Mein Weg zurück zum Bike

Sehr langsam konnte ich weiß gekleidete Menschen erkennen. Wo bin ich? Im Himmel bei den Engeln? Keine Ahnung, doch da hinten sind zwei, die ich kenne. Meine Eltern. Was war passiert? Plötzlich kommt die Erinnerung:

Sonne, blauer Himmel, Freunde mit Motorradeln, und diese eine Linkskurve ganz oben beim Kärntenblick, und die Gewissheit, dass es mich auf der "berüchtigten Soboth" erwischt hat. Meine Eltern reden beruhigend auf mich ein, ich merke aber, dass sie den Tränen nahe sind. Warum?

Da ich mir als Maturant und Wehrbugl 1986-1989 kein eigenes Eisen leisten konnte, versuchte ich mit der Honda CX 500 meines Vaters den Rest der Welt herzubrennen. Was mir auch ab und zu gelang. Nur die CX war halt nicht wirklich fürs Schnelle gebaut. Am 25.5.1989, nach acht Monaten Bundesheer endlich abrüsten, auf der Soboth war es dann soweit, besagte Linkkurve etwas optimistisch angebremst, umgelegt, sofort gesehen, dass es sich nicht ausgeht, noch weiter umgelegt, CX voll aufgesessen, ausgehebelt, Hinterradel weg und ab in die Leitblanken. Glück im Unglück war noch, dass oben am Parkplatz gerade ein anderer Motorradfahrer mit Sanitäts Ausbildung seine Brettljausen mit entsprechend großen Messer zu sich nahm und meine Brezzn von Anfang an mitverfolgt hat. Da ich kurz darauf im Arm meines Vaters wieder zu mir kam, sah ich dass mein linkes Bein nur noch an Hautfetzen hing , und dass mein linkes Knie vollkommen zerstört war.. Besagter Sanitäter schnitt mir sofort meine Lederkombi auf und hat mir mit dem Abbinden meines Beines das Leben gerettet.

Jetzt wusste ich warum meine Eltern so fertig waren. Zwei Ärzteteams haben insgesamt in zehn Stunden Operation mein Bein wieder angenäht, aber es sah nicht gut aus für mich. Als ich am dritten Tag so mein linkes Bein betrachtete, es war mittlerweile blau, blau-schwarz verfärbt und roch übel, hatte ich so eine Ahnung. Am 31.5.1989, einen Tag vor meinem 21. Geburtstag, beim Mittagessen, auf einmal starker Schwindelanfall, Kreislauf weg, wieder Lebensgefahr, Sepsis und entgültige Amputation über dem linken Knie.

1.6.1989 war dann mein erster Geburtstag als Einbein und gerade 21 Jahre alt, dafür aber vorher noch 8 Monate bei der Garde in Wien eingerückt gewesen! Dann noch Glück gehabt, weil zuerst wollten die Ärzte das komplette Bein bis zur Hüfte amputieren, dafür musste ich in Kauf nehmen, dass die Wunde erst in den nächsten folgenden 6Wochen Naht um Naht verschlossen werden konnte. Nach einem Komplikations und Nachoperationsreichen Rehabilationsjahr in Tobelbad endlich wieder auf zwei Beinen.

Danach schnell noch ein HTL Kollegg gemacht und ins Berufsleben eingestiegen. 1993 kommt meine Tochter Caroline auf die Welt. Danach war ich neben meinem Beruf als Hochbauingenieur und meiner Familie im Behindertensport sehr aktiv. Bin als einziger einbeiniger Radfahrer diverse Top Six Mountain Bike Marathons mitgefahren. Im Schnitt waren das so 60km und bis zu 2200 hm. Straßenradmarathons bis zu 200km mit ca. 30km/h Schnitt.


Weitere Highlights waren:
-Alpentour in drei Tagen , 450km und 8000 hm;
-Die wichtigsten Bergbefahrungen: Großglockner, Stilvser Joch,
-Erfolge im Straßenradbehindertensport: 9x Staatsmeister; Europacupsieger, Vizeweltmeister;
-Verleihung des Sportehrenabzeichens in Gold des Landes Steiermark

Im Einbeinschifahren habe ich es zumindest zweimal zum steirischen Vizemeister gebracht. In Österreich bin noch dazu der Einzige, der mit der Prothese Roller Skates fährt. Die Leute verbiegts regelmäßig, wenn ich in der kurzen Hose am Schwarzl See meine Runden ziehe.

Bis hier her ist mein Leben ziemlich geordnet abgelaufen . Doch dann diese schicksalshafte Begegnung mit Walter Brandhofer, und vor allem mit seiner VFR. Nach dem ich wieder einigermaßen gehen konnte, hatte es mich relativ schnell wieder zum damaligen Österreichring gezogen. Da sitze ich so beim Hella S und schau den Motorradeln zu, und auf einmal stand er vor mir. Ein Einhaxiger so wie ich, mit Helm, Lederjacke und vor allem mit eigener Dominator. Ich war fertig! Das war im Jahr 1992 und es blieb nicht ohne Folgen. Bei der Staatsmeisterschaft im Behindertenschifahren in Lech 2001 haben Walter und ich uns zufällig wieder getroffen. Am gleichen Abend haben wir ausgemacht, dass ich mit seiner jetzigen VFR wieder probieren sollte, da er damals gerade (dummerweise) von Niederösterreich nach Graz gezogen ist. Jetzt ist es soweit, jetzt liegt es an mir, Walter steht grinsend neben seiner VFR nachdem er mir gezeigt hat, wie es angeblich wieder geht. 13 Jahre ist es her, dass ich so ein Eisen gefahren bin, gut, ich bin fast 50000km mit dem Fahrradl als Einbeiniger gefahren, trotzdem habe ich ein ungutes Gefühl.

Es geht wieder, schießt es mir durch den Kopf, als ich die ersten Kurven mit der VFR fahre, als hätte ich nie aufgehört Motorrad zu fahren. Es war um mich geschehen. Mein A-Schein war kurz nach meinem Unfall aufgrund meiner Behinderung gestrichen worden. Ist leider total abhängig vom jeweiligen Amtarzt. Daher auf zur Frau Amtsärztin Dr. B. in die Grazer Bundpolizeidirektion.

Ihr einziger Kommentar:
Behinderte brauchen keine Motorräder!

Mit den richtigen Kontakten und dem richtigen Anwalt und einigen Kontrollfahrten habe ich dann doch die Erlaubnis bekommen den A Schein noch einmal bei einer Fahrschule zu machen. Am 24.07.2002 habe ich den A- Schein endlich wieder bekommen. Im Oktober 2002 habe ich mir dann eine CBR 1000 F BJ 91 um 2500 Euro gekauft und auf elekropneumatische Fingerschaltung umgebaut. Den Bausatz für die Schaltung habe ich im Internet gefunden. Ein gewisser Hr. Wilhelm Költgen aus Krefeld in Deutschland baut schon seit einigen Jahren Motorräder für Behinderte um. Im Internet unter : www.koeltgen.de Er baut unter anderem auch für Querschnittgelähmte Motorräder mit hochklappbaren Stützrädern. Willi bringt fast alle wieder zum Fahren. Ein Traum Typ!

Den Winter bin ich heuer fast durchgefahren, am 23.2.2003 war ich heuer schon auf der Soboth, ca. 1m Schnee links und rechts der Straße, komisches Gefühl wenn einem hauptsächlich Autos mit Schiern am Dach entgegen kommen. Da ich heuer schon 2 Tumor Operationen am Oberschenkelstumpf hatte bin ich leider fast drei Monate ausgefallen. Trotzdem habe ich bis jetzt so an die 13000km auf die CBR raufgefahren. Zweimal war ich jetzt am A1 Ring und es hat mir sehr gut gefallen. Auch Südtirol mag ich sehr.

Dass das Motorradfahren sehr gefährlich ist, hat mir leider der Unfalltod meines Vaters heuer am 13.05.2003 in Korsika gezeigt. Mein Vater ist leider völlig unschuldig von einem wahnsinnigen Korsen frontal abgeschossen worden. Seine Honda PC 800 ist völlig zerissen. Auch Verletzungen und bleibende Behinderungen sind nicht selten. Viele Biker möchten trotz Behinderung wieder fahren, jedoch wissen nur die wenigsten von Ihren Möglichkeiten. Hier kann ich all jenen, die wieder fahren wollen meine Erfahrung anbieten, die ich gemacht habe auf meinem Weg zurück zum Bike.

Autor

Bericht vom 12.08.2003 | 9.618 Aufrufe

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