Straßentraining mit Varahannes, ein echtes Aha-Erlebnis für mich!

Warum über 95 % aller Biker die falsche Linie wählen...

Zur Schule eines jeden 1000PS Redakteurs gehört das Straßentraining beim Varahannes, so wurde mir zumindest von den Kollegen mitgeteilt. Also, top motiviert geht ´s auf nach Kärnten ins verschlafene Dörflein St. Peter in Holz. Früh morgens um 8 Uhr erwartet uns dort, nach einem kleinen "Verfahrer", schon ein bestens gelaunter und überaus redseliger Hannes Bagar. Für alle die ihn noch nicht kennen, das ist der verrückte Typ in der 1000PS Crew, welcher mit seiner Honda Varadero schon über unglaubliche 550.000 Kilometer abgespult hat. Seines Zeichens ausgebildeter ÖAMTC Instruktor und mit rund 70.000 Kilometern im Jahr, Motorradfahrer in der allerhöchsten Intensitäts-Klasse.

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Los geht ´s

Zum Aufwärmen durften alle Teilnehmer dann gleich mal, ausgestattet mit den ersten Tipps für Körperhaltung und Blickführung, juhu - 8er fahren. Soweit so gut, dachte ich zumindest... Kaum einer meisterte die Übung ohne Kritik von Hannes. Kurz darauf stockt mir das erste Mal der Atem, als der Meister selbst auf sein Eisen steigt, und mit kalten Reifen auf kaltem Asphalt in irrwitziger Schräglage demonstriert wie´s richtig geht. Ok, der weiss einfach was er tut...

Kaffeepause mit Theorie-Stunde

Bei einer Kaffeepause gibt´s einen kleinen Theorie-Exkurs. Dort wurde uns mit Bild- und Videomaterial überdeutlich veranschaulicht, wie falsch eigentlich die gefahrene Kurvenlinie von über 95 % aller Motorradfahrer in den beobachteten Streckenabschnitten ist. Dem Voraus gingen zur Analyse etliche Studien mit mehreren Tausend Foto- und Videoaufzeichnungen von verschiedenen Verkehrssituationen und Streckenabschnitten. Alles vom Land Kärnten beauftragt und genehmigt, versteht sich. Am Ende könnte man dann grob zusammengefasst sagen: In Linkskurven wird im Scheitel zu weit links gefahren und in Rechtskurven am Ausgang zu wenig weit rechts. Genauer erklärt wir diese Theorie auch in einem ausführlichen Video von Hannes selbst. Wobei das Video keinesfalls als Ersatz für ein tatsächliches Training dienen kann.

Alte Gewohnheiten fallen lassen

Im Anschluss sehen wir uns dann in freier Wildbahn gleich mit einer Strecke, die vor gefährlichen und unübersichtlichen Kurven nur so strotzt, konfrontiert. Anfangs fällt es mir recht schwer das zuvor in der Theorie erlernte umzusetzen. Jahrelang war ich einfach auf einer zu direkten Linie unterwegs - das muss erst mal raus aus dem Hirn. Verabschieden sollte man sich auch von der Gewohnheit, mit den Augen nur bis kurz übers Vorderrad hinaus zu schauen - der gesamte Kopf muss in Richtung Kurvenausgang gedreht werden.

Dank Vorausfahrt des Instruktors und wiederholten Anweisungen an alle Probanden klappt es dann aber nach ein paar Versuchen schon recht gut und es stellt sich ein echtes Aha-Erlebnis ein. Quasi nach dem Motto: "Tatsächlich, es geht auch anders?!."

Übung macht den Meister...

Übung macht den Meister, also gleich weiter auf die nächste behördlich genehmigte Teststrecke im schönen Kärnten. Diesmal ein Abschnitt mit schnellen Kurven, die weite Radien und gute Übersichtlichkeit bieten. Hätte Hausstrecken-Potential, dachte ich mir ... nur blöd, dass ich im Burgenland daheim bin.

Auf diesem Abschnitt wird übrigens auch gerade mit Bodenmarkierungen experimentiert, welche helfen sollen den Motorradfahrer instinktiv auf eine sicherere Linie zu bringen. Mit Erfolg, wie uns mitgeteilt wurde. Durch wiederholtes Fahren der selben Strecke, selbstverständlich wieder unter fürsorglicher Aufsicht von Hannes, klappt auch hier nach ein paar Durchgängen alles wunderbar und es stellt sich langsam ein "ich hab´s kapiert"-Gefühl ein.

Dranbleiben ist die Devise

Der gute Rat zum Schluss war, sich in heimatlichen Gefilden auf der Hausstrecke oder zumindest auf einem Abschnitt den man des Öfteren fährt, immer wieder selbst die korrekte Linie in den Kopf zu holen und auch ab und an mal mit dem Gedanken zu spielen: Was wäre, wenn jetzt unverhofft ein Reisebus um´s Eck kommt - bin ich auf der sicheren Seite?

Im Endeffekt eine echte Bereicherung für mich

Am Ende des Trainingstages war ich dann eigentlich verwundert, dass so ein sinnvolles und wichtiges Training noch nicht verpflichtend für Jedermann gemacht wird. Und zwar am besten gleich zu Beginn der Zweirad-Karriere, so dass sich eine suboptimale Linienführung gar nicht erst im Kopf festsetzten kann. Mir ist natürlich bewusst, dass ein allgemeines Fahrsicherheitstraining seit etlichen Jahren verpflichtend vorgeschrieben wird, ich habe auch selbst ein solches absolviert. Allerdings geht es in diesem eher um die generelle Fahrzeugbeherrschung und weniger um das "richtige" Fahren auf öffentlichen Strassen. Der Tag mit dem Hannes war für mich jedenfalls eine echte Bereicherung. Die 150 Euro für das Training inklusive Videoanalyse sind auf jeden Fall gut investiert. Am Besten verknüpft man es gleich mit einer Wochenend-Tour. In der Umgebung gibt es zahlreiche empfehlenswerte Routen und herrliche Passstrassen.

Weitere Informationen zu den Trainings und zu Hannes Bagar selbst gibt´s für alle Interessenten hier: www.varahannes.at

Bericht vom 18.08.2016 | 37.170 Aufrufe