Wochentagsrunde

Wenn man einem Treffen hinterher fährt, statt entgegen. Der Weg ohne Ziel ist immer der richtige.

In der Kalten Kuchl ist an einem frühen Wochentagsmorgen mitunter schon allerhand los.

 

Cafe-Racing mit der Ducati Diavel

Wie viele Espresso kann man an einem Tag trinken? Das war zwar nicht das ursprüngliche Motto eines Tages, der eigentlich als Dolce-far-niente-Tag angelegt war. Was sich daraus ergeben hat: die klassische Hausstrecken-Runde der Wiener, mit den Standards Kalte Kuchl, Mariazeller Land, Wildalpen, Gesäuse & Triebener Tauern. Am Ende standen unterm Strich ein paar hundert Kilometer und neun Kaffees. Kein Herzinfarkt.

 
Mittwoch. Sommermorgen ohne Sorgen. Denkt man sich. Ein Wochentag zur freien Verfügung, keine Termine, keine Verpflichtungen, keine Verabredungen. Ausschlafen und den Tag in Balkonien verbummeln. Das war der Plan. Aber: Ein drrrrrriiiing macht dem Traum den Garaus. So ein Mist! Doch glatt vergessen, das Telefon aus- oder wenigstens stumm zu schalten. Egal. Noch voll trunken vom Schlaf lächzt man ein hmpf ins Telefon: Hab ich Dich aufgeweckt? zwitscherts heraus. So unschuldig kann wohl nur der Herr R. fragen. Und gleich darauf sagen: Ich kann nicht schlafen. Gemma fahren? Wie spät ist es eigentlich? Uff! Sechs. Ja, spinnt denn der? Aber warum nicht? Wo ans wieder Einschlafen sowieso nicht mehr zu denken ist, weil die Sonne ins Zimmer knallt und die italienische Teufelin ja eigentlich auch bewegt werden soll. Wann treff ma uns? Um sieben, bei der Tankstelle, Westausfahrt, das machen wir uns aus. Alles geht schnell, wenn man will und einen guten Espresso zu Hause hat. Von dem ich mir sicherheitshalber gleich zwei zu Gemüte führe. Punkt sieben steh ich auf der Tankstelle, voll im Leder, sattle die Duc, nehme vorsichtshalber eine Regenkombi mit.

Drei Espressi vor der Abfahrt.


Denn wenn man die hat, dann regnets nicht. Meistens. Obwohls ohnehin grad gar nicht danach aussieht, der Himmel ist strahlend blau. So weit, so gut. Wer fehlt, das ist der Herr R. Dong! Macht das Telefon. SMS: Komme zehn Minuten später. Ok. Noch einen Espresso trinken (es ist eh erst der dritte), denn das wird ohnehin eine Viertelstunde. Wer pünktlich um 7.15 Uhr nicht kommt, das ist, erraten, Herr R. Dafür klingelts diesmal: Du, ich komm nicht so schnell weg, ich muss noch... Ah ja: Wie wollten wir denn fahren? Der Einfachkeit des Einander-Findens halber soll die erste die Kalte Kuchl sein. Auf ein Topfenstrudel-Frühstück. Also, abgemacht, wir sehn uns um viertel nach acht.

Na gut. Erst einmal macht die Kuchl, die kalte, ihrem Namen alle Ehre. Auf dem Weg dorthin ist es auch im Sommer in der Früh kalt im Wald. Und ein wenig feucht, rund um Klausen-Leopoldsdorf und die Klammhöhe. Viertel nach acht, das hätt ich geschafft. Vor dem Wirtshaus ist schon erstaunlich viel los um diese Zeit. Ohne Worte bringt die Wirtin die übliche Kinderportion Topfenstrudel und einen Espresso herbei (der vierte heute). Einstweilen vergeht die Zeit, und um halb neun läutets wieder einmal. R.: Womit bist du eigentlich unterwegs? Mit der Diavel? Ich nehm die suprige Duke. Na, ob das zusammenpasst? Jedenfalls ist er gerade in der Garage, sagt er, er muss nur noch kurz noch einmal heimfahren. Handschuhe vergessen. Inzwischen ist es dreiviertel Neun. Wir einigen uns darauf, dass ich voraus fahre, bis Rasing, zur OMV-Tankstelle. Denn wenn ich bis St. Pölten auf der Autobahn fahr, bin ich eh schnell in Mariazell! Somit schwinge ich die Duc über den verkehrsfreien Ochssattel, weiter übers Gscheid und dann durchs Halltal. Bei der Abzweigung zum Fadental steht eine einsame Kante vor dem geschlossenen Wirtshaus.

Die Salza ist bei Mariazell noch ein eher stilles & ruhiges Wasser. Ruhetag hat auch das Wirtshaus.


Es wird heftig gerufen und gewunken.


Aber es ist nicht die Super Duke von R. Dafür stehen in den Kehren hinauf nach Mariazell die ersten Touristenbusse quer. Dazwischen wandern gemütlich Horden von Pilgern kreuz und quer über die Straße. In Rasing bin ich dann trotzdem bald. Und trinke Espresso Nummer fünf. Es wird viertel elf, es wird halb elf. Kein Bild und kein Akrapovic-Ton von Herrn R. Da beschließe ich, mit dem Warten aufzuhören.

Was nun tun? Es ist zu früh, um wieder heimzufahren und zu spät, um einen Alternativ-Plan umzusetzen, zum Beispiel baden gehen. Mittlerweile ist es schon ziemlich warm, aber das Badezeug ist nicht im Gepäck. Eine Botschaft schicke ich noch los: Ich fahre weiter, Wildalpen, Gesäuse, Treffpunkt: Gasthof bei der Bachbrücke, ca. 13 h.
Gesagt, gefahren. Immer noch bin ich so gut wie alleine auf der Straße, die Strecke nach Wildalpen ist nur in der Gegenrichtung einigermaßen frequentiert. Beim Kulinarium gehe ich vom Gas, denn da wird heftig gerufen was ich beim sonoren Ton des V2 nur gedämpft höre und gewunken.

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Das Kulinarium, am Weg durch die Wildalpen gelegen, offeriert neben Ofenkartoffeln auch recht guten Espresso.
 
Eine Reihe von mir bekannten Triumph- und KTM-Treibern sitzt grad gemütlich beim späten Frühstück. Na, ein Espresso (der sechste) geht sich immer noch aus. Und ein kurzer Plausch samt Diavel-Besichtigung. Aber dann will ich weiter. Alleine. In und um Wildalpen fahren und stehen eine Menge KTMs herum, aber die Super Duke des Herrn R. ist nicht dabei. An der Kreuzung, wos entweder in Richtung Lunz am See oder nach Gams geht, halte ich kurz ein, um die Rafter zu beneiden, die sich grad in der Salza verlustieren. Denen ist sicher nicht so heiß wie mir. Ich beginn mich zu fragen, ob ich je wieder aus dem Leder rauskommt, denn es klebt & pickt am Körper, die Perforierung macht ihrem Namen keine Ehre. Das wird kurz besser, bei Gams, aber in Mooslandl steht die heiße Luft.
   

Bei Wildalpen ist die Salza ein wildes Wasser. Raften oder nur die heißen Füße kühlen wäre eine Option.

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Mooslandl: Beliebt als Tank- und Raststopp, weil einladend und freundlich. Hier hats auch sehr guten Apfelsaft.

 
Und eine Super Duke. Aber nicht die richtige. Die da hat keine Akrapovics. Also nicht lang stehenbleiben und schnell rein ins Gesäuse, wos angenehm schattig ist.
 

Handlingtest von Admont nach Trieben.


Im Gastgarten des Gasthauses an der Bachbrücke sitzen alle möglichen Leute unter den spärlich gesäten Sonnenschirmen. Aber kein Herr R. Dafür erzählt mir das Handy-Display von sieben entgangenen Anrufen. Also: Rückruf. Er hebt aber nicht ab. Ist er vielleicht unterwegs? Doch schon? Vorsichtshalber nehm ich zum Obi gespritzt noch einen Kaffee (den siebenten). Aber auch dann kommt und kommt er nicht, ruft auch nicht zurück. Nachdem ich jedoch nicht anwachsen will, schicke ich eine weitere Message los, mit einem neuen Vorschlag: Hohentauern. Aber wo? Schlage ich das Panorama vor, wo ich eigentlich gerne zu Mittag essen würde, kann ich mir ausrechnen, wie oft Herr R. - der gern engagiert am Quirl dreht an der Abzweigung vorbeifährt. Also nehm ich etwas, das aufgrund der 50er-Zone im Ortsgebiet nicht so leicht zu übersehen ist: Hotel Restaurant Passhöhe, ist links, wenn du von Trieben kommst, botschafte ich und mache mich auf den weiteren Weg.

Ein perfekter Handling-Test ist das nette kleine Sträßchen von Admont nach Trieben, die Kaiserau. Und für das Fahrwerk auch, denn es ist nach wie vor nicht die ganze Strecke geglättet und frisch asphaltiert. Und mit einer 70er-Tafel garniert. Dort, wos recht holprig ist, darf man einen Hunderter fahren. In Trieben ist die Verkehrshölle los. Offenbar wurden alle Holztransporter auf einmal in Richtung Judenburg losgeschickt. Was aber mit der Italo-Teufelin kein Überhol-Problem darstellt. Je höher es geht, desto kühler wirds auch, über Hohentauern hängen ein paar Wolken herum. Das Kaffeehaus auf der Passhöhe hat auch einen guten Topfenstrudel. Der geht nicht ohne Espresso. Ich halte bei Nummer acht. Derweilen schaue ich dem Motorrad-Treiben zu. Auch hier tummeln sich etliche Kanten. Aber die falschen.

Im Gesäuse ist es schattig und kühl. Für die fahrerisch nicht aufregende Strecke entschädigt die Landschaft.

Die Strecke von Admont nach Trieben, genannt Kaiserau, ist kaiserlich schön.

Da schnurrt eine mattgraue Tigerin den Berg hinan. Halt! Den kenn ich doch! Das ist der Herr C.! Diesmal winke ich, und aufmerksam, wie er ist, bremst er sich ein. Wohin des Wegs? Zum Panorama, schallt es dumpf unterm Helm hervor. Da beschließe ich, ich warte länger nicht auf den Herrn R., und schließe mich dem Herrn C. an. Mattgrau und schwarz, Tigerin und Teufelin, das wird schon gut zusamenpassen.

Zum Waldgasthof Panorama ists nur ein kurzer Kilometer. Dort schwingt der Chef den Kochlöffel, und das kann er genau so gut wie seine Ur-V-Max über die Berge treiben. Des Hermann Clemens Kürbis-Cremesuppe gibt Kraft. Und wir überlegen, wie wir den weiteren gemeinsamen Weg angehen. Eisenerz, Präbichl? Das wäre für mich eine Option, aber nicht für C., denn da kommt er grad her. Mitten in der Routen-Konferenz läutet wieder einmal das Phone. Ah, der Herr R. Wo bist du? Wie fährst Du zurück? Ich komme dir entgegen. Das ist seine letzte Chance, und ich gebe ihm meine Wegpunkte durch. Denn letztlich haben wir beschlossen, meine Hin-Route genauso wieder zurückzufahren. Das ergibt interessante, umgekehrte Perspektiven. Vorher gibts aber noch einen Espresso (Nummer neun)
Also: Trieben Kaiserau Admont Gesäuse Hieflau Gams Wildalpen Rasing (Tankstopp, OHNE Espresso) Halltal Gscheid St. Ägyd am Neuwalde Ochsattel Kalte Kuchl. Nur wenige Leute sind uns entgegen gekommen. Eine Super Duke mit Akrapovics war nicht dabei. Und in der Kuchl sitzen noch immer oder schon wieder dieselben Leute wie am Morgen. Einige von denen waren gar nicht weg, sondern sind in den Badeteich gesprungen. Das überleg ich mir fürs nächste Mal. Dieses Mal nehm ich einen Apfelsaft gespritzt und gebe es endgültig auf, den Herrn R. antreffen zu wollen. Zum Abschluss des Tages darf dann die Diavel auch noch den Rohrer Sattel und den Hals kennen lernen.

Auf der Passhöhe des Triebener Tauern in Hohentauern gibts an schönen Tagen allerhand zu sehen. Motorradfahrer kommen am Cafe und Gasthaus Passhöhe auch viele vorbei. Topfenstrudel und Kaffee sind zu empfehlen.

Der Waldgasthof Panorama ist gastfreundliches Motorradhotel, kulinarisch wertvoll, und wenn es regnet kann man das Motorrad auch in die Garage stellen.

Mattgrau und mattschwarz. Trotz unterschiedlicher Figur passen Tigerin und Teufelin recht gut zusammen.

 
Bei fortschreitender Dämmerung rollen wir via Purkersdorf in Wien ein. C. verabschiedet sich, und ich kehre zurück, zur Treffpunkt-Tankstelle. Und wer steht da, verlegen grinsend und ohne Kante? Der Herr R. Sorry! Hmpf, mache ich. Er: Dafür lade ich dich auf ein Bier ein. Das Angebot nehm ich an, kündige aber an: Eines wird nicht reichen, um die Wirkung der neun Espressi auszugleichen.

Trotzdem: Es war eine schöne Runde, mit perfektem Wetter, es waren nur wenige Leute unterwegs, und die Rennleitung war offenbar auch im Freibad. Warum der Herr R. nicht und nicht dahergekommen, das werde ich wohl nie schlüssig erfahren. Und auch nicht verstehen wollen. Mit der Diavel hingegen habe ich mich ausgezeichnet verstanden. Als Cafe-Racerin macht sie bellissima figura. Doch das nächste Mal werden wir das in Italien machen, wenn wir wirklich guten Espresso wollen.

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Text: Trixi Keckeis
Fotos: Trixi Keckeis

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Bericht vom 25.07.2011 | 6.011 Aufrufe

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