Kawasaki ER-6f

Neuer Motor, neues Motorradkonzept, neues Design, neues Motorrad. Die ER-6f ist kein billiges Bike mit ausrangierten Supersport-Teilen, sondern ein völlig neues Motorrad für die Mittelklasse.

Dass Mittelklasse nicht unbedingt langweilig sein muss, bewies die ER-6n eindrucksvoll. Die vollverkleidete Sporttourer Version der neuen Kawasaki ist im Auftritt zwar etwas dezenter als die nackte Schwester, aber immer noch recht frech.

 

Wie auch in der Nackerten liefert er 72 PS bei 8.500 U/min ab.

Kawasaki Österreich Technik Guru Magic Alois hat diesen Wert natürlich sofort am Rollenprüfstand verifiziert und nickt zufrieden: Die Japaner haben nicht geschwindelt. Die Leistungsangabe passt!


Unglücklich gewählt wurde an der ER-6 nur der Name. Das Bike hat nichts mehr mit der alten ER-5 gemeinsam. Der Motor ist in den Außenabmessungen kompakter und ein völlig neues und modernes Motorkonzept.

 
 
 

Dies spürt man auch sofort auf den ersten Metern weg vom Hotel hinauf auf die Autobahn. Kollege Zonko nimmt den Job wie immer ernst und reißt die Gänge alle durch. Klar, daß man da nicht zurückbleiben darf. Komfortables Reisetempo gibt es bis cirka 180 km/h. Bis in diese Regionen hat es der Motor der Kawasaki auch sehr eilig. Danach flacht die Power etwas ab. Am Ende der langen Autobahngeraden stehen 215 km/h am Tacho. Echte 200 sollten also sicherlich übrig bleiben. Motorradfreunde mit mahnendem Zeigefinger mögen dies für mehr als genug empfinden und haben damit nicht ganz unrecht. Bei unserer abwechslungsreichen Runde durch Sizilien mangelte es niemals an Leistung.

Noch erfreulicher die Motorabstimmung. Mit 2.000 4.000 Touren kann man extrem relaxt durch die Stadt zirkeln und dem Motor keinen Verschlucker entlocken. Die ER-6 hängt in jeder Lage sehr sauber am Gas. Wird es ernst, hält man den Motor zwischen 6.000 und 9.000 Touren und hat dann noch für Notfälle im Kurvenausgang geschmeidige Reserven bis 11.000 U/min.

Sound wie bei den Großen hat die Kawa ebenfalls zu bieten. Eigentlich viel mehr als man von einem kleinen 2-Zylinder Motorrad erwarten würde. Nicht unangenehm, aber auch nicht peinlich leise wie manche 4-Zylinder Kollegen. Wie beim Sound überrascht der kleine 2-Zylindermotor beim Komfort. Militante 4-Zylinder Freaks sollten dem neuen Aggregat eine Chance geben. Nachteile an dem Konzept konnte ich keine entdecken.

   

NastyNils Wheely Kawasaki ER-6f

Den typischen Käufer für eine ER-6 gibt es eigentlich nicht. Die Anwendungsmöglichkeiten sind sehr vielseitig. Beinahe niemand wird ausgeschlossen. Winzlinge werden sich übrigens über die Sitzhöhe von 790 mm freuen. Trotz der 650 ccm kann man das Motorrad zum Beispiel auch ohne Abstriche als Tourenmotorrad für die Reise in den Süden verwenden. Im Stadtverkehr oder für den Weg in die Arbeit ist das Eisen ohnehin perfekt. Ein wesentlicher Pluspunkt für das Bike ist das sehr schmale Layout. Man fühlt sich durch den engen Knieschluss sofort als Boss im Sattel. Angenehmer Nebeneffekt: Beim Drängeln im Stau, ist der Weg auch durch den grantigsten Hilfssheriff fast nicht mehr zu versperren.

Am Fuße des Ätna verließen wir die Autobahn und bogen mit der ER-6 ins kurvige Bergland ab. Das exakte 6-Gang Getriebe ist perfekt abgestimmt, lässt sich leicht schalten und die leichtgängige Kupplung passt ebenfalls gut ins Gesamtbild. Meine zärtliche Zuneigung zum Kupplungsdeckel hatte jedoch andere Gründe. Der Wetterbericht versprach uns 17 angenehme Grad Celsius für unseren Ausflug. Doch um halb Zehn am Morgen war davon auf 1000 Meter Seehöhe noch nix zu merken. Die sommerlichen Racing-Handschuhe machten sich natürlich bezahlt und ich streichelte lieblich den wärmenden Kupplungsdeckel der ER-6f.

Durch das gesamte Motorrad zieht sich sowohl optisch als auch technisch eine klare Linie. Optisch sticht die Gerade zwischen Lenkkopf, Gitterrohrrahmen, liegendem Stoßdämpfer und Schwinge ins Auge. Technisch wurden an der ER-6f günstige, jedoch nicht billige Teile verbaut.

Der Motor ist kein steinalter Supersport Motor, der in diesem Bike seine letzte Ruhestätte findet, sondern ein topmoderner Motor mit günstigem 2-Zylinder Reihen Konzept. Die 2er Reihe ist laut Kawa kein Kniefall vor den Kostenrechnern, sondern ein klarer Wunsch der Konstrukteure. Kurz und kompakt sollte das Aggregat sein. Vermutlich auch, um sich möglichst viele weitere Anwendungsgebiete für den neuen Motor offen zu halten. Ich schätze es dauert keine 2 Jahre und wir können uns über eine neue KLE freuen.

Auch Rahmen und Schwinge sind zwar nicht aus Aluminium, wirken aber dank der feschen Lackierung trotzdem recht hübsch.

Das Fahrwerk kommt ohne Upside-Down Gabel und klingenden Namen auf dem Stoßdämpfer aus. Schwammig ist es trotzdem nicht. Im Gegenteil. Das einfach aufgebaute Fahrwerk funktioniert tadellos und lässt festes Angasen zu. Seit neuestem gelingt das Setup auch japanischen Ingenieuren. Scheinbar ist der Fast-Food Boom auch an den Kawa Testpiloten nicht spurlos vorüber gegangen.

Tüftler hätten sich vermutlich umfangreichere Einstellmöglichkeiten am Fahrwerk der ER-6 gewünscht. Die Federvorspannung hinten ist zwar sehr leicht und komfortabel zu justieren, weitere Einstellmöglichkeiten gibt es keine.

Bei den Bremsen sieht man heutzutage oft die radial verschraubten Sättel. An der Kawasaki ER-6f sind normale 4-Kolben Zangen völlig ordinär an der Gabel montiert. Keine Abstriche aber auch hier bei der Funktion. Sauber zu dosieren und überdurchschnittliche Bremsleistung für ein Motorrad dieser Klasse.

Wichtiges Kriterium: Wheely im Einser auch ohne Kupplung!

 

Sizilien Ätna
Der Ätna qualmte zwar ein wenig, spendierte aber keine Wärme.
 

Direkten Mitbewerber gibt es für dieses Bike eigentlich keinen. Es gibt zwar ähnliche Bikes, denen fehlt aber entweder die Vollverkleidung oder das ABS.

Auch im Fahrbetrieb erinnerte ich mich an kein vergleichbares Bike. Sehr leichtes und agiles Handling gepaart mit komfortabler Sitzposition und vollem Windschutz gab es in dieser Klasse bisher noch nicht.

Neu im ABS Geschäft ist Kawasaki mit der ER-6 Baureihe. Man ging natürlich kein Risiko ein und wählte einfach das bewährte System von Bosch. Es handelt sich jedoch um kein Verbundbremssystem, sondern um ein System mit 2 getrennten Regelkreisen für vorne und hinten. Trotzdem arbeitet das System äußert effizient. Auch beim Anbremsen auf Kopfsteinpflaster oder vor holprigen Serpentinen verzögerte das System sehr präzise. Eine Macht ist das Zeug natürlich auf nasser Strasse. Ein echter Sicherheitsgewinn. ABS ist und bleibt für viele Motorradfahrer aber eine Geschmackssache, um nicht zu sagen eine Glaubensfrage. Ob man das technische Helferlein braucht oder nicht kann ja jeder für sich selbst entscheiden. Auch den Aufpreis von 800 Euro für den elektronischen Bremshelfer muss man ja erst einmal verdauen. Meiner Ansicht nach im Verhältnis zum Preis des Motorrades etwas zu hoch.

   

Kawasaki ER-6f Altherrenmodus
Auch im Altherrenmodus präsentieren sich sowohl Mensch als auch Maschine sehr routiniert.

   

Kawasaki ER-6f Details

Kawasaki ER-6f Rücklicht Kawasaki ER-6f Sitzbank Kawasaki ER-6f Auspuff Federbein
Kawasaki ER-6f Instrumente Kawasaki ER-6f Verkleidung Kawasaki ER-6f Gabel
   

Kawasaki zeigte sich bei der Präsentation der neuen ER-6f auch besonders selbstbewusst. Laut alter Journalistenregel, je besser das Pressegeschenk, um so schlechter das Eisen ist die neue Kawa eine wahre Sensation. Es gab nämlich keines. Die Journalistenbestechung hielt sich auch beim gemeinsamen Abendessen in Grenzen. In nettem Ambiente wurde dürftig serviert und auf die Nachspeise wurde gleich ganz gehustet. Normalerweise eine Todsünde, sahen bei der ER-6f alle Kollegen problemlos darüber hinweg.

Eine Forderung aus Europa war die ER-6 Baureihe laut Kawasaki Europe Marketing Manager Leo Schlüter. In Japan und Amerika wird man das Eisen auch vermutlich recht selten sehen, in Europa hatte Kawasaki in dieser Klasse aber eine große Lücke. Die ER-5 hat in vielen Fahrschulen zwar brav ihre Dienste verrichtet, doch irgendwann helfen ein paar neue Plastikteile oder Pickerl einfach nicht mehr weiter.

Auch als Leichtmotorrad wird die ER-6f in Österreich erhältlich sein. Wobei junge Leute eher zur cooleren ER-6n greifen werden. Beide Modelle sind jedoch Motorräder mit denen man nicht nur ein paar Monate seinen Spaß hat. Der Motor kommt Anfängern besonders entgegen. Man kann das Teil quasi in jedem Drehzahlbereich sehr lässig bewegen. Unten eben etwas langsamer und oben etwas schneller. Abstriche in Komfort, Gasannahme und Lastwechselverhalten muss man nirgendwo in Kauf nehmen.

   
   

Preislich beginnt die ER-6 Baureihe sehr günstig mit der ER-6n ohne ABS. Die ER-6f mit ABS legt dann in der Preisliste aber deutlich zu (siehe Preisspirale). Als Einsteigerbike vermutlich etwas zu teuer, spricht man bei Kawasaki von einem Mittelklasse Bike. Mir selbst gefällt der Ausdruck nicht so besonders. Hat einen Touch von mittelmäßig und das passt überhaupt nicht zur ER-6f. Alles in allem ein gut durchdachtes Motorrad welches 100% überzeugt.

Die Kawasaki ER-6 Preisspirale
ER-6n 6.999 Euro
ER-6n mit ABS 7.799 Euro
ER-6f 7.650 Euro
ER-6f mit ABS 8.450 Euro
 
Podcast

1000PS Podcast Folge 3 -  Kawasaki ER-6f

Live aus Sizilien. NastyNils und die österreichische Journalistentruppe bei der ER-6f Präsentation. Schlechter Witze der Journalisten und ein schwärmender Technik Guru Magic Alois. Wann gibt es in Österreich endlich einen Schreiberling, welcher den technischen Ausführungen des Kawa Freaks folgen kann?

Link zur 1000PS Podcast Ecke

Direkt Link zum MP3 File für Leute, denen Podcasting genauso viel sagt wie NastyNils

   

Technische Daten

 

MOTOR

 
TypFlüssigkeitsgekühlter Viertakt-Paralleltwin, DOHC, 8 Ventile
Hubraum649 cm3
Bohrung x Hub83 x 60 mm
Verdichtung11,3:1
Höchstleistung53 kW {72 PS} bei 8.500 rpm
Max. Drehmoment66 Nm {6,7 mkp} bei 7.000 /min

RAHMEN/FAHRWERK

TypDiamond, hochfester Stahl
Reifen vorne:120/70ZR17M/C (58W)
Reifen hinte:160/60ZR17M/C (69W)
Lenkkopfwinkel25°
Nachlauf106 mm

FEDERELEMENTE

Vorn:41-mm-Telegabel
Hinten:rechts montiertes, schräg angestelltes Federbein mit einstellbarer Federvorspannung

BREMSEN

Vorderradbremse:Halbschwimmend gelagerte 300-mm-Doppelscheibenbremse mit Petal-Scheiben, Doppelkolben
Hinterradbremse:220-mm-Scheibenbremse mit Petal-Scheibe, Einkolben

MASSE UND GEWICHTE

Länge2.105 mm
Breite760 mm
Höhe1.210 mm
Radstand1.410 mm
Bodenfreiheit145 mm
Sitzhöhe790 mm
Trockengewicht178 kg
Tankinhalt15,5 l
 

Related Links

Fazit: Kawasaki ER-6f 2006

Auch als Leichtmotorrad wird die ER-6f in Österreich erhältlich sein - wobei junge Leute eher zur cooleren ER-6n greifen werden. Beide Modelle sind jedoch Motorräder mit denen man nicht nur ein paar Monate seinen Spaß hat. Der Motor kommt Anfängern besonders entgegen. Abstriche in Komfort, Gasannahme und Lastwechselverhalten muss man nirgendwo in Kauf nehmen.


  • Komfortables Reisetempo bis 180km/h
  • überraschend leistungsfähig
  • freche Optik
  • anständige Verarbeitung
  • einfaches Fahrverhalten
  • tolle Bremsanlage
  • ABS
  • Power flacht in sehr hoher Geschwindigkeit zu rasch ab

Bericht vom 25.01.2006 | 31.004 Aufrufe

Du hast eine Neue?

Verkaufe dein Gebrauchtmotorrad im 1000PS Marktplatz.

Inserat erstellen

Empfohlene Berichte

Pfeil links Pfeil rechts