Yamaha MT-10 im Vergleich

S 1000 R, 1290 Super Duke, GSX-S1000 und Co. gegen Yamaha MT-10

Mit der R1 hat es Yamaha wieder ganz nach vorne geschafft, gelingt das auch mit der Naked Bike-Schwester MT-10? Mit 160 PS gehört sie im Feld zur stärkeren Hälfte. Kann sie sich dort behaupten?

In etwas mehr als einer Woche, am 9. Mai 2016, dürfen wir die Yamaha MT-10 bei der internationalen Pressevorstellung in Almeria erstmals fahren. Zeit, das neue Naked Bike vorab mit der Konkurrenz zu vergleichen und anhand des Datenblattes erste Vermutung zu den Fahrleistungen anzustellen.

Teils technisch topaktuell

Das Feld der Mitbewerber ist teils technisch topaktuell, teils aber etwas angegraut. So gibt es noch immer eine Honda CB1000R, die weder eine Traktionskontrolle, noch ABS an Board hat. Die wohl letzte Möglichkeiten für konsequente Puristen, die sich ein Stück baldiger Vergangenheit behalten wollen. Elektronisch maximal ausgestattet sind hingegen neuere Fabrikate wie BMW S 1000 R, KTM 1290 Super Duke R, Aprilia Tuono 1100 R oder Ducati Monster 1200R.

Fahrhilfen und Features MT-10

Doch die Reihe an technischen Features der MT-10 ist ebenfalls lang, sehr lang. Angefangen beim herausragenden CP4-Crossplane-Motor, dem Rahmen und dem voll einstellbaren Fahrwerk aus der R1, YCC-T (Ride-by-Wire), über D-MODE und 3-stufige Traktionskontrolle, Anti-Hopping-Kupplung bis zum multifunktionalen Cockpit. Damit steht sie ausstattungstechnisch im Mittelfeld und man darf hier durchaus von der goldenen Mitte sprechen. Wir finden es nämlich schon gut, wenn es ein Hersteller nicht übertreibt, um den Fahrer nicht zu überfordern.

Futuristisch - und bald von gestern?

Optisch gibt sich die MT-10 allerdings weniger zurückhaltend, erinnert mit der aufgesprengten Front an einen Transformer. Extrem moderne Designs wie dieses laufen Gefahr, im sich ständig wälzenden Modezyklus allzu schnell überholt zu werden. Erst nach Jahrzehnten erinnert man sich ihrer wieder mit Wohlgefallen als futuristische Vision der Vergangenheit, siehe dazu Suzuki Katana. Aber die MT-10 gefällt mir momentan sehr, sehr gut, bringt genau jene aggressive Gestalt mit, die ein Naked Bike der 1000er-Klasse braucht. Vielleicht ist sie anderen Herstellern bereits Vorbild mit ihrer mutigen Formensprache. Sie sieht auf keinen Fotos aus wie in natura, weshalb ich unbedingt empfehlen würde, sie bei Interesse persönlich aufzusuchen, um sich ein richtiges Bild von ihr zu machen.

Kompakter als alle anderen

Mit einem Radstand von nur 1400 mm und einem Lenkkopfwinkel von 24° ist die MT-10 sehr kompakt gebaut, kompakter als jedes andere Naked Bike in dieser Klasse, kürzer waren nur die seligen Buells. Das lässt auf ein äußerst agiles Handling schließen, könnte aber auch bedeuten, dass die Yamaha nervöser auf Impulse reagiert. Bestimmt handelt es sich aber um ein waschechtes Wheelie-Eisen erster Güte.

160 PS Maximalleistung stehen bei 10,500 Touren an, das Drehmoment von 111 Nm ist schon bei 9,000 Touren erreicht. Die R1 braucht für 200 PS um 2,000 Umdrehungen/min. mehr, doch ihre 112,4 Nm Drehmoment sind erst bei 11,500 U/min. verfügbar. Damit wären wir wieder beim guten alten Satz, den wir immer dann hören, wenn ein Supersportler zum Naked Bike umfunktioniert wird: Zugunsten eines verbesserten Drehmomentverlaufs wurde auf Spitzenleistung verzichtet. Insgesamt warten wir uns von der Yamaha MT-10 im Test sehr viel und wir können uns kaum vorstellen, dass sie uns enttäuschen wird. "Du hattest mich schon nach dem Hallo", werden wir zu ihr sagen...

Technische Daten Naked Bikes mit >1000 Kubik

*****
YamahaBMWHondaKawasaki
MT-10S 1000 RCB1000RZ1000
Leistung160 PS160 PS125 PS142 PS
Drehmoment111 Nm112 Nm99 Nm111 Nm
Sitzhöhe825 mm814 mm828 mm815 mm
Gewicht210 kg207 kg217 kg221 kg
Tankinhalt17 Liter17,5 Liter17 Liter17 Liter
Radstand1400 mm1439 mm1445 mm1435 mm
YamahaKTMMV AgustaSuzuki
MT-10Super Duke1090 BrutaleGSX-S1000
Leistung160 PS173 PS144 PS145 PS
Drehmoment111 Nm144 Nm112 Nm106 Nm
Sitzhöhe825 mm835 mm825 mm815 mm
Gewicht210 kg213 kg214 kg209 kg
Tankinhalt17 Liter18 Liter23 Liter17 Liter
Radstand1400 mm1482 mm1438 mm1460 mm
YamahaApriliaDucatiTriumph
MT-10Tuono 1100 RRMonster 1200 RSpeed Triple R
Leistung160 PS175 PS160 PS140 PS
Drehmoment111 Nm121 Nm131 Nm112 Nm
Sitzhöhe825 mm825 mm830 mm825 mm
Gewicht210 kg205 kg207 kg210 kg
Tankinhalt17 Liter18,5 Liter17,5 Liter15,5 Liter
Radstand1400 mm1450 mm1509 mm1435 mm

Aprilia Tuono 1100 RR

Was die Fahrfreude anbelangt, muss sich die MT-10 vor allem mit der Tuono von Aprilia messen. Die erste V4 war noch nicht ganz ausgereift, aber mit der 1100er hat Aprilia eines der spektakulärsten Naked Bikes aller Zeiten auf die Räder gestellt. Sie ist zwar elektronisch auch sehr großzügig ausgestattet, im Vordergrund steht aber die pure italienische Lebenslust. Mit einem charakterstarken, in einem Naked Bike einzigartigen Antrieb, einer ausgewogenen Geometrie und einem radikalem Design zählt die Tuono zu den besten Naked Bikes am Markt.

BMW S 1000 R

Obwohl ich es mittlerweile schon besser wissen müsste, bin ich immer wieder überrascht, wie räudig BMW-Motorräder sein können. Die S 1000 RR und ihre Derivate sind allesamt keine braven, biederen Bikes, sondern ziemlich böse. Sie knurren, krächzen und schreien. Am Papier gaben sich die Bayern immer bescheiden, akustisch machen sie aber keine Hehl aus der Leistungsfähigkeit des Reihenvierzylinders. Könnte ich zwischen S 1000 RR, S 1000 R und S 1000 XR wählen, würde ich mich für das Naked Bike entscheiden. Hat alles, was ich brauche (mit den entsprechenden, aufpreispflichtigen Extras) und nichts, was mich stören würde. Nur der Motorsound ist mir auf Dauer fast schon zuviel und das ohne Akrapovic. Dass die MT-10 auf der Rennstrecke so schnell ist wie die BMW, ist kaum vorstellbar. Aber wir werden sehen...

Ducati Monster 1200R

Die Monster ist eines jener Motorradtypen, gegen die es keine Argumente gibt. Ducati ist Ducati und eine Monster ist eine Monster. Ein italienisches Motorrad hat eine stärkere Strahlkraft als jedes japanische und wird auch abseits der Zweiradkultur meist wohlwollend wahrgenommen. Das kann sonst nur Harley und ein bisschen auch Triumph. Die 1200R ist die stärkste Monster aller Zeiten, mit immer noch unverkennbarem Desmo-Sound, ausgestattet mit exquisiter Elektronik und einem fantastischen Fahrwerk. Die letzten beiden Eigenschaften gelten leider auch für den Preis.

Honda CB1000R

Wer hätte gedacht, das Honda einmal zu jenen Marken gehören würde, die die letzten großen Naked Bikes "ohne alles" anbieten würden? Ich nicht. Die CB1000R wurde 2008 vorgestellt und blieb seither praktisch unverändert im Programm, mit einer Spitzenleistung von 125 PS und einem Gewicht (vollgetankt) von 217 kg (mit C-ABS: 222 kg). Mit ihrer kompakten, durchwegs schnörkellosen Gestalt, der unverkennbaren Auspuffanlage und der wunderschönen Einarmschwinge wird sie uns noch lange gefallen und in Honda-typischer Qualitätsmanier auch lange halten. Gegen ein neu entwickeltes Motorrad wie die MT-10 wird sie es aber schwer haben und kann nur auf ein gründliches technisches Update in näherer Zukunft hoffen.

Kawasaki Z1000

Auch eines der letzten Naked Bikes, das ohne alles zu haben ist. Beim Design waren die Kawasaki-Zeichner mutiger als alle anderen, die furchteinflössende Front spaltet die Gemüter wie ein Hattori Hanzo Schwert. Sugomi steht im Japanischen für starker Charakter, beeindruckend, furchteinflössend oder starke Ausstrahlung. Die hat die Z1000 allemal, mit einer über 40-jährigen, sagenumwobenen Geschichte, die bis in die Gegenwart nachwirkt. Doch obwohl sie nach wie vor kompromisslos attackiert, gilt am Stammtisch am Ende die Leistung als ewiger Trumpf. Damit sticht die Kawa heute nur mehr 2 Konkurrenzmodelle ab.

KTM 1290 Super Duke R

Sie ist "The Beast" und somit das unangefochten brutalste und mächtigste Naked Bike dieser Galaxie. Gerüchten zufolge hat ein gewisser Bruce Wayne auf die Super Duke verzichtet, weil sie ihm mehr Angst mache als 1000 Fledermäuse. KTM war eben noch nie die richtige Marke für Warmduscher . Der 1301 Kubik große V2-Reaktor erzeugt ein gewaltiges Drehmoment von 144 Nm/6.500 U/min! Das ist genau so schlimm, wie es sich anhört. Eine Kante für kundige Hände, auch wenn die Elektronik das Schlimmste verhindern kann, vorausgesetzt, man lässt sie aktiv. Die Yamaha ist ein ähnlich extrovertiertes Eisen, mit knalliger Felgenfarbe in der Night Fluo-Variante. Für den Transformer MT-10 ist "The Beast" sicher ein möglicher Endgegner.

MV Agusta Brutale 1090 R

Einen Ferrari live zu sehen, war als Kind ein emotionaler Overkill. Da ging nichts drüber. Außer, es kam ein Lamborghini um die Ecke. Das Schicksal der Marke aus Maranello teilt irgendwie auch Ducati, denn eine MV Agusta ist dann doch noch ein bisschen exklusiver als eine Duc, schon alleine der Stückzahlen wegen. Und der Name "Brutale" toppt halt sogar das "Monster". Leider befindet sich MV seit Jahren in finanziellen Turbulenzen, nicht untypisch für ein italienisches Unternehmen, das eher Gefühle als Geld vermehrt. Vor dem Eisgeschäft stellt eine Brutale jedenfalls weiter alles in den Schatten, vermutlich auch die MT-10. Im Fahrbetrieb könnte das anders aussehen, wenn auch ganz knapp. Die RR-Variante leistet 158 PS und ist damit verdammt nah an der Yamse dran.

Suzuki GSX-S1000

Die GSX-S1000 von Suzuki hat eigentlich nur eine entscheidende Schwäche: Sie kam zu spät auf den Markt. Sie spendet dennoch fabelhafte Fahrfreude, aber man merkt ihr die etwas ältere Basis einfach an. In einer überreglementierten Welt - ich spreche von der mit der Leistungsexplosion sich exponentiell ausbreitenden Elektronik bieten Modelle wie die GSX-S1000 die letzten Möglichkeiten, noch ein neues Motorrad vom alten Schlag zu ergattern. Sie verfügt zwar auch über ABS und Traktionskontrolle, aber über kein Ride-by-Wire oder Fahrmodi, heutzutage schon fast eine Sensation. Der Verzicht hat seine Vorteile, die GSX-S wiegt vollgetankt nur 209 kg. Noch puristischer als die MT-10.

Triumph Speed Triple R

Mit der Speed Triple hat Triumph 1994 den modernen Streetfigher erfunden, ein emanzipiertes Naked Bike mit offenkundiger äußerlicher Reduktion auf das Wesentliche, bei gleichzeitiger Maximierung der Leistungsfähigkeit und Fahrdynamik. Seither haben die Briten ihre Bulldogge konsequent weiterentwickelt, in jüngster Zeit allerdings in etwas kleineren Schritten. Seit 2016 bietet Triumph eine S- und eine R-Variante an, wobei letztere mit Öhlins-Fahrwerk, CNC-gefrästen Lenkerhalterungen und zusätzlichen Verkleidungsteilen ausgestattet ist. Beide verfügen über moderne Fahrassistenzsysteme wie Ride-by-Wire mit 5 Fahrmodi, abschaltbares ABS und Anti-Hopping-Kupplung. Optisch sind Speed Triple und MT-10 gar nicht so weit voneinander entfernt. Nur welche kann mehr Emotionen transportieren?

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Bericht vom 29.04.2016 | 31.964 Aufrufe

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