Harley Davidson Dyna Low Rider 2015 Test

Tief unten und trotzdem glücklich

Feelin' high on a Low Rider. Harley holt einen Klassiker aus dem Keller und poliert ihn ordentlich auf. Viel Chrom, viel Seventies, wenig Sitzhöhe.

Es gibt kaum ein Modell in der Harley-Davidson Palette, das nicht auf eine jahrzehntelange Geschichte zurückblicken kann, im Fall der Low Rider allerdings mit einer kurzen Unterbrechung. Bereits 1977, also im Jahr meiner Geburt, erblickte die Low Rider das Licht der Welt. Kürzlich nannte auch eine andere Firma ein Projekt "LoRider", was durch gerichtliche Anordnung unterbunden wurde, da dieser Name eine geschützte Wortmarke von Harley ist.

In Wahrheit: 5+1 Baureihen

Man pflegt und schützt seine Heritage, die nunmehr 112 Jahre zählt. 1903 von drei Davidsons und einem Harley in Milwaukee gegründet, schafften es die Amis, den unvergleichlich ursprünglichen Flair solider V2-Motoren bis heute in einzigartiger, authentischer Weise zu bewahren. Man zählt heute 5 + 1 Baureihen: Sportster, Dyna, Softail, V-Rod, Touring und CVO. Die Street 750 und das Trike (Tri Glide) möchte ich mal elegant außen vor lassen, weil es sich dabei um mehr oder weniger spezielle Einzelmodelle (bei uns gibt es nur die 750er Street) und noch keine Baureihen handelt.

126 Nm aus 1690 Kubik

Die Low Rider gehört neben Street Bob, Wide Glide, Fat Bob und Switchback zur Dyna-Familie. Den Seventies-Look erhält sie durch den verchromten 103 ci Motor, die ebenfalls strahlend glänzende 2-in-1 Auspuffanlage und die Speichenfelgen, sowie die blitzblanke Gabel, die oben über Rider den elegant geschwungenen Lenker aufnimmt. Die Reisen sind mit 100/90B19 vorne und 160/70B17 hinten für einen Cruiser mit 1690 Kubik Aggregat und einem Drehmoment von 126 Nm eher bescheiden dimensioniert, was aber dem Handling zugute kommt. Die Low Rider fährt sich trotz ihrem Gewicht von 302 kg leicht wie eine Chopper mittlerer Größe.

Schieberegler im Hirn nach unten

Natürlich merkt man die Masse am meisten am Stand, beim Schieben oder Reversieren und genau dort sind der niedrige Schwerpunkt und der Sitz hilfreich. Mit nur 680 mm ist der Sitz wirklich niedrig, man sollte eigentlich unmöglich umfallen können, im Gegenteil. Nur 29.5° nach rechts und 30.5° nach links machen aus der Low Rider die Antithese zum Kurvenräuber. Darauf kann man sich einstellen, indem man im Hirn jenen Schieberegler nach unten bewegt, der uns von Seiten der Politik, Wirtschaft, Banken, Arbeitgeber etc. verboten ist, jemals zu berühren.

The Low Rider rides a little slower...

Man muss sich vom Drehmoment leiten lassen, nicht von der Leistung. Das geht schon bei milden Drehzahlen (maximales Drehmoment bei 3.500 Touren) und laut Harley einem Durchschnittsverbrauch von nur 5.5 Litern. Geschwindigkeit und Drehzahl sind auf der geschwärzten, erhabenen Tankkonsole abzulesen, flankiert von zwei verchromten Tankdeckeln - in der Attrappe links findet man ein Fenster mit der Tanknadel - und mit einem klitzekleinen LC-Display; man geht schließlich mit der Zeit.

Der Hingucker schlechthin bei der Low Rider ist das Batterie-Cover unter dem Sitz, das aussieht wie ein altes Radio. Auch die Fenderhalter mit schwarzen Cutouts sind ein Zitat aus der Vergangenheit und die Blende, die sowohl Scheinwerfer als auch die Riser des Lenkers hält, ein distinktives Merkmal. Ein weiteres, nett gemachtes Detail ist die Ausnehmung im Sitzbankpolster, in dem sich eine Harley Davidson Plakette versteckt. Zur Wahl stehen 6 verschiedene Varianten von Ein- und Zweifarblackierungen, darunter so geschmeidig-klangvolle Namen wie Amber Whisky und Deep Jade Pearl, aber auch Dunkles wie Vivid Black.

Harleys bremsen heute

Ich bin ein ausgewiesener Harley-Fan, aber die Low Rider zählt optisch nicht zu meinen Lieblingsmodellen, im Gegenteil. Trotzdem gefällt sie mir noch so gut, dass ich sie nicht von der Bordsteinkante stoßen würde. Und trotzdem hat mir das Fahren irrsinnigen Spaß gemacht. Nicht nur deshalb, weil Harleys heute auch bremsen können. Vierkolbenfestsättel vorne und ein schwimmend gelagerter Zweikolbensattel hinten ergänzen sich zum verlässlichen Stillstand auf Wunsch und Berechnung. Vom Fahrwerk darf man sich keine Wunder erwarten, doch das ist aufgrund der beschränkten Schräglagenfreiheit und Statur und Wesen dieses Motorrades ohnehin nicht notwendig. Schieberegler runter und genießen ist die Devise. Irgendwie habe ich immer das Gefühl, dass mich alle am A...können, wenn ich im Sattel einer Harley sitze.

Fazit: Harley-Davidson Dyna Low Rider FXDL 2015

Die Harley Davidson Low Rider holt den Spirit of the Seventies zurück auf die Straße, mit luftgekühltem 103 ci Twin Cam Motor mit elektronischer Kraftstoffeinspritzung, jeder Menge Chrom, liebevollen Details und dem typischen niedrigen Sitz, der das Fahren zu einem besonders entspannten Erlebnis macht. Schon ab Werk bemüht sich Harley um einen hochwertigen, individuellen Custom-Look. Aus dem schier unerschöpflichen Angebot an Zubehör und Accessoires kann man sich schließlich seine ganz persönliche Harley zusammenbasteln. Zu empfehlen wäre da in erster Linie ein neuer, etwas potenterer Auspuff.


  • unvergleichliches Harley Flair
  • 70s Style mit typischen Elementen
  • viel Chrom
  • nette Details
  • sattes Drehmoment
  • unendliches Zubehörangebot
  • sicherer Stand durch niedrigen Sitz
  • hohes Gewicht teils mühsam
  • beschränkte Schräglagenfreiheit
  • serienmäßig bescheidener Sound

Bericht vom 15.07.2015 | 42.824 Aufrufe

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