Honda CB1000R Black Edition Test

Volle Kraft voraus!

Die gerne unterschätzte CB1000R des Flügelimperiums sorgt 2021 für Aufsehen. Nicht nur in der mörderischen Black Edition. Ja Himmel, was für eine Macht!

Unter mir brüllt der mächtige Reihenvierer, ich reiße mit dem Schaltautomaten die Gänge durch, und es zippt mich dermaßen arg durch die Welt, dass ich das neue, große 5 Zoll TFT-Display und seine mannigfaltigen Angaben in keiner Weise würdigen kann. "Alter Vater, die Kiste reißt ja mörderisch an, bist du moped, was für eine Macht!", denke ich, während ich mich auf einer kurzen Zwischengeraden mental zu sammeln versuche. Ich riskiere einen flüchtigen Blick auf den Farbschirm, und dann werden die Ohren mächtig heiß: 175 km/h. 175 km/h! Ja spinnt die Welt?!

Der nackte Flügel wird unterschätzt.

"Ui, tut mir leid, Herr Inspektor! Aber ich war selber überrascht, wie mörderisch die nackte Rakete des Flügelimperiums marschiert! Beim Motor haben sie nicht viel geändert - ja, er hat jetzt Euro 5 und ein etwas runderes Mapping, aber nach wie vor 145 PS und 104 Nm und trotzdem habe ich das Gefühl, dass das jetzt härter vollstreckt. Einerseits liegt das vielleicht am top Schaltautomaten - der war nicht immer so gut, jetzt hat er Fireblade-Niveau - und andererseits an der kürzeren Getriebeübersetzung in den ersten drei Gängen. Könnte ich mir vorstellen. Jedenfalls würde ich all jenen, die der CB1000R Leistungsmangel und fehlenden Punch aus engen Ecken andichten, dringend eine Probefahrt empfehlen. Ich bin ganz sicher, dass man diese Ansagen nicht aufrecht halten kann, wenn man damit gefahren ist. Ich sag's Ihnen, Herr Inspektor, da schraubt es einem das Hirn auf. Wirklich großartig! Hatten Sie schon das Vergnügen?" - "Nein, hatte ich nicht. Aber auf der Rennstrecke ist der Ofen aus, nehme ich an." - "Naja, man kann mit der CB1000R bei Track-Days sicher eine mörderische Hetz haben, viel Thrill erleben und in Pannonien locker 2:15 fahren, aber gegen die nackten Supersport-Raketen wie Tuono 1100 V4, Streetfighter V4S und die neue Speed Triple 1200 RS zum Beispiel wird man zweifellos abbeißen, es sei denn, der Typ im Sattel ist ein Eierbär, der nicht richtig am Kabel zieht, oder einfach ein fahrtechnisches Nudlaug vor dem Herrn." - "Hmm. Habe ich mir gedacht. Für die Straße sicher göttlich, sofern man sich einigermaßen im Griff hat. Was soll ich jetzt mit Ihnen machen?" - "Herr Inspektor, darf ich bitte drei mildernde Umstände ins Treffen führen: Erstens bin ich echt nicht über'n Häf'n gefahren, wie man so sagt. Ich hatte alles absolut im Griff. Zweitens ist die CB1000R auf einem derart hohen, technischen Niveau, dass selbst 220 auf dieser weitläufigen Straße mit höchster Sicherheitsstufe zu machen wären, und drittens wetzen uns die Politiker eh schon wirklich grausam und ungerechtfertigt mit der 95 dB-Trottelverordnung im Tiroler Außerfern. Bitte drücken Sie ein Auge zu. Es ist Ostern!" - "Haben Sie denn ein Verbandspackerl mit?" - "Leider nicht mehr. Das habe ich dem Poky, also unserem Chef vom Dienst überlassen, der sich in der dritten Kehre mit der Fireblade niedergelegt hat." Kurze Stille. Der Inspektor seufzt und sagt: "Na, dann fahren S' in Gottes Namen einfach weiter, aber breiten S' Ihnen ja nicht aus. Frohe Ostern!"

Viel Detailarbeit, top Ergebnis.

In Wirklichkeit war das Gespräch mit dem Inspektor weit umfangreicher als oben beschrieben, weil der Uniformierte, der selber ein mächtiger Motorradlfahrer war, sich sehr für die Änderungen am 2021er Modell interessierte. Ein echter Glücksfall. Ich führte also aus: Motor auf Euro 5 abgestimmt und in der Gasannahme verfeinert, sonst gleich. Rahmen und Fahrwerk gleich bis auf den neuen Heckrahmen, der ein etwas kompakteres Heck ermöglicht. Einige optische Gustostückerln: Kühler- und Einspritzungsabdeckung schlanker, LED-Scheinwerfer im Tropfendesign, gegossene Alu-Felgen mit sieben Speichen, kleinerer Kennzeichenhalter und neu gestalteter Abgassammler. Deutlich ist der Unterschied zum Vorgänger beim Display: Jetzt hat die CB1000R ein 5 Zoll großes TFT-Display, das alle Stückerln der Connectivity spielt (Navigation, Telefonie, SMS abrufen, Musik hören). Gleich geblieben ist die Elektronik (vier Riding-Modes, dreistufige Traktionskontrolle, dreistufige Motorbremse, dreistufige Leistungsabgabe), die auch schon bisher großartig funktioniert hat. Die sogenannte Black Edition hat gegenüber der normalen CB1000R serienmäßig den unbedingt zu empfehlenden Schaltautomaten (up and down), den Fly-Screen und dieses Respekt-einflößende Schwarz, das sich über die ganze Maschine legt wie die dunkle Macht aus den Weiten des Weltalls.

Sollte ich den Testtag in zwei Sätzen zusammenfassen, würde ich sagen: "Die neue CB1000R in der Black Edition hat es mir fürchterlich besorgt, und ich verneige mich in tiefer Ehrfurcht vor diesem großartigen Wurf, der auf der Landstraße keinen Gegner fürchten muss. Und ich verneige mich in aufrichtiger Dankbarkeit vor dem Inspektor, der den Osterfrieden in sich trug."

Fazit: Honda CB1000R Black Edition 2021

Die in kleinen Schritten weiterentwickelte CB1000R des Flügelimperiums ist eine äußerst kampfstarke und erregende Maschine, die auf der Landstraße keine Wünsche offenlässt, sondern unfassbar harsch vollstrecken kann und sehr gute Chancen hat, als Erste beim Gipfelwirt anzukommen. Auf der Rennstrecke hat sie gegen die Klassenbesten (Tuono 1100 Factory, Speed Triple 1200 RS, Streetfighter V4S), die deutlich mehr Leistung und renn-orientiertere Fahrwerke haben, allerdings nach wie vor kein Leiberl.


  • Zeitgemäßes TFT-Display
  • Perfekter Schaltautomat
  • Potenter Motor trotz Euro 5
  • Top Straßenfahrwerk
  • Mörderische Optik
  • Wunderschöne Felgen
  • Weniger Leistung als die Hyper-Naked-Raketen

Bericht vom 06.04.2021 | 69.559 Aufrufe

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