Zukunft Motorrad

Diskussionsrunde zum Thema Motorrad Zukunft

Wie sieht die Zukunft für uns Motorradfahrer aus? Eine spannende und inspirierende Diskussionsrunde in Wien gab uns Einblicke in Forschungsfelder und Strategien der Hersteller.

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Werden nun Hellseher die Bühne betreten? Möglicherweise in weißen Gewändern und gebendem Blick? Nein! Die Podiumsdiskussion in Wien im F23 am Vorabend vom MotoCircle Wien kam ganz ohne Wahrsager aus. Auf der Bühne versammelten sich jedoch 5 spannende Gesprächspartner mit vollkommen unterschiedlichen Zugängen zum Thema Mobilität und Motorrad. Zu Beginn der Veranstaltung präsentierten die Gesprächspartner ihre Positionen in einer kompakten Präsentation. Danach folgte eine anregende Diskussionsrunde vor rund 100 geladenen Gästen - welche sich eifrig an der Diskussion beteiligten.

Wachstum im 50ccm Segment in Österreich im Jahr 2019

Den Status quo zum Motorradmarkt in Österreich präsentierte uns Karin Munk von der Arge2Rad. Die für die Branche motivierende Nachricht: Nach einigen Jahren mit Verlusten hat der 50ccm Mopedmarkt 2019 endlich wieder zugelegt. Ebenfalls interessant. In dieser Fahrzeugklasse liegt der Elektroanteil bei mittlerweile 4%. Niedrig? Im Vergleich zu aktuellen Automobil-Zahlen keinesfalls. Dort müht man sich mit der 1% Marke ab.

Die Zukunft: Mehr autonome fahrende Fahrzeuge, weniger Emissionen

DI Christian Steger-Vonmetz von der AustriaTech bereicherte die Runde mit seiner folgenden Präsentation. Während der Rest der Teilnehmer aus der Motorradbranche kommt, arbeitet er im Bereich Automatisierte und saubere Mobilität. Als Schnittstelle zwischen dem Ministerium und der Industrie sorgt AustriaTech für die nötigen Standards und Schnittstellen. Aus seiner Sicht wird Mobilität in Zukunft ein eher pragmatisches sein. Außerdem wird das Thema Mobilität als Dienstleistung wachsen. Der Besitz von Fahrzeugen wird zurückgehen. Autonom fahrende Fahrzeuge werden nach und nach Einzug in unsere Straßen finden. Für freiheitsliebende Motorradfahrer ein Horrorszenario. Muss nicht sein! In dieser Entwicklung stecken auch Chancen. Einerseits beim Thema Sicherheit. Zukünftige Abbiegeassistenten von Autos werden herankommende Motorräder erkennen können. Unfälle wo Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer unschuldig zum Handkuss kommen, werden so zurückgehen. Auf der anderen Seite birgt dieser streng pragmatische Zugang zur Mobilität auch eine Chance für einen Gegenpol in der Freizeit.

BMW R nine T - Kein Zufallstreffer

Der nächste Beitrag auf der Bühne kam von Roland Stocker, Projektleiter für die BMW R nineT. Das Erfolgsmodell war kein Zufall. Es befriedigte und befriedigt perfekt das Bedürfnis nach einem Gegenpol zu Digitalisierung und Bevormundung. Ein Motorrad als Kunstwerk, als Genuss und als klares Bekenntnis zu Mechanik und Freiheit. In der Präsentation wurde klar, wie wenig Zufall und wie viel Planung und Strategie in dem Erfolgsmodell steckt. Die Detailarbeit an scheinbar unsichtbaren Elementen des Motorrades ließ die Techniker verzweifeln. Doch die Kunden erfreuen sich offenbar an den Details des Motorrades. Zelebrierte Mechanik und Handwerkskunst als Gegenpol zum Smartphone.

Doch natürlich gibt es auch IT-Experten welche bei BMW Motorrad für zukünftige Modelle arbeiten. Die selbstfahrende BMW GS war ein guter PR Gag um auf das Thema aufmerksam zu machen. Natürlich wurde dieses Modell nicht entwickelt um das Motorrad alleine auf die Ausfahrt zu schicken. Wobei es vermutlich einige Wenigfahrer gibt, welche diese Gelegenheit eifrig nutzen würden. Dann wären die peinlichen Momente am Stammtisch endlich vorbei. Wer gibt schon gerne zu, nur 1000 km im Jahr zu fahren?

Selbstfahrende Motorräder?

Der eigentlich Sinn dieser Entwicklung liegt ganz wo anders. Wenn in Zukunft Fahrzeuge miteinander Daten austauschen, dann weiß das Motorrad schon vor dem Fahrer sobald ein paar Autos weiter vorne bereits eine Notbremsung stattfindet. Es könnte dann selbst eine Notbremsung oder einen Ausweichhaken einleiten. Oder zumindest den Fahrer oder die Fahrerin dabei unterstützen. Ein solches Manöver ist natürlich deutlich komplexer als bei den Autos. Daher sind umfangreiche Forschungen und Tests mit selbstfahrenden Fahrzeugen nötig.

Michael Kirschenhofer von der KSR Group macht bereits heute gute Geschäfte in jenem Bereich welcher für anderen Hersteller noch Zukunftsmusik ist. Er beliefert diverse Mobilitätsanbieter mit verschiedenen Fahrzeugen. In seinem Portfolio finden sich mittlerweile Motorräder, Roller und andere Fahrzeuge von 11 verschiedenen Marken. Vom kleinen Scooter bis zum Motorrad kann das Kremser Unternehmen alles anbieten. Aus seiner Sicht führt in Zukunft kein Weg am Thema Zweirad vorbei. Der Verkehr in den Städten wird dichter, der Platz immer weniger. Carsharing-Anbieter sind eine nette Alternative zu privaten Fahrzeugen. Doch am Ende verbrauchen sie ebenfalls viel Platz. Ein Zweirad ist immer kompakter, leichter und effizienter als ein PKW - wenn es darum geht eine Person zu transportieren. Er merkt an: In Städten mit extrem hohem Verkehrsaufkommen und beschränktem Platzangebot geht der Trend in Richtung 2-Rad.

Welche Elektromotorräder wird KTM in Zukunft bringen?

Christopher Schipper, Geschäftsführer von KTM Österreich, ließ mit einigen klaren Statements aufhorchen. Auf der einen Seite hat KTM ein klares Bekenntnis zum Thema Sicherheit. Zusätzliche Sicherheitsfeatures können niemals uncool sein - denn sie sind dazu da um Leben zu retten. Also wird KTM hier weiter forschen, entwickeln und investieren. Die grellen und sportlichen Motorrädern werden zukünftig mit noch mehr Features ausgestattet sein, welche das Fahren noch sicherer machen soll. Ein anderer Baustein für mehr Sicherheit im Sattel ist jedoch auch die KTM Riders Academy.

Überraschend klar lehnte er "große" Elektromotorräder ab. Motorräder wie SuperDuke oder Adventure werden aus Sicht von KTM auch langfristig mit Treibstoff angetrieben werden. Sehr wohl engagieren wird sich KTM mit elektrischen Fahrzeugen mit Niederspannungstechnik im kompakten Bereich. Ob das ein Roller wird, ein Scooter oder etwas ganz Neues hat er nicht verraten. Doch KTM wird sich in diesem Bereich engagieren. In jedem Fall muss eine Marke jetzt und noch viel mehr in Zukunft ein klares Versprechen abgeben und auch einhalten. Im Fall von KTM ist dieses Versprechen ein sehr emotionales und sportliches: Ready to Race.

HR Experte Hans Jorda brachte abschließend das Thema Management und Personal auf die Bühne. Die große Passion vieler Manager in der Motorradbranche ist aus seiner Sicht Fluch und Segen zugleich. Manchmal wäre etwas mehr Ratio nötig um Erfolg haben zu können. Managerinnen und Manager mit einem A Schein im Lebenslauf haben aus seiner Sicht jedoch immer ein großes Plus. Denn um erfolgreich zu sein, ist eine gute Balance zwischen Arbeit, Familie und den persönlichen Bedürfnissen unglaublich wichtig. Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer haben aus seiner Sicht das optimale Ventil zur Entschleunigung an der Hand.

In der anschließenden Diskussionsrunde kamen einige Themen auf. Beim Auspuffsound gibt es offenbar innerhalb der Motorrad-Community unterschiedliche Bedürfnisse. Während ein prächtiger Auspuffsound früher noch mehrheitlich wichtig war, sind es mittlerweile vor allem die Tourenfahrer welchen diesen teilweise auch ablehnen. Denn sie leiden unter Streckensperrungen in den exponierten Gebieten. Die Industrie verweist jedoch darauf, dass aktuelle Zulassungsbestimmungen bereits sehr streng sind und noch strenger werden.

Die 2 stündige Veranstaltung wurde mit einer Party in den Hallen vom F23 beendet. Dort holte man sich jedoch nicht nur Inspiration für die kommenden Jahre. Vor Ort waren auch die Customizer vom Moto Circle Vienna. In jedem Fall hatten die Gäste genug Stoff für anregende Gespräche.

Bericht vom 07.09.2019 | 12.132 Aufrufe

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