Yamaha Grizzly 700 EPS Test

Hindernisse gehören der Vergangenheit an

Seit 2007 wird der Yamaha Grizzly 700 bereits verkauft. Während er und noch viele weitere Quads und ATVs in den Vereinigten Staaten beliebte Spaßgeräte sind, genießen sie in Europa ein schweres Nischendasein. Wenn Exemplare verkauft werden, dann meist nur an Förster oder Landwirte, die sie für harte Arbeit am eigenen Grundstück verwenden. Wir bei 1000PS sind aber weder Förster, noch leisten wir harte Arbeit, also müssen wir uns auf andere Faktoren konzentrieren. Wie zum Beispiel auf den Fahrspaß und wie sich so ein Offroad Tier im alltäglichen Leben verhält.

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Ich höre schon die Rufe: 1000PS ist ein Motorradmagazin, wieso testet ihr ein ATV? Das stimmt, und wenn man sich die letzten Jahre ansieht, sind Quads und ATVs in den Hintergrund von 1000PS geraten. Denn streng gesehen ist auch der Yamaha Grizzly 700 kein Motorrad. Als mehrspuriges Kraftfahrzeug darf der Grizzly mit dem B-Führerschein bewegt werden und ist somit mehr Auto als Bike. Einzig die Helmpflicht und das Gefühl des Draußen-seins verbindet das ATV mit unseren geliebten Motorrädern. Aber von Zeit zu Zeit muss man seine Wohlfühlzone verlassen und unbekanntes Terrain betreten. So kam es zum Test des Yamaha Grizzly 700 und der Rest ist Geschichte.

Motor und Leistung Yamaha Grizzly 700

Angetrieben wird das bärige ATV von einem flüssigkeitsgekühlten 4-Takt Einzylinder mit 708ccm. Über genaue Leistungsdaten hält sich Yamaha auf der Website verdeckt, unsere gedrosselte Version lag laut Zulassungsschein bei circa 20 PS. Dass hier deutlich mehr möglich wäre, verspürt man während der Fahrt. Der Einzylinder wirkt vollkommen entspannt, Anstrengung macht sich zu keiner Zeit bemerkbar. Trotzdem wirkt der Yamaha Grizzly 700 weder auf der Straße, noch auf der steilsten Offroad Passage untermotorisiert. Der 700 Kubik große Einzylinder hält was er verspricht.

Ultramatic-Getriebe mit zuschaltbarem Allrad

Der kraftvolle Einzylinder überträgt seine Leistung an ein Ultramatic-Getriebe so nennt Yamaha sein stufenloses Getriebe das bereits in mehreren ATVs zum Einsatz kommt. Die Fahrstufen werden über einen Ganghebel links neben dem Lenker gewählt, zur Wahl stehen Parken, Leerlauf, ein Rückwärtsgang und ein Vorwärtsgang mit Untersetzung. Um den Gangheben zu bewegen, muss wie in einem Auto mit Automatikgetriebe fest auf die Bremse getreten werden. Doch selbst bei allen Bemühungen bleibt die Gangwahl ziemlich hackelig wohl der Preis für eines der zuverlässigsten Getriebe in diesem Segment.

Bewegt man sich abseits von befestigen Straßen und Wegen, kann der Allradantrieb bei Bedarf elektrisch zugeschalten werden. Mit Yamahas On-Demand System lässt sich selbst während der Fahrt zwischen 2WD, 4WD und 4WD mit Differentialsperre wechseln. In der Praxis hat sich das als sehr praktisch erwiesen. Per Knopfdruck wechselt man zwischen einem stabilen Allradler, der kein Hindernis kennt und einer driftfähigen Heckschleuder solange der Untergrund rutschig genug ist.

Yamaha Grizzly 700 auf der öffentlichen Straße

Standardmäßig wird der Yamaha Grizzly 700 ohne Straßenzulassung ausgeliefert. Auf Wunsch können aber Blinker und eine Kennzeichenhalterung montiert werden, damit man das ATV auch auf der Straße bewegen darf. Unser Exemplar hatte eine Straßenzulassung und war auch schon als wahres Arbeitstier unterwegs. Als Teil einer Grizzly-Flotte half auch unser Testfahrzeug bei den Auf- und Abbauarbeiten von zwei der größten Musikfestivals Österreichs, dem Nova Rock und dem FM4 Frequency Festival. Beeindruckende Fahrzeuggeschichte!

Aber trotz Straßenzulassung empfehlen sich nur Kurzstrecken auf Asphalt. Zwar thront man entspannt auf der Sitzbank und hat dank der Sitzhöhe von 860mm eine gute Übersicht über den Verkehr, Bereifung und Fahrwerkskomponenten sind aber spürbar für hartes Gelände ausgelegt. So neigt sich schon beim Anfahren der komplette Aufbau nach hinten, Kurvenfahrten fühlen sich an wie auf einem Dampfkreuzer. Erst mit der Verlagerung von Körpergewicht schafft man es, die weiche Fahrwerksabstimmung zu kompensieren und es lassen sich leichte Drifts in den Asphalt zaubern.

Nichts für Schüchterne...

Will man mit einem Yamaha Grizzly 700 auf der Straße unterwegs sein, sollte man besser nicht zur schüchternen Sorte zählen - Aufmerksamkeit sammelt man mit einem so gewaltigen ATV auf jeden Fall. Denn auch die Bereifung von Maxxis macht ihre Offroad-Auslegung bemerkbar. Wortwörtlich. Abrollgeräusche, ähnlich denen eines Traktors ertönen in einer Lautstärke, die die Blicke von Passanten garantieren. Hinzu kommen die niedrigen Zulassungszahlen von Quads im Vergleich zu Motorrädern. Neugierige Blicke sind vorprogrammiert!

Offroad ist sein Lebensraum

Es benötigt nur eine Abfahrt auf den nächsten Feldweg oder in einen dichten Wald und der Grizzly 700 verwandelt sich zu einem komplett anderen Fahrzeug. Dahin sind nervige Abrollgeräusche, hier harmonieren Fahrwerk, Bereifung und Getriebe perfekt, um für konstanten Vortrieb zu sorgen egal welches Hindernis sich in den Weg stellt. Als absoluter Offroad-Rookie wurde ich von 1000PS Enduro-Experte Arlo durch seinen Wald geführt. Wusste er, dass ich abseits der Straße völlig unerfahren war? Wahrscheinlich nicht, denn seine ersten Worte waren: Fahr mir einfach nach. Einfach nachfahren? Auf völlig unbekanntem Terrain? Arlo führte auf seinem Kymco MXU 450i, ich folgte dem Grizzly 700.

Mein Herz raste, aber es half nichts. Augen zu und durch. Wird schon irgendwie schiefgehen. Allradantrieb aktivieren und vollstes Vertrauen in die Fähigkeiten den Grizzlys legen. Gedanklich bereitete ich mich schon auf einen harten Abstieg vor und wie ich es vermeiden konnte, dass mich die 350kg Eigengewicht erschlagen.

Perfekt für Einsteiger?

Doch was passierte? Nichts. Vollkommen entspannt fuhr der Yamaha Grizzly 700 den vorgegebenen Trail entlang. Dort, wo ich an mentalen Grenzen kratzte, hat der Grizzly erst begonnen, sein wahres Können zu zeigen. Baumstümpfe oder große Steine überfährt man quasi schlagfrei, so gut arbeiten die Einzelradaufhängungen mit den Niederdruck-Reifen zusammen. Mit Einsatz des Allradantriebs werden selbst steile Hänge zum Kinderspiel, am Weg bergab fühlt sich alles dank der starken Motorbremswirkung in Kombination mit den vier Scheibenbremsen kontrolliert an.

Sucht man Punkteabzüge, dann wird man sie im Wendekreis und in der allgemeinen Breite von 1230mm finden. Durch die mächtigen Auftritt wurden ein paar Durchfahrten enger als geplant und das ein oder andere Bäumchen hat den Kampf gegen das ATV verloren. Ging es darum, am engen Feldweg zu wenden, war der Wendekreis von 3,5 Meter trotz elektronischer Servolenkung nicht eng genug, um das Manöver in einem Zug zu absolvieren.

Trotzdem beweist sich der Yamaha Grizzly 700 im Offroad-Betrieb als absolut einsteigerfreundlich. Man gibt die Richtung vor, betätigt den Gashebel und die Technik erledigt den Rest. Das Fahren abseits der Straße ist somit sehr zugänglich und man fühlt sich nach nur kürzester Zeit äußerst sicher. Mit den verschiedenen Antriebseinstellungen kann man während der Fahrt experimentieren, bis man die richtige Einstellung für die Situation gefunden hat.

Yamaha Grizzly 700 Ausstattung

Aber egal wofür man seinen Yamaha Grizzly verwendet, er kommt mit einer für dieses Segment passenden Serienausstattung. Dazu gehören drei geräumige Staufächer und zwei Träger mit einer Belastbarkeit von 50kg vorne und 90kg hinten. Außerdem zählen in Europa eine Seilwinde und eine Anhängekupplung, die auf 600kg Anhängelast zugelassen ist, zur Serienausstattung.

Darf es etwas mehr sein, dann steht auch eine SE-Version (Special Edition) zur Verfügung, die in weiteren Lackierungen und auf gegossenen Aluminiumfelgen glänzt.

Fazit: Yamaha Grizzly 700 EPS 2017

Mit dem Yamaha Grizzly 700 scheint es auf dieser Welt keine Hindernisse mehr zugeben. Dank dem ausgereiften Fahrwerk und dem zuschaltbaren Allradantrieb mit Differentialsperre schafft es der Grizzly überall hinauf und auch sicher wieder nach unten. Auf der Straße nerven jedoch die lauten Abrollgeräusche und das Fahrwerk, das für harte Trails ausgelegt ist. Außerdem ist man den selben Wetterbedingungen wie Motorradfahrer ausgesetzt, nur dass man sich an der Ampel brav hintenanstellen muss.


  • elektronisch zuschaltbarer Allradantrieb mit Differentialsperre
  • tolles Fahrwerk für Offroad-Einsatz
  • sicheres Fahrgefühl
  • es gibt gefühlt keine Hindernisse mehr
  • mächtiger Auftritt
  • ungeeignet für lange Fahrten auf Asphalt

Bericht vom 22.09.2017 | 121.639 Aufrufe