Aprilia RSV4 1100 Factory Test - das schnelle Quartett 

Das V4 Superbike mit Hubraum-Bonus im Test auf der Landstraße

Ihr wollt die Besten der Besten? Die absoluten Technologieträger? Die Maschinen mit dem besten Leistungsgewicht? Dann schaut bei unserem „schnellen Quartett“ rein! Vier Superbikes der Extraklasse werden von uns sowohl auf der Landstraße als auch auf der Rennstrecke unter die Lupe genommen. Wie schlägt sich die Aprilia als einziges V4 Superbike mit Hubraum-Bonus im Vergleich mit der BMW S 1000 RR, Yamaha YZF R1 und Honda CBR1000RR-R Fireblade SP?  

Bereits der Blick auf das Blatt mit den technischen Daten der 1100er Factory Aprilia regt den Speichelfluss an. Ein rennsport-orientierter V4 Motor, welcher 217 Pferde an die Kette schickt, in einem Chassis, welches in Sachen Fahrwerk, Bremsanlage, Elektronik, etc. auf dem allerhöchsten Niveau rangiert und in Summe nur 199 Kilogramm (fahrfertig wohlgemerkt) auf die Waage bringt. Mit ihren 1077 ccm passt sie zwar in kein gängiges Reglement, doch gerade für ambitionierte Hobby-Racer soll der erweiterte Hubraum eine noch bessere Fahrbarkeit mitbringen. In unserem Test stellten wir die Frage: Wie fährt der radikale Italo-Sportler auf der Landstraße? Kann sich die RSV4 gegen die anderen hochkarätigen Eisen in Form von Yamaha YZF-R1, BMW S 1000 RR und Honda CBR1000RR-R Fireblade SP durchsetzen? 

Aprilia RSV4 1100 Factory Erstkontakt - Optik und Sitzposition

Schon im Stand zeigt die RSV4 mit ihrem zerklüfteten Design und den beiden ausladenden Winglets an den Seiten ernste Racing-Ambitionen. Die generelle Erscheinung des Italo Sportlers ist zwar etwas die Jahre gekommen, weiß aber immer noch zu gefallen. Die Aprilia war für mich das letzte Eisen in unserem Landstraßen-Vergleich bei dem ich mich in den Sattel geschwungen habe. Beim ersten Aufsitzen und dem anschließend folgenden Griff nach vorne ins Cockpit, fällt sofort die kompromisslos sportliche Geometrie auf. Insgesamt sehr kompakt, hat sie vom Gefühl her auch die am tiefsten positioniertesten Lenkerstummeln. Mit einer Höhe von 845 mm sitzt man zudem recht hoch drauf. Viel Druck am Vorderrad, perfekt für die Rennstrecke - aber darum geht es in unserem Test nur peripher. Schließlich sind wir an diesem Tag mit unserem Superbike Quartett auf herrlichen Landstraßen im Herzen der Steiermark unterwegs. 

Aprilia RSV4 1100 Factory Motor mit mächtig Leistung und tollem Charisma

Ein kurzer Druck an der Armatur erweckt den V4 mit spektakulär rauem Sound zum Leben. Akustisch eine willkommene Abwechslung zu den "Reihenvierern" der Konkurrenz. Im Fahrbetrieb gibt sich das Aggregat dann überraschend geschmeidig. Der Motor hängt extrem sauber am Gas und gefällt mit nur minimal vorhandenen Lastwechselreaktionen. Doch braucht  es etwas Drehzahl um von den Vorzügen des Antriebs profitieren zu können. Ab etwa 5.000 Touren entwickelt der V4 drehfreudig sein volles Potential. Auf der Rennstrecke natürlich kein Problem, da hier selten die Drehzahl so tief fällt. Doch auf der Landstraße merkt man, speziell in Spitzkehren oder beim Anfahren, dass der Motor gerne über diese Schwelle getragen werden möchte. Die Spitzenleistung gibt Aprilia mit 217 PS bei 13.200 Touren an. Dieses Drehzahlniveau wird im Alltag auf öffentlichen Straßen wohl eher selten abgerufen - muss es auch gar nicht. Bereits ab knapp unter 7.000 Umdrehungen surft man souverän auf einer Drehmomentwelle von über 100 Nm und erfreut sich bei jedem Gasstoß an dem druckvollen V4 Aggregat.

Aprilia RSV4 1100 Factory Bremse auf Top Niveau 

Gestoppt wird die Aprilia mittels der hochklassigen und mittlerweile bewährten Brembo Stylema Sättel, welche sich in eine 330 mm Doppelscheibe an der Front verbeißen. Die Bremsleistung ist für mein Empfinden zusammen mit jener der Honda Fireblade SP die Beste im Test. Wohldosiert, unglaublich akkurat und auch auf Dauer enorm standfest. Tags darauf, nach unserem Landstraßen Test, waren wir mit den vier Supersportlerinnen auch am Red Bull Ring unterwegs. Hier zeigte sich die Bremsanlage, samt Race ABS von Bosch (9.1 MP), welches in drei Stufen einstellbar ist, von seiner besten Seite. Ganz tolles Verzögerungs-Niveau - auch nach etlichen Runden auf dieser intensiven Strecke.

Aprilia RSV4 1100 Factory überzeugt mit Fahrwerk und stimmigem Chassis

Wie eingangs bereits erwähnt, setzten die Entwickler aus Noale auch beim Chassis nur auf das Beste vom Besten. In den, über Jahre hin, bewährten und wunderschön gearbeiteten Aluminium Brückenrahmen gesellt sich an der RSV4 1100 Factory die zweite und somit neuste Generation des elektronischen Öhlins Fahrwerks. Dieses arbeitete in unserem Test perfekt, war aber tendenziell immer das Härteste im Vergleich mit den drei Mitbewerberinnen. Speziell das TTX Federbein im Heck gab sich hier als recht kompromisslos in in Sachen Sportlichkeit. Belohnt wird diese Tatsache aber mit stets glasklarem Feedback und grandioser Stabilität in jeder Lebenslage. Auch der mechanische Grip, welchen die Aprilia am Kurvenausgang aufbaut ist eine Erwähnung wert. Was sich bei beherzter Fahrt auf der Landstraße bereits vermuten lässt, bestätigt sich auf der Rennstrecke. Traumhaft wie der V4 mit erweitertem Hubraum aus den Ecken feuert und das mächtige Drehmoment von 122 Nm optimal in Vortrieb umgemünzt wird.

Kein Handlingwunder - oder doch? Eine Frage des Einsatzgebiets!

Während sich die BMW S 1000 RR auf der Landstraße vergleichsweise mühelos und intuitiv in den Radius dirigieren lässt, verlangt die Aprilia spürbar mehr Körpereinsatz. Niemals unangenehm doch eben mit merklich mehr Engagement will sie geführt werden. In sich ist das Konzept aber stimmig. Die Aprilia ist in allen Bereichen racing-orientiert abgestimmt und somit in Summe einfach ein homogenes und gleichsam verdammt schnelles Paket. Für Trackdays oder gar als Basis für einen reinrassigen Rennstrecken-Umbau ist sie mit diesen Eigenschaften und ihrer überragenden Stabilität natürlich perfekt geeignet. Schnelle Rundenzeiten auf Garantie inklusive.

Vaulis Einschätzung zur Aprilia RSV4 1100 Factory

Abgesehen von ihrer ausgezeichneten Performance fasziniert mich an der Aprilia RSV4 1100 Factory, dass sie immer noch hinreißend aussieht obwohl ihre Optik erneut nur behutsam geliftet wurde. Die Lackierung ist gewohnt dezent, das Scheinwerferlayout ist immer noch einzigartig und die Winglets an der Seite sind nach wie vor sehr cool. Klarerweise ist auch das Triebwerk nach wie vor ein absoluter Hammer, abgesehen von der gleich starken Honda CBR1000RR-R Fireblade SP sind ihre 217 PS und 122 Newtonmeter Drehmoment unerreicht. Es verwundert mich zwar, dass die RSV4 mit ihren 1077 Kubik Hubraum nicht so recht aus dem Drehzahlkeller anschiebt, dafür bekommt man dann ab rund 6000 Touren richtig viel Power serviert. Und auch in allen anderen Belangen wie Chassis, Fahrwerk und Geometrie verkörpert die Factory-Version mit Öhlins-Federelementen den Racing-Gedanken richtig ernsthaft. Und auch der Sound des V4-Motors ist einfach einzigartig. Ihr merkt also, die Aprilia RSV4 1100 Factory taugt mir schon sehr, auch wenn sie für mich persönlich am meisten Kraftaufwand einfordert, um flott bewegt werden zu können. Manchmal macht Arbeit eben doch Spaß!

Dennis Meinung zur Aprilia RSV4 1100 Factory

Die Aprilia RSV 4 in ihrer edelsten Ausführung ist eine brachiale Supersport Kanone, die wie ich finde in jeder Lebenslage vor allem eines bringt: Spaß ohne Ende! Der Fahrspaß, der sich speziell durch das leistungsstarke V4-Aggregat, den brutalen Sound und das extrem sportliche Fahrwerk sowie der aggressiven Ergonomie begründet, fordert allerdings auch einen recht hohen Preis. Die RSV4 in ihrer derzeitigen Endausbaustufe kostet mit Abstand am meisten Kraft und auch Konzentration im Straßenverkehr. Nicht nur aus dem Grund, dass man wie bei den anderen Supersportler-Raketen permanent auf seinen Führerschein aufpassen muss. Viel mehr aus dem Grund, weil das Motorrad einfach unfassbar präzise und aggressiv zugleich ist, dennoch akkurat durch die Kurven zirkeln lässt, aber eben etwas mehr vom Fahrer "überredet" werden möchte. Soll heißen, die Präzision und die gegebene Motorleistung (ab 6.000 Touren aufwärts), gehen insbesondere auf Kosten des Fahrers mit einem Dauergrinsen. Positiv als auch negativ wirkt sich direkt und "unverzeihlich" jeder der kleinste Lenkimpuls auf das Fahrverhalten aus. Auch starke "Ankervorgänge" (Brembo Stylema + 330er Doppelscheibe an der Vorderachse!) sogen für kompromisslose Bremsperformance, die sich auf der RSV4 im Vergleich zu den anderen im Quartett, aber ebenfalls am kräftezehrendsten für den Fahrer anfühlen.

Fazit: Aprilia RSV4 1100 Factory 2020

Mit ihrer Kubatur von 1.077 ccm passt sie zwar in kein gängiges Rennsport-Reglement, doch gerade für ambitionierte Hobby-Racer bringt der erweiterte Hubraum eine noch bessere Fahrbarkeit mit sich. Beim Chassis wurde nur auf das Beste vom Besten gesetzt. In den bewährten Aluminium Brückenrahmen gesellt sich die neuste Generation des elektronischen Öhlins Fahrwerks. Dieses arbeitete in unserem Test perfekt, war aber für die Landstraße tendenziell immer recht hart. In Sachen Bremsperformance vertraut man auf die edlen Brembo Stylema Sättel, welche sich in eine 330 mm Doppelscheibe an der Front verbeißen. Wohl dosierbar, unglaublich akkurat und selbst auf der Rennstrecke enorm standfest - das gefällt. Die Ergonomie wirkt sehr kompakt. Mit einer Höhe von 845 mm sitzt man recht hoch drauf. Die Lenkerstummeln wirken daher vergleichsweise tief angebracht. Viel Druck am Vorderrad, perfekt für die Rennstrecke. Insgesamt liefert die Aprilia mit ihrem hochwertigen, rennsport-orientierten Chassis und der aggressiven Sitzposition stets glasklares Feedback und grandiose Stabilität in jeder Lebenslage. Perfekte Basis für Trackdays oder auch für einen Rennstrecken-Umbau.


  • Klang des V4 Motors
  • herrliche Power ab etwa 6.000 Umdrehungen
  • tolles Fahrwerk
  • hervorragende Bremsperformance
  • perfekte Basis für Trackdays
  • wenig Druck unter 5.000 Umdrehungen
  • Sitzposition auf Landstraße anstrengend
  • großgewachsene Piloten unbedingt Probefahren
  • Preis

Bericht vom 23.09.2020 | 32.650 Aufrufe

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