Fantic Caballero Test

Die Macht aus den 70ern ist zurück!

Fantic ist wieder da, eine Investorengruppe hat sich der traditionellen italienischen Marke angenommen und lässt sie wieder auferstehen. Neben neuen Enduros und Supermotos beruft man sich auf seine Wurzeln und haucht der legendären Caballero wieder Leben ein. Wir sind die Fantic Caballero Scrambler und ihre beiden Schwestern Flat Track und Rally für euch gefahren.

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Der Schmäh alte ruhmreiche Marken wieder aufleben zu lassen ist ja nicht neu. Gerade die Italiener zeigen ein gewisses Fäbel dafür. Allerdings handelt es sich dabei oft um ein ausschlachten des noch vorhandenen guten Rufes um die meist in Fernost gefertigten Produkte zu vermarkten. Bei Fantic geht man mit diesem Thema sehr offen um. "Ja auch wir haben einen in China gefertigten Motor in unseren Modellen verbaut" lässt der Produkt Manager von Fantic gleich wissen. Die Motoren der 250er und 500er kommen von Zongshen, die unter anderem auch für die Piaggio Gruppe oder für Norton die Antriebe bereitstellen. Entwickelt wurde der Motor allerdings von Fantic selbst und findet sich somit in keinem anderem Motorrad. Die restlichen Teile wurden soweit möglich aus Europa bezogen, so stammt das Fahrwerk aus Spanien und die ByBre Bremse von der Brembo Tochter. Zusammengebaut werden die Teile dann in Treviso in Italien wo Fantic nun auch ihren Hauptsitz hat. Übrigens werden in einem neu errichtetem Werk etwas abseits der Motorradproduktion auch hochwertige E-Bikes gefertigt. Dort läuft etwa das erste E-Rennrad oder edle Downhiller vom Band.

Die Fantic Caballero erblickte 2018 wieder das Licht der Welt, vorerst mit einem 125ccm Aggregat. Ende des Jahres folgten 250 und 500 Kubikzentimeter. Wobei die 500er eigentlich eine Mogelpackung ist, denn tatsächlich misst der Zylinder der Großen nur 450ccm. Neben der Scrambler ist die Caballero auch noch als Flat Track und ab Juni in einer Rally Version erhältlich. Laut Ralph Jahelka, Fantic Händler in Wien variieren die Preise in Österreich (inkl. Nova) je nach Hubraum und Variante zwischen 5.312€ und knapp 7.424€. Die Preise für die im Juni erscheinende Rally stehen noch nicht fest, werden aber im Schnitt ca. 500€ über den anderen liegen.

Der erste Eindruck

Auf den ersten Blick hauen alle 3 Versionen der Caballero voll rein. Gefräste Gabelbrücken, gebürstetes Alu, Arrow Enddämpfer, eine sauber verarbeitete Schwinge, CNC gefräste Fußrastenplatte, LED Scheinwerfer und Blinker usw. In der Tat findet man in der Preisklasse kaum ein zweites Bike mit derart schönen Lösungen. Der Hund liegt dann aber im Detail, denn auf den zweiten Blick wirken die "normalen" Teile, die eigentlich für diese Preisklasse gängig sind, dann doch etwas schäbig. So etwa die ByBre Fußbremspumpe, die man ja auch so auf den kleinen KTM's findet - die an die wunderschön CNC gefräste Fußrastenplatte geschraubt ist. Für all jene die nicht wissen was ich meine, stellt euch unseren 1000PS Vauli vor, es wäre einfach nicht stimmig wenn er plötzlich mit Gisele Bündchen im Arm ums Eck kommt. Extravagante und Standard Typen passen eben leider nicht zueinander. Von dieser Kombination "Standard" trifft auf "hoch exklusiv" findet man so einige Beispiele an der Caballero. Und eins noch wenn ich schon in Meckerlaune bin, die Elektro Armaturen am Lenker sind optisch grenzwertig - klobig, kantig, einfach hässlich - die sind einer Legende nicht würdig. Im Großen und Ganzen wars das dann aber schon wieder mit den Kritikpunkten. Denn auch wenn manche Details schöner verarbeitet hätten werden können, die Qualitative Verarbeitung der Bikes passt.

Wie schon erwähnt gibt es drei verschiedene Versionen. Alle 3 Versionen verfügen übr den gleichen Rahmen und Tank, auch die Motoren und deren Abstimmung sind in den jeweiligen Kubaturen gleich. Unterschiede gibt es lediglich bei den Rädern. So hat die Scrambler 19" und 17" Räder mit Pirelli Scorpions, die Flat Track 19" und 19" auf Mitas Track und die Rally 19" und 17" auf Michelin Anakee Wild. Die Rally unterscheidet sich neben den Rädern, Übersetzung (1 Zahn kürzer am Ritzel) und der Optik ausserdem noch beim Fahrwerk. Auf ihr findet man ein voll einstellbares Federbein und eine voll einstellbare 43er Gabel (41 Gabel bei Flat Track und Scrambler). Apropos Fahrwerk, auf allen dreien ist die Abstimmung ziemlich sportlich gelungen. Das Fahrwerk fühlt sich ausgeglichen und präzise an. Wer mit der Caballero längere Touren plant braucht aber keine Bedenken haben. Denn die breite Sitzbank und die aufrechte Sitzposition sorgen für ein angenehmes und entspanntes Fahrgefühl. Auch nach unserer mehrstündigen Ausfahrt zeigte mein Körper keine Anzeichen von Ermüdung oder gar Schmerzen.

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125, 250 und 500

Je nach Vorliebe und Führerscheinklasse kann man zwischen 125ccm für B111 und 250 oder 500 für die A2 Variante wählen. Die 125er wird mit 11kw angegeben, wobei ich das fast als Untertreibung hinstellen möchte, denn ohne goße Plagerei kommt die Kleine zügig auf 110km/h. Der 250er ist mir bei der Präsentation schon ziemlich ans Herz gewachsen, eine schön gleichmäßige Leistungsentfaltung und doch ausreichend Kraft um auch beherzteren Gegnern die Stirn zu bieten, bilden ein stimmiges Gesamtpaket. An dieser Stelle eine Kaufempfehlung für Einsteiger und Leute mit ausreichend großen Gemächt die am Stammtisch nix beweisen müssen. Die goldene Mitte ist die richtige Wahl für jeden der einfach und entspannt unterwegs sein will. Die 500 liefert 38 PS und marschiert schon fleißig vorwärts. Ähnlich wie auf der 250er findet man auch bei der 500er eine ziemlich gleichmässige Leistungsentfaltung die zum entspannten cruisen einlädt. Aber sie bringt auch genug Leistung um das Vorderrad auch im zweiten Gang Richtung Himmel zu richten. Durch die gesamte Hubraum Palette zieht sich eine sehr gutmütige Motorcharakteristik, die ein einfaches und streßfreies Fahren ermöglichen. In Kombination mit der moderaten Sitzhöhe von 845mm und dem geringen Gewicht von 130kg für die 125er bis 145kg für die 500er sollte die Caballero für jedermann fahrbar sein.

Alle drei Modelle kommen auf mehr oder weniger Offroadlastigen Reifen daher. Im Rahmen der Präsentation waren wir auch einen Teil im Gelände unterwegs. Wer mit den Caballeros Schotterstraßen und leichtes Gelände bewältigen will braucht keine bedenken haben. Neben den Reifen bietet das Fahrwerk mit 150mm Federweg (200mm bei der Rally) ausreichend Reserven für unbefestigte Straßen. Leider nicht mehr selbstverständlich ist abschaltbares ABS, auf der Caballero reicht ein längerer Druck auf die ABS Taste um es zu deaktivieren. Um bei den Bremsen zu bleiben, kann ich hier auch meinen letzten Kritikpunkt anbringen. Die Bremsen funktionieren zwar einwandfrei und verzögern das Bike so wie es sich gehört, die Dosierbarkeit insbesondere der vorderen Bremse lässt aber etwas zu wünschen übrig.

Fazit:

Mit der Caballero Reihe ist Fantic ein tolles Lifestyle Motorrad zum moderaten Preis gelungen. Zwar gibt es bei manchen Details noch Luft für Verbesserung, was aber nicht auf schlechte Qualität schließen lässt. Ganz im Gegenteil wirkt die Caballero gut verarbeitet und wertig. Wer also was fesches für die Stadt sucht mit dem man auch ins Gelände oder auf Tour gehen kann sollte eine Blick auf Fantic werfen. Übrigens wer die Fantic Modelle genauer betrachten und Probefahren will, kann das bei Jahelka Zweirad im 12 Wiener Gemeindebezirk.

Bericht vom 28.03.2019 | 194.726 Aufrufe