsweise breite Tank, der einen ordentlichen Knieschluss erlaubt und meiner Meinung nach ohne die aufgeklebten Plastik-Pads an den Seiten viel besser aussieht. Also, liebe Brixton-Leute, gebt die Pads meinetwegen bei jeder Cromwell 1200 dazu, klebt sie aber bitte noch nicht auf!

Insgesamt macht die Brixton Cromwell 1200 bereits in der Vorserien-Version einen erstaunlich soliden Eindruck und funktioniert eigentlich richtig gut. Der Motor könnte, wenn die Feinabstimmung noch glatt läuft, ein richtig souveräner Geselle werden, der mit den restlichen renommierten Komponenten bestens harmonieren wird. Das Gewicht von 235 Kilo ist ebenfalls voll vertretbar und die verbaute Elektronik wird in der Serienversion klarerweise auch tadellos funktionieren müssen. Mit dem TFT-Farbdisplay, Traktionskontrolle, LED-Beleuchtung rundum und den beiden Fahrmodi ist man aber in dieser Klasse durchaus gut aufgestellt. Hinzu kommt sogar noch ein serienmäßiger Tempomat, der den gemütlichen Charakter der Cromwell 1200 nochmals unterstreicht.

Der Verkaufserfolg der Brixton Cromwell 1200 steht und fällt wohl mit dem Preis

Ein etwaiger Verkaufserfolg steht und fällt bei solch einem völlig neuen Produkt einer Marke, die zuvor eine 500er als Topmodell hatte, mit dem Preis. Doch auch hier ist sich Brixton seiner Position bewusst, der angepeilte Sensationspreis von unter (!) 10.000 Euro in Deutschland wird aufgrund der aktuell horrenden Containerpreise nicht gehalten werden können, allerdings wollen die Österreicher nicht weit über dieser magischen Grenze liegen und auch in Österreich selbst nur knapp über 11.000 Euro einsteigen. In der Schweiz kann man mit unter 12.000 Franken rechnen. Die erste Serie der Brixton Cromwell 1200 geht jedenfalls im Dezember in Produktion und sollte bereits Februar bis März bei uns eintreffen. Ich bin jedenfalls schon richtig gespannt auf die finale Version, sobald ich ein Modell in die Finger bekomme, werde ich es ausgiebig für Euch testen!

Fazit: Brixton Cromwell 1200 2021

Brixton will hoch hinaus, nach dem aktuellen Topmodell Crossfire 500 wird ab 2022 der Hubraum mehr als verdoppelt! Exakt 1222 Kubik Hubraum in einem Reihen-Zweizylindermotor, der 82 PS und ordentliche 108 Newtonmeter Drehmoment bei nur 3500 Touren stemmt, stehen zur Verfügung - und benehmen sich bereits beim getesteten Vorserienmodell richtig gut. Bei den restlichen Komponenten will man sich nichts nachsagen lassen und vertraut auf renommierte Hersteller wie KYB beim Fahrwerk, Nissin bei den Bremsen und Magneti Marelli sowie Bosch bei der Elektronik. Optisch orientiert sich die Brixton nur grundsätzlich an der Klasse der großen Retro-Bikes, geht aber beim Design einen erfrischend eigenständigen Weg. Die Sitzposition entspricht wiederum dem Grundgedanken in dieser Kategorie - Gemütlichkeit zählt mehr als Sport.


  • erstaunlich souveräner Motor
  • angenehm dumpfer Sound
  • bequeme Sitzposition
  • gelungene Optik
  • umfangreiche Elektronik
  • namhafte Komponenten
  • vermutlich ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
  • Motormanagement noch etwas träge (Vorserie)

Bericht vom 13.11.2021 | 54.379 Aufrufe

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