KTM 1290 Super Duke R - BMW S 1000 R - Ducati Streetfighter V4 S

Hyper Naked vs. Hypermotard

Strahlender Sonnenschein, Asphalttemperaturen jenseits der 50 Grad und eine Box voller Hyper Nakeds - inklusive Benzin, Schlüssel und der Lizenz zum Vollstrecken. Was wie ein Märchen klingt, ist die Geschichte des 1000PS Teams, das im Schweiße seines Angesichts sechs Powerbikes für den Vergleichstest "Hyper Nakeds auf der Rennstrecke" am ungarischen Pannoniaring gegeneinander antreten ließ.

Als sich die Protagonisten nach dem erfolgreichen Abschluss mit Freudentränen in den Armen lagen und in Erinnerungen an Slides, Wheelies und Co. schwelgten, nutzte NoPain die allgemeine Euphorie und stahl sich mehrere Bikes, um sie sowohl über den Ring als auch über die pannonischen Rumpelpisten im Landesinneren zu treiben. Und er sollte teuer dafür bezahlen - exakt 30.000 ungarische Forint waren für 95 statt 70 fällig, aber das ist eine andere Geschichte.

BMW S 1000 R - löst die Bayerin Emotionen aus?

Den Auftakt machte die BMW S 1000 R, denn diese wollte NoPain schon immer einmal probefahren. Leider war es beim befreundeten BMW Händler nahezu unmöglich, eine Probefahrt zu ergattern, da das neue Naked bei der Kundschaft sehr begehrt war und jedes angelieferte Bike sofort an einen strahlenden Besitzer übergeben wurde. Mit 165 PS und 114 Newtonmeter Drehmoment war die Bayerin mit Respektabstand die Schwächste im 1000PS Vergleichstest, was aber dem Vortrieb und Fahrspaß auf der Rennstrecke keinen Abbruch tat. Leicht, kraftvoll, zielsicher, exzellent dosierbar und überlegen beim Handling - sprich: absolut top.

Etwas anderes hätte sich der frühere R 1200 GS-Besitzer von der BMW allerdings auch nicht erwartet. Den "Universal Soldier"-Joker spielte das Bike im Anschluss auf der Landstraße aus. Trotz der miesen, mit Schlaglöchern übersäten Straßen war es auf der BMW ein wahres Vergnügen, Kilometer um Kilometer zu fressen. Leider war dieses hohe Maß an Ausgewogenheit auch das große Manko der S 1000 R, zumindest in den Augen unseres italophilen Connaisseurs NoPain. Denn der BMW fehlte leider das gewisse Etwas, die Ausstrahlung oder das Charisma, das nur schwer erklärbar ist, aber echte Emotionen weckt. Next Bike please.

Ducati Streetfighter V4 S - kann rohe Power überzeugen?

In Runde zwei wurde die Ducati Streetfighter V4 S gerockt. Mit 208 PS lagen gleich 43 PS mehr als bei der BMW an der Kurbelwelle an, noch dazu bei leichten, fahrfertigen 207 Kilogramm! Der nackte Wahnsinn. Genauso arg empfand unser NoPain, selbst stolzer Besitzer einer Ducati Hypermotard 950 SP, dann auch seinen 20 Minuten Turn am Ring. Power, Power, Power, ein regelmäßig extrem leichtes Vorderrad am Kurvenausgang und Arme, die sich an den Geraden nach Belieben lang ziehen ließen. Trotz diesem Übermaß an Leistung lag die Ducati, nicht zuletzt dank ihres hervorragenden Fahrwerks, noch an der handlichen Seite des Spektrums und bot einen ausgewogenen Mix aus Handling und Stabilität.

Zwar fühlte sich der hohe und breite Lenker auf der Rennstrecke eher suboptimal an, dafür spielte dieser auf der Landstraße seine Stärken in puncto Kontrolle umso mehr aus. Aber dennoch: Grenzenlose Power alleine ist nicht alles und die Charakteristik des Ducati V4 Motors muss man mögen. NoPain mochte sie nicht, denn er liebt druckvolle V2-Motoren, die von unten richtig anschieben und sich - zumindest in manchen Gängen - bis zum Begrenzer auswinden lassen. Mit dem 208 PS starken Streetfighter käme er wohl im Waldviertel über den dritten Gang niemals hinaus. Too much of everything, next one please.

KTM 1290 Super Duke R - schlägt 'The Beast' zu?

Den krönenden Abschluss machte die intensive Probefahrt mit der komplett ausgestatteten 1290 Super Duke R von KTM, einer Marke, zu welcher NoPain eine ganz besondere Beziehung pflegt. Immerhin besaß er in früheren Jahren neben zwei LC4 sogar eine Super Duke 990 der ersten Generation mit Akrapovic Racing-Komplettanlage. Umso gespannter war er deshalb auf die Performance des aktuellen Flaggschiffs aus Mattighofen, das mit massig Hubraum von 1301 ccm, 180 PS Spitzenleistung, 140 Newtonmeter bei 8.000 Touren und einem relativ geringen Gewicht von 212,5 kg (vollgetankt) aufwarten konnte.

Ja, schon die schmalzigen Eckdaten konnten sich sehen lassen. Und auch der erste reale Aha-Moment ließ nicht lange auf sich warten, denn die Sitzposition der Super Duke hob sich von den anderen Hyper Nakeds maßgebend positiv ab: Aufrecht und hoch, aber keineswegs mit übertriebener Standhöhe, inklusive gutem Schenkelschluss und entspanntem Kniewinkel. Zudem sorgten die ergonomische Sitzbank und der breite Lenker für hohen Komfort und schonten das Sitzfleisch, die Handgelenke und den Nacken.

NoPains Kopfkino beginnt...

B(r)umm, gleich nach dem Anstarten die nächste Überraschung, denn das Beast brüllte trotz Euro-5 so dumpf und kernig aus dem Serientopf, wie man es sonst nur von den halblegalen italienischen Zubehöranlagen kennt. Doch das echte Highlight war dann der Ride selbst, bei dem der einmalige Mix aus bärenstarkem Motor, stabilem Fahrwerk und einer superagilen, bequemen Sitzposition unserem Ducati-verwöhnten NoPain einen breiten Grinser ins Gesicht zauberte. In bester V2-Manier drückte die Super Duke brutalst von unten an, verzögerte ebenso kräftig dank der radialen Brembo Stylema Monoblock Vierkolben-Bremszangen und ließ sich souverän durch die engsten Radien des Pannoniarings dirigieren. Obendrein fühlte sich die mäßig gestreckte, vorderradorientierte Sitzposition erstaunlich ähnlich jener an, die NoPain von seiner geliebten Hypermotard gewohnt war.

Als dann auch noch eine überlange und extrem ruppige Landstraßenrunde als Success-Story verbucht werden konnte, bedrängte NoPain wieder sein gefürchtetes Kopfkino, welches ihn von nun an Woche für Woche mit lebensentscheidenden Fragen konfrontieren sollte. "KTM 1290 Super Duke R 2022. Blipper ja, Technikpaket ja, Heizgriffe ja. Schwarz oder orange? Abdeckungen aus Kunststoff oder Carbon? Eloxierte CNC Parts von KTM oder von Drittanbietern?"

Bericht vom 10.10.2021 | 19.331 Aufrufe

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