KTM Werksbesuch

RC8 und LC4 690 aus nächster Nähe. kot durfte ins Innere des Bienenstocks und erkennt: Jeder Bienenstock hat mindestens eine Wabe.

KTM Werksbesuch

Ich befinde mich in einem kleinen Raum mit der KTM RC8 1190. In der Halle nebenan steht die neue LC4 Supermoto 690. Kein schwarz ummantelter Erlkönig mit hässlichen Anbauteilen längst vergangener Baureihen. Ein fertiges Modell, fahrbereit, die letzte Entwicklungsstufe erreicht. Ab und zu sieht man welche vorbeifahren. Sie kommen durch ein Tor und schwärmen in alle Himmelsrichtungen, irgendwann kehren sie zurück und verschwinden wieder im Bauch des Mutterschiffs. 

Sonst ruhen hier noch 2 zerlegte GP 125 Rennmaschinen auf den Hebebühnen in der Werkstatt und ein paar Kilometer weiter bei KISKA warten noch andere Prototypen und Premieren unter schwarzen Planen auf die Enthüllung. Die ferne Zukunft findet bereits in den Köpfen der Mitarbeitern statt und wird mit Bleistift und Papier in Form gebracht. 

Wo bin ich hier? Bin ich schon im Himmel? Nein. Ich bin in Mattighofen, der KTM Zentrale, dem orangen Bat-Cave. Das Herz, das uns KTMler, denen bekanntlich oranges Blut durch die Adern fließt, mit dem lebenswichtigen Saft versorgt. 

Schnell wird klar, dass hier Menschen aus der Materie arbeiten, die nicht nur mit Hirn, sondern auch mit Herz bei der Sache sind. 
Die Projektleiter sind keine fettleibigen Schlipsträger, sondern Ex-Rennfahrer, die ein T-Shirt aus dem KTM Shop und Jeans tragen. An den Prüfständen und in den Labors triffst du keine Götter in Weiß mit Mundschutz, Hauberl und Namensschild, sondern junge Burschen straight outta HTL mit der Red Bull Dose in der Hand. 

Es wird getratscht und gefragt, man berät und beschwert sich. Ständiger Informationsaustausch als Treibladung für bombige Ideen. (Hoffentlich komm ich jetzt auf keinen Index)

RC 8 1150 Motor

Bei Geduld und Feinmechanik sind Frauenhände gefragt

Die Führung ist interessant, auch der RC8 Prototyp hat mich in echte Wallungen versetzt. Aber als ich eine richtige, fertige, ausgewachsene und geschlechtsreife Ausgabe der neuen LC4 Supermoto in schwarz/grau gesehen habe, da wollte ich mir schon wieder in die Rüstung machen. Ich hatte nur leider keine an. Ein unglaubliches Gefühl. Ja, der Auspuff wird so kommen und ja, die Maske auch. Aber verdammt noch mal, das schaut im finalen Zustand so unglaublich gelungen aus, dass ich es kaum gepackt habe. 

Dieses erste Modell mit dem 690er LC4 Motor (654 Kubik) wurde eindeutig stärker dem alltäglichen Straßengebrauch angepasst. Der Sitz wurde scheinbar abgesenkt, die Plastics an den Seiten breiter gemacht. In Verbindung mit den zwei kräftigen Auspuffrohren wirkt die Supermoto zwar bulliger als die Vorgängerin, wenn man sich allerdings den Rahmen und den Motor ansieht, wird klar, wie schlank das alles geworden ist. Leider wurde uns im zarten Tonfall "No Photos, PLEASE!" ins Ohr geflüstert und daran halten sich anständige Journalisten. 

Stunden- oder tagelanges Motorenquälen

Gehörschutz für Ohr und Nerv

Wenn ich mir das alles so ansehe, könnte ich mir durchaus vorstellen, selbst einmal unter der orangen Flagge tätig zu werden. Es gibt aber einen Ort bei KTM, an dem ich ganz bestimmt nicht arbeiten will. Und das ist an den Prüfständen, wo sie den ganzen Tag Motoren laufen lassen, manchmal Tage lang, mit sich ständig ändernder Drehzahl. Ich kann das jetzt gar nicht wiedergeben oder beschreiben, es ist einfach nur unangenehm und absolut nervtötend. RRRRRRRMMMMMMMRRRRRRRMMMMMMMRRRRMMM..... 

Ich beneide auch nicht die Leute, die die Arbeitsprozesse der Montage optimieren müssen. Das heißt, sie finden heraus, welche und wie viele Arbeitsschritte notwendig sind, um ein bestimmtes Modell zusammenzusetzen. Sie sind die ersten, die ein neues Modell mehrmals assemblieren und wieder zerlegen. Da wäre ich der Richtige, wenn ich an meine Erfolge beim Zusammenbauen von RC-Buggies denke.

Operation am offenen Herzen

Kunstherzproduktion

Das Journalisten Gesocks vor einem amerikanischen Cross-Country Modell (XC)

Am nächsten Tag ging es dann noch zu KISKA, dem Designbüro, das für das Aussehen der KTMs im wahrsten Sinne des Wortes verantwortlich zeichnet. Gerald Kiska war damals sozusagen zur richtigen Zeit am richtigen Ort, fing quasi alleine mit der Arbeit für KTM an, mittlerweile arbeiten 70 Kollegen aus 10 Nationen mit ihm. 

Auch hier könnte ich mir eine Anstellung vorstellen. Und dafür sind nicht nur die feschen Damen verantwortlich. Es ist auch die Arbeitsweise, die ganz meinem Geschmack entspricht. Ein paar Designer tragen Kopfhörer und hören Musik aus ihren I-Pods, daneben kritzeln sie auf Zettel, oder malen mit Photoshop auf einem Bildschirm. Erinnerte mich an die Freistunden in der Schule. 

Gleich daneben ruhen die letzten Prototypen mit dem KTM Logo drauf unter schwarzen Planen. Zwei sehen aus wie Motorräder, einer wie ein Quad und einer wie ein Auto! Da hätte ich gerne unter den Rock gekuckt, das kann ich euch sagen. 

Gerald Kiska mit den Kindern des Hauses

Entwürfe zum KTM Sportquad

Auch wenn das alles zusammen recht groß wirkt, das KTM R&D Gebäude schon aus den Nähten platzt und ständig neuer Raum geschaffen werden muss. Man merkt, daß dies eine kleine Firma ist, die gerade erst zu wachsen begonnen hat. In Österreich wirkt eine KTM vielleicht wie Massenware, europa- und weltweit gesehen ist sie alles andere als das. Als 'Exklusiv' und 'Premium' versteht man bei KTM seine Produkte. Nur aus der Nähe sieht es so aus, als fahre jeder eine KTM. Vor kurzem erst sprach ich mit einem amerikanischen Freund, ein Motorradfanatiker, Ducati Monster Fahrer und Freund europäischer Motorräder, über unser liebstes Hobby. KTM? Nie gehört. Superduke? Fehlanzeige. Man muß sich vor Augen halten: KTM verkaufte letztes Jahr gerade mal 85.000 Motorräder weltweit. Zum Vergleich: Honda verkaufte im Jahr 2005 allein in Europa 338.000 Einheiten.

Man steht eben erst am Anfang. Abseits der Straße kann man zwar auf eine lange und rühmliche Erfolgs- geschichte zurückblicken, aber der erste Schritt AUF die Staße wurde gerade erst gesetzt. Die Superduke ist zwei Jahre jung, die RC 8 kommt erst 2008. Die nächsten Entwicklungen stehen schon in der zweiten Startreihe. Die Vision lautet, der größte Motorradhersteller in Europa zu werden und die Nummer Eins im PowerSports Sektor zu werden. Das beschränkt sich nicht nur auf Zweiräder. Da kommt noch einiges auf uns zu....

Trotz humaner Arbeitsbedingungen und interessanter Aufgabengebiete ist nicht jeder für die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts geschaffen. Wie diese zwei tragischen Fallbeispiele zeigen, kommen labile Persönlichkeiten schnell unter die Räder der Überforderung und greifen immer öfter zur Flasche.

Die Wabe: Lacht nur mehr mit einem Bier in der Hand

kot: Braucht Campari wie sein täglich Brot seit 1000PS

KTM Geschichte

  • 1953: Beginn der Produktion unter dem Namen Kronreif, Trunkenpolz, Mattighofen

  • 1955: Erstes Engagement bei Straßenrennen

  • 1964: Das KTM Factory Team nimmt am der Six Days Enduro Teil

  • 1970: Start der Produktion von Motoren in der eigenen Firma

  • 1974: Der Russe Gennadij Moiseev wird Motocross Weltmeister

  • 1984: Heinz Kinigadner wird Motocross Weltmeister in der 250er Klasse

  • 1991: KTM meldet Konkurs an. Motorrad-, Fahrrad-, Kühler- und Werkszeugbau werden getrennt

  • 1992: Neustart als KTM Motorcycle AG

  • 1994: Shane King wird MX 500 Weltmeister

  • 1999: Das neue Firmengebäude in Mattighofen wird eröffnet

  • 2000: KTM gewinnt 6 von 8 Offroad-Weltmeistertitel

  • 2001: Erster von 6 Siegen bei der Rally Dakar

  • 2003: Erneuter Einsatz eines KTM Teams im Straßensport in der 125er Klasse

  • 2004: Casey Stoner holt den ersten Sieg in der GP 125er Klasse

  • 2004: Die Superduke sorgt für großes Aufsehen. Erster V-2 von KTM

  • 2005: Erste V-2 Supermoto von KTM: 950 Supermoto

  • 2006: KTM Super Enduro R

  • 2008: V-2 Superbike KTM RC8


 

Interessante Links:

 

Photos:  KTM, kot
Text: kot

Autor

Bericht vom 21.09.2006 | 10.632 Aufrufe

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