Weltreise 7.Teil

Der Trip rund um die Welt geht weiter. Felix Bergmeister erreicht den Kongo, seine  BMW trotzt dem Hochwasser und er erzählt,  dass es auch in Angola möglich ist an Champagner heran zu kommen.

Weltreise 7.Teil

 
Montag, 20. Feb. 2007
Als wir gegen Nachmittag den letzten Grenzposten von Gabon erreichen öffnen uns die Soldaten gelangweilt den Schranken. Nach kurzer Fahrt verwandelt sich die recht brauchbare Piste in eine unberührte Urwaldlandschaft. Als ich schon auf meinem GPS überprüfen will, ob wir nicht falsch abgebogen sind, stehen wir plötzlich vor einem Schranken. Darüber weht die Fahne der Republik Kongo.

Irgendwie habe ich die Begriffe Abenteuer und Afrika ein Leben lang mit dem Kongo verbunden.
Als ich hier nun selber an der Grenze stehe bin ich einigermaßen aufgeregt. Alles was man über dieses Land hört ist mehr schlecht als gut. Es gab lange Zeit Bürgerkriege und immer wieder grausame Konflikte zwischen den unterschiedlichen Volksgruppen.
Die Hauptstrasse von der Hafenstadt Point Noir zur Hauptstadt Brazzaville führt nach wie vor durch Rebellengebiet und ist teilweise zerstört und gesperrt.
Doch wie so oft in Afrika, wird auch an dieser Grenze alles weniger heiß gegessen als gekocht. Der Grenzbeamte bittet uns freundlich in seinen Posten und macht sich sofort daran die Reisepässe abzuschreiben.
 
Eigentlich läuft alles sehr freundlich und korrekt ab, einzig die Forderung nach 30 000 CFA und die Androhung uns unsere Pässe nicht zu stempeln kostet mich als Dolmetscher einige Überredungskunst. Nach harten Verhandlungen einigen wir uns schließlich darauf, dass wir den Grenzposten aus Gründen der internationalen Freundschaft und Verbundenheit einige Vitamintabletten spendieren und er uns darauf aus Gründen der Gastfreundschaft den Einreisestempel verpasst.
Darauf reisen wir also in den Kongo ein. Flankiert von freundlich winkenden Menschen und kreischenden Kindern.
Was jetzt kommt ist alles andere als einfach, zumindest was die Qualität der Pisten, oder besser der Wasserwege angeht.
Schon auf den ersten Kilometern passieren wir unzählige Wasserlöcher und der Landcruiser von Sarah und Steve fährt sich im Sumpf fest, als sie versuchen einen Wassergraben zu umfahren.
Uns bleibt nichts anderes über als die Bikes gegen die Schaufel zu tauschen und mit vereinten Kräften den Wagen wieder auszugraben.
 

Aufgrund der schlechten Piste verbringen wir die Nacht in einem der nächsten Dörfer. Streng nach afrikanischer Tradition suchen wir den Chef de Village auf und der erlaubt uns sofort unsere Zelte am Hauptplatz seines Dorfes aufzuschlagen. Wie immer, sehr zur Freude der Einwohner. Es ist fast unglaublich wie freundlich die Kongolesen zu uns sind. In jedem Dorf wird unsere Durchfahrt laut bejubelt und gleichzeitig respektieren die Menschen aber unsere Privatsphäre. Wenn man sieht, wie viele der Männer in den Dörfern aus dem Bürgerkrieg als Krüppel zurückkehrt sind und bedenkt, dass einige der Dörfer auf unserer Route mitsamt ihren Bewohnern komplett ausgelöscht wurden ist diese unglaubliche Freundlichkeit ein doppelt großes Geschenk.
 

Dienstag, 20. Februar 2007

Während der Nacht gehen wieder schwere Regenfälle nieder. Als wir am Morgen aufbrechen, haben sich die Pisten in tiefe Schlammfelder verwandelt.
Teilweise verschlucken die Schlammlöcher fast das gesamte Vorderrad und jeder Dreh am Gasgriff wird sofort mit einem heftigen Drift des Hinterrades beantwortet. Ich muss höllisch aufpassen, dass mir auf der schwer beladenen BMW nicht ständig das Heck ausbricht und gleichzeitig die Fuhre über das Vorderrad wegdriftet. Besonders wenn ich versuche mit einem Lenkmanöver den tiefsten Wasserdurchfahrten auszuweichen.
 

In den Fahrtpausen wir das Wasser aus den Stiefeln geschüttet und einfach mitten auf der Strasse gerastet. Durch das meterhohe Gras neben der Strasse kann man oft stundenlang nicht die Piste verlassen und die Fahrt kann bei 35 Grad mitunter sehr ermüdend sein.

Den ganzen Tag kämpfen wir uns durch schlammiges Grassland und Wasserlöcher. Eines davon ist sogar so tief, dass mir bei der Durchfahrt das Wasser bis zur Brust schwappt. Nach rund 150 km und total erschöpft verbringen wir die Nacht in einer katholischen Mission. Der Pater, ein polnischer Leihenbruder, empfängt uns sehr freundlich und ich schlage mein Zelt einfach in einem Klassenzimmer auf. Wegen der schweren Regenfälle, und der Schlangen. Angeblich suchen die schwarzen Mambas, die es hier gibt, in der Regenzeit trockene Plätze auf und nisten sich, wenn man Pech hat bei einem ein.

Mittwoch, 21. Februar 07

Nach den erneut schweren Regenfällen der Nacht hat sich der Weg zur Katholischen Mission in einen Fluss verwandelt. Ich muss meine ganzen Fahrkünste aufwenden um alleine von der Unterkunft wieder auf die Hauptpiste zu kommen.
Die darauffolgenden 100km werden wie erwartet zum harten Kampf gegen die Elemente. Überall, wo das Land flach ist, sammelt sich auch sofort das Wasser.
 

Die Piste führt durch tropisches Grassland und windet sich schließlich durch eine wunderschön grüne Hügellandschaft.

Nach 4 Stunden harter Fahrt erreichen wir die kleine Stadt Dolisie. Dolisie stellt den wichtigsten Verkehrsknotenpunkt im ganzen Kongo dar. Hier treffen sich die Pisten aus dem Norden mit der Eisenbahn, die von der Küste zur Hauptstadt führt. Die Hauptstrasse, die Route N1, die eigentlich normalerweise neben der Eisenbahn entlang führt ist jedoch gesperrt und teilweise zerstört.
In diesem Gebiet, der Poolregion, wird weiterhin Krieg geführt und die Rebellen versuchen jede Form von Güter und Personenverkehr zu unterbinden. Dolisie ist daher auch eine Militärstadt. Eine ganze Division hat die kongolesische Armee hier bereit gestellt um die Eisenbahnlinie offen zuhalten und den Transportweg ins Landesinnere zu gewährleisten. Für uns bedeutet diese Situation in erster Linie, dass wir nicht auf dem Landweg nach Brazaville reisen können und von dort weiter in die Demokratische Republik Kongo und dann nach Angola, sondern, dass wir auf dieser Routenoption mit dem Zug fahren müssten.
Ebenso der Landweg nach Point Noir an die Küste stellt keine wirkliche Option dar. Die Piste ist nämlich überflutet.
Wir machen uns also auf den Weg zum Bahnhof. Der Bahnhof gleicht mehr oder weniger einer Kaserne und man muss sich sofort beim Diensthabenden Kommandanten melden. Nach erfolgter Durchsicht der Papiere erklären wir ihm unsere Reiseabsicht mit dem Zug nach Brazaville zu fahren. Da gibt es allerdings ein Problem. Der Zug, der Fahrzeuge befördern kann ist ein bewaffneter Militärzug. Auf diesen Zug könnten wir zwar unsere Kfz laden, die Personenbeförderung für nicht Militärs ist jedoch verboten. Niemand von uns möchte besonders gerne sein Motorrad oder Auto unbegleitet durch ein kongolesisches Kriegsgebiet schicken. Die Situation ist schwierig.
Wieder bin ich der Übersetzer für alle und ich schlage die Möglichkeit einer Sondergenehmigung vor.
Ich frage, ob es möglich wäre einen eigenen Wagon zu mieten und einfach an den Militärzug anzuhängen und in diesem Wagon bei den Fahrzeugen zu bleiben. Der Stationschef kann so eine Sondergenehmigung jedoch nicht erteilen und er meint wir sollen einfach seinen Chef fragen.
Darauf hin werden wir zum Colonel gebeten. Der Colonel, bei uns wäre das ein Oberst, ist der verantwortliche Kommandant der Streitkräfte zum Schutz der Eisenbahn in der Poolregion. Natürlich ist er am Nachmittag nicht in seinem Büro, doch nach einem kurzen Telefongespräch bekommen wir die Erlaubnis, ihn morgen persönlich im Hauptquartier zu besuchen.

Die Nacht verbringen wir wieder in einer katholischen Mission, wo man uns sofort anbietet unsere schmutzigen Sachen für uns zu waschen, als man uns sieht.

Bei der routinemäßigen Überprüfung meiner Maschine stelle ich erschreckt fest, dass mein Getriebeöl milchig gelb geworden ist. Beim Durchfahren der vielen Wasserlöcher muss irgendwo Wasser ins System eingedrungen sein.
Ich fahre sogleich zur nächsten Tankstelle und bekomme zum Glück Getriebeöl mit der passenden Spezifikation. Als ich es sofort darauf wechsle finde ich zum Glück auch die undichte Stelle. Durch die harten Vibrationen hat sich mein Schalthebel gelockert und man kann Spuren eines Ölaustritts erkennen. Da Getriebeöl hygroskopische Eigenschaften hat dürfte durch diesen Durchlass Wasser in die Getriebebox gekommen sein. Ich hoffe, ich habe das Problem damit gelöst.

In Angola habe ich noch einige extreme Pisten vor mir, die mitunter auch überschwemmt sein können.
 

Donnerstag, 22. Februar 2007

Gleich um 8 Uhr machen wir uns in Begleitung eines Sergeants auf den Weg zum Büro des Colonels. 
Das Hauptquartier liegt in einer Kaserne. Wir passieren den Wachposten und marschieren über den Antreteplatz. Die Situation ist irgendwie unwirklich. Vor zwei Tagen hätte ich mir nicht gedacht, dass ich heute einen kongolesischen Oberst treffe.
Durch einen Vorraum erreichen wir schließlich das Büro des Kommandanten. Am Boden sitzt sein Boy, ein Schuhputzer, der nur mit alten Shorts bekleidet ist. Automatisch fällt mein Blick auf ihn. Auf seinem Kopf hat der Jugendliche eine tiefe Wunde und seine Augen sind blutunterlaufen.
Ich versuche mich sofort wieder auf den Ranghöchsten zu konzentrieren und reiche dem Colonel die Hand.
Darauf werde ich ganz unerwartet in perfektem Englisch begrüßt. Der hohe Offizier erzählt, dass er in den Vereinigten Staaten studiert hat und froh ist uns offiziell im Kongo willkommen zu heißen. Darauf entschuldigt er sich für die Unannehmlichkeiten in der Region und bespricht die Situation mit uns. Das Hauptproblem stellt unser Wunsch dar, mit den Fahrzeugen gemeinsam zu reisen. Der Zug, der Fahrzeuge transportieren kann, fährt im Moment durch Kriegsgebiet und außer den Wachmannschaften und dem Lokführer darf niemand auf dem Zug. Der Grund dafür ist, dass gerade dieser Zug häufig angegriffen wird. Es wäre möglich die Fahrzeuge voraus zu schicken und dann mit dem Personenzug nach zu kommen. Eventuell auch, die Motorräder auf dem Personenzug mitzunehmen, aber nicht den schweren Landcruiser.  Wir bedanken uns beim Colonel für seine Hilfe und verlassen die Kaserne.
Da wir gemeinsam reisen, beschließen wir statt des Zuges den Weg über die Angolanische Exklave Cabinda zu nehmen.
Das bedeutet, wir werden morgen die Grenze vom Kongo nach Angola überqueren und dann, abhängig von der Stärke der Regenfälle entscheiden, welche Routenoption besser ist.
Zum Einen, gibt es die Möglichkeit das Delta des Kongoflusses mit dem Schiff zu umfahren und so ins richtige Angola einzureisen und zum Anderen ist es möglich über die Sandbänke des Flusses durch die Demokratische Republik Kongo auf dem Landweg nach Angola zu reisen.
Sind die Regenfälle jedoch zu heftig fällt diese Routenoption weg, dann ist das Flussdelta nämlich Überschwemmungsgebiet.

 

Freitag, 23. Februar 2007

Heute brechen wir nach Cabinda auf. Die Piste bis an die Grenze ist nur 50 Kilometer lang und führt durch eine Tallandschaft zwischen zwei Hügelketten. Der Boden ist zum Großteil lehmig und das Wasser sammelt sich in riesigen Lacken. Für diese 50 Kilometer brauchen wir fast 3 Stunden.
 

Bei einigen Wasserlöchern taucht der Landcruiser von Sarah und Steve bis zur Heckscheibe ein. Für ein Motorrad wäre das wortwörtlich der sichere Untergang. Mühevoll durchwate ich die Lacken um die beste Stelle für die Durchfahrt zu finden.
Bei einem der Löcher gibt es keine seichte Stelle und durch den Sumpf und das hohe Grass auch keine Möglichkeit es zu umfahren.
Wir müssen es also riskieren, es gibt keinen anderen Weg als durchzufahren.
Beherzt und mir genügend Fahrt steuere ich auf die Mitte der Fahrspur zu. Die Maschine taucht tief ein über die Gabel und das Vorderrad findet zum Glück genügend Halt auf dem schlammigen Untergrund. Das Wasser spült über meine Sitzbank und reicht mir bis zum Bauch. Ich spüre eine starke Verwindung als ich unter Wasser offenbar eine Spurrille quere, ein kurzer Gasstoß bringt mich aber sicher aus dem Loch.

Ich atme auf, doch noch im selben Moment macht es Plopp und der Motor stirbt ab. Zum Glück auf dem Trockenen. Der Luftfilterkasten und der Lufteinlass meiner BMW liegen relativ tief. Bei solchen Zweckentfremdungen des Motorrades wie gerade eben, dürfte der Motor Wasser angesaugt haben. Ich habe mir diese Situation immer mit Grauen vorgestellt, jetzt bin ich mitten drinnen und muss irgendwie das Wasser aus dem Motor bekommen.Mir bleibt nichts anderes über, als den Tank abzunehmen, das Wasser aus dem Luftfilterkasten zu entfernen und die Zündkerzen herauszuschrauben.

Ich lege den 5. Gang ein und drehe über das Hinterrad den Motor durch. Durch die Bewegung des Kolbens wird das Wasser aus dem Brennraum des Zylinders gedrückt und die Maschine ist wieder fahrbereit.
 

Gegen Mittag erreichen wir die Grenze zur Angolanischen Exklave Cabinda. Die Piste, die den Kongo und Cabinda verbindet gleicht einem Buschpfad. Einsam und verschlungen führt sie durch den Regenwald.

Die Geräusche des Urwaldes sind manchmal so laut, dass sie sogar das Brummen des Motors übertönen. In den Bäumen kreischen Affen und ständig begleitet einen die Kakophonie der Vögel aus dem Blätterdach.
Irgendwo im Nirgendwo verbringen wir heute den Abend in einem privaten Hotel, das nicht als Solches zu erkennen ist. Draußen vor der Türe stehen schwer bewaffnete Männer und drinnen feiern einige Israelis und Brasilianer ihren Wochenendurlaub. Sie sind im Rohstoff Exportgeschäft tätig.
Man darf nicht vergessen, dass die Exklave Cabinda in Relation zu ihrer Größe einer der rohstoffreichsten Flecken der Erde ist. Besonders wenn es um Öl und Diamanten geht. Diese Kombination fördert natürlich nicht unbedingt die allgemeine Sicherheit der Region.
 

Samstag, 24. Februar 07

Cabinda, die Hauptstadt der gleichnamigen Exklave empfängt uns mit Regen. Der ersten Weg führt uns in den Hafen, um zu überprüfen, ob und wann wir ein Schiff nach Luanda, der auf der anderen Seite des Kongoflusses liegenden Haupt- und Hafenstadt Angolas bekommen können. Natürlich arbeitet am Samstag niemand und das Hafengelände ist geschlossen. Wir fahren also wieder zur katholischen Mission und verbringen dort das Wochenende.

Aufgrund des permanent starken Regens schlage ich mein Zelt auf einer zerstörten Terrasse auf. In Gesellschaft von Millionen Moskitos.


Sonntag, 25. Februar 2007

Heute gehe ich gleich mal laufen und schaue mir ein wenig die Stadt an. Die Strassen sind teilweise überflutet und einzig der Hügel auf dem die Kathedrale steht ist einigermaßen als Laufstrecke zu gebrauchen.

Als ich am Nachmittag eine Runde mit dem Motorrad drehe um ins Internetcafe zu fahren, erlebe ich eine unangenehme Überraschung. Ich biege in eine Gasse ein und plötzlich steht ein Mann in Uniform vor mir auf der Strasse und bringt sein AK 47 Gewehr auf mich in Anschlag.
Da ich solcherart Begrüßungen bereits aus Nigeria gewohnt bin, bleibe ich sofort stehen und frage höflich was denn passiert sei.Darauf antwortet der Polizist ich sei gegen die Einbahn gefahren und nebenbei in eine für den Zivilverkehr gesperrte Strasse eingebogen.

 Durch diese Strasse dürfen nur Regierungsfahrzeuge fahren und das auch nur in eine Richtung. Mein Vergehen wiegt also doppelt schwer. Natuerlich nimmt er mir sofort meinen Reisepass weg und sagt, ich muss mein Motorrad stehen lassen. Mist, ich haette besser aufpassen sollen!
Nach einer halben Stunde Diskussion, unzähligen Entschuldigungen und der freundlichen Unterstützung durch einige Passanten darf ich dann Motorrad und Reisepass behalten, sowie hochoffiziell 7 Euro Strafe bezahlen die ebenso offiziell in die Brusttasche des Beamten wandern. Außerdem wird meine Weiterfahrt aus unerfindlichen Gründen nur mit geschlossener Motorradjacke toleriert, die mir der Polizist höchstpersönlich zuknöpft!
Zum Abendessen fahre ich dann mit dem Taxi.
 

Montag, 26. Februar 2007

Heute fahren wir wieder in den Hafen. Allerdings ohne Sarah und Steve. Sie haben sich entschlossen es trotz aller Warnungen über die Piste entlang des Kongoflusses zu versuchen. Für uns Motorräder ist ein Überschwemmungsgebiet ein zu großes Risiko.
Als wir ins Büro der Schifffahrtsgesellschaft kommen, werden wir allerdings enttäuscht. Man sagt uns, dass das nächste Schiff erst nach dem Mittwoch ablegt. Diese afrikanische Umschreibung für, wir wissen nicht wann, kann allerdings auch nächste Woche bedeuten.
Etwas unglücklich darüber, noch einige Tage auf dem feuchten Campingplatz und ohne Dusche verbringen zu müssen, fahren wir in den Supermarkt um einzukaufen.
Wie es der Zufall so will treffen wir dort den Manager, der einen Ausweg aus unserer Situation zu wissen scheint. Er meint, wir sollen doch einfach zum Militärflughafen fahren und fragen ob uns eine Transportmaschine mitnimmt.
Gesagt getan, mit dem richtigen Namen des Fluges steuern wir unsere Maschinen zum Flugfeld. Dieses gleicht einer Festung. Als wir zum Eingang kommen verlangen wir den verantwortlichen Offizier für den Lufttransport nach Luanda zu sprechen.
Der Wachposten, der wohl noch nie drei weiße Männer mit so einem Anliegen gesehen hat, traut seinen Augen kaum.
Als er uns sofort des Areals verweisen will, antworten wir ganz selbstverständlich, dass wir auf keinen Fall wegfahren können, da heute Abend eine Transportmaschine geht und wir mitfliegen. Darauf nennen wir den korrekten Namen des Militärfluges, W.I.L. und tun ganz bewusst so als würden wir immer mit angolanischen Militärmaschinen fliegen, wenn wir in der Gegend sind.
Im darauffolgenden Gespräch mit dem zuständigen Offizier einigen wir uns auf den Preis und die Transportkonditionen. 200 US Dollar pro Person und Motorrad, keine Papiere und keine Fragen. Wir fahren das Motorrad selber auf die Maschine und wenn wir in Luanda ankommen verschwinden wir so schnell wie möglich aus der Airbase. Ganz einfach.
Wir nehmen, für Angola traditionell, eine alte russische Propellermaschine.
Die Crew, die aus einigen Russen besteht, öffnet die Transportluke im Rumpf des Fliegers und einer der Männer legt ein Brett als Rampe. Der Niveauunterschied beträgt etwa zwei Meter und als ich beherzt und mit Gas die Rampe nehme steigt mein Vorderrad bedenklich weit in die Luft. Zum Glück finde es im Flugzeug wieder Halt und ich habe soeben meine erste Motorradfahrt an Bord eines Flugzeuges absolviert.
Der Rest der Reise verläuft simpel. Die Maschinen werden an der Wand festgebunden und wir nehmen daneben auf Klappbänken platz, die eigentlich für Fallschirmspringer gedacht sind.
 

Als wir in der Nacht Luanda erreichen liegt ein hartes Stück Arbeit vor uns. Wir müssen durch die halbe Stadt fahren, die durch die schweren Regenfälle teilweise überflutet ist, bis wir das Kloster der Franziskaner finden. Das ist nämlich der einzige Platz den wir uns leisten können. Luanda lebt von Geschäftsleuten die entweder in der Öl oder Diamantenbranche tätig sind. Hotelzimmer sind ab 200US Dollar zu haben. Natürlich pro Person!

Die Nacht verbringen wir erschöpft im Zelt, direkt neben der Kathedrale San Domingo.
 

Dienstag, 27 Februar 2007

Den heutigen Tag verbringe ich im Kloster und mit etwas Arbeit in der Bibliothek. Wir bekommen die Erlaubnis das Internet zu verwenden und dürfen uns auch sonst wie zu Hause fühlen.
Mit Bruder Adriano unternehmen wir gegen Nachmittag noch eine kleine Stadtrundfahrt. Luanda erlebt gerade eben die schwersten Überflutungen seit Jahren und viele der Strassen sind unpassierbar. Die Kanäle laufen über und die hygienischen Verhältnisse sind katastrophal.
 


Mittwoch, 28. Februar 07
Heute geht es weiter. Von Luanda führt eine nagelneue Strasse in Richtung Süden. Die Chinesen sind gerade dabei in Angola das Straßennetz wieder aufzubauen. Dafür gibt es kein Geld sondern Erdöl. Wie fast überall in Afrika, versucht China auch hier die Rohstoffreserven für sich zu sichern und damit seine zukünftige Stärke als vielleicht dominierende Industrienation zu untermauern.

Sehr oft findet man am Straßenrand rot/weiße Marksteine. Bei näherer Untersuchung weisen sie jedoch nicht auf die Entfernung zur nächsten Stadt hin, sondern sie zeigen ein Minenfeld an. Man darf hier die Straße auf keinen Fall verlassen. Nach dem fast 30! Jährigen Bürgerkrieg sind weite Teile des Landes vermint und immer wieder werden neue Minenfelder entdeckt.
 

Gegen Abend schlagen wir dann unser Zelt am Strand auf. Wir fahren zu einer kleinen Farm und fragen ob wir campen dürfen. Die Leute freuen sich über die Abwechslung und versichern uns, dass der Strand auch garantiert frei von Landminen ist.

Der Sonnenuntergang ist absolut grandios und wir verbringen den Abend am Lagerfeuer.
 

Donnerstag, 1. März 2007

Die Landschaft Angolas ist atemberaubend. Der konstante Wind des Atlantiks formte die Küsten zu bizarren Felsformationen.

So manche Kurve der Küstenstrasse ist jedoch nicht ungefährlich, durch die starken Längsrillen im Asphalt kann sogar ein LKW die Bodenhaftung verlieren.
Gegen Nachmittag kommen wir Lobito an, einer kleinen Stadt am Meer. Ab hier ist auch Schluss mit der guten Asphaltstrasse. Was jetzt kommt sind 800km harte afrikanische Piste bis zur Grenze von Namibia.

Als wir beim Supermarkt anhalten werden wir von einem Mann angesprochen. Er hat unsere Motorräder gesehen und möchte uns gerne kennen lernen. Er meint wir können gratis einkaufen was immer wir wollen, denn heute wir sind seine Gäste. Das ist mir auch noch nie passiert, ich gehe in ein Geschäft und jemand lädt mich auf den Einkauf ein!
Auch für heute Nacht brauchen wir uns keine Gedanken zu machen, wir können in seinem Haus am Strand, einen privaten Jachtklub übernachten. Er zeigt uns den Weg. Wir folgen einem nagelneuen Jeep Grand Cherokee und kommen in eine abgelegene Bucht. Dort liegt das schwer bewachte Anwesen. Aufs Meer hinaus sind Suchscheinwerfer gerichtet, am Dacht ist eine Satellitenschüssel und auf der Terrasse eine Videoleinwand. Der hauseigene Fuhrpark besteht aus Jetskis und Schnellboten.

Ich reibe mir die Augen um sicherzugehen, dass ich nicht versehentlich in Miami Vice gelandet bin. Doch alles ist echt! Nach einigen Telefonaten unseres Gastgebers kommt ein eilig ein Wagen um die Ecke geschlittert und nein, nicht der Cleaner mit der Salzsäure steigt aus, sondern ein Freund bringt Champagner für uns vorbei. Selbstverständlich auf Eis. Wir sitzen auf der Terrasse, schauen aufs Meer und genießen den Abend. Aus den Lautsprechern blubbert standesgemaess sanfter amerikanischer Gangsterrap. Unser Freund erzählt uns, dass er im Import/Exportgeschäft tätig ist und nächste Woche nach Dubai muss. Er meint, in Angola lässt es sich schön leben, wenn man gut im Geschäft ist. Und, wenn wir möchten, können wir solange bleiben wie wir wollen. Sein Leibwächter passt auf uns auf.


Freitag, 2. März 2007
Heute morgen breche ich alleine auf. Meine Freunde Taco und Martin möchten noch etwas länger hier bleiben. Ich muss mich jedoch auf den Weg nach Namibia machen, denn ich möchte am Sonntag an der Grenze sein.
Die nächsten drei Tage habe ich eine Auswahl der schwersten Pisten des Landes vor mir. Die Strecke führt zunächst vom Meer in die Berge und ich bekomme schließlich auf den nächsten 800km noch einmal alles zu sehen was afrikanische Strassen zu bieten haben.
Es ist wie ein Test, Afrika bietet noch einmal alles auf, bis ich auf die guten Asphaltstraßen Namibias entlassen werde. Der Tag beginnt mit zerstörtem Schlaglochasphalt gefüllt mit Regenwasser. Später führt die Piste immer wieder durch Minenfelder. Pausen sind nur auf der Fahrspur möglich. Dann kommen Abschnitte, die an eine Motocross Strecke erinnern.
 

Samstag, 3. März 2007
Auch heute geht es in gewohnter Gangart weiter. Die Strasse führt immer wieder an den Spuren des Krieges vorbei. Die Fahrt führt über rutschige Erdpisten und durch Nebelfelder.

Am Nachmittag setzt dann ein Unwetter ein und ich durchfahre die schlimmsten Wasserlöcher seit dem Kongo. Links und rechts explodieren die Biltze am Horizont und die Donnerschlaege haemmern wie ein Trommelfeuer.

Bis gegen Abend schließlich feuerrot die Sonne untergeht und dem kleinen Ort, in dem ich übernachte, eine geradezu mystische Aura verleiht.


Sonntag, 4. März 2007

Es sind noch 200km bis zur Grenze nach Namibia. Ich setze mich auf meine Maschine und bin auf alles vorbereitet. Das letzte Gefecht naht und das beinahe wortwörtlich. Aufgrund der Landmienen treiben die Bauern ihr Vieh gerne über die Strasse. Als ich an einer Stierherde vorbeifahren will, hält mich eines der Tiere für einen Widersacher und versucht mich mit den Hoernern zu rammen! Zum Glück kann ich mich mit Vollgas gerade noch retten. Das war der ersten Moment auf meiner Reise bisher, wo ich mir ein stärkeres Motorrad gewünscht hätte.

Im nächsten Moment jedoch bin ich wieder froh, dass mein Bike nicht unbedingt das Beschleunigungsstärkste ist. Hinter einer Rechtskurve endet die Piste plötzlich und ohne Hinweis schlagartig in einem Fluss! Mit einer neuen R 1200 GS wäre ich wahrscheinlich gleich auf der anderen Seite gelandet, mit der R 80 nehme ich die Brücke, die sich 100m weiter befindet.


Zum Abschluss der heutigen Ausfahrt komme ich noch an einigen zerstörten Panzern vorbei und erreiche gegen Nachmittag schließlich den Grenzposten.
Als ich den Männern erzähle, dass ich aus Österreich hier her gekommen bin muss ich ein Foto mit ihnen machen. Wie gewohnt wird die Sache mit einem Lächeln erledigt und etwas erschöpft aber glücklich reise ich nach Namibia ein. Wo mich als letzte Überraschung für heute der Linksverkehr erwartet. Haleluja!
 


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Text und Fotos: Felix Bergmeister

Autor
karolettaLambretta

KAROLETTALAMBRETTA

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Bericht vom 22.06.2007 | 6.784 Aufrufe

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