Honda CBR 1000 RR-R Fireblade SP Neu im Test

Feuertaufe der Feuerklinge auf der Rennstrecke

Die neue Honda Fireblade ist radikaler als je zuvor. 1000PS Gründer NastyNils testet die neue Maschine auf der Rennstrecke und bekam das versprochene Motorrad.

Honda Fireblade 2020 - Test auf der Rennstrecke

Der Losail International Circuit ist ein imageträchtiges Testgelände für die neue Fireblade. Wir alle kennen die Strecke hier von diversen Tests bereits sehr gut. Einerseits ist die Strecke hier durch den makellos glatten Asphalt und das komplett flache Layout nicht die größte Herausforderung für Mensch und Maschine. Auf der anderen Seite jedoch ist die Strecke in einigen Passagen sehr schnell und erfordert sehr präzise Einlenkpunkte und ein hohes Maß an Traktion am Kurvenausgang. Eine Maschine welche dort schnell ist, wird tendenziell auch in Brünn sehr gute Rundenzeiten erzielen können.

Erste Eindrücke mit der neuen CBR 1000 RR-R

Auch wenn der Test lange und intensiv wird, sind es oft die ersten Eindrücke welche am wichtigsten sind. Denn frisch im Sattel spürt man noch die kleinen Ecken und Kanten der Maschine welche dann im Laufe des Tages mehr und mehr ausgeblendet werden. Und so war der erste positive Eindruck bei der Boxengassenausfahrt eine unglaubliche Erleichterung. Denn ich mochte die Fireblade sehr und hatte große Sorgen, dass die neue Maschine nur noch für die gelenkigen Hardcore-Racer passend ist. Doch man hat hier ausreichend Platz im Sattel. Knie und Arme gleiten harmonisch über den Tank und können angehnem positioniert werden. Auch in den ersten Kurven bestätigt sich der postive Eindruck. Sogar als großer Pilot ist man nicht deplaziert. Klar ist der Kniewinkel eng, doch auch im Laufe des Tages sollte mir das keine Probleme bereiten.

Die Stabilität der neuen Fireblade wird aufmerksame Leser der technischen Daten nicht verwundern. Sie wirkt zwar radikal und kompakt, wartet aber mit mit stabilen Geometriedaten auf. Der Radstand der neuen Fireblade erhöhte sich auf 1.455 mm (bisher 1.405mm) und der Nachlauf steig auf 102 mm (bisher 96 mm). Der Lenkopfwinkel beträgt nun 24 Grad (bisher 23 Grad).

Technische Daten Honda Fireblade 2020 im Überblick

Die Maschine wurde für 2020 komplett neu konstruiert. Alle wesentlichen Parameter und Kennzahlen wurden verändert. Am deutlichsten wurden die Änderungen durch das neue Bohrung zu Hubverhältnis sichtbar. Die alte Fireblade hatte eine 76mm Bohrung bei 55,1mm Hub. Das neue Modell 2020 hat einen fetten 81 mm Kolben bei ultrakurzen 48,5mm Hub zu verzeichnen. Ein Wert mit dem aktuell nur die Panigale V4 R mithalten kann. Gleich blieb jedoch die Konfiguration der Kurbelwelle und der Zündfolge. Auch die neue Fireblade hat einen herkömmlichen Reihenvierzylinder mit einer 180 Grad Zündfolge. Daher ist auch das Klangbild der Fireblade sehr vertraut. Die 217PS hören sich am Stammtisch großartig an. Doch natürlich werden stolze Besitzer vom Vorgängermodell zurecht einwerfen: Bis 11.000 U/min hat das Vorgängermodell mehr Leistung! Honda bekennt sich klar zu dieser neuen Positionierung und hat beim Test ein vergleichendes Leistungsdiagramm veröffentlicht. In der Tat hat die neue Maschine nur oben raus die Nase vorne. Dort aber eben mit deutlich mehr Leistung und mehr Drehzahlreserven.

299 km/h nach wenigen Runden - Fireblade 2020 Power

Nach wenigen Runden war ich bereits eine harmonische Einheit mit der Fireblade. Die sportlich gedrungene Sitzposition hinter der Verkleidung nimmst Du vollautomatisch ein. So lässt es sich auch gar nicht verhindern, dass wir schon im ersten Turn die magische 299 km/h Marke im Tacho erblicken. Auch wenn die Maschine dann noch weiter beschleunigt, über 300 km/h springt die Anzeige jedoch nicht.

Doch beim ersten Turn war noch nicht alles perfekt für mich. Klar hatte der Motor auf der langen Geraden energischen Druck zu bieten. Die 217 PS dürften der Wahrheit entsprechen, anders sind solche hohen Geschwindigkeiten für mich als Gelegenheitsracer nicht zu erreichen. Am Kurvenausgang jedoch wirkte die Fireblade noch etwas schwachbrüstig. Mir war klar, dass die Fireblade unten rum keinen Dampfhammer zu bieten hat, doch das war mir eindeutig zu wenig.

Honda Fireblade 2020 - Sanfte Traktionskontrolle

Doch zum Teil tat ich der Maschine unrecht. Denn wir fuhren im ersten Turn noch im Modus 2 (=Sport) und hier war die Traktionskontrolle in der devensiven Stufe 5 voreingestellt. Und diese neue Traktionskontrolle regelt so butterweich, dass mir die Regeleingriffe am Kurvenausgang gar nicht bewusst wurden. Im zweiten Turn lief es dann schon besser. In der Stufe 2 kommt in Schräglage deutlich mehr Drehmoment am Hinterreifen an und die wilde Horde hier beginnt nun artig schwarze Striche in die Radien zu malen.

Trotzdem hatte ich den Dreh noch nicht ganz raus. Als die Aufregung nachließ begann ich mich dem Display zu widmen und war erschüttert. Ich nutzte das Drehzahlpotential der Maschine noch nicht ganz aus. Das Motorrad ist leider recht lange übersetzt und so muss ich wohl mein hier gewohntes Schaltschema ändern.

Spitzenleistung Honda CBR 1000 RR-R 2020

Honda gibt für die neue Maschine 217 PS Spitzenleistung bei 14.500 U/min an. Möglich wurde das durch kompromisslosen Feinschliff beim Motor. Zum Einsatz kommen nur die edelsten Materialen und endlich auch ein drehzahlfester Zylinderkopf mit Schlepphebelsteuerung. Eine Schlepphebelsteuerung hat im Vergleich zu einer Steuerung mit Tassenstössel geringere bewegte Massen. Dadurch können die Ventile auch bei sehr hohen Drehzahlen noch verlässlich geschlossen werden. Die Einlassventile sind aus Titan, die Auslassventile aus Stahl.

Ein weiterer Vorteil vom neuen Motorlayout: Durch die breitere Bohrung ist im Kopf auch Platz für größere Ventile. Die Einlassventile sind nun 32,5mm im Durchmesser. Das sind 2 Millimeter mehr als bisher. All das passt aber auch ins Gesamtkonzept. Und das beginnt bereits vorne beim Lufteinlass. Dieser wird direkt durch den Steuerkopf geführt. Durch den Wegfall vom Zündschloss, hat man dort einen breiteren Querschnitt und auch die Airbox ist neu. So schafft man insgesamt mehr Frischgas in den Brennraum.

Früher beim Tuner, heute in der Serie!

Ein weiteres Highlight findet sich etwas weiter unten im Motor. Die neuen Pleuel sind kürzer, leichter und aus Titan gefertigt. Ein Pleuel ist um 60 Gramm leichter als bisher. Klingt nicht viel! Wenn die Drehzahlen steigen, zählt jedes Gramm. Gewicht bedeutet Trägheit auf der einen Seite und auch Belastung für das Aggregat auf der anderen Seite. Mit leichteren rotierenden Bauteilen wird die Maschine handlicher und drehzahlfester.

Spitzenleistung im Vergleich in der 200PS Liga

Durchaus vergleichbar sind die Spitzenleistungswerte der in Mode gekommenen 1100er mit den 1000er Motoren. Honda erreicht mit der 1000er die Maximalleistung der Aprilia mit 1100 ccm und liegt über den 214 PS der V4 S Panigale. BMW bietet mit der neuen S1000RR 207 PS bei 13.500 U/Min. Die Spitzenleistung der Honda liegt bei 14.500 U/Min etwas später an.

Die Spitzenleistung selbst ist jedoch bestimmt nicht mehr der heißeste Trumpf am Stammtisch. Wir haben hier für euch weitere starke Argumente für eine zünftige Stammtisch-Diskussion mit Motorrad-Nerds.

  • Der Antrieb vom Startermotor wird durch die Hauptwelle der Kupplung geführt. Somit wurde das komplette Aggregat noch kompakter
  • Die Nocken im Zylinderkopf sind DLC (Diamond like Carbon) beschichtet
  • Semi-Cam Ventiltrieb - Für eine kürzere Antriebskette der Nockenwellen wird diese nicht über die Kurbelwelle sondern über eine weiter oben liegende Nocken-Leerlaufwelle angetrieben. Dadurch sind höhere Drehzahlen möglich.
  • Die Lagerflächen beim Pleuelauge bestehen aus Berylliumkupfer, die Lagerflächen beim Pleuelfuß wurden DLC behandelt.

Honda Fireblade 2020 - lange übersetzt

Schon jetzt darf ich verraten. Euro 5 ging an der Maschine bei vielen Themen spurlos vorrüber. Der Sound ist großartig, das Gewicht ist in Ordnung und die Leistung ist gewaltig. Doch 2 Opfer musste Honda bringen um das Euro 5 Ziel mit diesem Paket zu erreichen: Hohe Kosten und eine lange Endübersetzung. Für Hobbyracer wird das egal sein, wer aber legal mit dem Bike zur Strecke fahren möchte wird bei kompakten Strecken keine optimale Übersetzung vorfinden.

Doch auch hier ist es die Elektronik, welche Dir korrigierend zur Seite steht. Denn eigentlich vermeide ich es ja Kurven im ersten Gang zu nehmen. In der Bremszone werden Motorräder zickig und beim Rausbeschleunigen ist außer Brutalität nix zu spüren. Ganz anders die Fireblade. Irgendwie schafft es die Kombination Motor / Elektronik / Kupplung und Getriebe hier den Einser butterweich zu servieren. Du hältst sauber den Strich und fährst mit atemberaubenden Drehzahlen in den Radius. Dort steht sofort die Traktionskontrolle und die Wheelykontrolle zur Verfügung. Auch das Rauscheschleunigen und der Anschluss zum zweiten Gang gelingen problemlos. Wenn der Motor über 10.000 dreht geht richtig die Post ab. Das Ausmaß an Beschleunigung ist immer wieder erschütternd. Selbst auf kurzen Geraden hast Du sofort wieder ein grausam schnelles Tempo am Tacho.

Gewichtsvergleich aktuelle Superbikes

Honda verspricht für die Fireblade 2020 201kg vollgetankt. BMW gibt bei der neuen S 1000 RR 197kg an, die Kawasaki ZX-10RR kommt auf 206kg die SE mit dem elektronischen Fahrwerk auf 208 kg. Die Suzuki GSX-R 1000 R liegt bei 203 kg und die Yamaha R1M mit elektronischem Fahrwerk bei 202 kg. Die Ducati V4-S gibt 195 kg an. Unterboten wird das nur von den Angaben von BMW für die S1000RR inklusive M Paket. Mit den Carbonfelgen kommt die BMW auf 193,5kg.

Einen ersten Vergleichstest mit der neuen Honda Fireblade wird es im März geben. Unsere Kollegen von MOTORRAD lassen beim Masterbike 2020 alle aktuellen Superbikes gegeneinander antreten. Wir werden mit unserer Videocrew wieder vor Ort sein und vom Geschehen berichten. Wer das Spektakel nicht verpassen möchte, abonniert am besten unseren Kanal => www.youtube.com/1000PS .

Motor- und Chassistechnik aus der RC213V-S

Vieles von der Technik im neuen Fireblade Motor kommt vom sündhaft teuren Edelrenner - der RC213V-S. Komplett neue Wege geht man jedoch bei der Aerodynamik. Die Maschine hat zwar durch die 3-teiligen Winglets eine ähnliche Downforce wie die 2018er MotoGP Maschine von Honda. Doch technisch wurde das ganz anders und sehr aufwendig gelöst. Die Winglets sind in ein komplexes Gesamtkonzept integriert und integrieren sich harmonisch ins Design. Die Schwinge zum Beispiel weist eine ähnliche Konstruktion wie an der RC213V-S auf. Dort jedoch wurde eine Unterzugschwinge verwendet, an der Fireblade jedoch nicht.

Wird die neue Fireblade die Vergleichstests gewinnen?

Schockierende Antwort für Honda-Fans: Vermutlich nicht! Zumindest dann nicht, wenn beim Test mit 100% serienmäßigen Motorrädern gefahren wird. Denn die neue Honda wurde ordentlich und streng durch die Homologation geschickt. Dadurch hat sie auch eine sehr lange Endübersetzung. Hier in Qatar auf der Strecke brauchten wir den 6. Gang nie und den 5. Gang kaum. In Kombination mit dem schwächeren Drehmomentverlauf im Keller, wird sie bei Vergleichsmessungen zum Durchzug bestimmt Federn lassen. Auf der Strecke kostet das vor allem bei engen Strecken Punkte. Relevanz hat das jedoch nur für jene Leute, welche legal mit der Serienübersetzung zur Strecke fahren. Hobbyracer passen die Übersetzung ohnehin auf die jeweilige Strecke an. Das Handicap teilt sich Honda jedoch auch zum Beispiel mit der aktuellen Kawasaki. Dort hadert man seit Jahren an der zu langen Endübersetzung.

Preisvergleich Superbikes 2020 - Preis Fireblade

Die SP Version kostet in Österreich 30.490 Euro, die Fireblade CBR1000RR-R EUR 25.490,-. Die Ducati Panigale V4-S liegt zum Vergleich in Österreich bei 33.995 Euro. Die RR-R Variante der Fireblade kostet in Deutschland 22.330 Euro (ab Werk zzgl Überstellung). Die SP kostet ab Werk 26.330 Euro. In der Schweiz kosten die beiden Motorräder 25.290 CHF bzw. 29.990 CHF.

Hier haben wir aktuelle Neumotorradangebote, Aktionen und Vorführer von allen 1000er Superbikes für euch gelistet.

Honda Fireblade Probefahrt

Die neue Fireblade wird bei den 1000PS Bridgestone Trackdays als Testfahrzeug zur Verfügung stehen. Honda Österreich hat eine Teilnahme an mehreren Veranstaltungen zugesagt. Vor Ort werden wir selbst die Gelegenheit für Vergleichstests nutzen. Die Termine: www.1000PS.com

Ausrüstung beim Test - Gear and Stuff

Technische Daten Honda Fireblade 2020

MOTOR-
Bauart16-Ventil Viertakt-DOHC-Vierzylinder, Flüssigkeitskühlung
Hubraum (in cm³)999,9
Ventile pro Zylinder4
Bohrung & Hub (in mm)81 x 48.5
Verdichtung13.0 x 1
Max. Leistung217 PS / 160 kW bei 14.500 U/min
Max. Drehmoment113 Nm bei 12.500 U/min
Ölvolumen (in l)4,0 l
KRAFTSTOFFSYSTEM-
GemischaufbereitungPGM-DSFI
Tankinhalt (in l)16,1
Benzinverbrauch16km/L
ELEKTRIK-
StarterElektrisch
Batterie12-6 YTZ7S
KRAFTÜBERTRAGUNG-
KupplungMehrscheibenkupplung hydraulisch betätigt, Anti-Hopping-Kupplung
Kraftübertragung6-Gang
EndantriebKette
RAHMEN-
TypTwin Spar Aluminium Composite-Rahmen
CHASSIS-
Abmessungen (LxBxH, in mm)2.100 x 745 x 1.140
Radstand (in mm)1.455
Lenkkopfwinkel (in mm)24 Grad
Nachlauf (in mm)102
Sitzhöhe (in mm)830
Bodenfreiheit (in mm)115
Gewicht vollgetankt (in kg)201
RADAUFHÄNGUNG-
Federung vorne43 mm Upside-Down Showa Teleskop-Gabel: Big Piston- Dämpfungssystem; Einstellung von Federvorspannung, Druck- und Zugstufe, 120 mm Federweg
Federung hintenUnit Pro-Link-System mit HMAS Gasdruckdämpfer; 10-stufige Einstellung der Federvorspannung; stufenlose Einstellung von Druck- und Zugstufe, 137 mm Federweg; Showa Balance-Free Rear Cushion-System mit Einstellung von Federvorspannung, Druck- und Zugstufe.
RÄDER-
Felgengrösse vorne (in Zoll)17x3,5
Felgengrösse hinten (in Zoll)17x6,0
Reifengröße vorne120/70-ZR17
Pirelli Diablo Supercorsa SP
Bridgestone RS11
Reifengröße hinten200/55-ZR17
Pirelli Diablo Supercorsa SP
Bridgestone RS11
BREMSEN-
ABS Bauart2-Kanal
Vorne330 mm Doppelscheibe mit radial montiertenNissin 4-Kolbensätteln
Hinten220 mm Scheibe mit Brembo 2-Kolbensätteln
INSTRUMENTE & ELEKTRIK-
InstrumenteTFT-LCD
ScheinwerferLED
RücklichtLED

Honda CBR 1000 RR-R Fireblade Daten Tabelle

Kein Schrecken am Kurvenausgang - Großartiges Elektronikpaket

Die Wheelykontrolle wurde im Vergleich zum Vorgänger deutlich verbessert. Diese greift nun auf die Daten der 6D IMU zu und arbeitet nicht mehr mit den Sensoren der Raddrehzahl. Somit schickt man Dich mit einem klitzekleinen Wheely aus den Kurve und serviert das optimale Maß an Traktion. Klarerweise ist die Wheelykontrolle einstellbar. Ich selbst bevorzugte aber immer die dezente Stufe um das ohnehin schon strapazierte Nervenkostüm zu schonen.

Qatar ist eine schnelle Strecke und erlaubt keine Fehler. Freddy Foray arbeitete für uns als Instruktor und hatte einen schnellen Engländer im Schlepptau. Sie passierten mit einem grausamen Tempo, welches dem Engländer offenbar etwas zu schnell war. Er lenkte panisch etwas früher ein und musste sich am Ausgang ins geräumige Kiesbett retten. Dieser Anblick war ein kleiner Dämpfer für meine Euphorie, erhöhte gleichzeitig aber auch die Konzentration im Sattel.

Honda Fireblade 2020 - Jetzt mit perfektem Ansprechverhalten

Das Elektronikpaket darf insgesamt mit besten Noten versehen werden. Wie erwartet ist beim neuen Motor der Quickshifter noch besser integriert. Er arbeitet makellos. Die Traktionskontrolle wurde bereits lobend erwähnt und als kongenialer Partner steht der wunderbare Gasgriff zur Verfügung. Bei der letzten Blade hatte ich hier noch etwas zu bemängeln, mittlerweile gibt es hier keinerlei Anlass zu Kritik mehr.

Der drehfreudige Motor ist präzise zu dosieren und die elektronische Motorbremsregelung erlaubt es Dir die Maschine signifikant auf Deinen Fahrstil anzupassen. Die Fireblade ist wie andere moderne Spormotorräder auch kein Bike welches Du nach wenigen Runden im Griff hast. Sie bietet enorme Setup-Möglichkeiten und es wäre schade diese nicht zu nutzen.

Track ABS an der Honda - Nun auch scharf genug für die Strecke

Aufgerüstet wurde auch bei der Bremse. Einerseits ist die Hardware mal über jeden Zweifel erhaben. Honda geht hier den sicheren Weg und wählt für die SP einfach Brembo Stylema Bremssättel aus. Wer noch hochwertigere Bremsen möchte, muss ins Teileregal der WM Bikes greifen. Für Serienmotorräder ist im Moment nix besser zu bekommen. Und der Focus auf die Rennstrecke schlägt sich auch beim ABS nieder. Hier wird ein Track Modus geboten und dieser erlaubt nun eine deutlich sportlichere Fahrweise als bisher. Der Druckpunkt der Bremse ist für meinen Geschmack zwar nicht hart genug, doch die Bremsleistung wie auch die Bremsstabilität waren großartig. Wir fuhren hier am Nachmittag 30 Minuten lange Turns - auch hier gab es keine Probleme mit dem Stabilität der Bremse. Eine für mich kleine Schwäche offenbarte sich jedoch am Nachmittag. Die Sitzposition und die Bewegungsfreiheit im Sattel war insgesamt perfekt, doch am Ende der Zielgeraden hätte ich mir mehr Grip mit den Schenkeln am Tank gewünscht.

Einige Elektrogadgets kan man deaktvieren - Murphys Law schlug gnadenlos zu!

Ich selbst war mit dem ABS-Paket an sich rundum zufrieden. Einige Magazine entsandten jedoch ehemalige Rennfahrer. Diese hätten sich gewünscht, das ABS hinten deaktivieren zu können. Denn in der derzeitigen Konfiguration seien keine Bremsdrifts möglich. Doch ein englischer Kollege sorgte dafür, dass in Zukunft bei Honda vermutlich noch weniger Elektro-Gadgets deaktivierbar sein werden. Für die Fotofahrt hinter dem Kameraauto deaktivierte er die Wheelycontrol und überschlug sich vor der versammelten Entwicklungscrew nach hinten. Zum Glück konnte er die Blicke der Crew nicht erkennen - er war ohnehin schon gedemütigt genug. Doch in dieser Szene wird natürlich auch ein Problem offensichtlich. Einerseits möchte man dem Kunden ein überwältigendes 217PS Racingbike bieten. Fahrbar für eine breite Masse wird es durch die Elektronik. Auf der anderen Seite möchte man mit der Elektronik aber auch ein flexibles Produkt anbieten. Welches Anpassungen auf Fahrstil und Können ermöglicht. Doch es finden sich immer noch Anwender, welche es schaffen hirnrissige Stürze mit ausgeschalteten Assistenten zu produzieren. Soll man Kunden diese Freiheit weiter zugestehen? Oder soll der Rückwärtssalto in Zukunft verhindert werden? Keine leichte Entscheidung!

Trotz dieser peinlichen Nummer ist die Maschine insgesamt ein Motorrad welche Narren erschreckend lange im Sattel hält. Es gab Piloten welche hier in Qatar noch wenig Erfahrung hatten. Diese fuhren teilweise wirre Linien und machten die Zeit einfach mit der Traktionskontrolle wett. Es ist unglaublich in welchen Fahrzuständen man mit dieser Maschine bereits einschenken kann. Und so kam es, das trotz vielen Duellen und einem hohen Speed kein weiterer Sturz zu verzeichnen war.

Honda Fireblade Test - Freddie Spencer gibt Dir Setup-Tips

Es war bereits Nachmittag als ich mit dem Feinschliff an der Maschine begann. Klar fällt es jetzt leicht über die Setup-Möglichkeiten am Fahrzeug zu schwärmen. Beim Setup assistierten mir: Freddie Spencer, der Öhlins Testpilot welcher das System bei Öhlins entwickelt hat und der japanische Kollege welcher die Integration ins Fahrzeug vornahm. Gemeinsam zauberten sie mir mein Traumsetup für die Fireblade ins Display.

Riesiger Einstellbereich beim Fahrwerk: 2 „Clicks“ ändern viel!

Zuerst bügelten sie mir das running-wide am Kurvenausgang aus. Hierzu wurde das Heck der CBR1000RR-R Fireblade SP um 2 Basispunkte härter gemacht. Die Linie wurde dann besser aber ich war noch nicht ganz zufrieden mit dem Kurveneingang. Auch hier spendierten sie mir 2 Punkte Cornering. Die Maschine wurde nun präziser bot nun an der Front aber etwas weniger Grip. Ein Umstand der für mich perfekt passte. Denn ich fahr keine radikalen Schräglagen, möchte aber die Linie gerne punktgenau erwischen. Ich selbst hätte das Einlenkverhalten eigentlich gerne mit einer stärkeren Motorbremse gelöst. Doch die Crew riet mir davon ab. Der Einstellbereich vom Fahrwerk ist sehr groß und man kommt hier schneller ans Ziel als wenn man den Umweg über die Motorbremse sucht.

Leider geil: Das elektronische Fahrwerk bietet handfeste Vorteile

Vor dem letzten Turn hatte ich dann noch meinen Kollegen Mex am Telefon. Von Öhlins gibt es eine neue Federgabel welche auch für die neue Fireblade lieferbar ist. Diese soll in Sachen Hardware sogar noch über der hier eingesetzten NPX 30 Gasdruckgabel liegen. Doch zurück im Sattel musste ich leider erkennen: Wenn man einmal das Elektrofahrwerk gewohnt ist, möchte man es nicht mehr missen. Ich probierte den manuellen Modus der tollen Hardware im direkten Vergleich mit dem aktiven Modus. Dabei ist es so, dass das Fahrwerk exakt gleich wie ein herkömmliches Fahrwerk funktioniert. Der Unterschied war sofort spürbar. Einerseits verbesserte sich das Feedback und das Gefühl für das Vorderrad. Es fühlte sich vor allem für mich als routinierten Fahrer vertrauter an. Doch war ich damit schneller? Leider nein! Denn das elektronische Fahrwerk bietet handfeste Handlingvorteile in den Wechselkurven und ist insgesamt einfach weniger Kompromiss. So war es mir möglich auf der Geraden die Stabiltität zu genießen, hatte in der Wechselkurve aber ein wieselflinkes Handling. Diese Grätsche kriegt man mit einem mechanischen Fahrwerk für kein Geld der Welt hin.

Honda will siegen - in der Superbike WM und in Suzuka

Vor Ort hatten wir nicht nur die Gelegenheit das Motorrad zu erleben. Auch die gesamte Entwicklungscrew stand für Gespräche zur Verfügung. Irgendwann mal wurde ja das bösartige Gerücht verbreitet, dass die japanischen Ingenieure selbst gar nicht Motorrad fahren. Das war hier nicht der Fall. Ich selbst durfte im Interview (siehe kommendes 4K YouTube Video auf 1000PS TV) mit dem Projektleiter Herrn Ishikawa sprechen. Er selbst fährt eine 2012 Fireblade, hat bereits im HRC MotoGP Team gearbeitet und war bereits für zahlreiche Fireblades verantwortlich. Im Interview verdeutlichte er noch einmal die klare Positionierung der Maschine. Auf die Frage warum die Maschine keine variablen Ansaugtrichter oder ähnliche Hilfsmittel hat um im Drehzahlkeller mehr Druck zu erzeugen antwortete er offen. Aus seiner Sicht ist das für dieses Motorrad nicht nötig. Sie ist nun die erste Fireblade mit einem glasklaren Fokus auf die Rennstrecke. Und da möchte man so wenig Ballast wie möglich mitschleppen. Die Erwartungshaltung bei Honda dürfte groß sein. Auf die Frage welche der von ihm erwähnten Rennserien man denn mit der Fireblade gewinnen möchte antwortete er nur knapp mit: all of them.

Besonders energisch dürfte ein Sieg bei den 8h von Suzuka eingefordert werden. Insider behaupten ja, dass die Fireblade auch wegen der Niederlagen vor Ort nun so gut werden musste. Honda möchte nun eben nicht nur mehr in der MotoGP dominieren sondern auch in den seriennahen Klassen.

Am Ende blieb nicht viel Raum für Kritik. Trotzdem wird der Weg zu einem Verkaufsschlager nicht einfach sein. Honda hat in den letzten Jahren viele Kunden an Ducati, BMW, Yamaha und Aprilia verloren. Mittlerweile gibt es dort auch Händler welche die Produkte verstehen und tollen Support anbieten. Hier müssen sich rasch einige Honda-Händler reinknien und als Kompetenzzentren zur Verfügung stehen. Denn das Potential der Maschine ist atemberaubend, nutzbar wird es aber nur dann wenn man sich mit den Möglichkeiten der Technik auch ausführlich auseinandersetzt. Eine gute Nachricht zum Schluss: Im Moment läuft alles planmäßig und die ersten Maschinen werden Ende März ausgeliefert. Wer meinem Urteil also vertraut und jetzt unterschreibt, kann die komplette Saison mit der Fireblade in Angriff nehmen. Viel Freude!

Fazit: Honda CBR1000RR-R Fireblade SP 2020

Die Fans haben gefordert und Honda hat geliefert. Die neue Fireblade ist die sportlichste CBR1000RR aller Zeiten. Sie hat nun erstmals einen klaren Focus auf die Rennstrecke. Viele der Stärken wird sie natürlich auch auf der Landstraße ausspielen können. Doch in einigen Bereichen ging Honda einen klaren Weg: Keine Kompromisse, Leistung und Rundenzeit steht an erster Stelle. Wer das möchte wird mit der neuen Fireblade zufrieden sein. Honda ging kein Risiko ein und hat insgesamt in die SP einfach die besten Partner mit an Bord geholt: Akrapovic, Öhlins und Brembo waren die kongenialen Partner der Honda Crew. Klarerweise hat all das leiwande Zeug aber auch ein entsprechendes Preisschild. Steht man jedoch vor dem Motorrad und betrachtet die Kompenteten, fühlt man sich nicht abgezockt sondern empfindet Stolz und Freude. Ein tolles Motorrad!


  • PLUS Hochwertige Verarbeitung
  • kaum zu schlagende Ausstattung - ausschließlich beste Komponenten im Einsatz
  • atemberaubend gutes Elektronikpaket
  • drehfreudiger und leistungsstarker Motor
  • tolles Ansprechverhalten vom Motor
  • Umfangreiche Setupmöglichkeiten erlauben einen sehr breiten Einstellbereich vom gesamten Motorrad
  • Starke Bremsleistung
  • Stabiles Fahrverhalten erlaubt hohen Speed, trotzdem agiles Gefühl
  • Zu lange Endübersetzung
  • ABS hinten nicht deaktivierbar
  • Tank bietet beim Bremsen zu wenig Grip für die Schenkeln
  • gute Rundenzeiten erfordern hohes Drehzahlniveau
  • Bei harten Bremsmanöver sorgt die Warnblinkanlage automatisch für mehr Sicherheit - im Straßenverkehr großartig, auf der Rennstrecke im Laufe des Tages etwas nervig.

Bericht vom 30.01.2020 | 139.703 Aufrufe