1000PS BMW S 1000 RR Test

Matthias und Schnuffi haben das High-End Tune-Up getestet

Wenn Martin Bauer höchstpersönlich ein Tuning Bike für sich beansprucht, kann es nur allererste Sahne sein. Die 1000PS BMW S 1000 RR geht nach der Saison in seine Hände. Wir haben die Endstufe des Projekts in Brünn noch einmal zum letzten Tanz gebeten - und werden sie vermissen.

Zugegeben, der BMW Tune Up ist etwas aus dem Ruder gelaufen. Von der Serien-Doppel-R ist wenig übrig geblieben. Die genaue Auflistung aller Tuning-Parts findet ihr hier. Größte Neuheit in der 1000PS-Tune-Up-Historie ist davon ohne Frage die Kit-Elektronik, deren Abstimmung Ex-GP-Racer und Edeltuner Martin Bauer unzählige Stunden gewidmet hat. Zum letzten 1000PS Bridgestone Trackday in Brünn befindet sich die antrainierte Motorcharakteristik des Bikes auf einem schwindelerregenden Niveau.

BMW Kit-Elektronik - Spielwiese für den Tuner

Schwindelerregend bedeutet in dem Fall, dass eigentlich nichts mehr Schwindel erregt. Zumindest nicht im Sinne von Unbändigkeit der brutalen Power. Obwohl die BMW schon nach der Boxenausfahrt und der ersten Rechts beim Durchbeschleunigen an allem was vor ihr versucht Speed aufzubauen vorbeizieht und ihre Übermacht offenbart, macht sich direkt auch eine gewisse Entspannung im Sattel breit. Zum einen beeindruckend, wie viel Power aus der Mitte Martin Bauer der Doppel-R einprogrammiert hat. Zum anderen beruhigend, wie exakt die Leistungsentfaltung an die physikalischen Grenzen in den einzelnen Gangstufen angepasst ist. Wo zu viel Drehmoment sowieso nicht abrufbar ist, wird es auch gar nicht freigegeben. So muss die Gashand in den engen Kurven nicht übergenau handeln.

Warum er so viel Zeit in die Perfektion dieser Charakteristik gesteckt hat? "Das Motorrad hilft dem Hobbyfahrer, entspannter in den Grenzbereich hineinzufahren", erklärt Martin Bauer. Eine spitzere Auslegung wäre natürlich möglich und für Profi-Rennfahrer auch nutzbar, aber selbst die Schnellsten unter den Hobbyracern freuen sich über die Gutmütigkeit des eingestellen "Dry 2"-Modes.

Dazu passt die feine Regelung von Traktions- und Wheeliekontrolle. Bis in den Vierten hebt das Bike die Front vom Asphalt, steigt sanft, berechenbar und jederzeit vertrauensvoll. Wer will, kann die TC während der Fahrt so weit reduzieren, dass auch vom Bike kontrollierte Slides möglich sind.

Mechanischer Grip

Chef-Instruktor und Racer Matthias Meindl taugt das voll und ganz. Er ist nicht nur von der Elektronik, sondern auch vom Wilbers IDM-Fahrwerk begeistert. "Der Wahnsinn, was das Teil für einen mechanischen Grip hat", hört man ihn nach dem Turn auf der 1000PS BMW sagen. In allen Lagen gibt sie sofort Vertrauen. Auf den Bridgestone V02 bleibt sie beim Anbremsen stabil, bis das Hinterrad den Bodenkonakt verliert und lenkt auf der Bremse easy ein. Vor allem bei höheren Geschwindigkeiten hilft da die geringe Masse der Thyssenkrupp Carbonräder. Bevor dann in Schräglage die kleinste Spur von Misstrauen in die Bodenhaftung aufkommt, berührt der Ellbogen den Boden. Was Matthias aber eigentlich meint, sind die Beschleunigungsphasen. Wer früh am Gas ist, findet ungeahnte Traktion des Hinterrads und beschleunigt die Konkurrenz aus, bevor die Gerade wirklich beginnt.

Massive Verzögerung, top Dosierbarkeit

"Gefühlt gibt es keine Bodenwellen", schiebt Matthias im Gespräch mit Martin Bauer noch hinterher. Am besten ist dieser Eindruck am Ausgang der berüchtigten Highsider-Kurve darstellbar, wo eine eigentlich fiese Bodenwelle lauert. Sie wird vom IDM erprobten Wilbers Fahrwerk der BMW unaufgeregt geschluckt.

Die Anbremszonen in Brünn sind frei von solchen Verwerfungen, hier beeindruckt die Verzögerung, die über die Magura HC-3 Bremspumpe in Kombination mit den Serienzangen abrufbar ist. Im 18er-Setting steht für die Dosierung relativ viel Hebelweg zur Verfügung, trotzdem ist der Druckpunkt klar. Bestnote dafür.

Kurzes Auskeilen - kein Problem

Absolute Ruhe herrscht an den Lenkerstummeln nicht. Setzt die Front beim Beschleunigen in leichter Schräglage wieder auf, teilt die BMW kurz mal aus, stabilisiert sich aber aufschaukelfrei wieder. Beim ersten Mal ist das noch ungewohnt, nach ein paar Runden leibt man aber schon sicher am Gas.

Sonst findet sich in einem Turn mit der BMW kein Minuspunkt. Vielleicht noch die Tatsache, dass wohl nur die Wenigsten genug Kleingeld zusammenkratzen können, um sich ein vergleichbares Bike aufzubauen. "Perlen vor die Säue", sagt selbst Nasty Nils himself, wenn er von der BMW absteigt. Ob sein nächstes Projekt deshalb bescheidener wird? Wir sind gespannt.

Fazit zum BMW S 1000 RR Tune Up

In dieser Konfiguration ist die BMW S 1000 RR eine Rakete, die auch der ambitionierte Hobbyfahrer richtig abfeuern kann. Leider ist auch die Abstimmung der Elektronik Raketenwissenschaft. Wer einen Experten wie Martin Bauer an der Hand hat, kann das Bike perfekt auf sich maßschneidern. Alle anderen greifen lieber auf Standard-Elektronik zurück.

Pro:

  • Power aus der Mitte
  • Top Beherrschbarkeit
  • Mechanischer Grip und Traktion ohne Ende
  • Wilbers Fahrwerk ist allererste Güte
  • Bremse gut dosierbar
  • Elektronik regelt auf höchstem Niveau

Con:

  • Preis
  • Abstimmung nicht ohne Profi möglich

Bericht vom 21.09.2020 | 16.664 Aufrufe

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