Sardinien 2011

Der Weg ist das Ziel und das Erlebte jetzt Geschichte. 3 Biker ohne Plan nach Sardinien.
 

Sardinien 2011

3 Höllenhunde auf dem Weg zum Kurvenhimmel. Yamaha FZ8 / Suzuki GSR 600 / Suzuki GSX-650 F
 
Ich verspreche die Wahrheit zu schreiben und nichts als die Wahrheit. Und die Wahrheit ist: Wir hatten keinen Plan. Nachdem wir monatelang davon gesprochen hatten nach Kroatien zu fahren und eigentlich schon die Routen, Hotels und besten Bars herausgesucht hatten, bekamen wir von einem Bekannten eines Bekannten ein sehr verlockendes Angebot. Er bot uns an in seinem 4 Stern Hotel in Porto San Paolo so gut wie umsonst zu wohnen und er würde uns einen Spezial-Mindestlohn-Preis machen, wenn es dann um die Abrechnung geht. Nachdem wir uns kurz informierten und herausfanden, dass Sardinien das Kurvenparadies schlecht hin ist und ich mir mit meinem 1000PS-Lohn gerade das Nötigste leisten kann, war Kroatien vorübergehend auf Eis gelegt. Nur zum Planen blieb uns jetzt eigentlich nicht mehr viel Zeit. Deswegen ließen wir diesen Schritt größtenteils auch aus.  3 junge Burgenländer, 10 Tage Urlaub: 4 Tage für An- / Abreise. 6 Tage Traumstrassen in Sardinien. Der Urlaub war schon längst eingetragen und die Vorfreude kannte keine Grenzen mehr. Sardinien, wir kommen, auf welchem Weg auch immer!
 

v.L.n.R.: Scherbl mit seiner GSX 650 F, Macho und seine GSR 600, Volli und sein Dauertester FZ8.


1. Tag

Den Urlaub fast verschlafen
 
Um der Reise ein gewisses Fenster zu geben, wurde das Datum von 14.7. bis maximal 25.7. festgelegt. Somit wussten wir wenigstens etwas, wenn schon sonst nicht wirklich viel. Zug, Fähre und Hotel. Das waren die 3 Dinge, die wir fixierten und die es einzuhalten galt. Dadurch, dass wir alle drei die noch eher jüngere Generation der Motorradfahrer vertreten, gaben wir vor unserer Reise nach Sardegna noch 3 Tage kräftig Gas am Novarock Festival in Nickelsdorf. Im Wissen, dass wir nach 3 Tagen Musik, Sonne und was eben noch so dazugehört nicht wirklich 1500 Kilometer bis Genua zum Fährplatz fahren werden können, entschieden wir uns für den Autoreisezug der ÖBB. Wenigstens bis Lienz in Tirol. Somit wären zumindest 6 Stunden Schlaf in einem Zug gesichert und wir sind dann fit genug für die italienischen Kurven. Am Dienstag um 06:00 war der Treffpunkt bei der Jet-Tankstelle in Neusiedl am See angesetzt. Das Festival endete ca. 3 Stunden davor.
 
Dienstag, 06:00 Uhr Morgens, Parkplatz Jet: Keiner da.
Der erste, der fast pünktlich war, war Thomas alias "Scherbl" mit seiner GSX-F 650 von Suzuki. Er ist am wenigsten dem Festival verfallen und war dadurch auch halbwegs ausgeschlafen. Kurz darauf schaffte es auch ich nur wenige Minuten später mit meinem Dauertester FZ 8 von Yamaha zu erscheinen. Auch ich wusste es schon einen Tag zuvor besser und ließ die letzten Bands sowie das Bier am Abend aus. Als wir also beide fast pünktlich waren fehlte um 06:15 nur mehr einer, Mario alias Macho mit seiner GSR 600 von Suzuki. Wir wussten, dass Mario am Vorabend am Novarock arbeiten musste und deswegen sicher nicht vor 4 ins Bett gekommen war. Vermutlich hat er verschlafen. Nach ca. 200 Anrufen und sehr bösartigen SMS, für die wir uns übrigens entschuldigten, hebte er endlich mit verschlafener Stimme ab.

"GIBBBBBB GAAAAAAASSSSSSSSSSSSS, es geht um was !!!", lautete unsere "Guten Morgen" Begrüßung. Der Zug fährt planmäßig um 8:21 ab, eigentlich genug Zeit und kein Grund zur Sorge. Das Aufladen der Bikes erfolgt jedoch schon eine Stunde zuvor und muss spätestens um 07:35 abgeschlossen sein. Die Anfahrt von Neusiedl am See nach Wien Matzleinsdorf-Verladestation dauert ca. 45 Minuten. Und das auch noch durch den Pendlerverkehr auf der A4 nach einem langen Wochenende. Also doch ein Grund zur Sorge! Macho tauchte gegen 06:45 endlich auf. Verschlafen, komplett fertig mit der Welt und top motiviert für den Urlaub. Den Weg nach Wien, die Fahrweise und wie wir trotz Stau es doch noch geschafft haben, rechtzeitig unsere Motorräder zu verladen, möchte ich hier nicht weiter beschreiben. Es soll immerhin ein Reisebericht werden und keine öffentliche Niederschrift von mehreren Straftaten.

Der Zug fuhr zum Glück pünktlich mit uns und unseren Bikes an Bord ab. Von da an wurde erstmal ordentlich Schlaf nachgeholt und die Straßenkarte von Sardinien studiert. Der Autoreisezug ist eine sehr bequeme Art, weite Strecken hinter sich zu bringen. Oder auch Strecken, die man schon 100 mal gefahren ist. Pro Person kann man mit ca. 50 € von Wien nach Lienz rechnen. Andere Destinationen findet man hier: Autoreisezug Website

Scherbl kann die Kurven schon nicht mehr erwarten.

Volli checkt die Sache: "Ohhh.. da ist Sardinien !"

Macho, noch sichtlich gezeichnet vom Novarock.

 
Um 14:10 erreichten wir Lienz und konnten ca. 30 Minuten später unsere Reise Richtung Italien antreten.
Über den Plöckenpass und die Südtiroler Dolomiten schafften wir es am ersten Tag noch bis kurz vor Trento, nördlich vom Gardasee. Da wir das Jahr zuvor schon mal hier in dieser Gegend unterwegs waren, fiel es uns relativ leicht um 21:00 noch ein Hotel zu finden. Am Straßenrand wären jedoch auch immer wieder Bikerhotels mit wirklich günstigen Zimmern zu finden gewesen. Am nächsten Tag war noch ein weiter Weg bis nach Genua zu schaffen. Aus diesem Grund ließen wir ausnahmsweise für diesen Abend den Sekt im Kühlschrank und schickten die Mädls wieder weg.
 

Oben: Motiviert und ausgeschlafen gehts nach einer kleinen Wurstsemmel-Stärkung Richtung Italien.
Unten: Erstes Highlight auf der Strecke "Auronzo di Cadore" bei traumhaften Wetter.


2. Tag

Große Schiffe und der "Horst Winkler" !
 
Am zweiten Tag kamen wir erst um 11:00 Uhr aus den Startlöchern. Vermutlich aufgrund der Nachwirkungen des Wochenendes. Da wir uns nicht hetzen wollten, aber natürlich rechtzeitig bei der Fähre sein mussten, fuhren wir noch ein Stück bis Trento und nahmen ab dort die Autostrada runter bis nach Piacenza. Somit hatten wir den Großteil der Strecke in knappen 4 Stunden hinter uns gebracht und fuhren von Piacenza das letzte Stück abseits der Autobahn nach Genova. Am Weg hinunter machten wir an einer unscheinbaren Pizzeria am Straßenrand in einem kleinen Ort halt und aßen die vermutlich beste Pizza der Welt. Über ein Stück dieser Pizza zitiere ich folgendes "Nimm den besten Orgasmus den du je gehabt hast, multipliziere den mal 1000 und du bist noch nicht mal nah dran." Schade nur, dass wir uns weder an den Namen der Stadt, noch an den der Pizzeria erinnern können.
Gegen 20:00 Uhr kamen wir in Genua an und hatten mehr als genug Zeit bis die Fähre um 22:00 Uhr ablegte.

200 Euro Lehrgeld.


Als wir uns am Parkplatz umgezogen hatten und gerade die Tickets holen wollten, sprach uns ein alter, netter Herr namens Horst Winkler an. Ein gesuchter Verbrecher. (siehe dazu Forumseintrag: "ACHTUNG: Betrüger "HORST WINKLER") Da ich so gut verdiene (hahaha) und zusätzlich naiv bin, schenkte ich ihm auf die schnelle noch 200 €. Tja, zur falschen Zeit am falschen Ort. So etwas passiert einem anscheinend, wenn man hilfsbereit sein und sich seinen Platz im Himmel sichern möchte. Aber man trifft sich angeblich immer zweimal im Leben. Hoffentlich. Die Reservierung der Fähre erledigten wir schon im Vorhinein, so wie es auch im Internet empfohlen wird.

Direkt unter www.mobylines.de fanden wir die günstigsten Angebote. One-Way-Ticket von Genua nach Olbia um ca. 70 pro Person, inklusive einem Motorrad. Bei der Hinfahrt buchten wir zusätzlich um ca. 20 € auch noch einen Liegesitz zum Schlafen, was eigentlich nicht nötig gewesen wäre. Nicht, weil man bei einer 10 -stündigen nächtlichen Überfahrt nicht schlafen möchte, aber der Liegesitzraum ist spätestens eine Stunde nach Abfahrt komplett überfüllt. Keine Chance wenn man nicht eine Reservierung hat und den- oder diejenige von seinem Platz vertreibt. Die meisten haben nämlich keine. Die Passagiere, welche keine 180 € für eine Kabine ausgegeben haben, liegen auf den Bänken neben dem Kinderparadies, in der Rutsche, an Deck mit Schlafsack und auch sonst überall wo ein windstiller und relativ ruhiger Platz ist. Somit wussten wir, dass wir für die Rückfahrt den selben Fehler nicht noch einmal machen und uns ebenfalls nur die Fahrt alleine besorgen werden.

 
Die Taschen oder Gepäckrollen können am Motorrad montiert bleiben. Sollte man jedoch etwas daraus brauchen, unbedingt mitnehmen. Sobald man ablegt, kann man nicht mehr in den Verladeraum. Außerdem empfiehlt es sich , schon vorher Essen zu gehen und etwas zum Trinken mitzunehmen. An Deck kostet eine Flasche Bier ein Vermögen. Nach einigen Flaschen ist es einem zwar gleichgültig, aber dann ist man nicht nur hackedicht, sondern auch pleite.
 

Beim Ablegen und schon mindestens eine halbe Stunde vor dem Anlegen
lohnt es sich, oben an Deck zu sein ! Die Aussicht ist ein Traum !


3. Tag

Costa Smeralda, kost´da viel.
 
Am nächsten Morgen kamen wir um 8:00 Uhr pünktlich voller Tatendrang und fast ausgeschlafen in Olbia an. Das Ausladen der Bikes dauerte insgesamt etwa 15 Minuten, das Finden auf den riesen Parkdecks dafür umso länger.
Man sollte sich den Aufgang, von dem man am Vorabend gekommen ist, besser merken. Beim nächsten Mal.
Nachdem wir die Motorräder ausgeladen und alles wieder verstaut hatten, machten wir uns auf den Weg in unser Hotel ca. 30 Minuten entfernt von Olbia. In Porto San Paolo im Hotel "Il Faro di Molarotto" wurden wir schon erwartet und herzlichst begrüßt. Nachdem wir unsere Zimmer bezogen und unsere riesen Gepäckrollen endlich von den Bikes gelöst hatten, ging es endlich darum, die Reifen wieder rund zu fahren! Der erste Ausflug führte uns entlang der berühmten Costa Smeralda rauf Richtung Palau. Am Weg dorthin legten wir einen kurzen, teuren Abstecher nach Porto Cervo ein (B) um die Luxus Yachten zu bestaunen und den Luxus Espresso um 4,50 € zu genießen.

Mit Sicherheit auf Traumrouten unterwegs.


Danach fuhren wir über die eindrucksvollen Felsformationen beim "Capo d´Orso" (C) weiter über das Landesinnere, inklusive unserer ersten Erfahrung mit den Öffnungszeiten der Restaurants, nach Tempio hinunter (D). In der Zeit von 14:00 bis 18:00 Uhr bist du entweder besser in einer größeren Stadt an der Küste oder du wirst einfach zwangsläufig etwas für die Figur tun. Hungern.

Nach einer schönen ersten Ausfahrt ging es dann von Tempio wieder zurück zu unserem Einsatzquartier.
Gleich am ersten Tag haben wir gemerkt, dass man eigentlich keinen Plan in Sardinien haben muss.
Schöne Kurven sind schon auf dem Weg zur Pizzeria im nächsten Ort finden und wenn man die grünen und gelben Linien auf der Karte abfährt, ist man mit Sicherheit auf Traumrouten unterwegs. Auch wenn man nicht genau weiß, wo genau. Trotzdem wäre es nicht schlecht, die Strecken vorab mit einem Routenplaner o.Ä. abzuchecken, wenn man ohne Navi unterwegs ist. Eine Route, die auf der Karte kurz aussieht bedeutet noch lange nicht, dass man sie auch schnell abgefahren ist. Aber das sollten wir noch auf die Schmerzhafte lernen.

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Oben: Am Weg zum Capo D´Orso mit traumhaftem Ausblick !
Unten links: Wo man die Reichen, Schönen und uns findet. Porto Cervo.
Unten rechts: Restaurants hatten alle geschlossen und wir waren wirklich schon sehr hungrig.


4. Tag

Nicht wirklich viel.
 
Nachdem die Anreise über die Autostrada, nervenaufreibende Bekanntschaften und ungemütliche Schlafliegen in der Fähre doch etwas anstrengend waren, ließen wir es am 4. Tag etwas ruhiger angehen. Das Frühstück haben wir verschlafen, waren aber wenigstens noch rechtzeitig zum Mittagessen wach. Wir fuhren nach Olbia, um ein wenig durch die Stadt zu schlendern und ein bisschen das sardische Leben zu beobachten.

Als wir in einem Straßenkaffee gemütlich unseren Cappucino schlürften, hörten wir fröhliche Musik die Seitengasse herunter kommen. Eine Menschenmenge mit Orchester kam auf uns zu. Schnell packte ich die Kamera und stand lachend am Straßenrand, um schöne Bilder zu knipsen und winkte den Leuten nett zu. Bis ich merkte, dass das kein Festzug war, sondern eine Beerdigung. Ich wusste das nicht und wenn Blicke töten könnten, gäbe es jetzt keinen Reisebericht von mir.


Alles, was man für Geld kaufen kann.


Danach fuhren wir nochmal zum Fährhafen, um unsere Tickets für die Rückfahrt zu organisieren. Warum kann ich nicht sagen, aber das Ticket war 10 € billiger als die Hinfahrt und diesmal, weil absolut nicht nötig, ohne Liegesitz- Reservierung. Vermutlich weil wir direkt bei der Reederei und nicht über das Internet reserviert haben. Somit war die Heimreise auf den 21.6. um 22:00 Uhr fixiert. Nachdem wir danach noch am Corso Umberto, einer Einkaufsstrasse mit wirklich allem, was man für Geld kaufen kann, Halt machten um ein wenig zu shoppen, fuhren wir anschließend noch zum Supermarkt um die Ecke. Supermärkte in Sardinien unterscheiden sich nicht grundlegend von unseren. Einzig und allein das Pasta- und Fischangebot ist reichhaltiger. Sehr zum Nachteil unserer Figur.

 

Oben: Fischangebot beim sardischen Billa um die Ecke. Definitiv nicht förderlich für die Figur
Unten Links: Fröhliche Beerdigung in Olbia.
Zum Glück kann man die verachtenden Blicke, die mir zugeworfen wurden, nicht erkennen.
Unten rechts: Ich würde töten um jetzt so eine Portion "Spaghetti frutti di mare" zu bekommen.


5. Tag

Ohne Navi geht es auch.

 
Am 5. Tag schafften wir es ausnahmsweise wieder, früher aufzustehen. Der gestrige Abend endete sehr gemütlich nach nur einer Handvoll Flaschen Bier und somit fuhren wir heute wieder top motiviert und ausgeschlafen auf Entdeckungstour.

Nachdem wir um 9:00 Uhr von Porto San Paolo gestartet waren, gab um ca. 9:30 Uhr unser einziges Navi den Geist auf. Nach mehreren Versuchen, es irgendwie wieder zum Laufen zu bringen, erklärten wir es nach einer halben Stunde für tot. Es war einfach viel zu heiß, um noch länger an den Kabeln zu zerren und auf den Bildschirm zu schlagen, obwohl wir ohnehin nicht wussten, was wir da tun. Zum Glück hatte ich geistesgegenwärtig Zuhause eine 2 Jahre alte Straßenkarte von Italien in meinen Rucksack gepackt und somit musste diese für der Rest unserer Reiseplanung reichen. In 2 Jahren können sich die Straßen doch nicht so verändert haben, dass man plötzlich im Nirgendwo vor einer Kreuzung steht und die Karte diese nicht eingezeichnet hat. Aber doch, das tun sie.


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Von Monti Richtung Buddusó erwartete uns ein Kurvenparadies von 40 Kilometern Länge. Am Weg begegneten uns unter anderem ein Bugatti Veyron, ein Mustang GT 500 Super Snake und mehrere Ferraris in allen Farben und Formen. Anscheinend war heute die High Society oder die Cosa Nostra mit ihren Luxusschlitten ebenfalls auf Ausfahrt. Einer sehr flotten Ausfahrt. Zeit für Fotos von den Exoten blieb nämlich leider nicht. Keiner von ihnen hielt sich auch nur annähernd an die vorgeschriebenen 50 km/h. Wir natürlich schon!

Bugatti Veyron, ein Mustang GT 500 Super Snake, Ferraris.


Von Buddusó fuhren wir ein Stückchen weiter landeinwärts und bogen bei Bitti ins wahre Sardinien Richtung Westen ab. Über Nule und Benetutti, umgeben von Granitfelsen und Korkeichenwäldern, fuhren wir bei Bulltei über die kurvenreichsten Strecken die ich in meinem ganzen Leben Fahren durfte. Immerwieder entdeckten wir am Straßenrand Tiere, Hütten oder einfach nur ein atemberaubendes Panorama und mussten langsamer werden um nicht in der nächsten Kurve geradeaus zu fahren. Das Gefühl wenn man bei diese endlosen Windungen durchzieht ist einfach himmlisch. Die Straße wirkte als hätte sie kein Ende. Als würden die Kurven nur für uns ganz frisch in die schönsten Landschaften gegossen.

Bei Bulltei fuhren wir die SP36 wieder Richtung Norden. Auch hier nahmen die Kurven kein Ende. Ich traue mich zu behaupten, dass bei dieser 250 Kilometer Ausfahrt keine 2 Kilometer ohne Kurve dabei waren. Der Asphalt und der Grip sind mit der rauen Oberfläche des sardischen Asphaltes rennstreckentauglich. Die Straßen selbst waren außer auf den Hauptverkehrsrouten zwischen zwei größeren Städten die meiste Zeit wie leergefegt. Ab und zu kam uns eine kleinere oder größere Gruppe von Bikern entgegen, aber die meiste Zeit waren wir alleine unterwegs.

Als wir dann am späten Nachmittag Ozieri erreicht hatten, waren wir zwar voller Glückshormone nach diesen Traumstrecken, aber auch schon sehr erledigt. Bei 30-35 Grad und nur gelegentlichen kurzen Pausen zum Trinken, zerrt eine solche Ausfahrt sehr an den Kräften. Ab Ozieri ging es zum Glück sehr flott und im Gegensatz zu den letzten Stunden relativ gerade zurück ins Hotel. Duschen, Essen, 1 Bier und ab ins Bett. Das war der Abend.

Ab jetzt hieß es genau schauen bei Verkehrstafeln !


 

6. Tag

Katzen, Schlangen und Porsche Cayenne.

 
Der heutige Tag stand ganz im Zeichen des Sightseeings. Wir wollten endlich mit den Bikes im Sand am Meer stehen und den nördlichsten Punkt Sardiniens erreichen. Die Strecken im Norden sind bei Weitem nicht so aufregend wie im Landesinneren, aber aufgrund der Küstenstraßen und der Aussicht auf das offene Meer auf jeden Fall eine Ausfahrt wert. Außerdem wurden wir vom Hotelchef persönlich heute Abend zum Essen eingeladen. Der Bekannte eines Bekannten hatte das arrangiert. Und somit wollten wir nicht vor Müdigkeit mit dem Kopf in den Teller knallen und nahmen uns vor, uns etwas zu schonen. Von Olbia fuhren wir über die mittlerweile bekannte und wenig aufregende Strecke westlich nach Tempio. Auf dem Weg dorthin tötete Scherbl eine Katze und ich aus Langeweile eine Schlange.

Katze und Schlange überfahren.


 Die Katze beging Selbstmord. Als sie hörte, dass 3 Motorräder entlang kommen, hüpfte sie wie aus dem Nichts aus dem Straßengraben, genau vor den Vorderreifen von Scherbls Suzuki. Jegliche Wiederbelebungsversuche wären zwecklos gewesen. Außer natürlich einer von uns hätte durch Handauflegen den Kopf wieder an seine ursprüngliche Stelle zurückheilen können. Konnte aber leider keiner. Die Schlange, ich gebe es zu, wäre wirklich nicht nötig gewesen. Sie griff mich weder an, noch fühlte ich mich in irgendeiner Weise bedroht. Eigentlich wollte ich an einer längeren Geraden auf der anderen Straßenseite einen Vogel verscheuchen, der vermutlich im Visier der Schlange war. Somit hab ich ihr nicht nur das Mittagessen versaut, sondern auch den restlichen Tag. Es tut mir leid. Wirklich! Nachdem wir eine Trauerminute eingelegt hatten, ging der Weg über die kurvenreiche Strecke von Tempio Richtung Perfugas weiter. Immer wieder verändert sich die Landschaft. Einmal sind es Korkeichenwälder, dann wieder ausgebrannte Steppe. Je näher man der Küste kommt, umso mehr gedeiht und blüht die Fauna und Flora am Straßenrand. Prächtige Palmen und Blumen in allen Farben und Formen.
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Von Perfugas Richtung Küste wird die Luft immer frischer. Der Salzgehalt steigt stetig und immer wieder sieht man kurz das blaue Meer am Horizont auftauchen, bevor es hinter der nächsten Bergkuppe sogleich wieder verschwindet.
Die letzten 10 Kilometer vor Castelsardo fährt man an einer wunderschönen Küstenstrasse entlang. Links das weite Meer, rechts die Steinwände und Felsen. Wenn man auf die Stadt zufährt, sieht man in der Bucht, umgeben von einem gewaltigen Wellenbrecher, Yachten und einfache Fischerboote aneinander gereiht. Das Schloss der Aragonier prangt und wacht über der Stadt, welche wie in den Felsen gemeißelt aussieht. Wirklich traumhaft!
 

Oben Links: Am Weg Richtung Castelsardo taucht das Meer am Horizont kurz auf und verschwindet wieder.
Oben Rechts: Der Hafen von Castelsardo und im Hintergrund die Stadt im Fels.
Unten: Am steinigen Strand von Lu Bagnu, kurz vor Castelsardo.

 
Nachdem wir in Castelsardo kurz zu Mittag gegessen hatten, ging unsere Reise weiter an den nördlichsten Punkt von Sardinien. Santa Teresa Gallura. Der Weg dorthin ist größtenteils Küstenstrasse. Der Ausblick auf das offene Meer und die Klippen machen das Schauen auf die nächste Kurve wirklich nicht leicht. Deswegen nahm unsere Reisegeschwindigkeit auch relativ zur vorherigen etwas ab. Aufgrund des Salzes auf den Straßen war das vermutlich auch besser. Als wir am späteren Nachmittag am nördlichsten Punkt ankamen, parkten wir unsere Bikes in der Altstadt und gingen ein Stück die steile Straße zur Küste hinunter. Von dort aus sieht man an einem schönen, klaren Tag bis an die Küste Korsikas. Korsika ist auch nur ca. 12 Kilometer entfernt und die Kalksteinwände sind sehr gut zu erkennen. Die Stadt selbst ist vom Tourismus zur Gänze eingenommen. Überall findet man überteuerte Souvenirs und Pizzerias mit bekannten Namen. Den selben Namen wie auch bei uns.

Porsche Cayenne S Taxi.


Da es ansonsten nicht mehr viel zu sehen gab, außer Kirchen und Museen, machten wir uns über Arzachena auf den Heimweg. Erst im Nachhinein bemerkten wir, dass man eigentlich auch ganz hinunter bis zur Küste hätte fahren können. Ein schweißtreibender Fußmarsch in voller Kampfbekleidung und mit den Tankrucksäcken in der Hand bergauf wäre uns erspart geblieben. Am Abend wurden wir vom Hoteleigentümer zum Essen eingeladen. Pünktlich holte er uns ab und chauffierte uns mit seinem Porsche Cayenne S nach Olbia, in seinen Club. Seiner Fahrweise nach zu urteilen ist sein großes Vorbild Sebastian Vettel oder Valentino Rossi. Oder auch beide. Nach dem verkrampften Festhalten an den Türgriffen des Boliden, kam das Gefühl in den Händen erst nach einigen Minuten wieder. Rechtzeitig um den gratis Wein und das gratis Essen zu genießen.
   

Die Küstenstrassen im Norden.

Aussicht bei Santa Teresa auf Korsika.

Oben links: Sardisches Brot. Hauchdünn, so ähnlich wie Chips mit Olivenöl Geschmack.
Oben rechts: 25€ Euro Rotweinflasche. Uns Topwinzern hätten sie genauso gut Cola zum mischen geben können.
Unten: Luxustaxi Porsche Cayenne S. Adrenalinausschüttung bei der Fahrweise des "Taxlers" inklusive.


7. Tag

Der Tag der Kilometerfresser.

Vom ausgezeichneten Essen und der sehr netten Gesellschaft gestern waren wir schon um 8:00 Uhr morgens motiviert, heute die ganze Insel abzufahren. Ursprünglich geplant gewesen wäre bis in die Hauptstadt Cagliari zu kommen. Nicht einmal annähernd sollten wir das schaffen.

Zuerst fuhren wir von Porto San Paolo südlich nach Siniscola an der Küste entlang. Von dort aus bis nach Tortoli überquerten wir Bergpässe und Täler, die ihresgleichen suchen. Die Aussicht ist teilweise so atemberaubend, dass man wieder einmal fast vergisst, sich auf die Kurven zu konzentrieren. Mehrere Pausen, allein um Fotos zu machen und bei 35 Grad genug Wasser zu trinken, sind unabdingbar. Schluchten, die 200 Meter Steil hinunter fallen und Wälder soweit das Auge reicht machen die Ausfahrt zu einem reinen Vergnügen. Der perfekte Asphalt erstreckt sich rund um die Berge.
Des Öfteren überraschen uns Ziegen, Kühe oder auch Schildkröten, die unseren Weg kreuzen. Überfahren haben wir heute aber ausnahmsweise nichts.

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Sogar die Autostrada ist ein Erlebnis.


Nachdem wir heute schon so früh gestartet sind, sind wir um 16:00 ziemlich erledigt. Es war einfach zuviel und unsere Schätzung der Route war definitiv schlecht. Nicht nur schlecht, sondern wirklich naiv. Eigentlich wollten wir auch auf der Bundesstrasse bei Nuoro, über Buddusó wieder rauf Richtung Olbia. Aber nachdem es schon fast 20:00 Uhr war als wir in Nuoro ankamen, ließen wir die letzten Kilometer auf der Autobahn dahinlaufen.

Selbst die sardische Autostrada ist ein Erlebnis, wie wir mitbekommen haben. Zwar ist die Strecke genauso monoton wie bei unseren Autobahnen. Die Schlaglöcher, LKW Reifen und abgesenkte Fahrbahnen, die als Sprungschanze dienen, sind aber immer eine Überraschung wert. Aber wenigsten erreichten wir gegen halb 10 Uhr abends unsere Abfahrt. Völlig erschöpft, aber glücklich von den Erlebnissen des Tages lassen wir uns in einem Restaurant am Strassenrand nieder. Scharfe Diavola und 2 L Aqua Frizzante pro Person sind jetzt alles, was uns interessiert. Eventuell noch einmal dasselbe als Nachspeise.
 
20 Minuten später im Hotel schlafe ich samt Kampfmontur und mit den Stiefeln am Bett ein. Erst mitten in der Nacht kann ich mich noch mal aufraffen und die sehr notwendige Dusche erreichen. Mario und Scherbl wollten sich eigentlich auch nochmal melden, aber auch sie hatten nicht mehr die Energie den Telefonhörer abzunehmen.
Der Tag war nicht nur sehr ausgiebig, es war einfach viel zuviel. Nicht für die Motorräder, die hätten heute sicher auch noch einige Kilometer mit uns geschafft. Aber die Jugend von heute hält einfach nichts mehr aus. Oder wir sind einfach nicht mehr so jung, wie wir angenommen hatten.
 

8. Tag

Gashand sagt "Ja", restlicher Körper sagt definitiv "Nein".
 
Nach der Monstertour von gestern, von der wir alle drei einen mächtigen Muskelkater an den verschiedensten Körperteilen davongetragen haben, ist heute Sonnentanken und Entspannen angesagt. Am Porto Torres, gleich neben Porto Sao Paolo, lassen wir es uns einfach nur gut gehen. Wie wissen, dass wir ab morgen noch einen langen Heimweg vor uns haben und sollten wir nicht fit genug sein, könnten die 1000 km Rückweg echt hart werden.
Die Fähre legt um 22:00 Uhr von Olbia ab, jetzt wissen wir schon, dass es reicht um 21:00 Uhr dort zu sein und besorgen uns auch schon davor Verpflegung und das "Gute-Nacht-Bier". Auf die reservierten Sitzliegen haben wir ebenfalls verzichten und trotzdem, so wie die anderen Fahrgäste auch, auf welchen geschlafen.
 

Gelati und im Sand herumkugeln. Zu mehr waren wir an diesem Tag absolut nicht fähig.


9. Tag

A grode Hoam zur Mutti.

 
Von Genova bis rauf nach Udine fahren wir schließlich alles auf der Autostrada. Die Abwechslung und die Aussicht lassen zu Wünschen über. Natürlich sind mehrere Pausen und kleine Spaziergänge, um die Gelenke wieder zu lockern, unabdingbar. Fast alles tat weh, nur der Hintern nicht. Ich muss sagen, der Sitz der FZ8 ist ein Traum, genauso wie die Sitzposition. Einzig die Knie schmerzen nach einiger Zeit. Da ich aber nach meiner sportlichen Vergangenheit (nicht vorhanden) schon immer Probleme hatte, liegt es vermutlich mehr an mir als ihr.

Einen Aufreger über Italien muss ich aber hier bei aller Liebe erwähnen. Für die Strecke von Genua nach Udine verlangen diese Verbrecher der Straßenmeisterei 36 Euro !!! (in Worten: SECHSUNDDREIßIG EURO !!!)
Wir verstehen natürlich, dass Straßen und Bauarbeiter sich damit finanzieren, aber wenn bei uns eine Vignette für das ganze Jahr, mit unbeschränktem Autobahnzugang, genau so viel kostet, WIE KANN DANN EINE EINFACHE FAHRT SOVIEL KOSTEN ? Die Italienische Autobahn hat uns definitiv zum allerletzten mal gesehen.
 


Genua-Udine 36 Euro


Zwischenstopp in Villach nach über 6(!!!) Stunden auf der Autobahn. In Faak am See finden wir gleich eine nette kleine Privatpension für 20 € pro Person. Nach einer mehr als notwendigen Dusche gibt's typisch österreichisches Cordon Bleu mit Pommes und Kartoffelsalat in einem urigen Wirtshaus. Es hätte auch Hauspizza oder Pasta gegeben. Danke, aber NEIN danke!

Der Macho schaut nur so böse, weil er nicht heim will.


10. Tag

Ab jetzt unerwünscht in Faak am See.

 
Die letzten 400 km wären nicht mehr auf der Autobahn geplant gewesen. Eigentlich hätten wir auch noch ein paar hübsche Kurven in Österreich gesucht. Das haben wir aber den Tag zuvor schon erledigt, im Villacher Nachtleben.
Am Morgen danach hat das schließlich seine Spuren hinterlassen. Nachdem uns die Hausherrin mit den Versagern aus der Serie "Saturday-Night-Fever" verglich und erstaunt gefragt hat, welche Lokale zu so gottloser Zeit noch geöffnet haben, flüchteten wir lieber auf die Autobahn um schnell wegzukommen. Nicht nur die Motivation sondern auch die Reifen gingen schon langsam dem Ende zu. Zumindest Marios Sportreifen hat der sardische Asphalt den Rest gegeben.

Es gab einiges zu sehen in Sardininen, dafür jedoch umso weniger auf der Heimreise. Autobahnen sind eben einfach nur Autobahnen, um schnell von A nach B zu kommen. Ganz im Gegenteil zu sardischen Straßen. Wo sogar der Weg ins Nachbardorf schon kurvenreicher ist als so manche Hausstrecke im Burgenland. Sardinien sieht uns definitiv wieder, der Autoreisezug sicher auch und ich hoffe der Winkler Horst ebenso..


Fazit:

Sardinien ist definitiv eine Reise wert. Kurvenparadies und Kurvenhimmel auf Erden beschreiben die Situation ziemlich genau. Obwohl wir mit so gut wie keinem Plan hinkamen, haben wir jede Menge schöne Streckenabschnitte befahren und konnten ca. 1500 Km rein nur auf Sardinien abspulen. Gesehen haben wir nicht nur am Straßenrand genug, sondern auch die Ziele in unserer Umgebung waren alle mit kurvenreichen Strecken umgeben und somit auch während einer Ausfahrt einen Stopp wert. Der Asphalt auf den sardischen Straßen gleicht dem einer Rennstrecke. Warm, rau und sauber. Somit ist nicht nur Grip sondern, je nach Fahrweise und Reifentyp, auch hoher Verschleiß gewährleistet. Mit einem abgefahrenen Sportreifen mit nur wenig Restmillimetern, sollte man also eher nicht ankommen. Die sardische Bevölkerung ist sehr nett und hilfsbereit. Wenn man einmal nicht mehr weiß, wo man ist, einfach nach dem Weg fragen. Es wird immer sehr gerne weitergeholfen und bei sardischen Motorradfahrern kann es vorkommen, dass er den Weg mit dir mitfährt, bevor er ihn erklärt.

Warm, rau und sauber.


Die FZ8 ist wie gemacht für Sardinien. Super zu dosieren, da der Motor nicht zu stark aber auch nicht zu schwach ist. Die "ungefähre 3/4" Liter Klasse, wie Bauern-Racer Arlo sie benannt hat, passt perfekt auf die kurvigen Strecken in Sardenga. Das Schalten hält sich bei einer gemütlichen Fahrweise relativ in Grenzen. Sprit sparend und Adrenalin senkend sind die Kehren und die Windungen mit der Dritten sehr fein zu bewältigen. Kein Ruckeln, kein Reißen. Will man aber etwas mehr und seine Kollegen mit den 600er Motoren stehen lassen, dann schaltet man in die Zweite zurück und zappt sich von Kurve zu Kurve. Einzig und allein, wie wir schon im ersten Testbericht bemängelt haben (BERICHT), setzen die Rasten relativ früh auf und sorgen für etwas Verunsicherung. Dazu gebe es aber natürlich im Zubehörprogramm jede Menge Abhilfe. Der zusätzlich montierte Arrow Aspuff, den wir freundlicherweise von der Firma "Motorrad Center Mähr" zur Verfügung gestellt bekommen haben, unterstützte die flotte Fahrweise mit knackigen Sound. Der Soundtrack des (Biker)Lebens.


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Text: Volli
Bilder:
Scherbl, Macho, Volli, Google

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Bericht vom 06.07.2011 | 8.374 Aufrufe

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