Chopper in Putrajaya

In Malasia ist der "Jaguh" die Basis für wilde Chopper-Umbauten. Unfassbare optische Härte!
Putrajaya

Mit dem Cruiser durch Putrajaya.

Futuristische Architektur in der nach dem Regierungschef benannten Reißbrett-Stadt, entlang einer großen Sichtachse ausgerichtete Behördengebäude - nein, die Rede ist nicht vom NÖ Landhaus in Sankt Pröllten, sondern von Putrajaya. Der Ort verdankt seinen Namen dem ersten Premierminister Malaysias, Tunku Abdul Rahman Putra. Jaya bedeutet Erfolg, Perfektion.
Im Schatten sitzen drei wilde Burschen und ein schmächtiger Geselle. Neben ihnen glänzen vier Motorräder in der Sonne, oder nein: drei glänzen, eine nicht. Die ist offenbar vom zweiten Weltkrieg übergeblieben.

Fakt ist: Alle vier Bikes sind gleich alt, gleich neu. Drei der Jaguh, wie der Cruiser von Modenas heißt, wurden von ihren Besitzern liebevoll verfeinert. Der vierte steht ganz original da.

174 Kubik misst der luftgekühlte Zweiventil-Viertakt-Einzylinder, dementsprechend zart kommen die bei 7.500 Umdrehungen angegebenen 13,7 Nm Drehmoment von der Kupplung. Die wenig überzeugende Wirkung der Bremsanlage ist nahezu perfekt auf die nicht arg brachiale Motorleistung von 16 PS bei 8.500 U/min abgestimmt. Mit 132 kg Trockengewicht und ein wenig Mut sollten laut Prospekt 130-140 km/h erzielbar sein.

Ein wenig irritiert auf der von uns ausprobierten Weltkriegsveteranen-Jaguh der locker in der Gabelbrücke befestigte Lenker. Ob man das nicht klemmen sollte? Nein, sagt der Besitzer. Das ist die Höhenverstellung, das gehört so. Na dann.


Alle vier Bikes in diesem Bericht sind gleich alt.


Fünf Gänge im üblichen Schaltschema gibt das Getriebe her, erreichen tut man die Schaltwippe aber nicht so gut, weil der wilden Optik wegen das ABS-Steuergerät eines Volvos an der linken Motorseite angeflanscht ist (!).

Viel Geld hatte er nicht, berichtet der stolze Bastler, so hat er sich bei einem Bekannten ein paar Schrottteile geholt und die über das Motorrad verstreut. Der Zündschlüssel steckt in einer Feuchtraumsteckdose, der Tacho drüber ist ein Fake. Der Gepäckträger eines Fahrrades pickt auch noch auf dem Tank.


 ABS-Steuergerät eines Volvos, Tacho-Fake.


Fazit: Die Fahrbarkeit leidet, aber die Optik ist gut gemacht. Die schwarze Variante ist trotz des wilden Rücklichts relativ unverbastelt, die rote Harley-Kopie (Live to Ride! Doppelauspuff!) besticht in unseren Augen geringfügig weniger als die Tätowierungen auf den Unterarmen des dazugehörenden Bikers - die Peckerln sind nämlich genauso ein fake wie der Screaming Eagle.
Messerscharf kalkuliert ist der Verkaufspreis der Jaguh-Serienversion: RM 6.025,75 - umgerechnet 1.300 Euro. Das kann man nehmen.

Kaum sind wir mit dem Cruiser-Test fertig, trudelt kurzfristig eine überraschende Einladung von BMW Malaysia am Handy ein: Man möge doch bei Interesse unverbindlich nach Sepang kommen. Dort stehen nicht nur die neuen Boxermodelle, sondern auch ein paar S1000RR herum, und ja, sie müssen nicht nur stehen. Man möge jedoch bitte verstehen, dass Textilgwandl und Klapphelm auf der Rennstrecke ähnlich unerwünscht sind wie die nach einer regnerischen Allentsteig-Feldwoche eingedreckten Stiefel in einer Moschee. In Ermangelung von Lederhaut mit Schleifpads war das also doch nur eine statische Präsentation :-(

Textilgwandl und Klapphelm auf der Rennstrecke unerwünscht.


Apropos Sepang: Die vom deutschen Architekten Hermann Tilke entworfene Rennstrecke ist Heimat für Formel 1 (4. April 2010) und MotoGP (10. Oktober 2010) Sie wäre trotz der langen Anreise aus Europa mit den im Vergleich niedrigen Kosten für Kost und Logis eine hervorragende Winter-Testlocation. Wäre. Denn der Zoll ist leider so bürokratisch, dass selbst Formel 1 und MotoGP zu kämpfen haben, und so können sich die Betreiber der Rundstrecken von Ascari, Barcelona, Valencia, Jerez, Almeria weiterhin entspannt zurücklehnen.




Ing. Alexander Seger ist Inhaber und Leiter der Fahrschule Fürböck in Mödling und leidenschaftlicher Motorradreisender.


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Text: Alexander Fürböck
Fotos: Alexander Fürböck

Autor

Bericht vom 25.06.2010 | 7.648 Aufrufe

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