Honda Goldwing F6C Test

Kot und Vauli testen die entblätterte Honda Goldwing F6C.

Motorräder, die die Welt nicht braucht, braucht die Welt seltsamerweise sehr dringend. Natürlich ist nichts gegen Vernunft einzuwenden, doch 90 Prozent aller Motorräder sind Spaßgeräte und somit reiner Luxus. Ein besonders gewichtiges und dennoch puristisches Modell ist die Honda Goldwing F6C.

Dass die Honda Goldwing nun in einer nackten Version angeboten wird, ist für Kenner der Goldwing-Reihe nichts ganz Neues: Bereits die erste Honda Goldwing war ein zwar sehr wuchtiges aber dennoch nacktes Motorrad. Bereits in der nächsten Generation entwickelte sie sich aber zum ultimativen Tourenbomber und ist vielen auch nur als solcher bekannt. Mit der neuen Honda Goldwing F6C kehren die Japaner somit zurück zu den Wurzeln und präsentieren eines der mächtigsten Naked Bikes, die es derzeit zu kaufen gibt.

Vaulis Meinung zur Honda Goldwing F6C:

Die Eckdaten der Honda Goldwing F6C erinnern mich eher an ein Auto, als an ein Motorrad: den Sechszylinder-Boxermotoren mit fast 2 Liter Hubraum würde man eher von Subaru oder Porsche erwarten, der Radstand von über 1,7 Metern entspricht fast einem Smart und über das maximale Drehmoment von 167 Newtonmeter bei 4000 Touren würden sich sogar die meisten Mittelklasse-PKW freuen. Umso mehr beeindrucken diese Werte auf einem Motorrad - die F6C ist definitv nichts Alltägliches. Einfach unbeschreiblich, wie locker vom Hocker die 341 Kilo schwere F6C aus dem Stand beschleunigt. Einerseits seindenweich, andererseits dermassen druckvoll, dass der Hinterreifen schwarze Striche zieht - von dieser Souveränität könnte sich der Staat Österreich ein Scheiberl abschneiden. Damit gelingen dann mit Leichtigkeit Perversitäten, wie etwa im fünften Gang vom Stand weg zu beschleunigen. Nur kurz die Kupplung schleifen lassen und dann ohne jegliches Ruckeln oder Stottern hochziehen. Für den Alltag ist das natürlcih nicht zu empfehlen, jedoch beruhigt es, für den Fall, dass das Getriebe einmal streikt und nur noch der fünfte Gang nutzbar ist. Allerdings ist auch das äusserst unwahrscheinlich, die Antriebseinheit der Goldwing F6C hat sich jahrelang beim Reiseschlachtschiff bewährt und gibt bei der, um über 70 Kilo leichteren Nackten keinen Grund zur Sorge. Stark gesteigerte Sportlichkeit sollte man aber trotz des gesparten Gewichts und der puristischen Nacktheit der F6Cnicht erwarten. Das Fahrwerk ist zwar angenehm straff abgestimmt und die aufrechte Sitzposition gewährt eine gute Kontrolle der dicken Bertha über den breiten Lenker, allerdings ist auch die nackte F6C ein immens schweres Motorad, dessen gewählte Kurvenlinie man nicht ganz einfach korrigieren kann. Vor allem bei Nässe oder rutschigen Untergründen sei Vorsicht geboten, das enorme Drehmoment lässt den Reifen auch in Kurven Schwarz malen.Allerdings sollte man vor einer solch imposanten Erscheinung wie der Honda Goldwing F6C ohnehin niemals den Respekt verlieren.

Kots Meinung zur Honda F6C:

Die Honda Gold Wing ist der sanfte Riese in der kleinen Motorradwelt. Honda hat nie versucht, den Luxus-Tourer mit supersportlichen Genen zu kreuzen oder ihn auf Diät zu setzen; die neue Gold Wing Ding wiegt vollgetankt 421 Kilo. Man ist sich über Jahrzehnte einfach treu geblieben und hat sich so eine loyale Fangemeinde aufgebaut und erhalten. Was mich nur wundert, ist, warum man die Gold Wing als Basis für andere Big Bikes erst so spät entdeckt hat. Denn die F6B Interstate und die F6C sind für mich absolut gelungene Variationen des 6-Zylinder-Themas. Die nackte F6C wirkt fast noch mächtiger, jedenfalls aber muskulöser als ihre vollverkleideten Schwestern. Schade ist, dass die monströsen Kühler die Brust der F6C so aufblasen, denn könnte man diese hinter die Gabel versetzen, käme der 6 Zylinder-Boxer perfekt zur Geltung. So ist der 341 Kilo schwere Koloss aber natürlich noch beeindruckender. Die Leistung ist es auf den ersten Blick nicht, 116 PS erscheinen bei dieser Masse wie ein Mindestmass, aber das Drehmoment von 167 Nm bei nur 4.000 Touren stellt klar, worum es hier geht (für alle, die es immer noch nicht kapiert haben). Es geht um Souveränität und Klasse, sogar ein wenig um Eleganz, die man mit dem Gleiten eines Wals im Meer vergleichen kann. Der Sechser säuselt leise und behutsam, verrät nicht, dass die Faust Gottes in ihm steckt. Ein Dreh am Gasgriff und der 180er Gummi ist momentan überfordert. Zum Glück lässt sich das Gas fein dosieren und auf die Bremsen mit ABS (vorne 2x310 und sogar hinten eine 316er Scheibe) kann man sich ebenfalls verlassen. So ein richtig fettes Motorrad zwischen den Beinen, das sich aber, wie die meisten nicht vermuten, sehr einfach manövrieren lässt, gibt mir schon ein gutes Gefühl und schenkt mit Selbstvertrauen. Da sind mir dann auch Sinn und Nutzen vollkommen egal.

Fazit: Honda Gold Wing F6C 2014

Sehr spät aber doch erweiterte Honda das Goldwing-Programm, im Vorjahr um den Bagger F6B und heuer um die nackte, aber nicht minder wuchtige F6C - damit merkt man, wie weit der Begriff Naked Bike gedehnt werden kann. So puristisch die nackte Goldwing nämlich auch ist, der mächtige Auftritt mit fast 350 Kilo ist unübersehbar. Allerdings braucht ein gewaltiger Sechszylinder-Boxermotor mit über 1800 Kubik auch ein stabiles Chassis. Denn bei aller Sanftmütigkeit, mit der das Triebwerk dahin säuseln kann, fahren die 167 Newtonmeter Drehmoment so brachial ein, als würde man auf einem Dampfkatapult sitzen. Straffes Fahrwerk und aufrechte Sitzposition suggerieren wiederum sportliche Fähigkeiten, zum agilen Kurvenräuber wird die F6C allerdings schon wegen ihrer Masse und Maße nicht. Dass die Honda Goldwing F6C zudem sehr teuer ist, passt ebenfalls perfekt ins Bild - dieses außergewöhnliche Motorrad ist nicht für jeden gedacht.


  • sowohl sanfter als auch brachialer Sechszylinder-Boxermotor
  • enorme Laufruhe
  • straffes Fahrwerk
  • gute Bremsen
  • angenehm aufrechte Sitzposition
  • wuchtige Optik mit breiten Kühlern
  • sehr hohes Gewicht
  • bei Nässe heikles Fahrverhalten
  • ziemlich teuer

Bericht vom 20.10.2014 | 61.928 Aufrufe