A journey down under

Ein Abenteuer ist es mit Sicherheit Neuseeland auf einer XT600 zu erkunden. 3 Männer / 5500km.

KIA ORA - a journey down under.

 
 
12 pm, baggage claim 3 am Flughafen von Auckland/New Zealand, siebte Runde.
Obwohl mir bereits im zweiten Umlauf klar sein sollte, dass mein Koffer mit meiner kompletten Motorradausrüstung fehlt, starre ich doch wie gebannt auf die drei Gepäckstücke, die offenbar herrenlos am Gummiband eine Runde nach der anderen drehen. Vielleicht hat sich ja doch der von meinem Freund Stefan ausgeliehene schwarze Samsonite Hartschalenkoffer in 10 000 Metern Höhe in eine rote Wilson-Tennistasche oder einen mit Unmengen Nylon umwickelten Karton verwandelt! Doch die bittere Wahrheit ist letztlich: Schuberth-Helm, Revit-Jacke und Hose, Racer-Handschuhe und Rückenschutz und dazu noch die bereits zweimal südamerika-erprobten und bewährten DAYTONA Trans Open Goretex befinden sich noch irgendwo zwischen Innsbruck/Kranebitten und Auckland/NZ. Genau das wünscht man sich nach 34 Stunden Anreise in der Holzklasse! Aber für solche Fälle gibt es ja auf jedem Flughafen einen lost and found- Schalter. Ich melde lost, und hoffe auf found! Danach werden Harald, Manfred und ich noch vom Lebensmittel-Beagle des neuseeländischen Zolls beschnüffelt, denn die Einfuhr jeglicher Fressalien ist strengstens verboten. Meine Manner-Schnitten hat er aber nicht gerochen, der kleine Racker, auf diesen Geschmack war er wohl nicht trainiert worden!
 
 
Wenigstens stehen am nächsten Tag die drei XT600E, die wir bei Kurt Binder von bike adventure new zealand" (www.banz.co.nz) gemietet haben, perfekt vorbereitet zur Übernahme bereit. Kurt fuhr und fährt noch immer selbst oder mit Kunden Enduroreisen, er weiss also worauf es ankommt. Harald, der Navigator, montiert die Halterung für das Navi und wir wollen die Route für den ersten Tag eingeben. Offensichtlich bereitet die Standortbestimmung dem GPS, das zwei Tage zuvor oben ausgeschaltet und soeben hier unten wieder eingeschaltet wurde, massive Probleme. Ständig fragt es, ob wir uns mehrere tausend Kilometer vom letzten Standort entfernt hätten. No na! Aber nach fast einer Stunde Orientierungslosigkeit wird es sich doch noch seines Kaufpreises bewusst und funktioniert fürderhin klaglos, und ist speziell in den Ortschaften sehr hilfreich. Als schließlich meine Ausrüstung am nächsten Tag doch noch ankommt, kann es also endlich losgehen. Ein letzter Tipp noch von Kurt bei der Abfahrt: Seid vorsichtig am Anfang, denn hier ist links rechts und oben unten, aber die Sonne geht
dennoch im Westen unter! Harald dirigiert uns mittels Garmin 2620 auf dem einzigen Autobahnstück, das Neuseeland zu bieten hat, was wir nicht wirklich bedauern, zuerst Richtung Norden.
Eine ideale Einführung in die Welt des Linksverkehrs. Was auf den ersten Metern noch heikel aussieht, geht aber schon nach den ersten Kreisverkehren und vor allem Tankstellen- und Hotelausfahrten in Fleisch und Blut über.
 
 
In den ersten Tagen fragen wir uns bei jeder Pause, ob wir nicht irgendwie durch eine riesige Gartenanlage fahren, so prächtig ist die Vegetation. Harald meint sogar: A Wahnsinn, de Flora - und a de Pflanzen! Er hat recht. Obwohl wir alle drei im vorigen Jahrtausend nicht ganz unerfolgreich dem Rennsport frönten, und noch immer nach Ausfahrten ins benachbarte Südtirol, die Toskana oder gar Andalusien fast nur die Beschaffenheit des Asphaltes wiedergeben können, sind wir hier am anderen Ende der Erde so beeindruckt von der Vielfalt der Landschaft, dass wir uns echt auf das Fahren konzentrieren müssen. Und das wird in weiten Teilen des Landes so bleiben. Denn wieder und wieder erscheint es uns, als ob wir mit jedem Schalt-vorgang auch eine andere Gegend einlegen würden.
Es heißt ja, Neuseeland wäre die ganze Welt auf zwei Inseln verteilt. Dem kann man nur zustimmen! Da ja hier unten der Norden unser Süden ist, wird es zusehends wärmer, je höher wir kommen. Den nördlichsten Punkt der Insel, das Cape Reinga, schenken wir uns, obwohl hier der Pazifik und die tasmanische See aufeinandertreffen und auch nach dem Glauben der Maori die Seele jedes verstorbenen Ureinwohners ins Meer und damit zurück zu den Ahnen gleitet.
 
 
Wir müssen schleunigst nach Kawakawa, einem kleinen Ort in der Bay of Islands nahe Pahia. Aber nicht etwa um dort ein Honda Museum oder ein Yamaha Musikgeschäft aufzusuchen, sondern die berühmte hundertwasser-toilet, die unser Friedensreich Hundertwasser dort 1990 gebaut hat. Und wir haben sie tatsächlich aufgesucht, perfektes Timing eben. Die Bay of Islands ist ein faszinierend schöner Platz, eigentlich eine Schande, dort am nächsten Tag schon wieder abzureisen. Doch wir besteigen tapfer die Fähre nach Russell um auf der Ostseite von Northland nach Thames am Coromandel Island zu fahren. Die eintägige Umrundung dieser Halbinsel zählte auch zu den absoluten Highlights. Es gibt dort so viele Strände, dass man, falls einem drei Sonnenanbeter schon zuviel sind, einfach zum nächsten Strand weiterfährt, der ist dann zu 99% menschenleer! Wer nur Rimini oder Cancun kennt, wird Bauklötze staunen! Neuseeland ist ja in etwa so groß wie Italien, hat aber nur
vier Millionen Einwohner, wovon wiederum ein Viertel in Auckland lebt. Daher ist das Land nur äußerst dünn besiedelt. Die Leute sind relaxt und unheimlich gastfreundlich, Stress wie bei uns heroben konnten wir nirgendwo vorfinden.
 
Unsere Freunde el murm Murml und sailsorger Roli, der bereits vor 25 Jahren in Neuseeland war und dort insgesamt ein Jahr gelebt hat, sind in Rotorua, einem wunderschönen Ort am gleichnamigen See, der allerdings wegen geothermaler Tätigkeiten derart nach Schwefel stinkt, dass es nicht zum Aushalten ist. Doch es muss wohl so sein, dass sich selbst die empfindlichste Nase nach einer bestimmten Zeit an den Geruch gewöhnt, sonst wäre dieses Gebiet dort mit Sicherheit nicht besiedelt. Roli chauffiert uns einen Tag in der Gegend herum, wofür wir die Sättel unserer XTs gegen die 3er Mittelsitzbank eines Mitsubishi L300 tauschen. Wir vereinbaren unseren nächsten Treffpunkt in Picton, einem kleinen, idyllischen Ort am Nordende der Südinsel, wo der Interislander, die Fährverbindung zwischen der Nord- und Südinsel, anlegt. Auf der Fahrt dorthin besuchen wir noch den Tongariro-Nationalpark mit seinem Ski-Ressort, das jedem gelernten Ischgler, St. Antoner oder Kitzbüheler ein
mildes is schu recht-Lächeln auf die Lippen zaubern würde. Aber auch das ist eine Eigenheit und ein besonderer Reiz dieses Landes-Gigantismus kennt man eher nur aus dem Fernseher! Im Lake Nelson Nationalpark machen wir erste (schmerzliche) Erfahrungen mit den dort in Massen vorkommenden Sandfliegen, der einzigen Plage Neuseelands, gegen die man sich nur mit Klinikpackungen an Insekten-Sprays helfen kann. Ansonsten wird man gnadenlos gebissen und der Juckreiz hält tagelang an! Dass nur die Weibchen beißen ist zwar Tatsache, nützt einem im Unterscheiden von männlichen und weiblichen Sandfliegen ungeübten Alpenbewohner aber herzlich wenig!
 
 
Nachdem der Wetterbericht zumindest für die nächsten drei Tage gutes Wetter vorhergesagt hat, beschließen wir der Westküste entlang Richtung Süden zu fahren. Dort sollte man sich auf keinen Fall die Pancake Rocks and Blowholes im Paparoa-Nationalpark direkt am State Highway 6 entgehen lassen!
Als wir danach im Top Ten Holiday Park von Franz Josef Glacier einchecken, treffen wir auf David aus dem Ötztal, der dort in der Sommersaison arbeitet. Vermutlich dürfte er uns an unserem Dialekt erkannt haben....
Franz Josef- und Fox Glacier sind eine der größten Touristenattraktionen auf der Südinsel, aber für gelernte Tiroler nicht wirklich enorm aufregend, weswegen wir am nächsten Morgen nach Wanaka am gleichnamigen See weiterfahren. Dieser kleine Ort hat uns enorm beeindruckt, Lage und Umgebung sind sensationell. Auch hier würden wir viel mehr Zeit benötigen, aber Roli, el Murm und ihr L300 warten schon in Te Anau auf uns, um gemeinsam zu einem der Highlights jeder Neuseelandreise
aufzubrechen, dem Milford Sound, einem beeindruckenden Fjord an der Tasmanischen See. Da es dort an 260 Tagen im Jahr regnet, fahren wir ein letztes mal im Auto mit und ersparen uns auch tatsächlich eine halbtägige Regenfahrt.
 
 
Von Te Anau nehmen wir eine 80 Kilometer lange Schotterstrasse, die zum Lake Wakatipu führt, wo bereits ein über hundert Jahre altes Dampfschiff, die Earlslow auf uns wartet, um uns und unsere Bikes nach Queenstown, der Adrenalin-Stadt von Neuseeland zu bringen.
Von dort kann man auf der höchsten befahrbaren Strasse von Neuseeland, dem Nevis-Pass, 70 Kilometer auf unbefestigtem Terrain bis nach Cromwell fahren.
Auch diese Tour zählt fahrtechnisch und landschaftlich zu den ganz großen Highlights unserer Reise. Zeitweise erinnert mich die Gegend dort total an die Andenlandschaft von Argentinien und Chile.
In Dunedin, einer Stadt an der Ostküste, die ihre Besiedelung durch Schotten wahrlich nicht verleugnen kann, bleiben wir zwei Tage, um uns auf der dem Ort vorgelagerten Halbinsel die Albatrosse, die dort
 
vorkommen sollen, anzuschauen. Diese Meisterflieger mit Flügelspannweiten von bis zu 3,5 Metern können ein halbes Jahr in der Luft verbringen, ohne ein einziges mal zu landen. Offensichtlich ist das halbe Jahr noch nicht vorbei, denn wir bekommen keinen zu Gesicht. Auf der Heimfahrt zu unserem Zimmer bekommen wir so richtig die Kaltluft zu spüren, die von der Antarktis herüber weht. Es hat vielleicht noch an die 13 Grad, mit wind-chill-factor sogar noch weniger.
   
 
Aber bereits am nächsten Tag ist es wieder strahlend schön und auch wärmer.
Wir fahren Richtung Norden nach Timaru, wo wir leider gerade einen Lauf zur neuseeländischen Motorrad-Meisterschaft versäumt haben. Aber Karen ist so nett und lässt uns wenigstens eine Runde auf der Rennstrecke drehen. Da hätten wir unsere XT600E liebend gerne gegen drei Daytonas getauscht!
Über Geraldine und Darfield geht es weiter nach Christchurch, wo wir unsere Mopeds zurückgeben werden.
Doch es liegt noch ein Highlight vor uns: die Fahrt nach Akaroa über die Summit Road. Wie schon die ganzen Tage davor haben wir wieder mal großes Glück mit dem Wetter. Bei idealen 25 Grad und wolkenlosem Himmel zeigt sich uns Neuseeland noch einmal von seiner schönsten Seite. Wahnsinnslandschaften, super Strassen
mit rudimentärem Verkehrsaufkommen, ausgezeichneter Cappuccino für Manfred und mich, und ein starker Long Black für Harald nebst home-made style muffins mit Butter oder Creme- einfach himmlisch.
 
 
So easy wie alles in Neuseeland geht auch die Rückgabe der Bikes vor sich. Thanks and have fun.
Spass haben wir tatsächlich noch, denn auf der Rennstrecke von Ruapuna sehen wir uns zum Abschluss unserer 5.500 Kilometer-Reise einen Lauf zur Castrol Power1 New Zealand Superbike Championships an. Der Lokalheld und siebenfache neuseeländische Meister Andrew Stroud wird zweiter hinter dem erst 21 jährigen Australier Gareth Jones.
Uns bleibt danach nur noch, den Vorrat an Halcion für den Heimflug am nächsten Tag zu checken. In der übervollen Lufthansa -Maschine von Singapore nach Frankfurt ein absolutes must have!

Nach 34 Stunden Reise landen wir wieder im winterlichen Tirol und am Gepäckband drehen alle unsere Koffer ihre Runden - wir sind schwer beeindruckt!
 
 

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Text:  Sir George Bacon 
Fotos:  Sir George Bacon

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Bericht vom 26.03.2009 | 4.671 Aufrufe

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