Montesa 4Ride Testbericht

Montesa 4Ride - Trial oder Enduro?

Das ist die große Frage des Praxistests in Italien. Über die technischen Daten und Vorteile der 4Ride wurde schon viel berichtet. Jedoch im harten Geländeeinsatz unter schwierigsten Bedingungen hat die neue Montesa 4Ride noch kaum jemand bewegt. Wir schickten Offroad Urgestein Joe Figl mit der 4 Ride in den Wald.

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Auffallend für das zierliche Bike ist die relativ hohe Sitzhöhe. Diese ist zwar 3cm niedriger als konventionellen Hard Enduros, hätte aber für meinen Geschmack nochmals 2-3cm tiefer ausfallen können. Laut Fa. Bachner hat das mit der Homologation zu tun. Auf den ersten Blick fällt die Metallkonstruktion unter dem Heckkotflügel für die Kennzeichenhalterung auf. Diese ist so stabil, dass man ein Topcase montieren könnte. Die echten Vorteile dieser doch schweren Konstruktion zeigten sich erst später. Mit insgesamt vier Schrauben kann der stabile Kennzeichenträger bei Bedarf innerhalb weniger Minuten abgenommen werden. Die Kennzeichenbeleuchtung ist nur gesteckt. Somit kann man die Nummerntafel für die Ausfahrt Sonntag am Nachmittag in kürzester Zeit wieder montieren. Das ist einer der großen Vorteile der Montesa 4Ride. Ich habe mich noch nie mit einem Offroadfahrzeug so unauffällig abseits der Straße gefühlt. Licht, Blinker, leise, optisch unscheinbar - genau das verspricht Montesa bei der 4Ride.

Damit die Montesa 4Ride wirklich Spaß macht, sollte das Fahrzeug entdrosselt werden. Mit den serienmäßigen 8 PS kommt nicht wirklich Freude auf. Natürlich muss einem klar sein, dass man dann nicht mehr ganz gesetzeskonform unterwegs ist und natürlich die Garantie erlischt. Für den Umbau benötigt man den Krümmer der Cota 4RT (ca. 90 EUR) und ein Hitzeschutzblech, welches es beim Montesa Honda Händler als Ersatzteil zu bestellen gibt. Der Krümmer und das Schutzblech sind, anders wie bei den Cota Trial Modellen, nicht im Lieferumfang der 4Ride enthalten. Für die restlichen Schritte der Entdrosselung benötigt man lediglich etwas handwerkliches Geschick und vor allem viel Zeit, wie beispielsweise zum Ausfädeln des Lamdasondenkabels. Nach diesen Maßnahmen wird das Grinsen unterm Helm schon deutlicher breiter. Jetzt bleibt noch die Frage der Übersetzung. Wie aus den technischen Daten hervorgeht, sind die Gänge 1-4 von der Getriebeabstufung unterschiedlich zu den Trial Modellen. Im direkten Vergleich fühlt sich der 1. Gang bei der 4Ride so an, wie der 2. Gang bei der Cota 4RT. Gang 5 ist bei beiden Modellen ident, so wie auch die Übersetzung von 10:41. Meiner Meinung nach ist die Standardübersetzung nur für Ausflüge auf kleinen Landstraßen und Schotterwegen geeignet. Für den Trialeinsatz stand ein Übersetzungsverhältnis von 9:41 und 10:43 zur Auswahl. Die vorläufige Entscheidung liegt bei 10:43, da beim 9er Ritzel die Kettenführung nicht ideal erscheint. Mit 10:43 im dritten Gang deckt man beim Trialwandern einen sehr breiten Geschwindigkeitsbereich ab. Auch das Anheben des Vorderrades während der Fahrt klappt im 3. Gang problemlos.

Als störend habe ich das mittlerweile vorgeschriebene Dauerlicht bei kleinen Abstechern abseits der Straße empfunden. Einfach den Lichtschalter öffnen und einen kleinen Messingbolzen entfernen. Dann kann der Schieber vom Lichtschalter in Nullstellung gebracht werden und es leuchtet nur mehr das Standlicht vorne.

Zuletzt noch das auf der Badezimmerwaage ermittelte Gewicht: 87kg mit vollem 4,4 Liter Tank. Wer unbedingt abspecken will, sollte beim Fahrergewicht anfangen bzw. findet im Zubehörhandel von den Cota Modellen jede Menge Carbon und Titanteile. Auch die erwähnte Metallkonstruktion unter dem Heckkotflügel könnte für den reinen Offroadeinsatz abmontiert werden.

Praxistest:

Am Programm stand ein Wandertrial mit Freunden in der Friaul. Schon bei der Anmeldung und Startaufstellung war die Montesa 4Ride ein begehrtes Anschauungsobjekt bei den italienischen Teilnehmern. Dies entlockte sogar manchem Teilnehmer rudimentäre Englischkenntnisse und die Zeit bis zum Start verging wie im Flug. Ein Mulatrial bedeutet eine ca. 50 - 60km markierte Runde (soft) mit einigen Abstechern (hard) auf kleinsten Pfaden mit nur wenigen Verbindungsstücken auf Forststraßen oder Asphalt. Da es am Vortag am Abend regnete, und auch noch pünktlich 30 min vor dem Start ein Gewitter durchzog, war die Softspur durch den lehmigen Untergrund wie mit Schmierseife zu befahren. Auf der ersten steilen Auffahrt kamen mir einige Trialfahrer entgegen. Somit wußten ich, dass ich nicht schlecht unterwegs war und das Vertrauen in das doch ungewohnte Bike war sofort vorhanden. Ausweichmöglichkeiten gab es durch die schmalen Pfade nicht immer. Somit wurden lange Auffahrten mit losem Geröll, Matsch, Steinstufen und Wurzeln für den Großteil der Teilnehmer zur schweißtreibenden Herausforderung. Oft ging es nur durch Teamwork weiter. Hier stellte sich in der Praxis der größte Vorteil der 4Ride heraus. Durch die vorhandene Sitzbank konnte beim Wegfahren mehr Druck auf das Hinterrad ausgeübt werden, als dies dem durchschnittlichen Hobby-Trialfahrer stehend auf den Fußrasten möglich war. Somit war etwas mehr Traktion beim Anfahren vorhanden. Zu den restlichen Vorzügen eines Trialbikes auf technisch schwierigen Singletrails braucht man nicht wirklich etwas sagen.

Einzig die TECH Gabel benötigt noch etwas Einlaufzeit bzw. eine individuelle Anpassung an das Fahrergewicht. Obwohl der serienmäßige Dunlop unauffällig seinen Dienst verrichtet hatte, wäre für die vorhandenen Witterungsverhältnisse ein Hinterreifen mit höherer Selbstreinigung wie z.B. der GoldenTyre GT256 Trialera oder GT257 Trial Hybrid besser geeignet gewesen.

Text und Bilder von Joe Figl

Fazit: Montesa 4Ride 2016

Ein einzigartiges Nischenprodukt mit wenig Konkurrenz für Individualisten, bei denen der Fahrspaß und die Leichtigkeit im Vordergrund stehen. Einzig Sherco X-Ride (ex Scorpa T-Ride Chassis), Ossa Explorer (Gebrauchtmarkt), Beta Alp und vielleicht noch KTM Freeride 250R sind ähnlich einzuordnen.


  • Hoher Spaßfaktor
  • Leise
  • optisch unauffällig
  • spielerisches Handling
  • ausgereifte Technik – Honda 4-Takt Motor (mit Einspritzung), spring mit Kickstarter zuverlässig an
  • Universell einsetzbar: Spielen am Parkplatz, am Trial-bzw. Endurogelände, Schotterwege, Trialwandern im Urlaub bis hin zu Trial- oder Extreme Enduro Events im Hobbyeinsatz
  • Günstige Ersatzteilpreise
  • Großes Angebot an Zubehör- u. Tuningteilen von den Cota Trialmodelle
  • Riesiges Staufach unter dem einfach abzunehmenden Sitz
  • Pre
  • Ausbuchtung vom linken Seitendeckel stört auf der Stiefelinnenseite im Wadenbereich beim Trialfahren
  • Ein paar Kilos zu viel

Bericht vom 10.08.2016 | 112.473 Aufrufe

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