Honda VT750 S

Nicht viel dran, da muss was dran sein. 43 PS, 230 Kilo und trotzdem grossartig.

Klassiker mit Kette, ohne Christbaumschmuck.

 

Honda VT750 S & Suzuki Intruder M800

Eine Chopper mit weniger als 1000 Kubik ist wie ein Supersportler mit weniger als 100 PS. Und echtes Eisen kommt sowieso nur aus Milwaukee. Zwei Thesen - nichts gewesen. Suzuki argumentiert mit Bewährtem, Honda bringt einen neuen Einwand.
 
Während die Intruder M800 mit ihrem bewährten Konzept schon seit bald 15 Jahren die US-amerikanische Basis angreift, versucht Honda mit einer neuen Methode für Verluste bei der Gegenseite zu sorgen. Statt den konservativen Parolen "Size matters" und "The bigger the better" zu folgen, kehrt man dem Grössenwahn, der uns Hubräume jenseits der 2 Liter beschert hat, den Rücken, reduziert und erreicht so eine lange vermisste Authentizität. So reiht sich die VT750 S dann dort ein, wo bei den Amis der Sport(ster) beginnt. Das ist auch bei der japanischen Variante nicht ganz wörtlich zu nehmen. Der 745 Kubik grosse 52° V-2 Motor leistet bei 5.500 Touren 43 PS und schafft ein Drehmoment von 61,8 Nm schon bei 3.250. Das war's, da kommt nix mehr, ich hab auch nichts vergessen. Bei diesen Leistungsdaten denkt man heutzutage schon an einen Roller, vergisst dabei aber, in welch enorme Höhen sich die Motorleistungen im Allgemeinen katapultiert haben.
   
43 PS hätten es wahrlich schwer mit einem ausgewachsenen Chopper-Exemplar mit allerhand Christbaumschmuck am voluminösen Körper. Doch Honda konnte das Gewicht der VT durch konsequentes Weglassen auf 229,5 Kilo drücken. Vollgetankt. (Zum Vergleich Sportster 883: 260 kg) Nicht Verleugnen darf man die Tatsache, dass dies auch durch die Verwendung einiger Plastikteile, wie den beiden Fendern, erreicht wurde. Optisch nicht zu erkennen, trotzdem etwas unmännlich. Hinten reicht ihr ein 16" 150er Reifen, vorne ein 100er im 19" Format. Ebenfalls nicht überdimensioniert die Bremsen. Eine 296 mm Scheibe mit Doppelkolbenbremszange an der Front und eine 180 mm Trommelbremse im Heck genügen der VT, um ein Gleichgewicht zwischen Kraft und Kontrolle herzustellen - ABS-frei.

Reduziert wurde also auf ganzer Linie, es gibt die VT sogar nur in einer Lackvariante und die ist nicht schwarz, sondern heisst "Heavy Grey Metallic". So wirkt Vieles dann auch eisenhaltiger, als es ist. Rundherum ist nicht viel dran an der kleinen Chopper, genau das ist es, was sie so leicht zu verstehen und stimmig macht. Der klassische Double-Shotgun Auspuff wurde etwas höher angesetzt, verbessert die Bodenfreiheit und verleiht der VT ein sportlicheres Aussehen.

Hier dürfen Blinker nicht nur gross und rund sein, sie müssen es geradezu, das Gleiche gilt für den Scheinwerfer. Nur der Rücklichtkasten schafft einen Kontrast zu den runden Formen im Heck. Die Speichenräder verweisen auf eine Zeit, in der es noch keine Alternative gab und das analoge Rundinstrument beschränkt sich darauf, nur die notwendigsten Informationen darzustellen. Zentrales Organ ist die Geschwindigkeitsanzeige und auch diese wäre eigentlich entbehrlich. Man muss nicht denken, um zu sein, man muss nur fühlen.

Die kleine VT750 S schafft es trotz ihrer einfachen und fast niedlichen Erscheinung zu beeindrucken. Fettfreier Genuss, zuckersüss.


229,5 Kilo voll. 30 weniger als eine Sportster.


Man muss sich schon auf Gemütlichkeit einstellen, auch wenn das nicht von Dauer ist. Die Haltung ist zwar entspannt und ungezwungen, aber der nur 737 mm hohe Sitz folgt ebenfalls der schlanken und spartanischen Linie, was längere Etappen unlustig, wenn auch nicht unmöglich macht. Ihre Welt sind die kurzen, intensiven Streifzüge durch die Dimension der wettbewerbsfreien Souveränität, in der jede Beweislast von uns abfällt. Ob mich ein Roller an der Ampel verbläst oder ein Microcar in einer Spitzkehre am fotzinger Berg aussen nimmt ist mir in Begleitung der VT wurscht. Vollkommen wurscht. Man kann sich erst vorstellen, welch eine Offenbarung es ist, sich nicht beweisen oder messen zu müssen, wenn man auf so einem eigentlich untermotorisierten Fahrzeug sitzt. Ein weiterer wesentlicher Faktor ist die Anspruchslosigkeit des Motorrades. Das kann praktisch jeder fahren.
Einsteiger, Wiedereinsteiger, alte Menschen und sogar Frauen. Ja, das kleine Chopperl ist fast sowas wie familienfreundlich - und trotzdem cool.

Auch der Preis sollte niemanden erschrecken. Um nur € 7.990.- wird die VT750 S zum Familienmitglied. Günstiger fährt man kein anderes 2010er Modell dieser Klasse.


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Technische Daten Honda VT750 S


Motor Flüssigkeitsgekühlter Viertakt-Zweizylinder 52°-V-Motor, SOHC, 6 Ventile mit geregeltem Katalysator
Bohrung x Hub in mm / Hubraum in cm3 79 x 76 / 745
Verdichtung 9,6 : 1
Gemischaufbereitung PGM-FI Elektronische Kraftstoffeinspritzung
Max. Leistung, kW (PS) 31,7 (43) / 5500
Max. Drehmoment 61,8 / 3250
Abgasverhalten* Euro 3
Getriebe 5 Gang
Endantrieb Kette
Länge in mm 2.297
Breite in mm 874
Höhe in mm 1.120
Radstand in mm 1.569
Lenkkopfwinkel 31° 18'
Nachlauf in mm 123
Sitzhöhe in mm 737
Bodenfreiheit in mm 155
Tankinhalt in Liter 10,7
Felgen vorne 19M/C x MT2.15
Felgen hinten 16M/C x MT3.50
Bereifung vorne 100/90 19M/C
Bereifung hinten 150/80 16M/C
Radaufhängung vorne 41 mm Teleskopgabel
Radaufhängung hinten Schwinge, zwei Federbeine mit 5-fach einstellbarer Federbasis
Federweg in mm vorne/hinten 118 / 90
Bremsen vorne 296-mm-Einscheibenbremse mit Doppelkolbenbremszange und Sintermetallbelägen
Bremsen hinten 180-mm-Trommelbremse

Zum Testbericht Suzuki Intruder M800


Interessante Links:

Text: kot
Fotos: Honda

Autor

Bericht vom 21.07.2010 | 38.397 Aufrufe

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