Schottlandreise Teil 1

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Zusammen mit seiner Frau Ramona kehrt Herbert Schwarz zurück nach Schottland wo alles begann
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Wiedersehen mit Schottland - Teil 1

Auf den Spuren meiner ersten Motorradreise
 
Vorspann:

Dreißig Jahre nach seiner ersten Motorradreise kehrt Herbert Schwarz dorthin zurück, wo alles begann... Schottland. Zusammen mit seiner Frau Ramona tritt er auf einer BMW R 1200 RT eine Zeitreise in den Norden Großbritanniensan, zu den wild-romantischen Landschaften und rauen, herzlichen Menschen, die ihn schon damals faszinierten. Erinnerungen an die alte Reise fließen in die Neue hinein...
 
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DAMALS

Herbert erzählt: Sie hieß Sylviane. Ich war total verknallt in sie. Wegen ihr kaufte ich mein erstes Motorrad. Wegen ihr brach ich sogar das Gesetz... Meine Eltern, die immer nur das Beste für mich wollten, hatten mich ab der Fünften in eine reine Jungenklasse gesteckt - ein neues Experiment an unserem Gymnasium, das letztlich scheiterte. Befürworter dieser Unterrichtsform waren sich einig, dass sich das Geschlechter trennende Klima sehr positiv auf meine charakterliche und intellektuelle Entwicklung auswirken würde. Ich war da anderer Meinung. Mit 17 brachte der Schüleraustausch mit Frankreich, wo es gemischte Klassen gab, meinen Testosteronspiegel nachhaltig durcheinander. Nach vier Wochen fuhr Sylviane zurück nach Hause in die Bretagne. Ich musste sie wiedersehen! Schnell! Vannes war 1.150 Kilometer weit weg. Im Keller stand mein Mofa. Nachdem ich es heimlich "technisch überarbeitet" hatte, lag die Höchstgeschwindigkeit bei 40 km/h - Berg runter und mit Rückenwind. Offiziell erlaubt waren 25 km/h.  Vier Tage und Nächte fuhr ich, was die Mühle hergab. Dann nahm ich Sylviane in den Arm.

So konnte es nicht weitergehen! Um meine Reisegeschwindigkeit zu erhöhen, kaufte ich meinem Kumpel für Tausend Mark seine 13.000 Kilometer alte Suzuki GT 550 ab, ein 3-Zylinder Zweitakter. Bei forcierter Gangart schluckte sie 13 Liter auf 100 Kilometer. Das entsprach exakt dem Tankvolumen. Im Traum sah ich mich mit Sylviane allein auf einer exotischen Insel. Flugtickets waren unerschwinglich. Als ich die Weltkarte im Kopf virtuell scannte, blieb ich bei Großbritannien hängen. Nah und trotzdem einsam genug. Sylviane gefiel die Idee von einer Motorradreise durch Schottland. Als die Planung in der Endphase war, bekam meine rosarote Brille einen Sprung. Meine Freundin hatte sich einfach so nach Riunion im Indischen Ozean abgesetzt - auf die falsche Insel im falschen Meer und was noch viel schlimmer war - ohne mich!  

 
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Nach Schottland wollte ich trotzdem. Gegen mein gebrochenes Herz hatte ich mir die endlose Weite der Highlands verordnet. Das Mitgefühl meiner großen Schwester Erika ging so weit, dass sie in Jeans, Wanderschuhen und blauer Regenkombi hinter mir auf die Suzi stieg. In diesem furchtbaren Zustand könne sie mich unmöglich alleine lassen. Nach der nicht unerheblichen Investition in ein neues Motorrad war ich finanziell ziemlich abgebrannt. Das Geld reichte gerade noch für Lederkombi und Stiefel. Beim ersten großen Wolkenbruch lief das Wasser überall ungefiltert ins Aldi-Einwandzelt. Mit der nass-kalten Aussicht, nächtelang in billigen Schlafsäcken zu frieren, beschlossen wir, auf Jugendherbergen umzusteigen.   [googleadsmall]
 

Bildergalerie Schottlandreise

 
Der olivgrüne Baumwoll-Seesack mit unseren Sachen hatte seine beste Zeit hinter sich. Also wickelten wir ihn gegen den Regen in Folie ein, solche, die man gewöhnlich beim Tapezieren unterlegt. Dieses überdimensionale Bonbon, quer auf der Sitzbank verzurrt, machte einen Höllenlärm. On the road: Deutschland – Frankreich – Lake Distrikt, im Nordwesten Englands. Feiner Nieselregen. Beim Herausbeschleunigen aus einer Kurve lag plötzlich ein Holzbalken auf dem nassen Asphalt. Dann ging alles sehr schnell. Ich stieg in die Bremse und ... rutschte weg. Meine Schwester blieb vorsichtshalber auf dem Motorrad sitzen. In Zeitlupe schlug mein linkes Knie gegen den Balken. Dann sah ich etwas Schreckliches. In späteren Erzählungen über die Unfallursache hätte es sich eleganter angehört, wenn ich auf einer unsichtbaren Ölspur ausgerutscht wäre. Stattdessen war die gesamte Fahrbahn mit frischer Schafsch... übersät.  
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Wir rappelten uns auf. Sekunden später hielt ein Auto mit einer resoluten Krankenschwester in Zivil. Sie war mit ihrer Familie auf dem Weg in den Europa-Urlaub. "Muss genäht werden" diagnostizierte sie die tiefe, drei Zentimeter lange Wunde an meinem Knie und türmte unseren Seesack, der streng nach Schaf roch, auf ihr Urlaubsgepäck. Erika hatte nur einen blauen Fleck. "Und der Balken?", fragte ich auf dem Weg ins nächste Krankenhaus. "Das ist hier so üblich. Wenn ein Bauer seine Schafe über die Straße treibt, warnt er so die anderen Verkehrsteilnehmer." 
 
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Krankenhaus - Polizeistation - zurück zum Unfallort. Mein lädiertes Motorrad war inzwischen konfisziert. Der hilfsbereite Dorfpolizist besorgte uns ein Bett in einer Jugendherberge. Er schlug sich die halbe Nacht um die Ohren, um die Gabel wieder gerade zu biegen, Blinker und Lenker von seiner BSA ab- und bei mir anzubauen und den kaputten Scheinwerfer mit Leuchtfolie abzudecken. Bevor die Reise mit improvisierten Ersatzteilen weiterging, klebten wir noch Plastiktüten auf die Löcher in unseren Regenkombis. 

Szenenwechsel: In einem Youth Hostel treffe ich Schweini (Hans Peter Schweikert) mit Freundin, die auf einer BMW R 75/6 im gleichen Stil wie wir unterwegs sind. Er ist locker. Er ist witzig. Er kennt sich aus. Sympathie auf den ersten Blick. Zusammen fahren wir bis ans Ende von Schottland. "Wenn ich je wieder hierher komme, dann mit einem besseren Motorrad", gelobe ich. 30 Jahre später ergibt sich die Gelegenheit...  

 

Interessante Links:

Text: Ramona und Herbert Schwarz
Fotos:
Ramona und Herbert Schwarz

Autor

Bericht vom 04.10.2013 | 6.074 Aufrufe

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