Harley V-Rod

Nils hat Schuld an kots Trauma nach einer Fahrt am Sozius einer Harley V-Rod. Um es aufzuarbeiten, mußte er selbst in den Sattel steigen.

Harley V-Rod

Der Porsche unter den Harleys

 

Frühling 2002. In einem stickigen, durch Elektrosmog verseuchten 14 Quadratmeter Büro am Rande von Wiener Neustadt basteln zwei Studenten an einer Motorradplattform namens 1000PS.at. Eine Schar von 5 Besuchern tummelt sich gerade im Forum. Es ist heiß. Nils Müller alias NastyNils ist ganz fröhlich, weil er heute sein erstes Testmotorrad abholen durfte. Christoph Lentsch alias 1000PS_chrisi (jetzt kot) ist nicht ganz so fröhlich. Er hat nämlich keinen A-Schein. Doch Nils ist auch damals schon (k)ein Unmensch und bietet 1000PS_Chrisi eine Probefahrt an. Am Sozius, versteht sich.

Nils: Geh, fahr kurz mit. Weißt wie org!
kot: Naaa. Ich hab keinen Helm. Und noch dazu kurze Hose und kurzes Leiberl an.
Nils: Ich fahr ja nicht schnell. Ich fahr nur um's Haus. Nur eine Runde um's Haus. Willst nicht mal Harley fahren?
kot: (Immer pflichtbewußt) Na O.K. Aber ich sag's dir. Echt nur um's Haus!
Nils: Ja, ja...

 

Epochal, einzigartig, extraordinär

 

Ich nahm also auf dem Pölsterchen Platz und hielt mich zurückhaltend an NastyNils fest. Wir rollten los und cruisten im Uhrzeigersinn um den Komplex. Alles schien so zu laufen, wie er es mir versprochen hatte. Zumindest so lange, bis er nach rechts abbog. Ich war verwirrt, erkannte den Ernst der Lage aber erst, als wir vor einer sehr, sehr langen Geraden an  der Arena Nova vorbei Richtung Flugfeld anhielten. 

Die letzten Worte, die ich vernahm, waren ein gut gemeinter und notwendiger Rat "Festhalten, Freundchen!" Ich wollte noch abspringen, da brach die Hölle los. Ich krallte mich in Nils Lederjacke und wollte schreien, doch der mörderische Fahrtwind ließ es nicht zu. Tränen flossen aus meinen Augen, mir wurde kalt. Der Sozius bot keinerlei Halt, es gab keine Lehne, mein Leben hing nur an meinen seidenen Armen. Die Beschleunigung überschritt jedes mir bekannte Maß. Irgendwann, als ich meine Umgebung nicht mehr wahrnehmen konnte und nur mehr ans Sterben dachte (Ich hatte tatsächlich Todesangst, so ist es mir seither nicht mehr ergangen), las ich mit ausgetrockneten Augen 170 vom Tacho ab. Heute könnte mich diese Zahl nicht mehr beunruhigen, damals war es die Zahl des Teufels.

Nachdem mich Nasty wieder im Büro abgeliefert hatte, schepperte ich den ganzen Tag arbeitsunfähig auf meinem Bürosessel. Dieses Trauma hat mich nie wieder losgelassen, und seit ich 2 Jahre später den Führerschein gemacht habe, wollte ich immer auf einer V-ROD sitzen und die Bestie selbst steuern, um meine Ängste aufzuarbeiten. Am liebsten wäre mir natürlich, ich könnte mich bei NastyNils für die damalige Probefahrt revanchieren, aber er wird nicht den gleichen Fehler machen, wie ich damals.

 

So fuhr ich also zu Fischers nach Wien, um meine Selbsttherapie zu vollenden. Da traf ich wieder den Stephan, dem mein Besuch nicht ganz klar war.

kot: "Ich hol die V-Rod."
Stephan: "Du holst die Night-Rod, oder? Na, geht nicht, da ham's jetzt zwei Kupplungen zerstört. Fucking Burnouts. A V-Rod kannst haben. Mit der kannst übrigens schöne schwarze Striche auf den Asphalt zeichnen."

Hatte er nicht gerade was von zerstörten Kupplungen gesagt? Na ja, egal, ich hab's eh nicht so mit den Ampelstarts und außerdem hatte ich trotz Mißverständnis bekommen, was ich wollte. Und das sah mir als Selbstfahrer jetzt gar nicht mehr so schlimm aus.

 

Der Stephan: "Bei mir kriegst immer wos."

 

Die V-Rod ist ein Stück. Kein Stück im Sinne von Drecksstück, sondern ein Stück im Sinne von ein kompaktes, in sich fließendes, wie schlüssiges Teil. Nichts steht seitlich weg oder oben drüber, alles ist dicht gedrängt und auf einen Zweck hin optimiert - auf's Geradeausfahren. Das wirkt einerseits elegant und kultiviert, andererseits aggressiv und brutal. Beim Anblick des nach hinten leicht abfallenden (!) Sozius wird mir heute noch schlecht, die V-Rod ist ein klarer Einsitzer, das Mitnehmen einer Beifahrerin als grob fahrlässig zu bewerten.

Besonders gut gefallen mir die Scheibenräder. Solche haben auch die Hochgeschwindigkeitsautos, die sich in den Salzseen in Big Orsch America regelmäßig pulverisieren. Apropos V-Max. Mit der V-Rod sind durchaus Geschwindigkeiten bis 220 Stundenkilometer zu erreichen. Wer eine solche Fahrt allerdings noch genießen kann, muss als Masochist bezeichnet werden. 

Ich hielt meine Reisegeschwindigkeit auf der Autobahn von Wien nach Eisenstadt auf konstanten 160, das Kinn nach vorne geschoben, damit der Helm nicht so arg auf die Stirn drückt. Nach 10 Minuten konnte ich den Kopf nur mehr nach hinten überdehnt im Fahrtwind baumeln lassen, ich hab eben keine Nackenmuskulatur wie der Hackl Schorsch. Wie, ich hätte ja auch langsamer fahren können? Was für ein abartiger Gedanke!

 

Schau nicht so bös, Eva. Bin eh auch für die Frauen.

 

Trotz eines Radstandes von 1710 mm und einem Trockengewicht von 285 Kilogramm läßt sich die V-Rod tatsächlich ordentlich umlegen, das habe ich am Fotzinger Berg ausgiebig erfahren. Der Schwerpunkt ist klarerweise weiiiit unten und der 180er Reifen hinten erleichtert den Richtungswechsel. (Wer lieber auf großem Fuß lebt, der kann 2007 auf das Modell VRSCAW zurückgreifen, das einen 240er Gummi montiert hat.)

Die Rasten sind schnell angeschliffen, ebenso einige Schrauben unter der Auspuffanlage. Zu beachten ist dabei nur, daß man die Fersen nicht runterhängen läßt, weil diese sonst zuerst in Bodenkontakt kommen und es durchaus passieren kann, daß der Fuß von der Raste gezogen wird. 

Die Beschleunigung mit einer V-Rod ist unvergleichlich. Man kann sagen, daß das die erste Harley von der Stange war, die wirklich marschiert. Dafür ist der Sound recht mager und bedarf einer Öffnung der Schleusen. 
Mag schon sein, daß ein 1000er Supersportler besser geht, es wirkt auf der Harley aber spektakulärer. Und darum geht es schliesslich, um das subjektive Empfinden. Wenn du trotz 150 PS einschläfst, Pech gehabt, solange ich auf 115 PS Himmel und Hölle erleben kann, bin ich glücklich. Der Motor wurde ja bekanntlich von Porsche entwickelt. Mit nur 21.295 Euro ist die V-Rod aber viel billiger als ein Porsche.

Und so habe ich mein Trauma überwunden. Ich habe es einfach weitergegeben - an meine Freundin. Ohne meine dicke Racer Lederjacke hätte sie ihre Finger wahrscheinlich in meinem Darmgewinde versenkt, als ich ihr an der Ampel nach hinten funkte: "Festhalten, Freundin!"

 

Farben 2007

Vivid Black

Black Cherry Pearl Black Pearl
Deep Cobalt Pearl Pacific Blue Pearl Pewter Pearl

Black Cherry Pearl und Pewter Pearl

Black Cherry Pearl und Pewter Pearl

Olive Pearl und Vivid Black

 
Technische Daten Harley Davidson VRSCA V-Rod
Motor Evolution
Hubraum 1131 ccm
Bohrung x Hub 100 mm x 72 mm
Leistung 117 PS / 8300 U/min.
Drehmoment 105 Nm / 6600 U/min.
Gemischaufbereitung Elektr. Kraftstoffeinspritzung
Länge 2435 mm
Sitzhöhe 660 mm
Radstand 1710 mm
Tankinhalt 14 l
Leergewicht 285 kg
Preis (in Vivid Black)  21.295 €

 

 

Related Links:

 

Photos:  Professional Anita, kot, Harley
Text: kot

Fazit: Harley-Davidson V-Rod Night Rod VRSCD 2006

Die Beschleunigung mit einer V-Rod ist unvergleichlich. Man kann sagen, dass das die erste Harley von der Stange war, die wirklich marschiert. Dafür ist der Sound recht mager und bedarf einer Öffnung der Schleusen. Der Motor wurde ja bekanntlich von Porsche entwickelt. Mit nur 21.295 Euro ist die V-Rod aber viel billiger als ein Porsche.


  • Rasante Beschleunigung
  • hohe Geschwindigkeiten möglich
  • komptaktes, schlüssiges Motorrad
  • Scheibenränder.
  • Keinerlei Halt für einen Beifahrer geboten
  • keine Lehne vorhanden
  • relativ schwer.

Bericht vom 22.09.2006 | 57.488 Aufrufe

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