Yamaha Tracer 700 Test in den Schweizer Alpen

3 Tage in den Berner Alpen

Eidgenossen-Exkurs am Grimselpass mit der Yamaha Tracer 700. Steffi Menzel und K.OT testen den Sporttourer auf Basis der MT-07 in guten wie in Schlechtwetterzeiten.

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Ich bin zwar immer schwer angefressen, wenn ich in die Alpen fahre und keine Murmeltiere zu Gesicht bekomme, zumal es am Grimselpass sogar zwei Murmeltierparks mit extra für die drallen Nager gezimmerten (dennoch scheinbar unbewohnten) Miniaturholzhäusern gäbe, aber ich möchte aufgrund der beeindruckenden Kulisse und den unvergesslichen Momenten auf der Yamaha Tracer 700 professionell bleiben und ein Auge zudrücken. So wie es die Jäger tun, die einmal im Jahr tatsächlich die Erlaubnis haben, die Marmots zu schiessen und zu verspeisen, oder Murmeltiersalbe zu erzeugen.

Wenn die kane Murmeltiere ham, fohr i wieda ham.

Nachdem Yamaha bereits die MT-09 Tracer vorgestellt hatte, deren Basis selbstverständlich von der MT-09 stammt, folgte im April dieses Jahres die Tracer 700, die auf der MT-07 mit dem 689 Kubik grossen Reihenzweizylinder (CP2) basiert. Nach kurzem Rätselraten um die unterschiedlichen Modellbezeichnungen wurde von höchster japanischer Stelle Endgültiges gesprochen: Die MT-09 Tracer sollte fortan auch Tracer 900 heissen, die beiden Sport Tourer also klar von den sportlichen Naked Bikes der MT-Palette getrennt werden. Warum auf unseren drei Testfahrzeugen aber MT-07 Tracer-Logos aufgeklebt waren, konnten wir nicht in Erfahrung bringen.

Tracer = Sporttourer

Die Tracer wird im Modellkatalog jedenfalls als Sporttourer und nicht als Enduro geführt. 75 PS stark, 196 kg leicht, mit einem 835 mm hohen Sitz, mehr Federweg und einem 17 Liter grossem Tank. Letzterer sollte bei einem Verbrauch von ca. 4,5 bis 5 Litern für eine ordentliche Reichweite sorgen. Bei dem offiziellen Durchschnittsverbrauch von Yamaha von 4,3 l also ca. 380 km; wir brauchten bei etwas verhaltener Fahrweise aus Angst vor den drakonischen Strafen in der Schweiz laut Display 4,7 l. Man dürfte sich im Alltag je nach Fahrstil zwischen 4 und 5 l bewegen, bei sportlicher Fahrweise auch darüber.

Schön übersichtlich lassen sich am breiten Dashboard neben dem Verbrauch auch Geschwindigkeit, Drehzahl, Aussentemperatur, Uhrzeit, Tankinhalt, gefahrene Kilometer und mittig platziert der eingelegte Gang ablesen. Bei allen Sichtverhältnissen, selbst beim schnellen Wechsel in düstere Tunnel, waren die bereitgestellten Informationen sofort zu erkennen.

Mehr souverän, weniger agil

Obwohl die Tracer 700 wie die MT-07 und die XSR700 von 75 Pferden gezogen wird und ein Drehmoment von 68 Nm zur Verfügung steht, fühlt sie sich etwas träger an als ihre Schwestern. Ihr fehlt es etwas an Quirligkeit, sie verhält sich erwachsener und wirkt weniger verspielt, dafür bei höheren Geschwindigkeit stabiler, was auch am verlängerten Radstand von 1450 mm liegt. Charakterzüge, die bei einem reisetauglichen Allroundfahrzeug sicher nicht fehl am Platz sind. Einfach zu fahren und unkompliziert im Umgang ist sie trotzdem…

Sitzhöhe unterschätzt

…mit ein paar kleinen Abstrichen. Meine Begleiterin bei diesem Test, Steffi Menzel, hatte mit ihren 167 cm (an einem guten Tag bei niedrigem Luftdruck) beim Rangieren teilweise ihre Problemchen, vor allem beim Umdrehen im Gefälle. Und das ständige Umdrehen nach der Kamerakurve führte dann irgendwann zum Umfallen. Passiert ist nix, aber ich selbst habe mit meinem Standardmass von 1.80 inklusive Victorias Secret Stelzen die Sitzhöhe von 835 mm als Hürde für kleinere Fahrer/innen unterschätzt. Da der Sitz nämlich auch relativ breit gebaut ist, entsteht so ein weiter Schrittbogen. Die Tracer 700 kann aber hinten runtergesetzt werden. Im Vergleich zur MT-07 hat nur das Federbein einen grösseren Federweg (142 statt 130 mm), die Gabel hat bei beiden 130 mm.

Ein zweites Thema ist die Bremse, an der man schon kräftig ziehen muss, um die gewünschte Verzögerung zu erreichen. Für Steffi war dabei die fünffache Verstellmöglichkeit des Hebels sehr wichtig, damit sie den nötigen Druck aufbauen konnte. Ich selbst bremse seit Jahren nur mehr mit zwei Fingern und habe mich ebenfalls an den Wirkungsgrad der Tracer-Bremse gewöhnt. In heiklen Situationen assitiert ein serienmässiges ABS.

Das Getriebe ist knackig und exakt, dass mir das Schalten richtig Spass gemacht hat. Durch die Frontverkleidung mit dem aggressiven G'schau hat man sowieso das Gefühl, ein grösseres Motorrad zu fahren. Leider lässt sich der gute Ton, der aus der Underfloor-Anlage entweichen könnte, nur erahnen. Im Motor steckt aber durchaus Potenzial.

Sporttouring-Bereifung

Mit Dimensionen von 120/70-17 vorne und 180/55-17 hinten ist die Tracer eindeutig strassenbereift, in unserem Fall mit Michelin Pilotroad 4 - das sind die mit dem seltsamen Profil, das an einen Regenreifen erinnert. Die Wetterverhältnisse wechselten an Tag 2 von wunderbar zu grottenschlecht, doch die Gummis hielten die Yamahas stabil auf Kurs und bewiesen wieder einmal die Vielseitigkeit moderner Sporttouring-Reifen. Vor der atemberaubenden Fels-Kulisse am Grimsel- und Furkapass fällt es oft schwer, sich ständig auf die Strasse vor einem zu konzentrieren. Da schätzt man es umso mehr, wenn man sich auf das Material verlassen kann. Eventuell querende Murmeltiere sind ebenfalls dankbar.

Originalzubehör für Tracer 700

Bei einem Allzweck-Motorrad wie der Tracer darf ein wenig Original-Zubehör nicht fehlen, wie etwa ein grösseres Windschild, verschiedene Koffersysteme oder Crashpads (gell, Steffi?). So kann man mit dem übriggebliebenen Geld, das bei diesem Kaufpreis noch in der Tasche sein sollte, das Fahrzeug auf seine Bedürfnisse abstimmen. Persönlich würde ich zwar Koffer montieren, aber die Sozia weglassen. In den Alpen müht sich die 75-PS starke Tracer vollbesetzt und -bepackt mitunter, wenn es in höhere Lagen geht. Andererseits sollte man hier ohnehin etwas entspannter unterwegs sein, und zwar nicht wegen der drakonischen Strafen, sondern der verboten schönen Gegend.

Für alle Schweizer: Yamaha Tracer 700 Roadshow 2016

Unsere Unterkunft in der Schweiz

Fazit: Yamaha Tracer 700 2016

Die Yamaha Tracer 700 ist deutlich erwachsener als die anderen MT-07 Modelle. Sie wirkt größer und auch etwas behäbiger aber auch kompletter und souveräner. Sie ist ein richtig gutes Tourenmotorrad an dem Dir nichts fehlt.


  • goldrichtig dimensioniert
  • guter Windschutz und Fahrkomfort
  • einfach in der Handhabung
  • relativ lange Beine nötig
  • durchschnittliche Bremse

Bericht vom 17.08.2016 | 33.073 Aufrufe

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