GIVI in Kuala Lumpur

Ing. Alexander Seger besuchte die GIVI Fabrik in Kuala Lumpur und interviewte den Manager.
GIVI Werksbesuch

Ing. Alexander Seger in Kuala Lumpur

Im Gespräch mit Joseph A. Perucca, Overseas Operation Manager von Givi Asia.

Neben den bekannten GIVI-Produkten, die Motorradfahrer nahezu von Kopf bis Fuß bekleiden können oder für Windschutz und Gepäcktransport gedacht sind, fertigt der italienische Hersteller auch andere Windschilde und Kofferlösungen: "Bis auf KTM, Harley und heuer noch BMW (die sind ab 2011 auch Kunde) versorgen wir alle bekannten Anbieter - nicht gerne, aber wenn wir es nicht tun, macht es ein anderer".

Die nordwestlich von Kuala Lumpur angesiedelte Produktion beliefert jedoch nur den asiatischen Raum. "Die Fertigung ist natürlich billiger als in Europa, aber die Transportkosten machen es unwirtschaftlich, weiter entfernte Märkte bedienen zu wollen." Die Fluktuation im Werk ist recht hoch, denn bei GIVI ausgebildete Arbeiter werden gerne abgeworben. 120 bis 130 Arbeitsplätze gilt es besetzt zu halten.


"Versorgen nahezu alle bekannten Anbieter."


Während Helme in Europa von vorne nach hinten gemessen in Größen eingeteilt werden, misst man in Asien in der Breite. Ein Helm gleicher Größenangabe wird daher unmöglich passen. Merkbare Unterschiede werden je nach Zielland vor allem beim Gewicht gemacht - ein für relativ "großkopferte" Amerikaner gebauter Helm wäre für den vergleichsweise zarten Schädel eines Asiaten viel zu schwer. 

Bei den getöteten Motorradfahrern liegt Malaysia laut Joseph Perucca weltweit an dritter Stelle. Platz zwei geht an Nigeria, die Spitze markiert Jamaika, wo nach Peruccas Vermutung aber jeder, der völlig stoned neben einem Moped zu liegen kommt, in der Unfallstatistik mitgerechnet wird.

Die Gründe für das schlechte Abschneiden Malaysias sieht Perucca in mehreren Ursachen. Punkt eins: Keine Ausbildung, keine Ausrüstung. Wichtig ist beim Helmkauf vor allem die exakte Passform, warnt Perucca: "Wenn zwischen Helm und Kopf 1 cm Luft sind, macht das den Aufprall gefährlicher". Nachdem Malaysier Helme gerne zu groß kaufen, damit sie nicht schwitzen, investiert GIVI viel Geld in Sicherheitskampagnen. Beispielsweise werden neben den Mautumfahrungsspuren alle 10 m Plakate affichiert, die daran erinnern, stets das Helmband zu schließen oder die richtige Größe zu wählen: "One size does not fit all!"


"One size does not fit all!"


Punkt zwei: Der Helm ist zu lange im Einsatz. Billige Polycarbonat-Helme sollte man schon nach einem Sturz aus Schulterhöhe entsorgen, denn bei einem zweiten Aufprall an der gleichen Stelle kann die Helmschale brechen. Hochwertigere Helme haben je nach Einsatzhäufigkeit (Schweiß, UV-Bestrahlung!) eine Lebensdauer von drei bis fünf Jahren: "Die eigentliche Schutzschicht ist die Innenschale des Helmes. Wenn die zu hart wird, ist die Schutzwirkung dahin."

Punkt drei: Wer Geld hat, fährt Auto. Wer keines hat, Moped. Die Autofahrer schauen also auf das billige Einspur-Volk jeglicher Kubatur herab, und so rücksichtslos fahren sie auch. Zudem wollen die furchtlosen Mopedisten den Fahrern von big bikes gerne zeigen, wer wirklich schneller ist: Nicht selten wurden wir auf unserer Reise von am Tank liegenden Flip-Fop-Trägern überholt, die ihre Reibe bis zum Anschlag auswinden.

Auch Perucca hat ein flottes Motorrad, das mit großen GIVI-Aufklebern gebrandet und bei der Polizei landesweit bekannt ist - "immerhin statten wir ja alle Polizeimotorräder in Südostasien mit unseren Produkten aus". Die gute Bekanntschaft mit den Größen der Exekutive ergibt sich da wie von selbst, ein paar mit Ziffern und dem Bild des Königs versehene Zettelchen im Reisepass erleichtern das zügige Fahren auf den mit dem Lineal geplanten Autobahnen ungemein.

"Wer Geld hat, fährt Auto. Wer keines hat, Moped."


'Speed Traps' können nur bis 190 km/h auslösen. "Meinen Sohn haben Sie am Ende der Autobahn schon mit einer Eskorte erwartet", erzählt Perucca grinsend, "und die waren ganz erschrocken, als sie mein Motorrad in den Händen eines jungen Burschen gesehen haben." Der Herr Sohn möge künftig in diesem Land ein wenig Maß halten, ließ der Polizeichef ausrichten. Ob er die italienische Küche vermisst? Perucca schüttelt den Kopf. Er reist schon sein ganzes Leben, seine vierköpfige Familie hat vier verschiedene Reisepässe. "Malaysia ist ein guter Platz", sagt er. Sauber und sicher, und tolerant gegenüber Nichtmuslimen. Mit sehr niedrigen Lebenshaltungskosten. Und dann bietet er Kaffee an, vietnamesischen. "Fast so gut wie der italienische, aber Ristretto wird es natürlich keiner", sagt er mit einem entschuldigenden Lächeln.

Ing. Alexander Seger ist Inhaber und Leiter der Fahrschule Fürböck in Mödling und leidenschaftlicher Motorradreisender.


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Text: Alexander Fürböck
Fotos: Alexander Fürböck

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Bericht vom 05.07.2010 | 3.786 Aufrufe

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