WM-Elektronik

BMW gibt Einblick in den irren Aufwand bei der Arbeit mit der Elektronik in der Superbike WM.

Das ABC der ECU

PS, Bits und Bytes bestimmen die Performance der S 1000 RR von BMW


Für die meisten von uns ist die elektronische Steuereinheit (ECU) einer World-Superbike-Rennmaschine ein geheimnisvoller schwarzer Kasten, den man von außen nicht einmal sieht. Doch wie beeinflusst diese Technologie das Verhalten eines Motorrads auf der Rennstrecke? Ralf Schmidt, als Entwicklungsingenieur bei BMW Motorrad für die Motorsport-Elektronik zuständig, kennt die Antwort.

Im Motorradrennsport gibt es so viele Variablen, zum Beispiel die Traktion, die Leistungsentfaltung, die Oberflächenbeschaffenheit der Strecke und die Bremsen, dass es nahezu unmöglich ist, das perfekte Setup zu finden. Insbesondere weil an einem Rennwochenende nur sehr wenig Zeit zur Verfügung steht, um das Setup dann auf der Strecke zu testen. Außerdem ändert sich das Wetter zwischen dem Qualifying am Samstag und dem ersten Rennen am Sonntagmorgen oftmals erheblich, manchmal schlägt es sogar noch zwischen den Rennen um. Dann ist oft derjenige am erfolgreichsten, der am schnellsten reagieren kann …
 
Ein gutes Motorrad und einen guten Fahrer zu haben, ist nur ein Anfang. Hinter den Kulissen in München arbeitet ein Team eng mit den Fahrern und Ingenieuren an der Rennstrecke zusammen, um die ECU-Software an die jeweilige Charakteristik der verschiedenen Strecken anzupassen, die BMW Motorrad Motorsport im Rahmen der Superbike-Weltmeisterschaft besucht.

Dies hilft den Fahrern, Variablen wie zum Beispiel die Haftung, die Leistungsentfaltung und die Traktion in den Griff zu bekommen, wie uns Ralf Schmidt verrät: Unsere ECU ist mit einem System ausgestattet, das die gesamte Telemetrie und alle Daten aufzeichnet, wenn die Fahrer draußen auf der Strecke sind. Diese Daten laden wir dann runter, wenn sie in die Werkstatt zurückkommen, so dass wir sehen können, wie sich das Motorrad auf der Strecke verhält. So können wir herausfinden, wo es Probleme gibt, und dann eine entsprechende Software schreiben, um diesen Problemen entgegenzuwirken.

Ralf Schmidt, Entwicklungsingenieur BMW Motorrad


Anders als viele andere Teams, die auf Drittanbieter zurückgreifen, verfolgt BMW Motorsport die Maxime, dass man seine eigene Elektronik entwickeln will. Die aktuelle ECU, mit deren Entwicklung 2002 begonnen wurde, kam erstmals im vergangenen Jahr in der Superbike-Weltmeisterschaft zum Einsatz. Mittlerweile wird sie auch vom Team Alpha Technik in der IDM genutzt. Und natürlich ist es jetzt in der zweiten WSBK-Saison erheblich von Vorteil, dass die Grundsettings vom vergangenen Jahr schon alle vorhanden sind, denn das erleichtert dem Team die Abstimmung der Maschine deutlich. Wenn man mit guten Daten arbeiten kann, lassen sich die Probleme schneller angehen, wie Schmidt erklärt. Und das Team kann entsprechende Software schreiben und programmieren, um auf spezifische Anforderungen schnell zu reagieren.

Im vergangenen Jahr mussten wir auf jeder Rennstrecke bei Null anfangen und ständig neue Software entwickeln, um die Bedürfnisse der Fahrer zu erfüllen. In diesem Jahr können wir die Probleme nun viel schneller lösen, weil wir auf die Werte vom Vorjahr zurückgreifen können. Wir können jetzt Funktionen entwickeln, mit deren Hilfe wir das Bike während des gesamten Rennens beeinflussen können. Die ECU ist ein Komplettsystem, mit dem wir die die Einspritzung, Zündfolge, Fahrdynamik, Traktionskontrolle, Anti-Wheelie-Kontrolle, Motorbremse, Sensordiagnostik, Datenaufzeichnung und so weiter steuern. Andere Teams setzen für all diese Aufgaben separate Management-Systeme ein, doch hier bei BMW können wir alles mit der ECU steuern. Dadurch sparen wir Platz und Gewicht.
 
https://www.motorrad-testbericht.at/magazin/racing/sbk/monza10/sbk_monza_13.jpg

Volles Rohr am Kurvenausgang! Mit freundlicher Unterstützung durch die ECU


Hört sich kompliziert an, oder? Die ECU verfügt sogar über eine Funktion namens Streckenerkennung, mit deren Hilfe die S 1000 RR so abstimmt wird, dass sie sich auf der Strecke in einer bestimmten Weise verhält. Wenn der Fahrer in irgendeinem Abschnitt Schwierigkeiten hat, das Motorrad richtig zu kontrollieren, kann das Team eine Software schreiben, mit der die Leistungsentfaltung so gesteuert wird, dass das Bike dort besser läuft. Auf einem komplizierten Kurs kann das Team die ECU so programmieren, dass sich das Bike in bestimmten Streckenabschnitten dynamischer verhält. In diesem Jahr wird der Erfolg maßgeblich davon abhängen, ob die Traktionskontrolle so abgestimmt werden kann, dass Corser und Xaus über das gesamte Rennen einen guten Speed haben und die Reifen bis zum Schluss halten.

Fahrer von dieser Qualität zu haben, die verstehen und formulieren können, wie sich das Bike verhält, ist entscheidend für die erfolgreiche Entwicklung der Software. Doch Schmidt weist auch darauf hin, dass das Team so erfolgreich ist, weil alle extrem gut zusammenarbeiten.

Wir haben das Glück, dass wir sehr viel Wissen und Erfahrung in diesem Bereich haben. Dadurch ist das Team in der Lage, aus dem, was die Fahrer berichten, Informationen zu lesen, die dann dazu benutzt werden können, entsprechende Software zu entwickeln. Unsere Aufgabe ist es, dem Team und dem Fahrer ein stabiles System zur Verfügung zu stellen, damit sie das bekommen, was sie wollen. Wenn nötig, können wir sogar zwischen den Rennen oder vor einem Test noch Software schreiben, um bestimmte Ideen umzusetzen, mit denen spezielle Probleme gelöst werden sollen. Letzten Endes kommt es darauf an, dass man eng zusammenarbeitet und effektiv kommuniziert.

Interessante Links:

Text/Fotos: BMW

Autor
TommyfromVienna

TOMMYFROMVIENNA

Weitere Berichte

Bericht vom 17.05.2010 | 3.393 Aufrufe

Du hast eine Neue?

Verkaufe dein Gebrauchtmotorrad im 1000PS Marktplatz.

Inserat erstellen

Empfohlene Berichte

Pfeil links Pfeil rechts