Yamaha WR 250F Enduro 2015 Test

250er Enduro mit innovativer Technik

Yamahas innovative WR 250F zeigt sich im Gelände von ihrer neuen Seite. Edi E. testet die Enduro im Zeichen der drei Stimmgabeln.

Nachdem die komplett neu entwickelte WR 250F schon die ganze Saison weltweit im Endurorennsport fleissig Pokale sammelte, war es nun endlich soweit und die kleine Blaue fand den Weg ins 1000ps Revier. Dass Yamaha in der Vergangenheit im Offroadsport, egal ob Rallye, Enduro oder Motocross eine gewichtige Rollte spielte ist jedem klar. Doch hatte man die letzten 10 Jahre den Eindruck, dass die Produktpalette wie bei vielen japanischen Herstellern auf ein Minimum reduziert, und das Schlachtfeld grosszügig den europäischen Herstellern überlassen wurde. Doch wie durch ein "blaues" Wunder, wurden bei Yamaha zuerst die 125er und 250er 2 Takt Motocross wieder aufgelegt und dann folgte ein sehr mutiger Schritt und die 250er und 450er Motocross bekamen einen um 180° gedreht eingebauten Motor. Und genau auf diesem Konzept aufbauend, wurde in kürzester Zeit auf Basis der YZ 250F eine Enduroversion aus dem Hut gezaubert. Eines noch vorweg, Anfang 2016 folgt die neue WR 450F als auch eine WR 250 2Takt Enduro!

Neues Motorenkonzept, den Kopf verdreht!

Wie schon vorhin erwähnt, ist das Motorenkonzept einzigartig, der Luftfilter befindet sich zwischen Lenkkopf und Sitzbank, wo für gewöhnlich der Tank sitzt. Der Ansaugtrakt und Gemischaufbereitung an der Vorderseite und die Abgase verlassen nach hinten den Brennraum. Eigentlich ganz logisch aufgebaut. Und der Tank? Der liegt im vorderen bis mittleren Bereich unter der Sitzbank. Der Vorteil liegt in der Zentralisierung der Massen, dem Ansaugen von kühler Luft und dem logischen Aufbau von Gemischaufbereitung vorne und Abgabe der Abgase nach hinten. Dadurch, dass der Luftfilter auf Höhe des Lenkkopflagers liegt, läuft man kaum Gefahr mal in einer tieferen Wasserdurchfahrt abzusaufen. Aber es gibt auch einen kleinen Nachteil, der Tankinhalt ist original mit 7,5lt. begrenzt. Das sollte zwar für zwei Stunden Renneinsätze reichen, längere Touren wollen aber überlegt sein. Da hilft dann nur ein grösserer Nachbautank.

Kurze Eingewöhnung auf eine andere Auslegung

Aber genug der Theorie und technischen Errungenschaften, wichtiger ist ja die Tatsache, wie sich die Yamaha fährt. Schon bei der ersten Sitzprobe fällt der breit wirkende Vorderbau auf, da in den Seitenspoilern der Ansaugtrakt eingearbeitet ist. Früher hätte man dazu RamAir System gesagt, klang damals spektakulär. Damit hat man optisch den Eindruck auf einem sehr breiten Motorrad zu sitzen. Ebenso trägt der grosse Scheinwerfer, der relativ weit vorne platziert ist und dahinter ein modernes digitales Cockpit schützt dazu bei. Endlich hat sich Yamaha auch dazu durchgerungen, keinen extra Zündschalter mehr zu verbauen, sondern mit dem Startknopf wird gestartet und fertig. Gleich geblieben ist jedoch die Seilzugkupplung. Zwar mag da ein Raunen in der Menge aufgehen, aber sobald die Kupplung das erste mal gezogen wird, weiss man, dass es nicht unbedingt notwendig ist eine hydraulische Einheit zu verbauen. Die Kupplung der Yamaha ist leichtgängiger als so manche Hydraulische am Markt!

Also Startknopf gedrückt und die Yamaha läuft auch ohne Joker sofort sauber los und hängt schon nach wenigen Metern spritzig am Gas. Das Sechsganggetriebe deckt mit der original Übersetzung einen sehr weiten Bereich ab, für typisch österreichische Renneinsätze würde ihr eine etwas kürzere Übersetzung gut passen. Der Motor wirkt spritzig und direkt, überrascht im unteren Drehzahlbereich mit tollem Drehmoment. In der Drehzahlmitte ist sie etwas brustschwach, bevor sie im oberen Drehzahlbereich die volle Leistung ausspielt. Wir hatten den Power Tuner von Yamaha leider erst sehr spät beim Test bekommen, so blieb leider nicht genügend Zeit sich mit dem netten Gameboy zu spielen. Dieser Power Tuner ermöglicht einen einfachen Eingriff in Einspritzung und Zündung, so kann man die Charakteristik des Motorrades je nach Streckenlayout oder persönlichen Vorlieben abstimmen. Ich persönlich würde der Yamaha lediglich im mittleren Drehzahlbereich etwas mehr Sprit gönnen.

Die WR giert förmlich nach Drehzahl

Aber erst mal in Fahrt giert die Yamaha nach Drehzahl, denn dann geht die Post richtig ab. Auf der MX Bahn ist man mit mehr Drehzahl unterwegs, hier fällt der leichte Durchhänger nicht auf, stattdessen trifft man die Anlieger mit ihr sehr exakt. Etwas ungewohnt ist der Vorderbau im Bericht Tankspoiler und Luftfilter nicht nur optisch. Auch fahrdynamisch darf man zu Beginn nicht schlampig werden. Denn das Bodywork verleitet dazu, sich relativ weit hinten zu platzieren. Nach etwa zwei Stunden war ich dann auf die richtige Fahrposition eingeschossen und fühlte mich danach ungemein wohl. Die etwas breitere Frontpartie schafft mit der Zeit sehr viel Vertrauen, da das Motorrad viel über die Oberschenkel gesteuert und stabilisiert wird.

Das Ansauggeräusch ist durch die Position des Luftfilters natürlich stärker zu hören als bei konventionellen Motorrädern, nach der ersten Ausfahrt fällt das aber kaum mehr auf. Hinsichtlich Bremsen ist alles so wie es sein soll, arbeiten beide unauffällig und exakt. Die extrem leichtgängige Kupplung ist ein Genuss. In Kombination mit der Einspritzung kann man die kleine Yamaha sehr lang untertourig quälen bevor der Motor ausploppt. Ich würde sagen, dass die Yamaha hier wahrscheinlich die zähste am Markt ist, was ihr im harten Gelände sehr zu Gute kommt. Generell fühlt sich die Yamaha sehr leichtfüssig und agil an und gibt sehr viel Feedback vom Vorderrad.

Jackpot Fahrwerk

Das Beste jedoch ist mit Sicherheit das Kayaba Fahrwerk. Die Gabel spricht sehr feinfühlig an, bügelt alles weg, egal ob scharfkantige Steine, Wurzeln oder langgezogenen Wellen. Bergab mit Gas im Anschlag Geröllfeld hinunter, die Yamaha bleibt stabil wie ein ICE und mit jeder Runde geht noch mehr, so schraubt man gerne das Limit hinauf. Lediglich bei sehr flotter Gangart und bei Fahrer in höherer Gewichtsklasse kommen die Federraten ans Limit. Die Abstimmung ist für den Grossteil der Käufer perfekt getroffen. Auch auf schnellen Verbindungsetappen kommt keine Unruhe ins Fahrwerk. Lenkerpendeln Fehlanzeige. Die Yamaha schafft so schon nach wenigen Minuten sehr viel Vertrauen und man wird auch nicht enttäuscht. In der kleinen Hubraumklasse führt beim Fahrwerk sicher kein Weg an der Yamaha vorbei.

Fazit: Yamaha WR250F 2015

Yamaha bringt sein sehr mutiges MX Konzept gekonnt auf Enduroschiene. Schon von Beginn an setzt Yamaha auf eine echte Rennsemmel und lässt die Dualsportgene endlich getrost bei Seite. Sämtliche Anbauteile überzeugen mit top Qualität, das ungewohnte Bodywork im vorderen Bereich gefällt nach anfänglicher Eingewöhnungszeit. Der Motor könnte im mittleren Drehzahlbereich etrwas mehr Punch vertragen. Das Fahrwerk glänzt auf voller Länge. Mit der neuen WR 250F liegt Yamaha seit langem wieder mit den Besten am Markt auf Augenhöhe und kann voll überzeugen, auch beim relativen hohen Preis.


  • Fein ansprechende Gabel
  • leichtgängige Kupplung
  • stirbt schwer ab
  • gewöhnungsbedürftiges Layout
  • schwache Drehzahlmitte
  • Ansauggeräusch etwas laut

Bericht vom 23.11.2015 | 14.922 Aufrufe

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